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Jetzt NABU-Mitglied werden!NABU-Negativpreis geht 2023 an „Deutschlandpakt“
„Dinosaurier des Jahres“: Planungsbeschleunigung als Zerstörungs-Wettlauf der Natur
28. Dezember 2023 – Der Negativpreis „Dinosaurier des Jahres” geht dieses Jahr an den „Deutschlandpakt“. Im Eiltempo hatten Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsident*innen der Länder im Oktober 2023 ein Maßnahmenpaket zur „Planungsbeschleunigung“ beschlossen. Doch die beschlossenen Richtlinien haben auch das Potenzial, die Naturkrise zu beschleunigen. Und das, obwohl der Verlust der natürlichen Vielfalt zu den größten Bedrohungen der Menschheit zählt.
Der Negativpreis des NABU geht deswegen per Expressversand stellvertretend an den aktuellen Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz. Turnusmäßig ist das derzeit der Ministerpräsident von Hessen, Boris Rhein (CDU). „Ja, es ist wichtig, Planungsverfahren zu beschleunigen”, begründet NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Entscheidung der Jury, „aber was wir derzeit bei der Planungsbeschleunigung an politischer Leistung erleben, ist ein Wettlauf um die Zerstörung von Landschaften.“
Die wahren Bremsklötze: Personalmangel und Bürokratie
Dabei werde eine schnellere Planung nicht durch Rücksichtnahme auf die Natur verhindert, begründet Krüger die Entscheidung der Jury. „Es sind Menschen, ineffiziente Prozesse und überbordende Bürokratie bei gleichzeitigem Personalmangel“, kritisiert der NABU-Präsident weiter. „Es sind die Bundesländer, die nicht bereit sind, sich auf bundesweit einheitliche Standards zu einigen.“
Wer darauf setze, Planungsprozesse zu beschleunigen, indem er nicht mehr so genau auf die Natur schaue, werde langfristig verlieren. Um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten, brauche es hingegen eine andere Grundhaltung. „Eine, die gesellschaftliche Bedürfnisse, Ökonomie und Ökologie zusammenbringt.“ Anders sind die großen Krisen aus Sicht von Jörg-Andreas Krüger nicht zu bewältigen. Schon gar nicht mit markigen Sprüchen, blindem Aktionismus oder vergiftetem Populismus.
Seit 1993 zeichnete der NABU mit dem „Dinosaurier des Jahres” zunächst Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus, die sich durch besonders rückschrittliches öffentliches Engagement in Sachen Natur- und Umweltschutz hervorgetan hatten.
Seit 2020 prämiert der NABU nicht mehr Personen, sondern die Umweltsauerei des Jahres. Preisträger 2021 war beispielsweise das Baugebiet Conrebbersweg in Emden, stellvertretend für den Flächenfraß in ganz Deutschland. Im vergangenen Jahr erhielt die „Oder“ den Preis, nachdem es 2022 in dem Fluss durch salzhaltige Abwässer zu einem massiven Fischsterben gekommen war.
Dabei ist der Ruf von Wirtschaft und Politik nach schnelleren Baugenehmigungen für die dezentrale Energieversorgung und andere Infrastrukturprojekte auch aus Sicht des NABU verständlich. Ebenso, dass die Politik nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 unter großem Druck steht. Deutschland braucht schnell alternative Energiequellen.
Ein kurzfristiges, rücksichtsloses Vorgehen verursacht allerdings erhebliche Schäden im Bereich des Natur- und Artenschutzes. Allein wenn eine Art verschwindet, können dadurch ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Ein Aspekt, den die entscheidenden Personen beim Thema Planungsbeschleunigung offensichtlich nicht ausreichend berücksichtigen.
Rücksichstloser Bauboom auf Kosten der Natur
Stattdessen stellen sich Ministerpräsident*innen und der Bundeskanzler einen Bauboom auf der grünen Wiese wie in den 70ern vor, ohne Rücksicht auf Flora und Fauna, obwohl vermutlich die wenigsten Menschen mit diesem Baustil eine lebenswerte Umgebung verbinden. Auch in Windeseile LNG-Anlagen an der deutschen Küsten zu bauen und Bedenken hinsichtlich der damit verbundenen Eingriffe in sensible Meeresökosysteme per EU-Notverordnung vom Tisch zu wischen, ist eine Rechnung, die langfristig nicht aufgehen wird.
Die damit einhergehende Naturzerstörung kann mit der Aufnahme von Schulden verglichen werden: Irgendwann sind sie zu hoch und nicht mehr rückzahlbar. Welchen Schaden diese Vorgehensweise anrichtet, erkennt der NABU in vielen Einzelgesetzen. Der NABU fordert daher auf, die wahren Bremser politisch anzugehen, statt sich auf Scheindebatten zu versteigen.
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