Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Geschichten, Gedichte und Erlebnisberichte rund um den Maulwurf
Im NABU-Magazin „Naturschutz heute“ hatten wir gebeten, uns Bilder und Texte zum Thema Maulwurf zuzusenden, und viele Leserinnen und Leser sind dieser Bitte nachgekommen. „Als neunjähriges Mädchen bekam ich einen moosgrünen Wintermantel , der am Kragen und an der ganzen vorderen Länge mit Maulwurfsfell eingefasst war“, erinnert sich zum Beispiel Ruth Böhringer aus Mühlacker – inzwischen 86 Jahre alt. „Ich war natürlich sehr stolz auf dieses gute Stück.“
„Während einer Klassenwanderung im Vogelsberg fanden Schüler meines vierten Schuljahres der Käthe-Kollwitz-Schule Gießen einen toten Maulwurf“, berichtet Christel Frese aus Fernwald. „Die Neugier war geweckt, viele Fragen fielen an, so dass ich mich entschloss, das Thema ‚Maulwurf‘ in den Unterricht einzuplanen.“ Zwei besonders gelungene Gedichte und ein Bild aus diesem Maulwurfunterricht finden sich nun auf unseren Maulwurfseiten.
Insgesamt reicht das Spektrum der Einsendungen von Erlebnisberichten mit dem Maulwurf im eigenen Garten über Naturbeobachtungen bis hin zu Fabeln und Gedichten:
„Mit dem Kopf durch Beton“, von Christiane Groth
An einem schönen Sommertag vor einigen Jahren beobachtete ich unseren Kater Krümel, wie er, auf der Abdeckung unserer Kleinkläranlage sitzend, konzentriert nach unten schauend, mit seiner rechten Pfote - denn er war eindeutig Rechtshänder - etwas vor ihm tätschelte.
Da ich es hasse, wenn meine Katzen lange mit ihrer Beute spielen, ging ich gleich hinaus, um zu sehen wer sein Opfer war. Als ich bei meinem Kater ankam, war ich nicht wenig erstaunt nur einen kleinen schwarzen Hintern mit Stummelschwanz aus der Erde ragen zu sehen, der heftig wackelte. Mein Kater, enttäuscht über meine Störung, trollte sich rasch davon und ich konnte mich davon überzeugen, dass er dieses kleine Hinterteil tatsächlich nur leicht, ohne Einsatz seiner Krallen "getätschelt" hatte.
Was nun tun mit diesem kleinen Hintern, der zweifellos noch ein im Moment nicht zu sehendes Vorderteil besaß? An dieser Stelle konnte ich den kleinen Kerl nicht lassen, denn mein Kater wartete zweifellos nur darauf, dass ich wieder ging und so sehr der kleine Hintern sich auch bemühte in der Erde zu verschwinden und so viel ich auch von den unglaublichen Fähigkeiten der Maulwürfe hinsichtlich des Tiefbaus gehört hatte, so glaubte ich nicht, dass Maulwürfe in der Lage sind Beton zu "durchgraben", denn mein kleiner Maulwurf saß auf unserer Kleinkläranlage fest. Wie auch immer er dort hingekommen war, mehr als die rund fünf Zentimeter Erde, die auf dem unterirdischen Teil der Anlage lagen, gab es nicht. Der kleine Maulwurf wollte das wohl nicht glauben, denn er grub und grub und grub....
Vorsichtig griff ich mit Daumen und Zeigefinger den kleinen Mors und versuchte ihn an das Tageslicht zu befördern. Vergeblich. Nie hätte ich gedacht, dass sich ein kleiner Maulwurf so verbissen festhalten kann. Ich dachte schon, ich würde ihn nie herausbekommen, da löste sich mit einem Plopp der kleine Körper aus der Erde und ich hatte den Unglücksraben in seiner ganzen Pracht vor mir.
Viel Zeit sich darüber zu freuen oder ihn genau anschauen zu können hatte ich nicht, denn meine kleiner Gast hielt nicht viel von meiner Gastfreundschaft und versuchte sich verbissen davon zu befreien. Ich hatte gerade noch so viel Zeit, ein paar Schritte zu gehen, dann musste ich ihn schon loslassen, denn bei aller Tierliebe wollte ich doch nicht ausprobieren, wie es sich anfühlt, von einem Maulwurf gebissen zu werden.
Kaum berührte der kleine Kerl die Erde beziehungsweise in diesem Fall Sand, da legte er einen Turbo ein, wie ihn sich Tunnelbauer nur wünschen können. In einer irrwitzig kurzen Zeit war mein kleiner Gast verschwunden und ich könnte schwören, dass er sein Bündel noch am selben Tag geschnürt hat und sich geschworen hat, nie wieder zu kommen.
Leider hat er seine freie Wohnung gleich inseriert und so wohnt nun die Großmutter aller Wühlmäuse samt ihrer ausgedehnten und ständig wachsenden Zahl ihrer Nachkommen bei uns. Schade, dass der Maulwurf mich nicht gefragt hat, ob er bleiben kann, ich hätte nichts dagegen gehabt.
„Ein Maulwurferlebnis“, von Inge Küsters
Auf nüchternen Magen ein schlimmes Bild: im Rasen vor der Terrasse reiht sich Haufen an Haufen. "Hilfe!" Jetzt muss mein Mann antreten. Er bewaffnet sich mit Spaten und Eimer, stellt sich schweigend auf Lauschposten und wartet geduldig bis ein neuer Haufen aufgeworfen wird.
Zugriff! Blitzartig den Spaten in die Erde gestochen, Maulwurf samt Erde in den Eimer und ich Arme muss den samtigen Kerl auf einer weit entfernten Wiese aussetzen.
Nachbar Harald holt sich bei uns Rat, denn auch bei ihm "häufelt" es. Geduld, Geduld! ist oberstes Gebot. Er stellt sich ebenso mit dem Spaten auf Horchposten. Nach einer halbe Stunde sehen wir ihn bereits auf einem Stuhl sitzen. War wohl doch zu anstrengend!
Geschlagene 60 Minuten später hören wir Schnarchgeräusche im Nachbargarten: neben dem schlafende Harald ein frisch aufgeworfener Maulwurfhaufen. So ein Pech! Den Maulwurf hat´s gefreut ... uns auch.
„Das Glückstier“, von Andrea Varnhagen-Gockeln
Für unsere Kamerunschafe haben wir zwei Wiesen zur Verfügung. Diese Wiesen werden nicht nur von den Schafen geliebt - nein, auch ein Maulwurf schätzt die Erde dort sehr. Regelmäßig sind dort große Erdhaufen zu bewundern, die wir, insbesondere mein Mann, nicht lieben. Mittlerweile sind die Haufen zu solch einem Ärgernis geworden, dass mein Mann zu mannigfaltigen Vertreibungstechniken gegriffen hat.
1. Wurde ein Damentampon mit Teebaumöl getränkt tief in den Gang eingeführt - keine Wirkung.
2. Wurden alle Erdhaufen abgetragen, die Gänge freigelegt und der Wind konnte ordentlich durch die Gänge sausen. Der Maulwurf blieb.
3. Wurden abgeschlagenen Flaschen in die Hügel gesteckt, damit der Wind ein "sausendes Geräusch" mit Hilfe der Flaschen erzeugen konnte. Der Maulwurf ist noch da.
4. 300 Liter Wasser wurden per Schlauch in die Gänge geleitet. Der Maulwurf planschte zufrieden und blieb.
5. Mitleidige Nachbarn, die den Kampf meines Mannes schon begeistert beobachteten, gaben den Rat, extra "stinkende" Urinsteine in die Gänge zu befördern. Gesagt, getan, es war um Weihnachten und die Urinsteine hatten die Form kleiner Sternchen - allerliebst - der Maulwurf blieb.
6. Eine Nachbarin meinte dann, die Sternchen-Urinsteine könnten nur wirken, wenn man bei Vollmond darauf uriniert. Diesen Versuch hat mein Mann unterlassen - zum Leidwesen unserer Nachbarn.
Zum Jahrswechsel bekam ich eine astrologische Zeitung in die Hände mit einem Glück verheißendem Jahreshoroskop für alle Sternzeichen. Neben den Horoskopen waren auch die speziellen Glückstiere der einzelnen Sternzeichen aufgeführt - was glauben Sie wohl, mein Mann ist Skorpion, sein Glückstier ist der Maulwurf... Nun darf er bleiben, vielleicht wird es ihm ja bald so langweilig, dass er von alleine geht.
„Er gehört eben dazu“, von Bärbel Meißner
Unser "Haus im Grünen" war gebaut, unser neuer Garten angelegt. Schön am Dorfrand, dicht an Wald und Feld und direkt im Lebensraum von Maulwurf und Co. Dann eines Tages, war der erste Maulwurfshügel im Gemüsebeet. Es erschienen noch etliche Hügel, die allerdings nie in der Rasenfläche waren und sind - hier hatten wir neuen Boden von einem recht steinigen Acker aufgebracht. Die Hügel entstanden nur in unseren naturbelassenen Ecken und im lockeren Gemüsegarten.
Wir steckten Flaschen schräg in die Beete - es machte ihm nichts aus. Wir legten Lappen mit Peroleum oder Buttermilch aus - es machte ihm nichts aus. Es kamen Mottenkugeln (Naphtalin) - kein Abzug von "unserem" Maulwurf!
Eines Tages - wir kamen mit unseren Söhnen vom Spaziergang zurück - sahen wir, wie direkt neben dem Komposthaufen ein neuer Hügel entstand. Mit wie viel Kraft der kleine Kerl dort unten in der Tiefe arbeitete. Mein Mann holte den Spaten, schlich sich leise heran, stieß den Spaten kräftig ins Erdreich und warf den Aushub daneben.
Da lag er nun in seiner ganzen Pracht. Wir staunten nicht schlecht über seine große Grabeschaufel-Pfoten, seine winzigen Augen und vor allen Dingen über das glänzende, saubere Fell, wo er doch in dieser schwarzen Erde lebt.
Etwas verstört sah er aus. Was nun? Wenn wir ihn im Eimer wegtragen, wie uns Nachbarn geraten hatten, werden morgen sicher einige andere Maulwürfe an seiner Stelle hier sein. Unser Jüngster meinte: "Vielleicht lebt dort unten seine Familie." Nun ja, nachdem wir ihn genügend bewundert hatten, drehten wir die Schaufel um und entließen ihn direkt vor seinem Gang in die Unterwelt unseres Gartens. In Zukunft ärgerten wir ihn nicht mehr mit Gerüchen und Geräten. Er gehört eben dazu. Auch wenn der eine oder andere Nachbar dafür kein Verständnis hat: Bei uns darf er sich wohlfühen.
„Ein hilfreiches Ärgernis“, von Leonhard Kasek
Als wir im Frühjahr 1998 begannen, den Garten am Haus urbar zu machen, war klar: Es sollte ein Naturgarten werden. Ein Maulwurf war da fest eingeplant. Aber der lies auf sich warten. Auf dem Gebiet, das Garten werden sollte, waren vorher schwere Baufahrzeuge herumgefahren und hatten den Lehmboden zu einer Art Zement zusammengepresst. Ein Maulwurf als Gehilfe beim Urbarmachen wäre uns da gerade recht gekommen.
Erst als nach zwei Jahren der Boden etwas weniger hart war und es dank der dicken Mulchdecken reichlich Regenwürmer gab, da endlich tauchte der erste auf. In unseren Gemüsebeeten verschwanden auf wundersame Weise Pflanzen. Der Maulwurf biss einfach die Wurzeln ab, wenn ich sie dort gepflanzt hatte, wo er seinen Gang gebaut hatte, oder zog die Pflanzen ganz in den Gang. Verschwunden waren nun aber auch die Wühlratten. Möhren, Schwarzwurzeln und Pastinaken konnten wachsen, wenn sie nicht gerade dem Maulwurf in die Quere kamen. Abschrecken lies der sich kaum, weder durch Wolfsmilch noch durch Holunderzweige, die ich in die Gänge stopfte, wo sie unerwünscht waren.
Als der Maulwurf vor zwei Jahren im Herbst das gesamte frisch bepflanzte Erdbeerbeet regelrecht umwühlte und dabei beinahe die Hälfte der Erdbeerpflanzen zuschüttete, packte mich dann doch die Wut. Ungefähr zwei Kubikmeter Wasser aus einem nahen Bach habe ich in seine Gänge gepumpt, das Erdbeerbeet war ein einziger Morast. Zwei Wochen hat es geholfen, dann war der Maulwurf wieder da und auch die frischen Erdbeerpflanzen aufs Neue begraben.
Erst als ich einige Dutzend Knoblauchzehen zwischen den Erdbeerpflanzen in der Erde versenkte, wechselte er das Revier und nahm sich unsere Wildblumenwiese vor. Um ihm die Lust zu verleiten, von dort aus wieder unsere Gemüsebeete umzupflügen, besorgte ich mir vom Friseur reichlich Haare und streute sie beim Umgraben in die Furchen. Der Erfolg war durchschlagend. Kein Maulwurf!
Inzwischen kümmerte er sich um Apfelbäume und Johannisbeersträucher. Die wuchsen nun erheblich besser. Ich begann den schwarzen Wühler zu schätzen. Aber im Sommer waren Möhren und Pastinaken weg und die Wühlratten waren zurück. Im Herbst übernahm dann der Maulwurf sein altes Revier wieder und rettete wenigstens den größten Teil der Schwarzwurzeln. Das mit den Haaren war wohl doch keine so gute Idee. Der Maulwurf ist das geringere Übel.
Im letzten Herbst starte er von seinem neuen Hauptquartier unter der Wiese seinen vorerst letzten Angriff. Der Fußboden in unserem Wintergarten besteht aus diesem zementharten Lehm. Wir haben nur Steinplatten darauf gelegt. Als wir im Herbst dort beim Frühstücken saßen, hob sich plötzlich eine und ein Erdhaufen wuchs an der Seite unter der Platte hervor. Es blieb nicht der einzige.
Durch die Gänge zogen auch Brandmäuse in den Wintergarten ein. Die sind willkommen, Schaden haben sie noch keinen gemacht, dafür fressen sie fleißig alle ungebetenen Insekten, vor allem Blattläuse, von den Kübelpflanzen ab, die dort überwintern. Die Brandmäuse haben den Maulwurf vor den Haaren bewahrt. Aber im Frühjahr, wenn die Kübelpflanzen wieder draußen stehen, werde ich die Gänge im Wintergarten mit Haaren voll stopfen. Im Winter sind die ersten Hügel an unserer wilden Hecke aufgetaucht. Ich hoffe sehr, dass er im nächsten Sommer dort bleibt. Dann können die Hundsrosen und Schlehen endlich richtig wachsen. Vielleicht bekommt dann unser Rotkehlchen Nachbarn und Nachtigallen ziehen ein.
Langsam wird aus dem harten Baugrund lockere, fruchtbare Gartenerde. Ein großer Teil des frischen Gemüses, das wir essen, stammt nun aus eigener Ernte. Auch Beeren kaufen wir schon lange nicht mehr. Der Maulwurf hat trotz der beerdigten Jungpflanzen daran seinen Anteil. Ungesellig ist er übrigens nicht. Gleich hinter unserem Garten, auf den Wiesen am Bach zeigt ein riesiger Haufen das Nest des Nachbarn an. Dessen Gänge sind mit unseren verbunden und so geht es weiter. Es ist eine richtige kleine Kolonie geworden mit wenigstens sechs bis sieben Maulwürfen.
„Jupp“, von Jörg Borgerding
Maulwürfe gehörten von jeher zu meinen Lieblingstieren. Das lag nicht zuletzt an den tschechischen Zeichentrickfilmen, deren Hauptfigur ein putziger Maulwurf war, und die es gelegentlich im Ersten gab. "Sport-Spiel-Spannung", weißt Du noch? Mit dem unsäglichen Luis Trenker, der immer von im-Schnee-verschütt-gegangenen Freunden erzählte: "I hob amoi an guaten Freind g'hobt, den Rosseralm-Toni..."
Was lag näher, als mir einen eigenen Maulwurf zu fangen und ihn zu zähmen? Ich hatte keine genaue Vorstellung davon, wie und wo ich Jupp (so wollte ich den Maulwurf nennen, wenn ich ihn gefangen hatte) halten, womit ihn füttern sollte (Regenwürmer - ja ja, aber im Winter? Wenn der Boden gefroren ist? Oder halten Maulwürfe Winterschlaf?), aber ich war sicher, dass mir dazu etwas einfiele, wenn ich ihn erstmal hätte.
Die Fangmethode war mir völlig klar: Ich würde es so machen wie mein Vater, wenn er einen Maulwurf beim Werfen erwischte. Papa, ein passionierter Hobbygärtner, und die Maulwürfe: ein ewiger Krieg. Wobei mein Vater, bodenständig wie er war, auf Einsatz von chemischen Kampfstoffen verzichtete. Also keine Gaspatronen, kein Karbid, keine Giftpillen. Auch die klassischen Klappfallen missfielen ihm: "Tierquälerei, so was, da werden die Biester langsam zu Tode gequetscht!" Mäusen und Ratten gegenüber war er da weniger zimperlich
Nein, er war stets für den offenen Kampf Mann gegen Maulwurf - wobei, wenn ich mich recht entsinne, nicht ein einziger Maulwurf jemals gegen ihn gewonnen hätte.
Es war ganz einfach: Wenn der Maulwurf warf, leise mit 'm Spaten in der Hand anpirschen, und: zack! Das Spatenblatt in den Boden rammen - hauruck! Den Maulwurf ans Tageslicht befördern und
empfindliche Gemüter bitte den nächsten Abschnitt überspringen!
Klatsch-Klatsch-Klatsch: drei- bis viermal kräftig auf den armen Blinden einschlagen, bis er sich nicht mehr regt.
So ging mein Vater vor. Ich fand das nicht gut, ganz und gar nicht gut. Aber diskutier darüber mal mit einem Vater, dem seine Petersilie, seine Karotten, die Rote Bete und vor allem der gepflegte Rasen über alles gehen. Nein, ich wollte Jupp natürlich lebend fangen. Immer und immer wieder setzte ich mich mit einem hölzernen Klappstuhl leise auf die kleine Rasenfläche, die als einziger Fleck im Garten nichts Essbares gebar.
Mit dem Spaten in der Hand lauerte ich dort oft stundenlang auf einen Maulwurf. Als ich nach einigen Tagen erfolglosen Wartens entmutigt aufgeben wollte, wurde meine Ausdauer dann doch belohnt: In der beginnenden Abenddämmerung jenes Tages sah ich plötzlich eine kleine, erdbraune Beule aus dem gepflegten, grünen Rasen wachsen. Jupp begann zu werfen. Die Beule wuchs! Und wuchs ... und wuchs ... und noch mal etwas Erde hoch gedrückt. Und dann ich: langsam und leise vom Klappstuhl aufstehen, den Spaten vorsichtig am mittlerweile prächtig anzusehendem Maulwurfshügel positionieren, und: - Zack! in die Erde gestochen und - mit Schwung und: Hauruck! einen Spatenvoll Erde herausgeholt.
Und da lag er vor mir: Jupps Kopf, sauber vom Rumpf abgetrennt.
„Der Große Maulwurf“, von Jörg Borgerding
Der kleine Maulwurf steckte seine Nase in den Wind und sog die frische Frühlingsluft tief ein. Gerade hatte er seine erste Winterruhe beendet. Während die anderen Familienmitglieder sich mit dem Wachwerden und Aufstehen viel Zeit ließen, konnte er es nicht abwarten. Er wollte seinem Vater zeigen, dass er im vergangen Jahr gut aufgepasst hatte! Sein Vater sollte stolz auf seinen Sohn sein, und auf den wunderbaren Maulwurfshügel, der so gebaut war, wie sein Vater es ihn gelehrt hatte. Aus der Kuppel dieses wunderschönen Bauwerks blinzelte der kleine Maulwurf in die Frühlingssonne.
Um den Maulwurfshaufen herum erstreckte sich ein wunderschönes Grasland. Kleine Bäume wuchsen dort, Büsche und viele wilde Blumen, in deren Blüten erste Bienen nach Honig suchten. Grillen grüßten zirpend die Sonne. Kaninchen knabberten an zarten Löwenzahnblättern. Eichhörnchen tollten über die Wiese, jagten sich einander auf Bäume. Eichelhäher schimpften, weil sie sich dadurch gestört fühlten.
Da war ein Lachen und Brummen und Surren und Singen, dass es dem kleinen Maulwurf eine Lust war, wieder auf der Welt zu sein.
„Ausgeschlafen, mein Sohn?“, tönte es aus dem Gang, der vom Hauptnest zu dem Hügel führte, den der kleine Maulwurf geschaffen hatte. Sein Vater war aufgestanden. Schmatzend kroch auch er aus dem Erdreich hervor und legte die rechte Schaufel um die Schulter seines Sohnes. Den Schwanz eines unvorsichtigen Regenwurmes noch zwischen den Lippen, sprach der Vater:
„Da ist es ja endlich wieder, unser Heimatland! Lang war der Winter und kühl wars im Bau. Schön, dass es wieder Sommer wird! Jetzt werden wir erstmal ordentlich futtern. Und dann gehen wir daran, alle Gänge zu kontrollieren, zu reparieren und neue zu graben!“
Monate später, an einem warmen Septembernachmittag, saßen der kleine Maulwurf und sein Vater auf einem ihrer zahlreichen Hügel und freuten sich wieder einmal über ihre schöne Heimat. „Es ist ein richtiges Paradies!“, sagte der kleine Maulwurf versonnen.
„Das ist es, mein Sohn, das ist es!“, entgegnete der Vater, beschrieb mit der Zeigekralle seiner gewaltigen, rechten Schaufel einen großen Bogen und sagte: „Und das alles wird eines Tages dir gehören, so wie es jetzt mir und zuvor deinen Groß- und Urgroßvätern gehörte!“
„Wo sind die jetzt?“, fragte der kleine Maulwurf, und weiter, ängstlich: „Und was wird geschehen, bevor dies alles mir gehört?“
Der Vater, dem die Angst seines Sohnes nicht entging, nahm seinen Sprössling liebevoll in den Arm und sprach: „Hab keine Angst, Söhnchen. Deine Großeltern sind beim Großen Maulwurf! Es geht ihnen dort gut! Und eines Tages wird der Große Maulwurf kommen und deine Mutter und auch mich in seinen Bau holen! Irgendwann kommt im Leben eines jeden Maulwurfes der Tag, an dem er dem Großen Maulwurf begegnet. Das geschieht, wenn wir Maulwürfe alt sind und uns nicht mehr selbst ernähren können. Dann weist uns der Große Maulwurf mit seinem silbernen Szepter den Weg in seinen prächtigen Bau! Da ist es sonnig, hell, trocken und immer warm! Es gibt Würmer, Maden, Schnecken und Engerlinge in Hülle und Fülle! Es gibt keine Winter mehr, es ist allezeit Sommer! Dafür sorgt der Große Maulwurf! Er ist ein guter Maulwurf! Wenn er dir eines Tages begegnet, Söhnchen, fürchte dich nicht! Freu dich auf ihn!“
Die Sommer und Winter kamen und gingen. Eines Tages fand der kleine Maulwurf, der nun selbst eine Frau und Kinder hatte und somit kein kleiner Maulwurf mehr war, seine Mutter leblos im Gang liegen. Schnell holte er seinen Vater, dessen schwarzes Fell mittlerweile den Glanz verloren hatte.
„Wie schön für sie!“, rief Vater Maulwurf. „Der Große Maulwurf hat sie zu sich genommen! Ihren alten Leib hat sie hier gelassen, sie braucht ihn nicht mehr! Sie bekommt vom Großen Maulwurf einen kräftigen, neuen Körper! Es geht ihr gut, da wo sie jetzt ist!“
Die Träne, die dabei an Vaters Schnauze hinabrollte, entging dem Sohne nicht.
Im folgenden Winter nahm der Große Maulwurf auch den Vater zu sich. Ein wenig traurig war sein Sohn schon, als sein Vater nicht mehr aus der Winterruhe erwachte. „Er hat es gut, dort, wo er jetzt ist. Der Große Maulwurf sorgt für ihn“, tröstete er sich.
Erstaunt sah sich der Maulwurf um. Er war soeben wieder aus einem monatelangen Winterschlaf, den er nur gelegentlich unterbrochen hatte um ein wenig von seinen Futtervorräten zu naschen, erwacht und saß auf einem frisch geworfenen Hügel. Er war noch ein wenig müde, dennoch entging es ihm nicht, dass sich etwas geändert hatte.
Seinem Paradies war etwas widerfahren. Die schöne, bunte Wiese war nicht mehr bunt. Sie war langweilig grün. Kein Blümchen mehr, auf dessen Blüte eine Biene oder ein Schmetterling saß. Kein Löwenzahn, an dem Kaninchen knabberten. Kein Busch, kein Baum mehr, in dem Vögel witscherten. Stille. Totenstille.
Und da, wo einmal die drei großen, weißen Birken gestanden hatten: etwas ganz und gar Merkwürdiges! Eine Art Maulwurfshaufen, aber gewaltig groß, und nicht rund, sondern eckig gebaut! Und nicht erdfarben, sondern weiß, mit einem roten Dach! Aber was das Erstaunlichste war: eckige Löcher in den Wänden, durch die man in das Innere des großen Maulwurfhaufens hineinsehen konnte.
So fasziniert war der kleine Maulwurf von dem, was er sah, dass er den Schatten nicht bemerkte, der sich ihm näherte. Erst, als die Spitze des Schattens auf ihn und seinen Maulwurfshügel fiel, wendete er den Blick ab von dem Bestaunten und hin zu dem, was sich zwischen ihn und die Sonne geschoben hatte. Sein Herz setzte einen Schlag aus.
Da war ein Maulwurf, ein riesiger Maulwurf, wohl hundertmal größer als er selbst! Und der stand aufrecht auf seinen Hinterbeinen, deren untere Enden gelb waren Und der hatte kein schwarzes Fell, sondern ein grünes! Und sein Kopf war fast kahl. Auch war die Kopfform anders als bei allen anderen Maulwürfen, mit einer winzigen Nase und merkwürdigen Lappen an den Kopfseiten. Erstaunt sah der kleine Maulwurf auf die Schaufeln des gigantischen Maulwurfes, der vor ihm stand. Sie waren winzig im Verhältnis zum Körper. Aber in der einen Schaufel hielt der Riesenmaulwurf einen langen Stock, und an dessen Ende bemerkte der kleine Maulwurf eine riesige, silbern glänzende Schaufel.
Jetzt wurde es dem kleinen Maulwurf klar, wer da vor ihm stand: Der Große Maulwurf, mit seinem silbernen Szepter! Er war gekommen, ihn in seinen wunderschönen Bau zu holen! Der kleine Maulwurf erinnerte sich der Worte seines Vaters und fürchtete sich nicht. Mit Herzklopfen sah er den Großen Maulwurf das Szepter heben. „Er zeigt mir den Weg ins Maulwurfparadies!“, dachte der kleine Maulwurf noch. Und freute sich.
Gedichte
Ein Maulwurf wütet unterm Garten. / Hügel auf dem Rasen. / Ach, es wäre schön, / würde er zum Nachbarn gehn... Mehr →
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Mit dem Kopf beziehungsweise dem Rüssel schiebt der Maulwurf überschüssiges Erdmaterial nach oben, wirft den „Bauschutt“ schließlich vor seine eigene Haustür und wird so seinem Namen gerecht, der „Erdwerfer“ bedeutet. Mehr →