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NABU-Projekt setzt auf Renaturierung natürlicher Kohlenstoffsenken



Salzwiese - Foto: NABU Schleswig-Holstein/Pia Reufsteck
Marine und küstennahe Ökosysteme wie Salz- und Seegraswiesen spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung des globalen Kohlenstoffkreislaufs und der Aufnahme von Kohlenstoffdioxid (CO₂) aus der Atmosphäre. Salzwiesen z. B. können potenziell etwa 20-mal mehr CO₂ speichern als Wälder an Land!
Generell ist in Deutschland das Potenzial für die natürliche Kohlenstoffspeicherung im Meer höher als an Land. Die Speicherung des Blauen Kohlenstoffs zu stärken, ist daher ein wichtiger Baustein beim Klimaschutz.

Blauer Kohlenstoff
„Blauer Kohlenstoff“ bezeichnet den Kohlenstoff, der von marinen und küstennahen Ökosystemen wie Salz- und Seegraswiesen aufgenommen und gespeichert wird.
Salz- und Seegraswiesen sind Klima-, Natur- und Küstenschützer – eigentlich
Im Gebiet der deutschen Nordsee sind besonders Salz- und Seegraswiesen gute Kohlenstoffspeicher, ebenso die Kelpwälder rund um Helgoland und der Meeresboden, besonders dort wo der Schlickanteil hoch ist. Doch damit nicht genug der Höchstleistungen:
- Diese Lebensräume zeichnen sich durch eine hohe Artenvielfalt aus
- Sie sind eine wichtige Nahrungsquelle, Ruhezone und Kinderstube für Vögel, Fische, Würmer und viele mehr
- Salz- und Seegraswiesen wirken als natürliche und kosteneffiziente Küstenschutzbarriere, indem sie Erosion verhindern und Sturmfluten abmildern
- Die Wasserqualität kann verbessert werden. Seegraswiesen beispielswiese nehmen Nährstoffe aus dem Wasser auf und reduzieren dadurch Algenblüten
Doch leider ist der Großteil dieser leistungsstarken Nordsee-Ökosysteme, die unser Klima, die Natur und die Küste schützen könnten, stark übernutzt und nicht intakt. Überfischung, Infrastrukturausbau, Nährstoffeintrag und technischer Küstenschutz belasten sie aktuell am meisten, in Zukunft werden der Meeresspiegelanstieg und weitere Auswirkungen der Klimakrise verstärkt hinzukommen. Wie können wir das Potenzial des blauen Kohlenstoffs an der deutschen Nordseeküste stärken, und somit das Klima, die Natur und uns Menschen besser schützen?
Die Lösung: Wiederherstellung
Wir brauchen ein gesundes Meer, das viel blauen Kohlenstoff aufnehmen kann. Dazu müssen sich die bestehenden Salz- und Seegraswiesen, Algenwälder und der kohlenstoffspeichernde Meeresboden der Nordsee erholen und weiter ausbreiten können. Das kann nur gelingen, wenn Belastungen wie bodenberührende Fischerei und Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft reduziert werden.
Meeresschutzgebiete und geplante „Kohlenstoffschutzzonen“ spielen hier eine Schlüsselrolle, ebenso kann die marine Raumordnung dazu beitragen, Belastungen zurückzufahren.
Politische Weichen stellt das neue Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz der Bundesregierung. Mit einem Volumen von 4 Milliarden Euro hat es das Ziel, die Wiederherstellung von kohlenstoffspeichernden Ökosystemen zu beschleunigen und zum Erreichen der nationalen Klimaschutzziele beizutragen. Aufgrund des hohen CO₂-Speicherpotenzials kann das Wattenmeer und die Nordsee hier eine Schlüsselfunktion einnehmen.
Doch wie groß ist dieses Potenzial für Wiederherstellung im Wattenmeer und der angrenzenden Nordsee? Wo liegen die Flächen, die besonders wichtig sind für den blauen Kohlenstoff?
Das WATTRenature-Projekt macht Potenzial sichtbar
Derzeit erleben wir einen enormen Wissenszuwachs über unsere heimischen kohlenstoffspeichernden Ökosysteme. Das WATTRenature Projekt unterstützt den Transfer dieses Wissens in die Politik und in die praktische Umsetzung, und zeigt, warum blauer Kohlenstoff in der Nordsee und im Wattenmeer so wichtig ist.
Dazu gehen wir in den Dialog mit den Entscheidungsträgern wie den Küstenbundesländern und Expert*innen, z. B. zu den Vor- und Nachteilen der passiven und aktiven Wiederherstellung im Meer. Bis Ende 2023 wird eine Studie im Auftrag des NABU darstellen, wo die entscheidenden Räume für die Renaturierung im Wattenmeer und in der Nordsee liegen. Das terrestrische Pendant hierzu existiert bereits.
Was ist der Unterschied zwischen passiver und aktiver Renaturierung?
Bei der passiven Wiederherstellung werden gezielt Bedingungen geschaffen, die die natürliche Regeneration des Ökosystems unterstützen und beschleunigen oder auch erst ermöglichen. Hierbei wird das Ökosystem sich selbst überlassen, um sich ohne menschliche Intervention wiederherzustellen. Beispielsweise können nutzungsfreie Schutzgebiete oder Ruhezonen eingerichtet werden. Auch die Reduzierung von Umweltbelastungen wie Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft oder Überfischung kann dazu beitragen, dass sich das Ökosystem erholen kann. Im Nationalpark Wattenmeer hat die passive Wiederherstellung hohe Priorität, nicht zuletzt um die natürliche Dynamik des Ökosystems zu erhalten.
Die aktive Wiederherstellung beinhaltet gezielte Vor-Ort-Maßnahmen, um ein geschädigtes Ökosystem wiederherzustellen. Oft wird die Küstenlinie so angepasst, dass z. B. Salzwiesen wieder überflutet werden - ähnlich wie bei Mooren müssen Salzwiesen wiedervernässt werden, um uns beim Klimaschutz zu unterstützen. So können sie effektiver Kohlenstoff speichern und ein klimagefährdender Methanausstoß wird sofort unterbunden. Auch das Anpflanzen von Seegras oder Algen gehören zur aktiven Wiederherstellung dazu, sind jedoch bisher in Deutschland noch im Forschungsstadium.
- Die aktive Wiederherstellung kann ein schnelleres Ergebnis liefern, erfordert aber einen größeren finanziellen und technischen Aufwand.
- Die passive Wiederherstellung kann länger dauern, erfordert aber weniger menschliche Intervention und kann insgesamt kostengünstiger sein.
- Beide Ansätze tragen dazu bei, die Gesundheit der Ökosysteme zu verbessern.
Forderungen, um die Wiederherstellung in der Nordsee zu beschleunigen
- Natürlicher Klimaschutz muss in Deutschland Priorität werden – durch den Erhalt und die Wiederherstellung von Salzwiesen, Seegras und anderen Kohlenstoff speichernden marinen Ökosystemen.
- Deutschland braucht einen Wiederherstellungsplan Meer!
- Bis 2030 müssen mindestens 30 Prozent der geschädigten „Blauen-Kohlenstoff“-Ökosysteme wiederhergestellt werden.
- Küstenschutzmaßnahmen müssen stärker zur Kohlenstoffspeicherung und zum Naturschutz beitragen.
- Die marine Raumordnung muss Vorrangflächen für die Wiederherstellung und natürliche Kohlenstoffspeicherung identifizieren.
- 50 Prozent der Meeresschutzgebiete müssen als Ruhe- und Erholungsräume wirksam und frei von Fischerei, Schifffahrt und Rohstoffabbau sein.
NABU-Fachgespräch zu Best Practices
„Wiederherstellung im deutschen Wattenmeer für Klima, Küste und Natur“
Am 15. Juni 2023 tauschten sich im Rahmen eines online NABU-Fachgesprächs mehr als 65 internationale Experten über die bisherigen Erfahrungen und Perspektiven zur Wiederherstellung im Wattenmeer aus. Der Fokus lag hierbei auf Salzwiesen, welche ein besonders großes Potenzial für den Klima-, Küsten- und Biodiversitätsschutz aufweisen.
Was wurde diskutiert?
Sieben Vorträge bildeten die Grundlage für die Diskussion offener Fragen zu Best-Practice-Methoden, regionalen Unterschieden und der Beschleunigung der Wiederherstellung durch das „Aktionsprogramm Klimaschutz“ der Bundesregierung. Ziel der Veranstaltung war nicht nur Wissen auszutauschen, sondern auch die Vernetzung zum Thema Wiederherstellung im Wattenmeer zu stärken. Ein Keynote Vortrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) rundete die Veranstaltung ab.
Der NABU bedankt sich bei allen Teilnehmenden für Ihre Beiträge und den offenen, konstruktiven Dialog. Die Workshop-Agenda und Vorträge der Veranstaltung können hier heruntergeladen werden:
Agenda und Vorträge
Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).
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