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Sumpfschildkröten im NABU-Zentrum Blumberger Mühle


Ein Schildkrötenjahr | Nachwuchs für Methusalem
"Man muss nicht auf die Galapagos-Inseln fahren, um Schildkröten zu beobachten. Das ist auch bei uns in der Uckermark möglich", sagt Aija Torkler, Leiterin der Blumberger Mühle. In der NABU-Einrichtung 90 Kilometer nordöstlich von Berlin bei Angermünde gibt es die bundesweit einzige begehbare Freianlage für Europäische Sumpfschildkröten. Besucher können die vom Aussterben bedrohten Tiere dort wie in freier Wildbahn beobachten.
Die etwa 2000 Quadratmeter große Anlage bildet einen typischen Sumpfschildkrötenlebensraum ab. Inzwischen leben dort zwölf der seltenen Tiere. Neben dem Teich mit Gehölzen und Schilf am Ufer gibt es eine große Sanddüne, wo die Schildkröten im Frühjahr ihre Eier ablegen können.
Winterruhe am Teichgrund
Gäste der Blumberger Mühle, die in den Wintertagen die große Holzbrücke der Anlage betreten, werden allerdings keine Schildkröten zu Gesicht bekommen. Von Oktober an halten die wechselwarmen Tiere ihre Winterruhe. Dazu verharren sie nahezu bewegungslos am Teichboden und senken ihren Stoffwechsel auf ein Minimum ab. Im April werden die Schildkröten wieder aktiv. Sobald die Sonne scheint, sieht man die Tiere mit der feinen gelben Zeichnung auf dem dunklen Rückenpanzer tagsüber gern am Ufer ausruhen.
Die Sumpfschildkrötenanlage soll möglichst viele Naturfreunde für den Schutz der Tiere sensibilisieren. "Wir sind keine wissenschaftliche Einrichtung, sondern wollen über die Umweltbildung für den Artenschutz werben", betont Torkler. Allerdings wird das Gelände auch von Mitarbeitern des Landesumweltamtes Brandenburg zu wissenschaftlichen Untersuchungen genutzt. Der NABU Brandenburg hat vor mehr als zehn Jahren ein Schutzprojekt für die einzige in Europa lebende Schildkrötenart gestartet, das inzwischen vom Landesumweltamt fortgeführt wird.
Schwungvoller Handel
Früher war die Sumpfschildkröte in Mitteleuropa weit verbreitet. Als Wasserbewohner galt sie frommen Katholiken nicht als Fleisch, sondern als Fisch. Schildkröten durften deshalb auch in der Fastenzeit gegessen werden. Die beliebte Fastenspeise wurde gleich wagenweise gehandelt. Erst nach der so genannten Säkularisation Anfang des 18. Jahrhunderts änderten sich die Gebräuche und die Sumpfschildkröte verschwand weitgehend vom Speisezettel.
Heute zählt sie leider zu den seltensten Tieren unserer Heimat. Deutschlandweit gibt es bodenständige Vorkommen noch in Brandenburg - vor allem in der sumpf- und gewässerreichen Uckermark -, in Mecklenburg-Vorpommern und seit wenigen Jahren wieder in Hessen.
Wenig Lebensraum
Die Sumpfschildkrötenbestände sind durch den Verlust ihrer natürlichen Lebensräume stark geschrumpft. Vor allem der Ausbau von Straßen und Gewässern, die Aufforstung von Gelegeplätzen, Bootsverkehr sowie die Verwendung von Reusen in der Binnenfischerei sind für den Rückgang verantwortlich. In zwei Naturschutzgebieten und in den Naturparken Märkische Schweiz und Stechlin-Ruppiner Land engagieren sich der NABU und seine Stiftung Nationales Naturerbe im Sumpfschildkrötenschutz, zum Beispiel durch den Ankauf von Flächen. Und in der Blumberger Mühle freut sich Aija Torkler bereits aufs Frühjahr. Denn in diesem Jahr rechnet sie mit Nachwuchs bei den Sumpfschildkröten.
Kathrin Klinkusch
Ein Schildkrötenjahr
Das Sumfschildkrötenjahr beginnt in der Regel im April, wenn die Tiere ihre Winterquartiere am Gewässergrund verlassen. Nur kurz danach beginnt auch schon die Paarungszeit. Auf der Suche nach einem geeigneten, von der Sonne beschienenen Eiablageplatz legt das Weibchen im Mai oder Juni bis zu einem Kilometer zurück. Hier gräbt es eine kleine Grube, in die 5 bis 15 Eier abgelegt werden. Der von der Sonne ausgebrütete Schildkrötennachwuchs schlüpft dann im Frühherbst. Meist kommen die Jungen aber nicht gleich ans Tageslicht, sondern überwintern noch in der Eigrube.
Nachwuchs für Methusalem
Mit der Fortpflanzung tun sich die letzten wild lebenden Sumpfschildkröten ausgesprochen schwer. Sumpfschildkröten können 70 bis 100 Jahre alt werden und viele Wild-Bestände gelten als stark vergreist.
Ein großes Problem ist auch, dass es sich längst nicht bei allen Sumpfschildkröten an unseren Gewässern um heimische Tiere handelt. "Vor allem Sumpfschildkröten aus dem Randbereich von Städten sind fast durchweg ausgesetzte Tiere aus Südosteuropa", meint Norbert Schneeweiß von der Naturschutzstation Rhinluch in Linum, die das Artenschutzprogramm Sumpfschildkröte des Landes Brandenburg koordiniert. In Linum werden Sumpfschildkröten nachgezüchtet - auch die Tiere in der Blumberger Mühle stammen von dort - und im Alter von drei Jahren an geeigneten Gewässern ausgewildert.
Es gibt mehr als ein Dutzend Unterarten der Sumpfschildkröten. Manche lassen sich anhand von Größe, Zeichnung und Bauchfarbe von den mitteleuropäischen unterscheiden, andere nur mittels Gen-Unterschungen. Bei Einkreuzung südeuropäischer Tiere ist zu befürchten, dass die Jungtiere Eigenschaften aufweisen, die ihnen das Überleben an der nördlichen Verbreitungsgrenze der Art unmöglich machen.
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