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Jetzt informieren!Wildschweine nicht zum Sündenbock machen
Verantwortlich für die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest ist der Mensch



Hausschwein - Foto: NABU/Matthias Premke-Kraus
24. Januar 2020 – Die Afrikanische Schweinepest (ASP) hat Deutschland erreicht. Einen ersten Nachweis gab es am … in … . Dies sorgt in Landwirtschaftskreisen für vermehrte Unruhe. Als Schuldige werden erneut die Wildschweine benannt. Das ist jedoch falsch. Denn es ist der Mensch, der diese Seuche sowohl eingebracht als auch weiter verbreitet hat. Die vom Bundeslandwirtschaftministerium angekündigte Seuchenprävention mit gesteigerten Abschussraten ist, wie vom NABU bereits im Vorfeld angemahnt, reine Augenwischerei. Die Schuld liegt beim Mensch und nicht beim Schwein.
Für den Menschen ist die Afrikanische Schweinepest völlig ungefährlich. Für Wild- und auch Mastschweine jedoch ist sie eine in den meisten Fällen tödliche Erkrankung. Letzteres ist das Hauptproblem der Politik, denn es werden Milliardenschäden in der Masttierhaltung befürchtet. Es geht dabei also nicht um den Menschen oder das Tierwohl, sondern einzig um den Erhalt einer aus dem Ruder gelaufenen, exportorientierten Landwirtschaftsindustrie. Opfer ist vor allem das heimische Wildschwein. Wirkungsloser Aktionismus wie die geforderten „präventiven“ Abschussquoten von 70 Prozent und mehr zeugen davon.
In Kürze
- Präventive Maßnahmen: Der Maßnahmenfokus muss auf der Prävention liegen und die menschlichen Verbreitungspfade adressieren.
- Mensch ist Hauptverbreiter: Menschliches Handeln gilt als Hauptursache für die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest. Wildschweine spielen bei der direkten Ausbreitung eine untergeordnete Rolle, fungieren aber nach Einschleppung als Virenreservoir.
- Nahrungsverfügbarkeit: Die Intensivierung der Landwirtschaft ist Hauptursache für die wachsende Wildschweinpopulation. Hier müssen Minderungsstrategien ansetzen.
Die Forderung nach präventiven Abschussquoten sind wenig lösungsorientiert. Denn sie lassen außer Acht, dass zum einen menschliches Handeln der maßgebliche Faktor bei der Seuchenausbreitung ist und zum anderen auch die stetig wachsenden Abschusszahlen beim Schwarzwild der letzten Jahre das Bestandswachstum nicht aufhalten konnte. Vermehrte Abschüsse wirken nur kurzfristig und lokal. Eine nachhaltige Reduktion der Bestände erreicht man damit nicht. Denn das Problem liegt woanders.
Wachsende Wildschweinbestände durch zunehmenden Maisanbau
Die enormen Zuwächse in den Wildschweinbeständen sind insbesondere auf den zunehmenden Raps- und Maisanbau im Zuge der voranschreitenden landwirtschaftlichen Industrialisierung zurückzuführen. Denn Mais- und Rapsfelder bieten den Wildschweinen flächendeckend ausgezeichnetes Mastfutter und auch gute Verstecke. Milde Winter als Folge des Klimawandels tragen zu den ohnehin günstigen Bedingungen der Wildschweine bei.
Es ist also das System, das krankt. Wir leisten uns eine Landwirtschaft, die nach einer neuen Studie der Boston Consulting Group (PDF) Umweltfolgekosten in Höhe von jährlich 90 Milliarden Euro verursacht, insbesondere in den Bereichen Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt und Lebensräume. Diese Fakten sollten bei einer langfristigen Strategie der Bestandreduzierung zuvorderst bedacht werden. Denn so wie bisher kann es nicht weitergehen.

Frischling - Foto: NABU/Christoph Bosch
Menschliches Handeln gilt als Hauptursache für die Verbreitung der ASP. Diese erfolgt über Tiertransporte, die Verbreitung kontaminierter Gegenstände wie Kleidung, Geräte, Fahrzeuge sowie auch die Einführung von Lebensmitteln wie Fleisch oder Wurstwaren, deren Reste unsachgemäß entsorgt werden und in Kontakt mit Wild- oder Hausschweinen kommen. Ebenso können Futtermittelimporte oder Jagdtourismus in die von ASP betroffenen Länder Einfuhrpfade darstellen. Beutegreifer wie der Wolf oder Aasfresser wie Rabenvögel spielen keine besondere Rolle bei der Ausbreitung des Erregers.
Seuchenverbreitung über Tiertransporte, Wildschweine sind lediglich Errregerreservoir
Dagegen wird die Gefahr einer großflächigen Ausbreitung durch die Wildschweine selbst als eher unwahrscheinlich eingestuft. Die Tiere gelten als standorttreu und haben meist einen Aktionsradius von nur wenigen Kilometern. Insbesondere erkrankte Tiere sind kaum noch mobil und versterben schnell. Der für die Übertragung von Tier zu Tier notwendige Kontakt ist somit kaum gegeben. Gleichwohl bilden Wildschweinpopulationen, wenn der Virus einmal eingeschleppt wurde, ein dauerhaftes Erregerreservoir. Auf dieser Tatsache basieren auch Forderungen nach einer massiven Dezimierung des Wildschweinbestandes in Deutschland.
Was ist zu tun?
Der NABU fordert, den Fokus auf wirksame präventive Maßnahmen zu legen, um weiteren Ausbreitungen entgegen zu wirken. Das bedeutet vor allem eine effektive Kontrolle und intensive Aufklärung, aber auch praktische Maßnahmen wie die Umzäunung von Rastplätzen an Fernstraßen und die flächendeckende Installation tiersicherer Mülltonnen. In der Schweinehaltung sind umfassende Hygienemaßnahmen einzuhalten, wie die konsequente Beachtung des sogenannten „Schwarz-Weiß-Prinzips“, also die Trennung von schmutzigen „Schwarzbereichen“ und sauberen „Weißbereichen“ mittels Hygieneschleusen.
Für den Seuchenfall haben die Behörden einen entsprechenden Ermessungsspielraum in der Anwendung der Seuchenbekämpfungsmaßnahmen. Hier rät der NABU zu naturschutzfachlicher Vernunft. Unbedingt sollte darauf verzichtet werden, Gifte jedweder Art auszubringen.
Ebenfalls sind Natura-2000-Flächen von Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Seuchenbekämpfungsplans auszunehmen. Und auch die Brut- und Setzzeit anderer Wildtiere muss im Rahmen bestimmter Maßnahmen im Seuchenfall beachtet werden.
Hintergrund
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Virusinfektion, die Haus- und Wildschweine befallen kann und deren ursprünglicher Verbreitungsschwerpunkt in Subsahara-Afrika liegt. Busch- und Warzenschweine sind ein natürliches Reservoir für die Viren, jedoch selbst resistent gegen den Erreger.
Über Sardinien ist der Erreger nach Europa eingewandert. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren (Sekrete, Blut, Sperma). Menschen können sich weder durch den Kontakt mit Tieren noch durch den Konsum von tierischen Produkten mit ASP infizieren - der Erreger ist für Menschen ungefährlich. Auch andere Tierarten können nicht erkranken oder Träger des Virus sein. ASP stellt jedoch für Wild- und Hausschweine eine schwerwiegende, meist tödliche Erkrankung dar. Im Jahr 2007 wurde das Virus nach Georgien eingeschleppt und hat sich seit dem in Osteuropa ausgebreitet.
Offizielle ASP-Informationen:
- Friedrich-Loeffler-Institut – Bundesinstitut für Tiergesundheit
- Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und die Afrikanische Schweinepest
- Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
Um sich vor der Afrikanischen Schweinepest zu schützen, hat die Regierung in Kopenhagen / DK einen 70 km langen, 1,50 m hohen Stahlmattenzaun zwischen Nord- und Ostsee in Auftrag gegeben. Der NABU sieht ein solches Bauwerk als unwirksam an. Mehr →
Als Naturfreunde und Naturschützer sollten wir uns mit Afrikanischer Schweinepest, West-Nil-Virus und Usutu beschäftigen, sollten Ursachen und Folgen kennen, wissen ob wir uns schützen müssen und was diese Krankheiten für unsere „Schützlinge“ bedeuten. Mehr →