Kümmern wir uns gemeinsam darum, die faszinierende Vielfalt in unseren letzten lebendigen Wäldern zu bewahren.
Jetzt Informieren!Neue Studie: So geht Industriewärme ohne Waldzerstörung
Wende zur klimaneutralen Industrie ist möglich
24. November 2022 - Die deutsche Industrie steht an einem Scheideweg: Setzt sie weiter massiv auf Energie aus Biomasse und bedroht damit Wälder weltweit, oder wagt sie die klimaneutrale Transformation? In der Studie „Holz statt Kohle, Gas und Öl? Wie gelingt die Defossilisierung des Industriesektors ohne Gefahr für Wälder und Klima?” untersucht das Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) im Auftrag des NABU zwei Szenarien. Das erste betrachtet die Auswirkungen auf Klima und Umwelt, wenn die Industrie die Holzverbrennung zur Wärme- und Energiegewinnung so ausbaut, wie sie es nach eigenen Angaben plant. Hier zeigt sich: Das würde mit einer massiven Zerstörung von Wäldern einhergehen. Die Klimabelastung wäre sogar höher als bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern.
Das zweite Szenario betrachtet eine alternative Entwicklung: Wie wäre die Belastung, wenn die benötigte Wärme über Elektrifizierung sowie - im geringeren Umfang - mit grünem Wasserstoff erzeugt würde? Die Studie kommt zu dem Schluss: Die Industrie könnte den Holzeinsatz so sogar stark reduzieren.
Was die Transformation bremst
Warum plant die Industrie trotzdem den Ausbau der Holzverbrennung von heute 23 Terrawattstunden auf 73 Terrawattstunden im Jahr 2045? Es zeigt sich: aktuell fördert die deutsche Politik das, anstatt eine Transformation voranzutreiben.
Treibhausgasemissionen aus der industriellen Holzverbrennung sind vom europäischen Handel mit Zertifikaten ausgenommen. Neben dieser indirekten Subventionierung gibt es für den Wechsel auf Biomasse Gelder aus einem Bundesförderprogramm.
Michaela Kruse, Expertin für Energie und Kohleausstieg, NABU
Die Schlussforderung ist klar: Finanzielle Unterstützung darf es in Zukunft nur noch für tatsächlich klimaneutrale Technologien geben. Die Politik muss Wege finden, die Verbrennung von Holzbiomasse einzudämmen. Es gibt bereits technologische Alternativen. Eine kluge Förderpolitik könnte sie wirtschaftlich interessant machen und die Industrie auf einen klimafreundlichen Pfad bringen, der ohne das Verheizen unserer Wälder auskommt. Es sollte gesellschaftlicher Konsens sein, die Wälder als unsere Verbündeten im Klimaschutz und als Ökosysteme zu erhalten.
Um den steigenden Strombedarf der Industrie durch die Elektrifizierung und Wasserstoffherstellung abdecken zu können, sollten alle Akteure den Ausbau der Erneuerbaren Energien, vor allem Wind- und Solarenergie vorantreiben. Darüber hinaus muss die Industrie jede Möglichkeit zur Effizienzsteigerung und Energieeinsparung nutzen.
Hintergrund zur Studie: Datengrundlage des ersten Szenarios
Das erste Szenario bezieht sich auf den vom Bundesverband der deutschen Industrie in eigenen Studien angestrebten Ausbau der Holzverbrennung von heute etwa 23 Terrawattstunden auf 73 Terrawattstunden im Jahr 2045. Hierbei würde sich die verbrannte Holzmenge von heute 7,71 Millionen Tonnen auf 26,9 Millionen Tonnen erhöhen.
Aktuell werden in der Industrie zu fast 70 Prozent sogenanntes Sekundärholz verbrannt, also zum Beispiel Sägereste und Altholz. Da in Zukunft nicht mehr Sekundärholz zur Verfügung stehen wird, müsste die zusätzliche Menge vollständig aus Primärholz, also Holz direkt aus dem Wald, gedeckt werden.
Importe im großen Umfang wären notwendig, um diese Holzmenge zu decken. Diese Entwicklung ist bereits eingeplant: Der weltweit größte Pelletkonzern Enviva, verantwortlich für Kahlschläge in artenreichen Laubwäldern in den USA, hat im Mai einen Zehnjahresvertrag mit einem deutschen Industriekunden abgeschlossen. Und das, obwohl der reale Kohlenstoffstoß aus der Holzverbrennung sogar noch höher liegen würde als bei der Weiternutzung fossiler Energieträger.
Die Verbrennung von Holz in Kraftwerken zählt offiziell zu den erneuerbaren Energien. Dabei übersteigen die CO2-Emissionen der Holzverbrennung die Emissionen fossiler Energieträger. Eine NABU-Studie zeigt Alternativen zur klimaschädlichen Holzverbrennung auf. Mehr →
Nach dem Kohleausstieg setzen einige Kraftwerksbetreiber auf die Verbrennung von Holzbiomasse. Diese Pläne erzeugen zusätzlich Druck auf die Wälder – auf Kosten von Klima und Artenvielfalt. Noch besteht die Chance, diese Fehlentwicklung aufzuhalten. Mehr →
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