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Prachtvolle Mitgift
Die EU-Erweiterung ist eine Chance für Europas Natur
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Fast endlose Wälder, intakte Gebirgslandschaften, unzugängliche Sumpfgebiete und die letzten von Menschenhand gänzlich unberührten Urwälder - Europas wilder Osten kommt keineswegs mit leeren Händen in die EU. Wenn am 1. Mai Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn sowie die "Südländer" Malta und Zypern der Europäischen Union beitreten, bringen sie eine prächtige Aussteuer an Naturschätzen mit in die europäische Ehe.
Zusammen vergrößern die neuen Mitgliedstaaten die Landfläche der Union um rund 60 Prozent - und bereichern sie um große Vorkommen wild lebender Tiere und Pflanzen sowie ausgedehnte seltene Lebensräume. Vieles, was im übrigen Teil des Kontinents längst verloren gegangen ist, hat in den neuen Ländern überlebt. Hier leben Wolf und Wisent, Elch und Luchs und die meisten der 50.000 Braunbären Europas. Unberührte Naturlandschaften, von Störchen bevölkerte Wiesen und Weiden und eine überwiegend kleinbäuerliche Landwirtschaft prägen große Teile Osteuropas. Der überwältigende Naturreichtum dieser Länder beherbergt einen bedeutenden Teil der weltweit vorhandenen biologischen Vielfalt und bedeutet einen großen Gewinn für das EU-Schutzgebietsnetz "Natura 2000".
Estland, Land der Moore
Beispiel Soomaa-Nationalpark im Südwesten Estlands: Das Wort Soomaa bedeutet "Land der Hochmoore" und der Nationalpark wird seinem Namen absolut gerecht. Vier riesige Moore erstrecken sich auf einer Fläche von 37.000 Hektar im Einzugsgebiet des Flusses Pärnu. Dieses regelmäßig überschwemmte Feuchtgebiet gewährt in seinen weitläufigen Wiesen und Wäldern Luchs, Braunbär und Wolf, Elch und Biber, aber auch Maskenspitzmaus und dem Silbergrauen Flughörnchen Unterschlupf.
Auf den Talsohlenwiesen wachsen wilde Orchideen, 160 Vogelarten leben hier. In den vielfältigen Laubwäldern ist unter anderem der Weißrückenspecht zu Hause. Wer sich zu Fuß oder im traditionellen Einbaum-Kanu aus dem Holz der Zitterpappel auf Vogelexkursion begibt, hört den Ruf des Wachtelkönigs über die Uferwiesen schallen und kann Haselhuhn, Nachtschwalbe, Schwarzstorch und Schreiadler beobachten. Daher steht das Land der Sümpfe auf der Ramsar-Liste der Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung, wurde in die Liste des Welt-Naturerbes aufgenommen, vom NABU-Dachverband BirdLife International zum Vogelgebiet von internationaler Bedeutung (Important Bird Area) erklärt und ist auch bereits als EU-rechtliches Natura-2000-Gebiet benannt.
Schluchten und Höhlen im slowakischen Karst
Nicht minder, wenn auch ganz anders beeindruckt der Slowakische Karst, das größte und schönste Karstgebiet Europas. Zehn Naturschutzgebiete sind hier ausgewiesen. Würgfalken kreisen über den Hochebenen, die von mehr als 350 Meter tiefen, kilometerlangen Schluchten durchschnitten werden. Eine Vielfalt geschützter Pflanzen ist hier zu entdecken. In den Wäldern verbergen sich Bären und Luchse.
Regen und Schmelzwasser haben in die bis zu 500 Meter mächtige Kalksteinschicht im Laufe der Jahrtausende etliche beeindruckende Tropfstein- und Eishöhlen gewaschen, von denen einige besichtigt werden können. Exzentrische Stalaktiten, Kaskadenseen oder den mit über 32 Metern größten Stalagmiten der Welt erwarten die Besucher in den Höhlen, die teilweise mit Booten auf unterirdischen Karstflüssen erkundet werden können. Zahlreiche Fledermauspopulationen leben in geschützten, nicht zugänglichen Bereichen der Höhlensysteme, wie die für das Gebiet der Slowakei einzigartige Kolonie von rund 1.000 Mittelmeer-Hufeisennasen in der Höhle Domica. Die wichtigsten Höhlen und Schluchten stehen unter Naturschutz und gehören zum Weltnaturerbe.
Trennung in Schutz- und Schmutzgebiete
"Die früheren sozialistischen Regierungen in Mittel- und Osteuropa schenkten zwar dem Umweltschutz in ihrer Politikgestaltung wenig Beachtung, sie förderten ihn aber indirekt, indem große unberührte Gebiete und umfangreiche extensiv bewirtschaftete Flächen erhalten blieben", erklärt Frauke Pirscher vom Institut für Agrarentwicklung in Mittel und Osteuropa (IAMO) in Halle. Auch wurden in allen Ländern Naturschutzgebiete und Nationalparks ausgewiesen, um bestimmte Tier- und Pflanzenarten und ganze Landschaftstypen zu erhalten. Hinzu kamen geringe Besiedlungsdichte, weniger private Kraftfahrzeuge als im Westen, spärlicher Tourismus und aus Kostengründen kaum Pestizideinsatz in kleinbäuerlichen Betrieben, so dass weite Flächen nahezu unberührt blieben. Dadurch wurde eine große Vielfalt an Arten und traditionellen Landschaftsformen bewahrt.
Dennoch gleicht die Umweltqualität in diesen Ländern dem Kopf des griechischen Gottes Janus. Denn außerhalb geschützter Zonen und abgelegener Gegenden nahm die sozialistische Planwirtschaft keine Rücksicht auf Natur, Arten und Landschaft. Landwirtschaftliche Großbetriebe zerrissen traditionelle Lebensräume und verwüsteten mit intensivem Dünger- und Pestizideinsatz die Lebensräume, Industriebetriebe verschmutzten großflächig Luft und Wasser.
Aufatmen nach Wirtschaftskollaps
Mit dem Wechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft ließ nach 1990 die Luft- und Wasserverschmutzung durch die Industrie deutlich nach, da viele Betriebe aufgeben oder die Produktion drastisch drosseln und andererseits Rohstoffe effizienter nutzen mussten. Nach Angaben der OECD verringerte sich beispielsweise in der Tschechischen Republik bis 1997 der Ausstoß von Schwefeldioxid um 68 Prozent und der von Stickstoff um die Hälfte. "Der Gesamtausstoß an Treibhausgasen ging in den Beitrittsländern zwischen 1990 und 1999 um 32 Prozent zurück", teilt die EU-Kommission im Umweltbericht 2003 mit. Ein Effekt, den wir ja auch vom industriellen Zusammenbruch der DDR kennen - und auf dem sich manche Politiker heute gerne ausruhen möchten, wenn es darum geht, weitere aktive Umweltschutzanstrengungen zu unternehmen.
Ob sich der EU-Beitritt für Umwelt und Natur in Mittel- und Osteuropa als Fluch oder Segen erweisen wird, ist schwer vorhersagbar. Der Wunsch der Menschen nach mehr Wohlstand und einem besseren Leben ist nur zu verständlich. Mit dem zu erwartenden wirtschaftlichen Aufholprozess werden jedoch neue und andere Belastungen auftreten. "Es besteht die Gefahr, dass dem Primat der wirtschaftlichen Entwicklung vieles geopfert wird", meint NABU-Experte Claus Mayr. Die europäische Agrar- und Regionalpolitik kann das Ende für die Naturschätze des Ostens bedeuten, wenn sie einseitig die Intensivierung der Landwirtschaft, den Straßenbau und die Zersiedelung der Landschaft fördert.
Unheilvolle Trendwende
Beispiel Verkehr: Zwar liegt der verkehrsbedingte Schadstoffausstoß in den Beitrittsländern deutlich unter dem der alten EU. "Mit dem starken Rückgang des Gütertransports auf der Schiene, einer Zunahme der Autobahnstreckenlänge um 62 Prozent und einem 73-prozentigen Anstieg der Pkw-Besitzer zeichnet sich allerdings ein Umschwung in die falsche Richtung ab", beschreibt der EU-Umweltbericht den bereits vorherrschenden Trend.
Beispiel Landwirtschaft: Auch die Verwendung von Düngern und Pestiziden nahm laut Welternährungsorganisation FAO in Osteuropa in den letzten Jahren entscheidend ab, da ihr Einsatz sich aufgrund der zu erzielenden niedrigen Preise für landwirtschaftliche Produkte nicht rechnete. Andererseits führten unklare Besitzverhältnisse und verzögerte Privatisierung der Böden zur Stilllegung vieler extensiv bewirtschafteter Flächen. Brachflächen werden auf Dauer jedoch artenärmer. Oder die zuvor traditionell wirtschaftenden Landwirte wurden durch die niedrigen Preise für ihre Produkte gezwungen, Monokulturen oder sehr enge Fruchtfolgen anzubauen, was ebenfalls den Artenreichtum verringert.
Zu befürchten ist, dass bei einer verbesserten wirtschaftlichen Situation die chemische Belastung wieder steigen wird. "Es wird entscheidend darauf ankommen, ob die Landwirte ihre Nischen nutzen, die sie traditionell besetzen", ist Claus Mayr überzeugt. "Zum Beispiel die überwiegend kleinbäuerliche Landwirtschaft in Polen oder die extensive Weidewirtschaft in den Weiten der Puszta - das ist ja praktisch gentechnikfreier Ökolandbau."
Vielfältige Weidewirtschaft in der Puszta
Die ungarische Puszta erstreckt sich auf über 40.000 Quadratkilometer, das ist fast die Hälfte der Landesfläche. Charakteristisch für die endlos scheinende Tiefebene sind verstreute, weiß getünchte, kleine Einödgehöfte inmitten wogender Weizenfelder und bis zum Horizont reichender Grassteppe. Auch heute noch prägen Herden altungarischer Haustierrassen wie Wasserbüffel, Zackelschafe, Graurinder, Nonius-Pferde, Fettschweine und Krausfedergänse mit ihren Hirten das Bild der Landschaft.
Dies ist jedoch nur ein Teil des Pusztagesichts. Hier gibt es auch Sand- und Wanderdünen mit Trockenrasen, Wacholder- und Weißpappelwälder. 900 zum Teil mit einander verbundene Seen bilden ein wildromantisches Wasserlabyrinth, das nur mit einem Führer befahren werden kann. Hier blühen See- und Sumpfrosen und die streng geschützte Wasserkastanie. Im Schilf brüten Reiher, Löffler, Großtrappen und viele im übrigen Europa selten gewordene Sumpfläufer an flachen Alkaliseen. Zahlreiche Gebiete sind als Nationalpark, Naturschutzgebiet oder Vogelreservat geschützt wie der Nationalpark Kleinkumanien oder die Hortobágy-Puszta, die größte, zusammenhängende, natürliche Grassteppe Europas und mit 330 Vogelarten eines der bedeutendsten Vogelreservate des Karpatenbeckens.
Aufschwung bedroht Naturschätze
Wenn es den Beitrittsländern nicht gelingt, bei Agrar- und Regionalpolitik die Interessen von Natur und Mensch zusammenzubringen, sind solche seltene Lebensräume allerdings in Gefahr. Dann riskiert auch Europas Osten, den wirtschaftlichen Aufschwung mit dem Untergang seiner Naturschätze zu bezahlen. "Während des Erweiterungsprozesses wird die Umwelt allzu leicht vergessen oder als nicht vorrangig angesehen - mit dem Ergebnis, dass Arten und Lebensräume schnell und unumkehrbar verschwinden könnten", erklärt Zoltán Waliczky, der im Auftrag von BirdLife International die Erweiterung seit Jahren intensiv begleitet. "Wir haben das in der alten EU erlebt, dasselbe droht den Beitrittsländern. Das wäre ein tragischer Verlust."
Immerhin standen bei keiner der bisherigen EU-Erweiterungen Umweltschutzaspekte derart im Vordergrund wie bei dieser. Gleichzeitig gefährden andere EU-Programme wie die zur Förderung der Infrastruktur die Biodiversität. "Zerschneidungen von Lebensräumen, wie sie durch den Ausbau des Straßennetzes erfolgen, können eine große Bedrohung für die Überlebensfähigkeit von Arten darstellen", befürchtet Frauke Pirscher. Die EU will zwar künftig weniger den Bau von Straßen und Autobahnen unterstützen und statt dessen mehr den Schienenverkehr und den Umweltschutz fördern, wie der zuständige Kommissar Michel Barnier betont. Diese Schwerpunktverschiebung greift jedoch erst ab 2007. Bleiben drei Jahre, um unwiderruflich naturzerstörende Pflöcke einzuschlagen.
Verkehrsausbau contra Vogelwelt
Schlimmstes Beispiel sind die so genannten Transeuropäischen Netze (TEN). Diese 29 "Verkehrsvorhaben mit gesamteuropäischer Bedeutung" umfassen EU-weit zu Lande, zu Wasser und in der Luft bis 2010 den Ausbau von 75.200 Straßenkilometern, 12.000 Kilometern Wasserstraßen, 78.000 Kilometer Bahnstrecken, 330 Flughäfen, 270 See- und 210 Binnenhäfen. In Osteuropa würden diese Pläne nach Berechnungen von BirdLife 85 Vogelgebiete internationaler Bedeutung bedrohen, der geplante Donau-Ausbau allein 16 Vogelgebiete inklusive des Donau-Deltas, eines der ökologisch wertvollsten Naturräume Europas. Der Bau des Donau-Oder-Elbe-Kanals würde nur in Polen mindestens 26 Natura-2000-Kandidaten beeinträchtigen. Alles Lebensräume, die unter dem Schutz der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie stehen.
Erst Mitte März forderte das EU-Parlament in einer Entschließung, dass alle TEN-Projekte, die nicht dem Umweltrecht entsprechen, von der Prioritätenliste gestrichen werden sollten. Denn es gibt durchaus Alternativen zu den vorliegenden naturzerstörerischen Plänen, wie BirdLife anhand einiger Fallbeispiele aufzeigt. So die Autobahn D 47 in der Tschechischen Republik von Ostrava ins polnische Kattowitz. BirdLife hat eine alternative Trasse entwickelt, die durch Industriegebiete führt, technisch einfacher und sogar billiger wäre, als die geplante Strecke durch ein wichtiges Vogelschutzgebiet. Hier brüten Wachtelkönig, Tüpfelsumpfhuhn, Sumpfläufer, Wespenbussard, Eisvogel und überwintern Gänsesäger, Bindenseeadler und viele andere von der EU-Vogelschutzrichtlinie geschützte Vögel. In Polen soll die von Helsinki nach Warschau geplante "Via Baltica" gleich vier Schutzgebiete durchschneiden: die Biebrza- und die Narew-Sümpfe, Heimat vieler geschützter Vögel, und die Urwälder von Augusto und Knyszyn mit seltenen Säugern wie Wolf, Luchs und Elch. Auch hier gibt es eine alternative Trasse, die alle Gebiete umfahren würde und zudem 30 Kilometer kürzer wäre.
Große Chance Natur-Tourismus
Dabei könnten die Naturschätze des Ostens gerade das Pfund sein, um damit zu wuchern. "Ich sehe ein großes Potenzial im Naturtourismus", meint Claus Mayr. "Vielerorts gibt es schon die entsprechende Infrastruktur, die weiter ausgebaut werden könnte." Die Länder sind ein Eldorado für Naturliebhaber; es gilt, ihre Schätze zu entdecken - mit Fahrrad oder Boot, zu Fuß oder zu Pferde. Bringt Natur Gewinn, steigt der Anreiz, sie zu schützen.
"Ist ein Lebensraum einmal verloren, ist es sehr schwierig, ihn wieder herzustellen. Ist eine Art einmal verloren, gilt das für immer", sagt Zoltán Waliczky. Wer den Urwald von Bialowieza besucht, ahnt, was wir in Westeuropa für immer verloren haben. So wie diese ausgedehnten Wälder im Osten Polens sahen vor Tausenden von Jahren weite Gebiete im europäischen Flachland aus, bevor der Mensch sich ihrer bemächtigte. In Bialowieza wechseln sich je nach Bodenbeschaffenheit sumpfige Erlenwälder, lichte Laubwälder, dunkle Mischwälder mit einem hohen Anteil an Fichten und Kiefern ab und gehen an Bachläufen in Esche-Erlen-Bruchwälder über. 22 Baumarten wachsen hier. Viele der Urwaldbäume sind mehrere hundert Jahre alt und von mächtiger Größe.
Über 12.000 Tierarten tummeln sich in diesem einzigartigen Nationalpark, darunter 120 Vogel- und 54 Säugetierarten, darunter Wolf, Luchs, Biber und der Wisent, der hier vor dem Aussterben bewahrt wurde. 250 der Zotteltiere mit dem gewaltigen Buckel leben in Bialowieza frei in ihrer Herde - prächtige Symboltiere nicht nur des Parks, sondern für Europas gesamte ursprüngliche Wildnis.
"Die EU steht am Scheideweg", stellt Claus Mayr fest. "Die Herausforderung der Erweiterung besteht darin, die Reichtümer des Ostens nicht zu verprassen, sondern sie zu bewahren."
80.000 Seiten Hausaufgaben
Beitrittsstaaten müssen neues Recht umsetzen
"Positiv ist am EU-Beitritt, dass die Beitrittsstaaten jetzt viele neue Umweltregelungen einführen und umsetzen müssen, wo es vorher überhaupt keine gab", meint NABU-Europareferent Claus Mayr. Die Beitrittsstaaten haben sich verpflichtet, bis Anfang Mai 80.000 Seiten EU-Recht in nationales Recht umzusetzen. Allein der die Umwelt betreffende Teil umfasst 100 Richtlinien und Verordnungen. So müssen gemäß Vogelschutzrichtlinie die "Besonderen Schutzgebiete" ausgewiesen und die vollständige Liste der "Gebiete von Gemeinschaftlicher Bedeutung" nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie vorgeschlagen werden. Rund 90 Prozent des Umweltrechts wurden im Schnitt bisher umgesetzt.
Die ökologische Wende kostet allerdings einen dreistelligen Milliardenbetrag. Auf mehr als 100 Milliarden Euro schätzt die Kommission die Kosten: "Alleine die Richtlinie zur Behandlung kommunaler Abwässer erfordert Investitionen von rund 15 Milliarden Euro." Die neuen Mitgliedstaaten müssen in den kommenden Jahren für die vollständige Umsetzung im Schnitt zwischen zwei und drei Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für Umweltschutz ausgeben. Die derzeit aufgewendeten Mittel liegen jedoch im Allgemeinen weit unter diesem Ziel. Besonders bei der Umsetzung der Natura-2000-Vorschriften müssten die meisten Länder ihre Anstrengungen noch verstärken, kritisiert ein EU-Bericht.
An EU-Mitteln floss bislang allein im so genannten PHARE-Programm, der Hilfe zur Umgestaltung der Wirtschaft, eine Milliarde in Umweltprojekte, Machbarkeitsstudien, Rechtsberatung, Informationssysteme und den Aufbau von Umweltinstitutionen. Weitere drei Milliarden Euro stellt die EU mit dem Umweltförderprogramm ISPA zur Verfügung. Vorrangig sind Klär- und Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Abfalldeponien und Umwelttechnik für Industrie, Landwirtschaft und Tourismus, um die Umwelt- und Lebensqualität einer wachsenden Zahl von Bürgern zu verbessern.
Die vollständige Umsetzung des Umweltrechts wird langwierig, die OECD rechnet mit ein bis zwei Jahrzehnten. Bisher fehlen vielfach auch die regionalen und lokalen Institutionen und Verwaltungsstrukturen, die eine Umsetzung des Rechts garantieren könnten. Zudem könnten einzelne Förderprogramme der EU den Arten- und Naturschutz konterkarieren: "Eine Umsetzung des SAPARD-Programms bei noch unvollständiger Erfüllung der Natura-2000-Kriterien birgt die Gefahr in sich, dass sich die Landwirtschaft schneller entwickelt als der notwenige Artenschutz", befürchtet Frauke Pirscher. SAPARD-Mittel dienen der Vorbereitung auf den Beitritt in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.
Margit Mertens