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Jetzt NABU-Mitglied werden!Brennender Autofrachter: Wattenmeer braucht besseren Schutz
Schutzgebiete stärken, Schiffsverkehr neu ordnen
29. Juli 2023 – In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch geriet das Frachtschiff „Fremantle Highway“ vor der niederländischen Wattenmeerküste aus bisher nicht geklärten Gründen in Brand. Vermutet wird, dass eine defekte Batterie eines Elektroautos den Brand ausgelöst haben könnte. Ein Besatzungsmitglied kam ums Leben. Niederländische Rettungskräfte versuchen das Schiff zu löschen und stabil zu halten, ohne dass das Löschwasser es zum Kentern bringt. Am Donnerstag gelang das Abschleppen nach Eemshafen. Eine größere Umweltkatastrophe für das Wattenmeer konnte somit verhindert werden. Im schlechtesten Fall hätte das Schiff auseinanderbrechen und weite Teile des Weltnaturerbes verschmutzen können.
Aktueller Stand (3.8.)
Die „Fremantle Highway“ wurde am Mittwoch von ihrem provisorischen Ankerplatz, 16 Kilometer nördlich der Insel Schiermonnikoog, in den Hafen Eemshafen abgeschleppt. Die Gefahr einer Umweltkatastrophe für das Weltnaturerbe Wattenmeer und die Nordsee ist damit nach einer Woche gebannt. Das Schiff soll nun entladen und die Schadstoffe entsorgt werden.
Bis zuletzt war es riskant, das Schiff durch Wettereinflüsse und die Brandschäden stabil zu halten. Ein Auseinanderbrechen oder Kentern musste unter allen Umständen verhindert werden, damit das geladene Schweröl und die (Elektro)-Autos nicht in die Meeresumwelt gelangen.
Am Samstag hatte ein Bergungsteam erstmals das Schiff betreten können und es erfolgreich mit einem Schlepper vertaut. Der ursprüngliche Standort des brennenden Frachters lag in einer vielbefahrenen Schifffahrtsstraße. Am Montag gelang das Abschleppen des immer noch brennenden Frachters in einen verkehrsberuhigteren und windgeschützteren Bereich in der Nähe der Insel Schiermonnikoog.
Welche Folgen sind zu befürchten?
Durch die Löscharbeiten wurden große Mengen kontaminiertes Lösch- und Kühlwasser ins Meer gespült. Ruß, Kunststoffpartikel, Reste von Öl, Benzin und Batterien sowie giftige Kohlenwasserstoffe steigen im Feuer mit dem Qualm auf und gelangen in Luft und Wasser.
Allerdings waren diese Folgen lokal spürbar und nicht vergleichbar zu den Schäden nach einem möglichen Auseinanderbrechen oder Sinken des Frachters.
Größere Umweltkatastrophe wurde abgewendet
Ein Sinken des Schiffes, das knapp 3.800 Autos, darunter 500 Elektroautos sowie rund 1,6 Millionen Liter Schweröl und 200 Tonnen Marinediesel geladen hatte, hätten der Nordsee und dem Weltnaturerbe Wattenmeer langfristige Umweltschäden zugefügt. Je nach Wind- und Strömungsverhältnissen hätten die freigesetzten Schadstoffe sowohl die niederländische als auch die deutsche Nordsee und das sensible Ökosystem Wattenmeer weiträumig verschmutzt.
Das hochgiftige Schweröl sinkt schnell zum Meeresboden ab und wird auf natürlichem Weg erst nach Jahrzehnten abgebaut. Der Marinediesel treibt länger an der Oberfläche und kann deshalb besser durch Ölsperren eingesammelt werden. Insbesondere bei Seevögeln führt der Treibstoff aber ebenso schnell zu Verunreinigungen. Ihr Gefieder verliert bereits durch wenige Tropfen Öl seine isolierende Wirkung, die Tiere unterkühlen und sterben, da sie eine Körpertemperatur von über 40 Grad Celsius aufrechterhalten müssen.
Erste Opfer des auslaufenden Öls wären also verölte Vögel – im August mausert sich beispielsweise der Weltbestand der Brandgans an der deutschen Küste. Aber auch Schweinswale, Seehunde und Kegelrobben wären betroffen, wenn sie die giftigen Substanzen wie aromatische Kohlenwasserstoffe aufnehmen oder einatmen.
Brand muss Konsequenzen für Schutz des Wattenmeers haben
Auch wenn die Rettungskräfte eine Katastrophe abwenden konnten, braucht es politische Konsequenzen.
Eine der meistbefahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt, die Route „Terschelling German Bight“, so nah am einzigartigen, sensiblen Ökosystem Wattenmeer entlangzuführen, ist aus Sicht des NABU fahrlässig.
„Drei schwere Zwischenfälle seit 2017 verlangen Antworten der Politik, allen voran vom Bundesverkehrsministerium. Tanker, große Containerschiffe und Gefahrguttransporte – zu denen ab sofort auch Autotransporte gehören sollen – müssen zwingend auf das weiter nördlich liegende Verkehrstrennungsgebiet ausweichen“, fasst NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller zusammen. So gewinne die Küstenwache im Havariefall kostbare Zeit.
Das fordert der NABU
Der Schutz des Wattenmeers muss endlich Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben:
- Der Seeverkehr muss neu geordnet werden
- Ebenso der Transport von Batteriefahrzeugen: er braucht strengere Transport- und Brandschutzauflagen
- Deutschland muss im Schulterschluss mit den Niederlanden und Dänemark eine aktive Rolle in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation einnehmen und entsprechende Standards für zukünftige Autotransporte und die Verkehrslenkung in der südlichen Nordsee erarbeiten
Da es kein Einzelfall ist, dass Schifffahrtslinien quer durch Meeresschutzgebiete führen – gleich fünf zerstückeln das Naturschutzgebiet „Sylter Außenriff – Östliche Deutsche Bucht“ – gibt es großen Nachholbedarf der Bundesregierung beim Schutz von Nord- und Ostsee.
- Die Bundesregierung muss mindestens die Hälfte aller Meeresschutzgebiete der Natur vorbehalten. Nur so wird Deutschland den Verpflichtungen der EU-Biodiversitätsstrategie gerecht, halten wir Klimakrise und Artensterben vor unserer Haustür auf.
- In der zweiten Legislaturhälfte muss die Ampel-Koalition die versprochene Meeresoffensive zum Schutz der Meeresnatur endlich entschlossen angehen!
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