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Jetzt Informieren!Schwieriger Vogelschutz im Vogeljagdgebiet
Mit der Biologin Melpo Apostolidou am See Oroklini
Es ist feucht und kalt an diesem Wintervormittag, über dem See Oroklini liegt eine beruhigende Stille. „Schau“, ruft Melpo Apostolidou begeistert und zeigt auf eine Gruppe von Moorenten. „Was für schöne Farben sie haben!“ Ein paar Meter entfernt stehen Flamingos, die mit ihren langen Beinen im Wasser herumstolzieren. Die 34-jährige Biologin ist seit neun Jahren Teil des Teams von BirdLife Zypern. 2012 koordinierte sie die Renaturierung des Sees, drei Jahre lief das Projekt. „Es ist mein Baby“, sagt sie stolz, während sie ihr Teleskop einrichtet.
Wer die Idylle betrachtet, kann sich kaum vorstellen, wie dieser Ort einmal ausgesehen hat. Auf älteren Karten erstreckt sich der See bis zum nahe gelegenen Meer. Während des Zweiten Weltkriegs war hier ein Flugplatz, und bis vor kurzem fand an dieser Stelle noch ein illegaler Markt statt. Und dann gab es auch noch Pläne, den See in einen Vergnügungspark umzuwandeln – mit Kino, einem Tennisplatz und Restaurants. Das konnte verhindert werden. Mit Unterstützung der EU und in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Verwaltung haben die Naturschützer von BirdLife Zypern schließlich den See zu einem geschützten Feuchtgebiet aufgewertet: Er wurde eingezäunt, kleine Inseln wurden aufgeschüttet und Beobachtungs- und Infostände eingerichtet.
Oroklini gehört zum europäischen Schutznetzwerk „Natura 2000“ und ist mit etwa 55 Hektar das kleinste Vogelschutzgebiet auf Zypern. Aber deshalb ist es nicht weniger wichtig: 190 der insgesamt 420 Vogelarten Zyperns sind hier zu finden, unter ihnen auch seltene Arten wie die Weißkopfruderente. Für zwei gefährdete Arten wurde der See als besonderes Vogelschutzgebiet ausgewiesen: für den Stelzenläufer und den Spornkiebitz. Und dass nun auch ganz neue Vogelarten ihre Nester am See bauen, wie etwa die Kuhreiher, das sei für sie die schönste Belohnung ihrer Arbeit, sagt Melpo Apostolidou. Wenn das Wetter gut ist, kommen nun fast täglich auch Schülergruppen zu Besuch. „Die Sensibilisierung der Kinder für den Naturschutz ist eines unserer wichtigsten Anliegen“, fügt sie hinzu.
BirdLife Zypern wurde 2003 gegründet und setzt sich für den Vogelschutz und den Erhalt von Lebensräumen für Vögel ein. Zudem versucht die Organisation für die Idee des Vogelschutzes zu werben. BirdLife Zypern ist ein nationaler Partner von BirdLife International. Die Geschäftsstelle des Verbandes befindet sich heute in Strakka, Nikosia.
Sport geschwänzt, um Insekten zu sammeln
Ein Schwarm Mauersegler fliegt kreischend über den See. Melpo Apostolidou hebt ihren Blick, und über ihr Gesicht huscht ein zärtliches Lächeln. „Das sind meine Lieblinge“, sagt sie. „Ich bewundere sie, weil sie fast ihr ganzes Leben in der Luft verbringen. Sie legen unglaubliche Strecken zurück.“ Ihre Liebe zur Natur reicht bis in ihre Kindheit zurück. Um Käfer zu sammeln und zu beobachten, schwänzte sie heimlich die Gymnastikstunde. „Meine Eltern erzählten mir, ich wollte schon als kleines Kind immer bei den Blumen und Insekten sein.“
Als Vogelschützerin auf Zypern hat sie es indes nicht immer leicht. Zypern liegt auf einer der vier wichtigsten Vogelzugrouten weltweit. Jedes Jahr passieren Millionen Vögel die Insel auf ihrem Weg von Europa nach Afrika und zurück. Doch der Naturschutz generell hat auf Zypern keine große Priorität. Die Insel gilt als eine der wichtigsten Steuerparadiese Europas, und die Beziehungen zwischen Zyperngriechen und Zyperntürken sind seit der Besetzung des Nordteils der Insel durch türkische Truppen im Jahr 1974 schwierig. Auch Melpo Apostolidou besucht nur selten den türkisch besetzten Teil. Dennoch pflegt sie Kontakte zu einer NGO, die sich auch dort für den Vogelschutz einsetzt. „Es gibt Kooperationen, und wir wollen sie aufrechterhalten. Vögel kennen keine Grenzen“, betont sie.
Illegale Fallen gefährden Vogelbestand
Neben dem politischen Konflikt gibt es ein weiteres Problem: Jährlich werden durch illegale Fallen und Leimruten Hunderttausende Vögel gefangen. Die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) etwa gilt auf Zypern als Delikatesse, in mehreren Restaurants wird sie heimlich angeboten. „Es ist eine ökologische Katastrophe“, sagt Apostolidou. Die Strafen haben sich zwar erhöht, und eine vom NABU mitfinanzierte Kampagne, um das Problem einzudämmen, läuft seit Jahren. Aber es gibt noch viel zu tun. Die Tradition der Vogeljagd ist auch bei vielen Familien auf Zypern tief verwurzelt.
Als wir den Oroklini-See verlassen, sehen wir in der Nähe der Wohnblöcke, die rundherum gebaut worden sind, einen Spornkiebitz, der etwas verwirrt am Straßenrand herumläuft. Damals, als die Vogelarten in Oroklini registriert wurden, erzählt Apostilodou, hätten die Naturschützer die Vögel oft auch in den Höfen der Häuser gefunden. Für den Schutz des Ökosystems ist auch die Umgebung des Sees wichtig, weshalb ihr die planlose Bautätigkeit große Sorgen bereite – insbesondere wegen der Wasserqualität und der nahe liegenden Brutplätze. „Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen, ist auch eine Aufgabe der Anwohner und Anwohnerinnen hier und nicht nur von uns Naturschützern“, betont die Biologin.
Chrissi Wilkens
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