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Aus dem Leben der Ringelnatter
Leise und blitzschnell verschwindet ein langgestrecktes Tier im Gebüsch. Gerade gelingt es dem morgendlichen Spaziergänger noch, zwei halbmondförmige Flecken kurz zu erspähen. Die beiden Halbmonde am Hinterkopf sind gelb gefärbt und scharf abgegrenzt. Und genau diese Flecken machen die Ringelnatter praktisch unverwechselbar. Ausgewachsene Ringelnattern sind zwischen 80 und 120 Zentimetern lang, einzelne Exemplare können noch größer werden. Der Körper der Ringelnatter weist oberseits meist eine hell- bis dunkelgraue Grundfarbe auf, dazu kommen dunklere Flecken auf dem Rücken und an der Seite. Weitere Artkennzeichen sind die runde Pupille, deutlich erkennbare "Mittelrippen" auf den gekielten Schuppen und die großen Schilder auf dem Kopf.
Friedfertig auch untereinander
Die anmutigen Ringelnattern sind für den Menschen vollkommen ungefährlich und pflegen auch untereinander einen friedfertigen Umgang. Insbesondere in April und Mai suchen die paarungsbereiten Tiere Artgenossen des anderen Geschlechts. Die Weibchen werden oftmals von zahlreichen Männchen gleichzeitig umworben; Kämpfe oder Beißereien zwischen den Rivalen treten dabei aber nicht auf.
Nach der Paarung werden die trächtigen Weibchen zunehmend unbeweglicher und verbringen viel Zeit mit Sonnen, um so die Entwicklung der Embryonen zu fördern. Die meisten Eiablagen erfolgen dann im Juli oder August, einzelne Tiere legen ihre Eier deutlich früher oder auch später ab.
Die Weibchen bevorzugen zur Eiablage Standorte, die durch Verrottung organischer Materialen eine gewisse Eigenwärme produzieren, wie das beispielsweise in Mist-, Schilf- oder Komposthaufen und vermodernden Baumstümpfen der Fall ist. "Moderne" Ringelnattern nutzen auch Fernwärmeleitungen zur Eiablage. Da gut geeignete Eiablageplätze vielfach von zahlreichen Weibchen aufgesucht werden, kann man mancherorts tausende Eier finden. Die einzelnen Weibchen legen dabei meist 10 bis 30 Eier ab, die von einer pergamentartigen Schale umgeben sind. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Eiablage und den kleinklimatischen Gegebenheiten erfolgt der Schlupf in der Regel zwischen Juli und Ende September.
Winterruhe im Komposthaufen
Bis zum Erreichen der Geschlechtsreife müssen die kleinen Männchen mindestens drei, die kleinen Weibchen vier oder mehr Überwinterungen erfolgreich überstehen. Den Winter verbringen Ringelnattern oft in Massenquartieren, die beispielsweise an Waldrändern oder in Komposthaufen liegen können. Die Mehrzahl der Schlangen zieht sich im September oder Oktober in die Winterquartiere zurück und taucht im März oder April wieder auf.
Ringelnattern ernähren sich vor allem von Fröschen und Kröten. Zarte Molche und Kaulquappen werden ebenso gerne gefressen; auch kleinere Fische stehen auf dem Speiseplan. Als Gelegenheitsnahrung dienen beispielsweise Mäuse und Schnecken. Da Amphibien die wichtigste Nahrungsgrundlage stellen, sind Ringelnattern oft in deren Nähe zu finden. Insbesondere die Weibchen folgen den nach der Laichperiode abwandernden Lurchen in deren Landlebensräume und entfernen sich dabei oft weit von den Gewässern.
Feuchte Vielfalt gesucht
Ringelnattern sind insbesondere in Feuchtgebieten und ihrer Umgebung zuhause. Hier leben sie sowohl an eher langsam fließenden Gewässern als auch an Seen und Teichen, in Sümpfen, Feuchtwiesen und anderen Gebieten mit gutem Beuteangebot. Neben Jagdgründen benötigen sie gut geschützte Sonnenplätze, trockene Winterquartiere und Möglichkeiten zur Eiablage.
Diese verschiedenen Ansprüche werden insbesondere in vielfältig und kleinteilig strukturierten Landschaften erfüllt. Diese Biotop-Mosaike können aus einem Gewässer mit Schilfgürtel, Grünland, mit Hecken gesäumten Wegrändern und einem Wald oder auch einer strukturreichen Graben-Landschaft bestehen.
Bei den Wanderungen zwischen den verschiedenen Teillebensräumen werden viele Ringelnattern Opfer des Straßenverkehrs. Ihre Lebensräume werden jedoch nicht nur zerschnitten, sondern auch unmittelbar zerstört. Dies geschieht beispielsweise durch den Bau von Siedlungen und Verkehrswegen, Flurbereinigungen, den Ausbau von Gewässern und den Umbruch von Grünland zu Ackerland. Schon der Verlust eines Eiablageplatzes oder eines Winterquartiers kann einen ganzen Bestand vernichten.
Schutz für einen Glücksbringer
Die wichtigste Maßnahme zum Schutz der Ringelnatter besteht in der Erhaltung und Wiederherstellung möglichst ungestörter und unzerschnittener Lebensräume inklusive nahrungsreicher Gewässer. Vielfältige Kleinstrukturen, die Verstecke, Aufwärmungs- oder Abkühlungsmöglichkeiten bieten, sollten ebenso vorhanden sein wie nicht oder nur extensiv genutzte Flächen. Vegetationsmosaike können durch Pflegemaßnahmen erhalten und entwickelt werden; mitunter kann die gezielte Schaffung von Eiablageplätzen oder Winterquartieren sinnvoll sein.
Die Lebensräume der Ringelnatter dienen zahlreichen weiteren gefährdeten Arten als Heimstatt. Auch der Mensch profitiert möglicherweise nicht nur durch die Erhaltung schöner Landschaften von Maßnahmen zum Schutz dieser Schlange: Nach altem Volksglauben sollen Ringelnattern, die in der Nähe des Menschen leben, kleine Kinder bewachen, Haus und Vieh schützen und ganz allgemein Glück und Segen bringen.
von Ina Blanke
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