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Jetzt NABU-Mitglied werden!Einwegplastik verbieten – mehrfach nutzbare Alternativen stärken
Die EU kann zeigen, wie es geht



Beim Mittagessen fällt oft viel zu viel Einwegplastik an. Foto: NABU/Eric Neuling
08. Oktober 2018 – Es ist eine besondere Richtlinie, die die EU-Kommission im Sommer vorgeschlagen hat, sie soll die Plastikvermüllung der Meere reduzieren. Bestimmte Einwegprodukte aus Plastik sollen im gesamten gemeinsamen Binnenmarkt aus Umweltschutzgründen verboten werden – ein für die EU relativ seltener Schritt, aber ein wichtiger für die überfällige Änderung der Marschrichtung der zukünftigen Umwelt- und Ressourcenschutzpolitik.
Aktuell bilden sich das Europaparlament (Abstimmung im Oktober) und die Umweltministerien (Umweltministerrat im Dezember) der EU-Staaten eine Meinung zur sogenannten Einwegplastik-Richtlinie. Ziel ist, im März 2019 und damit noch vor den Wahlen zum europäischen Parlament eine Regulierung zu haben, die EU-weit Wirkung entfalten soll.
Konzerne entziehen sich ihrer Verantwortung
Die Kommentare zahlreicher einflussreicher Verbände und Organisationen zum Richtlinien-Entwurf lesen sich wie aus dem Lehrbuch für Industrielobbyisten. Prinzipiell ist man sich einig, dass weniger Abfälle ins Meer gelangen dürften und Kunststoffe ressourceneffizient gestaltet sowie im Kreislauf geführt werden sollten. Aber Verbote seien dafür nicht zielführend und reine Symbolpolitik. Genauso sei eine Kostenbeteiligung der Hersteller an Aufräumarbeiten bitte auszuschließen.
Gegenübergestellt zeigen diese beiden Forderungen, wie widersprüchlich die Meinung der Unternehmen entlang der Kunststoff-Wertschöpfungskette ist: Einerseits betont man, Verbote seien nicht notwendig und das Vermüllungsproblem in der EU sei gering. Andererseits hat man Angst vor ausufernden Kosten bei der Reinigung von Europas Küsten. Jenseits der – selbstverständlich vom Staat – zu intensivierenden Verbraucheraufklärung wird von den sogenannten Inverkehrbringern keine alternative Lösung für das Problem Plastik in der Natur angeboten.
Doch auch in Deutschlands Gewässern lässt sich Plastikmüll leider auffinden. Diesen verlieren Menschen versehentlich oder absichtlich. Igel, Krähen, Ratten oder Möwen ziehen ihn aus Müllbehältern oder der Wind trägt ihn weiter aus zerrissenen Gelben Säcken, von Kunststoff-Müllsammelstellen oder offenen Straßenmülleimern.
Anspruchsvolle Regulierung erforderlich
Die Bevölkerung hat mittlerweile erkannt, dass es handfeste staatliche Regeln gegen den Plastikmüll geben muss, denn sonst ist die Natur bald eine Deponie, auf der nichts verrottet, auf die aber immer mehr angeliefert wird. Ganz abgesehen von den Umweltproblemen sinkt der Erholungswert, je mehr Müll dort vorzufinden ist.
Der NABU begrüßt unter dem Dach der Rethink Plastic Alliance gemeinsam mit anderen europäischen Umwelt- und Meeresschutzorganisationen eine anspruchsvolle Regulierung. Mit ihr kann endlich ein Präzedenzfall für wirkmächtige und die Natur bewahrende Politikinstrumente geschaffen werden. Ordnungspolitik hat die viel gepriesene europäische Abfallwirtschaft erst möglich gemacht. Ordnungspolitik kann jetzt wieder helfen, Abfall zu vermeiden. Dass das geht, schien in den vergangenen drei Jahrzehnten in Vergessenheit geraten zu sein.
Die Gesetzgebung sollte von den EU-Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie ergänzt werden, sodass Mehrweglösungen für Geschirr und Besteck auch wirtschaftlich eine Option sind. Entgegen vieler Hoffnungen sind sogenannte bioabbaubare Einwegprodukte aus Papier und Bioplastik als Ersatz für die Kunststoff-Variante immer noch keine Alternative, von der Klima, Böden und Kreislaufwirtschaft profitieren.
Appell an die EU
Der NABU fordert EU-Parlamentarier und Umweltministerien dazu auf, sich für anspruchsvolle Regeln mit der Richtlinie einzusetzen, um einen Einstieg in den Ausstieg der steigenden Plastikverschmutzung zu ermöglichen. Vermeidung und Mehrweglösungen stehen an erster Stelle:
- Mehrwegprodukte in der Gastronomie sind auch in einem von Bequemlichkeit und Mobilität geprägten Markt möglich. Die Bedingungen müssen nur fair sein. Daher muss Mehrweg vom Staat wirtschaftlich besser und nicht schlechter gestellt werden sowie ein Mehrweggebot für Vor-Ort-Verzehr beschlossen werden.
- Klare Minderungsziele für alle Einwegprodukte, wie Geschirr, Essens-Boxen, Becher, Flaschen, aber auch für aufgeschäumte Polystyrol-Boxen.
- Die Definition von Kunststoff in der vorgeschlagenen Richtlinie ist gut. Denn mit ihr werden neben konventionellen Kunststoffprodukten auch biobasierte und bioabbaubare Kunststoffprodukte reguliert. Oxo-abbaubare Kunststoffe sollten verboten werden.
- Mit Kunststoff beschichtete Papier-Einwegprodukte und andere Produkte mit geringen Kunststoffanteilen müssen unter die Vorgaben der Richtlinie fallen, um die mit Einweg verbundenen Probleme verhindern zu können.
- Verschmutzung durch Plastik muss bezahlt werden, und zwar nicht von Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen, sondern von den Inverkehrbringern, die die häufig gefundenen Plastikabfälle vermarkten. Das kann über die Ausweitung der Bedeutung des Begriffs der erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) geschehen.
- Die Sammlung und das Recycling von Fischereiartikeln ist notwendig und muss beschlossen werden. Der Vorschlag, ein System der erweiterten Produzentenverantwortung einzuführen, ist begrüßenswert und wird dazu führen, dass weniger Fischereiabfälle in den Meeren landen.
- Mehrweg-Getränkeverpackungen sind optimal und aktiv zu fördern. Deutschland ist ein Markt, in dem ein Mehrwegsystem existiert und zu bevorzugen ist. Zudem sind die Sammelquoten von ökologisch nachteiligen Einweggetränkeverpackungen durch das Pflichtpfand sehr hoch. In anderen EU-Staaten ohne bestehende Mehrwegsysteme muss zumindest eine Rückführungsquote von Getränkeverpackungen von mindestens 90 Prozent zum Standard werden. Dies ist normalerweise nur über ein verpflichtendes Pfandsystem zu erreichen.
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