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Jetzt spenden!Der lange Weg zur neuen alten EU-Agrarpolitik
Die Verhandlungen sind beendet – die Bilanz für Natur und Klima ist enttäuschend!
Viel Geld für die intensive Landwirtschaft, wenig Naturschutz – so lässt sich die EU-Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte zusammenfassen. Mit der neuen Förderperiode 2021 bis 2027 sollte sich dies endlich ändern, denn das rasante Vogel- und Insektensterben und die sich verschärfende Klimakrise lassen keinen Aufschub zu. Deshalb hat sich der NABU – zusammen mit seinen europäischen Partner*innen – mehr denn je für eine echte Reform eingesetzt. Seit dem 28. Juni 2021 sind die Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und nationalen Regierungen beendet. Die Bundesregierung war bereits vorgeprescht und hatte durch Agrarministerin Julia Klöckner ein Gesetzespaket zur nationalen Umsetzung vorgelegt. Sowohl das Ergebnis in Brüssel als auch das Gesetzespaket von Ministerin Klöckner greifen zu kurz, um das Artensterben und die klimaschädlichen Emissionen der Landwirtschaft anzugehen.
28. Juni 2021
Ernüchterndes Ergebnis nach jahrelangem Ringen um die EU-Agrarpolitik
Heute haben sich das Europäische Parlament, der Agrarrat und die Europäische Kommission beim sogenannten Trilog auf den finalen europäischen Rahmen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geeinigt. Damit gehen in Brüssel fast drei Jahre politische Diskussionen zur Ausgestaltung der jährlich rund 54 Mrd. Euro schweren EU-Agrarförderung zwischen 2023 und 2027 vorläufig zu Ende. Das Europäische Parlament muss noch formal zustimmen, eine Abstimmung wird für den Herbst erwartet.
Nach dem Scheitern der Verhandlungsrunde im Mai waren die Erwartungen groß. Daran gemessen ist das Ergebnis jedoch eine herbe Enttäuschung und wird dem drängenden Handlungsbedarf in der ökologischen Krise der Landwirtschaft nicht gerecht. Auch für die EU-Kommission ist diese Einigung bitter, bekommt ihr ‚European Green Deal‘ damit doch massiv Schlagseite. Gegenüber dem, was laut Wissenschaft notwendig ist, um Artensterben und Klimakrise zu stoppen, ist das Ergebnis nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Mit der Einigung wird es sehr schwierig, europaweit auf zehn Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche den dringend benötigten Platz für die Natur und Artenvielfalt zu schaffen.
Die Einigung der drei europäischen Institutionen sendet ein fatales Signal an die Mitgliedsstaaten, die damit die Agrarpolitik fast wie gewohnt weiterbetreiben können. Auch das vom Bundestag beschlossene Paket zur Umsetzung in Deutschland gibt gerade einmal diesen europäischen Minimalkonsens wieder. Nach der Bundestagswahl muss die neue Bundesregierung deutlich mehr Anstrengungen unternehmen: Wir müssen noch entschiedener mit dem Einstieg in den Ausstieg aus den pauschalen Flächenprämien beginnen, etwa durch einen Mix aus Vorgaben und attraktiver Förderung für Öko-Regelungen und Agrar-Umweltmaßnahmen.
Juni 2021: Mögliches Finale zur GAP in Brüssel
Bundesregierung schießt quer gegen den Europäischen Green Deal
25. Juni 2021 - Eigentlich hätte die letzte Verhandlungsrunde im Mai den Durchbruch zum endgültigen europäischen Rechtsrahmen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bringen sollen. Der Name „Super-Trilog“ hatte zumindest hohe Erwartungen geweckt. Am Ende scheiterten die Verhandlungen vor allem an der Blockadehaltung der EU-Agrarminister*innen. Diese wollten sich nicht von ihrer ursprünglichen Position auf das EU-Parlament zubewegen, welches sich für zumindest etwas mehr Umwelt- und Naturschutz eingesetzt hatte.
Die Verhandlungen vom 24. bis 25. Juni sollen es nun richten. Eine weitere Verzögerung will aktuell niemand, da diese den Start der neuen GAP in 2023 gefährden könnte. Das Gesetzespaket ist deswegen aber noch lange nicht in trockenen Tüchern. Die EU-Kommission unter EU-Klimakommissar Timmermans startete vor kurzem einen letzten Anlauf, um die wichtigen Ziele des Green Deals, vor allem aus der Biodiversitäts- und der Farm-to-Fork-Strategie, rechtlich in der GAP zu verankern. Obwohl die EU-Kommission die schwächstmögliche Formulierung gewählt hatte und deutlich unter den Forderungen des Europäischen Parlaments blieb, liefen die EU-Agrarminister*innen bereits wieder Sturm. Auch Julia Klöckner verurteilte diesen Vorstoß und stellte sich damit klar gegen den „Green Deal“. Der Streit zwischen den europäischen Institutionen ist deswegen vorprogrammiert und eine Einigung am kommmenden Freitag alles andere als sicher.
Der NABU fordert deshalb von den Verhandler*innen im Trilog:
- Mehr Platz für die Natur: Wir brauchen ein verbindliches Ziel, dass die Mitgliedsstaaten zehn Prozent der Agrarlandschaft für die Natur zur Verfügung stellen, so wie es in der EU-Biodiversitäts-Strategie benannt ist. Es braucht eine Verpflichtung für Betriebe, "nicht-produktive" Landschaftselemente der Natur zur Verfügung zu stellen. Die vor allem vom Europäischen Rat gefordete Anrechenbarkeit von Zwischenfrüchten war der Grund, warum das sogenannte Greening keine echte Verbesserung für den Schutz der Biodiversität erreicht hat.
- Mehr Geld für die Natur: Die neuen Öko-Regelungen dürfen nicht bereits vor ihrem Start verwässert werden. Die vom Europäischen Parlament geforderten 30 Prozent der 1. Säule sind ein Minimum und nicht ausreichend. Wir kritisieren derartige Rechentricks, wie der Rat sie vorschlägt, die am Ende auf deutlich weniger Geld für dieses Instrument hinauslaufen.
- Vereinbarkeit mit Green Deal: Die Ziele des Green Deals müssen die Leitplanken für die neue GAP darstellen, wie etwa im Rahmen des Genehmigungsverfahrens der nationalen Pläne durch die EU-Kommission. Pläne der Agrarminister*innen, der EU Kommission zu verbieten, die Ziele des Green Deal als Messlatte auf die nationalen Strategiepläne anzulegen, sind damit nicht vereinbar.
Mai 2021
Finale Verhandlungsrunde im Trilog
Nach der aus Umweltsicht enttäuschenden Positionierung des Europäischen Parlaments und des Agrarrates läuft seit November 2020 der sogenannte Trilog. Im Rahmen dessen versuchen beide Institutionen zusammen mit der EU-Kommission eine gemeinsame Linie zu finden, wie die geplanten 378 Milliarden Euro in der verbliebenen Förderperiode verwendet werden sollen. Nach fast zehn Verhandlungsrunden, inklusive eines „Super-Trilogs“ im März mit direkter Beteiligung von nationalen Minister*innen, bleiben noch viele Fragen offen. Unter anderem geht es darum, wie viel Geld zukünftig in freiwillige Umweltleistungen durch Landwirt*innen gehen sollen, anstatt in die wenig effizienten und schädlichen Direktzahlungen.
Am 25. Mai startete die womöglich letzte Verhandlungsrunde mit immensen Erwartungen. Der zuständige EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sprach sogar von einem „Jumbo“-Trilog, denn parallel zu den Verhandlungen soll ein Treffen der EU-Agrarminister*innen stattfinden. Auch für den Umweltschutz steht viel auf dem Spiel, denn das finale Verhandlungsergebnis steckt den Rahmen ab, in dem sich die nationale Programmierung für die EU-Fördermittel bewegen kann. Die Debatte zur Umsetzung in Deutschland läuft bereits seit dem 20. Mai im Bundestag. Last-Minute Verbesserungen im Trilog könnten zum Beispiel dazu führen, dass landwirtschaftliche Betriebe zukünftig mehr Platz für die Natur schaffen müssen für den Erhalt von pauschalen Flächenzahlungen. Ebenfalls zur Diskussion stehen zusätzliche Mittel für die sogenannten Öko-Regelungen (englisch "Eco-Schemes") oder Agrar-Umwelt-Maßnahmen.
Nach fast viertägigen Verhandlungen wurde der „Jumbo-Trilog“ erfolglos unterbrochen. Damit verzögert sich die finale Einigung zum EU-Rahmen für die künftige Agrarpolitik. Unter anderem die unterschiedlichen Vorstellungen zwischen EU-Kommission und Parlament sowie der Agrarminister*innen zur Höhe des künftigen Umweltbudgets in der 1. Säule machten eine Einigung vorerst unmöglich. Während EU-Parlament und EU-Kommission deutlich mehr Geld für Öko-Regelungen reservieren wollten, sperrten sich die nationalen Regierungen heftig dagegen. Die Verhandlungen sollen noch unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft abgeschlossen werden. Dies bedeutet ein weitere Anlauf Ende Juni 2021.
Der NABU fordert deshalb von den Verhandler*innen im Trilog:
- Mehr Platz für die Natur: Um die Biodiversität in der Agrarlandschaft wiederherzustellen braucht es einen Mindestanteil von 10 Prozent von allen landwirtschaftlichen Flächen für Brachen, Hecken und Feldgehölze. Die aktuell diskutierten drei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sind völlig unzureichend. Sie würden auch nur für Ackerland und bei Betrieben über 10 Hektar verpflichtend sein.
- Mehr Geld für die Natur: Die künftigen Öko-Regelungen in der 1. Säule müssten einen Anteil von 50 Prozent haben, um den Bedarf unter anderem im Naturschutz decken zu können. Auch in der 2. Säule braucht es deutlich mehr Geld für zielgerichteten, „dunkelgrüne“ Maßnahmen. Die momentan im Trilog diskutierten 25 Prozent für die Öko-Regelungen würden deshalb gerade einmal die Hälfte decken.
- Kein "Greenwashing": Die Fehler des "Greenings" der vergangenen Förderperiode dürfen sich nicht wiederholen. Es braucht deswegen klare Qualitätskriterien, unter anderem für die geplanten Öko-Regelungen. Auch bei der Klimawirksamkeit darf es keinen Etikettenschwindel geben. Aktuell fordern die nationalen Regierungen und die EU-Kommission, dass 40 Prozent der Direktzahlungen pauschal als Klimaschutz deklariert werden – ohne jegliche wissenschaftliche Grundlage.
Oktober und November 2020
Agrarrat und EU-Parlament einigen sich auf GAP-Positionen
Im Herbst 2020 nach mehr als zwei Jahren politischer Diskussionen, konnten sich der Agrarministerrat sowie das Europäische Parlament jeweils auf eine erste Position zur neuen EU-Agrarpolitik für die Zeit nach 2023 einigen. Aus Umweltsicht sind diese Abstimmungsergebnisse jedoch eine herbe Enttäuschung. Beide Institutionen stimmten für eine Verwässerung des bereits wenig ambitionierten Gesetzesvorschlages der EU-Kommission von 2018. Zwar stimmte das Parlament dafür, zukünftig 30 Prozent der ersten Säule für sogenannte Öko-Regelungen zur Verfügung zu stellen. Bei der Qualität dieser Maßnahmen gibt es jedoch massive Fragezeichen. Auch sprachen sich sowohl nationale Regierungen als auch das EU-Parlament dagegen aus, dass landwirtschaftliche Betriebe zukünftig mindestens 10 Prozent ihrer Fläche für die Natur zur Verfügung stellen müssen, um weiter Zahlungen aus der GAP beziehen zu können. Vor der Finalisierung des EU-Rahmens zur zukünftigen Förderpolitik steht jedoch noch der sogenannte Trilog, in dem sich Rat und Parlament zusammen mit der EU-Kommission auf eine gemeinsame Position einigen müssen.
Juni 2020
Reform der Agrarpolitik mit Übergangsverordnung um zwei Jahre verzögert
Nachdem sich Ende Juni 2020 EU-Rat und EU-Parlament auf eine zweijährige Übergangsperiode geeinigt hatten, ist es nun relativ sicher, dass die neue EU-Agrarpolitik frühestens zum 1. Januar 2023 starten wird. Diese sogenannte Übergangsverordnung war nötig geworden, da die Hauptreform sich immer weiter verzögerte und an einen Start zum neuen Jahr nicht mehr zu denken war. Ursprünglich hatte die EU- Kommission aber nur einen Überbrückungszeitraum von einem Jahr vorgeschlagen. Der NABU hatte diese Einigung zuletzt kritisiert, da sie den bisherigen Status-Quo verlängert.
Zuvor hatte der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments Vorschläge für Verbesserungen der Umweltregeln abgebügelt und stieg ohne Anrufung des gesamten Plenums des Parlaments in die Verhandlungen mit dem Rat ein.
Eigentliche Agrarreform geht nur schleppend voran
Bei der eigentlich Reform der GAP geht es derweil nur mühsam voran. Im Europäischen Parlament hatten der Umwelt- sowie der Agrarausschuss zuletzt versucht, einen Kompromiss zu finden. Da die Positionen der beiden Ausschüsse jedoch extrem weit auseinanderliegen, ist das ein schwieriges Unterfangen. Dabei ist eine gemeinsame Position des EU-Parlaments mit einem echten Willen zu Reformen enorm wichtig, nicht zuletzt deshalb, um den geplanten Green Deal auch in die EU-Agrarpolitik zu integrieren.
NABU-Blog zum Green Deal
Parallel zur EU-Biodiversitäts- und „Farm-to-Fork“- Strategie stärkt die EU-Kommission ihre GAP-Position. mehr →
Eine erste Runde von Verhandlungen zwischen Agrar- und Umweltausschuss war im Juni geplatzt, nun soll noch einmal versucht werden, vor der Abstimmung im Plenum einen gemeinsamen Kompromiss zu finden. Diese wegweisende Abstimmung war zuletzt für Ende Oktober geplant, weitere Verzögerungen sind aber wahrscheinlich.
Zum Start der deutschen Ratspräsidentschaft hat nun auch Agrarministerin Julia Klöckner im EU-Agrarrat den Vorsitz übernommen. Nachdem bei den parallel laufenden Haushaltsverhandlungen der EU-Staats- und Regierungschef*innen eine Einigung erzielt wurde, steht der Finanzrahmen der nächsten sieben Jahre. Klöckners Aufgabe, nun auch in der Agrarpolitik einen Kompromiss zwischen den nationalen Regierungen zu finden, wird dadurch leichter.
Eine zeitnahe Einigung ist jedoch fraglich, denn die Positionen der Mitgliedstaaten liegen weit auseinander. Vor allem bei den Umweltelementen, der „grünen Architektur“, gibt es noch reichlich Gesprächsbedarf. Strittig ist zum Beispiel, ob in der Ersten Säule der GAP zukünftig ein festes Budget für den Umweltschutz festgelegt werden soll. Nach wiederholten Versuchen im EU-Agrarrat, den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission weiter zu verwässern, muss Klöckner das Ruder nun herumreißen und die nationale Regierungen auf Reformkurs bringen.
Januar 2020
Gewissheit beim Brexit, Ungewissheit bei der Agrarpolitik
Mit dem 31. Januar wird der Ausstieg Großbritanniens aus der EU traurige Realität. Damit fällt auch ein Nettozahler weg; die Zukunft der EU-Finanzen und auch die Höhe des Agrarbudgets wird damit ungewiss. Der Druck auf Deutschland und andere Nettozahler steigt, die Höhe der Agrargelder beizubehalten. Klärung soll ein Gipfel im Februar bringen.
Währenddessen gibt es im Europaparlament keine nennenswerten Fortschritte. Die Fraktionen konnten sich bisher lediglich darauf einigen, auf die Arbeit des Umwelt- und des Agrarausschusses aus dem Frühjahr 2019 aufzubauen. Der Konflikt zwischen den grundsätzlich verschiedenen Auffassungen über die Zukunft der europäischen Landwirtschaft bleibt ungelöst, gerade welche Rolle der Umwelt- und Naturschutz haben soll.
In den kommenden Wochen wollen beide Ausschüsse versuchen einen Kompromiss zu finden. Ob dies angesichts der Gegensätze gelingt, bleibt abzuwarten. Einen Teilerfolg erzielt der Umweltausschuss, indem Vertreter*innen überhaupt das Recht erhalten, bei den Verhandlungen im Agrarausschuss mitsprechen zu dürfen.
Letztlich ist alles offen: Die nun 705 Europaabgeordneten werden voraussichtlich im Juni oder Juli im Plenum entscheiden, wie schädlich oder naturverträglich Europas zukünftige Agrarpolitik aussehen soll.
September 2019
Agrarausschuss entscheidet sich für Nachbesserungen
Nach langen internen Diskussionen ringt sich der weiterhin von Konservativen dominierte Agrarausschuss dazu durch, seine eigene Vorlage nachzubessern, bevor es zur Abstimmung im Plenum kommen soll. Der mittlerweile vom EU-Parlament bestätigte Agrarkommissar Wojciechowski entscheidet, alles beim Alten zu belassen: Der alte Hogan-Entwurf zur zukünftigen Agrarpolitik überlebt den Wechsel in der EU-Kommission.
Parallel zu den Diskussionen im EU-Parlament und in der Kommission gehen die Beratungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen zwischen den Staats- und Regierungschefs weiter. Die Gesamthöhe des neuen EU-Budgets ist weiterhin umstritten – und damit auch die Höhe des Agrar-Budgets.
Juli 2019
Europawahl setzt Konservative unter Druck
Nachdem im Mai 2019 das EU-Parlament gewählt wurde, bilden sich auch die Ausschüsse neu – mit mehr Stimmen für Grüne, Liberale und rechte Gruppen. Ihre geschwächte Position bringt die Konservativen in die Zwickmühle: Sollen Sie sich noch mehr auf Klientelpolitik im Sinne der Agrarlobby konzentrieren, oder den gestärkten progressiven Kräften entgegenkommen?
Währenddessen liebäugelt der neue EU-Agrarkommissar Wojciechowski mit einem neuen Entwurf der EU-Kommission zur Agrarpolitik.
Mai 2019
Frischer Wind durch die Europawahl?
Nachdem im Mai das EU-Parlament gewählt wurde, haben sich auch die Ausschüsse neu gebildet – mit mehr Stimmen für Grüne, Liberale und rechten Gruppen. Aber wie geht es weiter? Hier gibt es derzeit drei Szenarien, die Entscheidung fällt in den nächsten Tagen:
1. Es geht weiter mit den Beschlüssen des Frühjahrs. Die Vorschläge mit den Änderungsanträgen vom April gehen direkt ins Plenum und werden dort abgestimmt. Es kommt potentiell zum Showdown zwischen den Ergebnissen des Agrar- und des Umweltausschusses.
2. Der Agrarausschuss bessert nochmal nach: Mit neuen Änderungsanträgen geht die Vorlage in das Plenum zur Abstimmung. Anfang September entscheidet der Ausschuss über das weitere Vorgehen.
3. Tabula rasa: Die EU-Kommission – mit neuem oder neuer Agrarkommissar*in – kassiert den alten Hogan-Vorschlag und legt einen neuen, (hoffentlich!) ambitionierteren vor. Dies ist die unrealistischste Variante, liegt aber noch im Bereich des Möglichen.
Parallel zu den Entscheidungen im EU-Parlament und in der Kommission gehen die Beratungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen zwischen den Staats- und Regierungschefs weiter. Die Gesamthöhe des neuen EU-Budgets ist weiterhin umstritten – und damit auch die Höhe des Agrar-Budgets.
Seit Juni 2018
Nationale Regierungen verschlechtern den Entwurf
Neben Kommission und Parlament ist auch der Agrarminister*innenrat beteiligt, in dem unter anderem Julia Klöckner als Vertreterin der Bundesregierung sitzt. Unter wechselnden Ratspräsidentschaften wurde in monatlichen Treffen an einer Verschlechterung des Kommissionsvorschlags gearbeitet. Folgendes hat sich herauskristallisiert:
- Schwächung der Konditionalität (weniger Standards, Ausnahmen für kleinere Betriebe)
- Komplette Freiwilligkeit bei den Eco-Schemes für die Mitgliedstaaten
- Weniger Berichterstattungen an die Kommission
April 2019
Agrarausschuss macht eine Rolle rückwärts
Im April stimmte dann der Agrarausschuss des EU-Parlaments über seine Änderungsvorschläge ab. Dieser verwässerte alle Umweltambitionen wieder nach unten – ganz im Sinne der mächtigen Agrar-Lobby:
- Aufweichung der Konditionalität: Es soll keinen verpflichtenden Anteil nichtproduktiver Fläche für die landwirtschaftlichen Betriebe geben.
- Weniger Geld für Eco-Schemes: Das Mindestbudget soll nur bei 20 Prozent der Direktzahlungen liegen.
- Kein festes Budget für den Schutz der Artenvielfalt: Auch hier ignorierte der Agrar-Ausschuss die Vorlage des Umweltausschusses.
Februar 2019
Umweltausschuss im EU-Parlament bessert nach
Im Februar 2019 stimmte dann zunächst der Umweltausschuss über seine Änderungsvorschläge zum Kommissionsvorschlag ab.
Nach monatelangen Gesprächen mit EU-Abgeordneten – auch der NABU hatte viele der Ausschussabgeordneten von den notwendigen Änderungen der EU-Agrarpolitik überzeugt – nahm der Ausschuss begrüßenswerte Änderungsvorschläge an. Die Abstimmungsergebnisse im Umweltausschuss betreffen wesentliche Punkte des Kommissionsentwurfs:
- Der Umweltausschuss fordert, künftig 15 Milliarden Euro des EU-Agrarbudgets jährlich an konkrete Naturschutzleistungen zu binden – wie vom NABU seit Jahren verlangt. Derzeit fließen lediglich zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr – viel zu wenig.
- Umweltschädliche Subventionen sollen abgebaut werden. Mindestens sieben Prozent soll die nichtproduktive Fläche für jeden landwirtschaftlichen Betrieb betragen. Der Mindestbudgetanteil der Eco-Schemes soll bei 30 Prozent liegen.
Juli 2018
NABU: Drei Kernforderungen für mehr Naturschutz auf dem Acker
Mit der Kampagne Meine 114 Euro für eine naturverträgliche Landwirtschaft hatte der NABU schon im Vorfeld des Kommissionsentwurfes seine Kernforderungen formuliert:
- Money for Nature: Der NABU fordert eine EU-weite Zweckbindung von mindestens 15 Milliarden Euro pro Jahr für Naturschutzleistungen.
- Space for Nature: Jeder landwirtschaftliche Betrieb soll zehn Prozent seiner Fläche für den Erhalt der Artenvielfalt zur Verfügung stellen, zum Beispiel durch Randgehölze, Blühstreif oder Brachen.
- Change for Nature: Bis 2030 muss der Ausstieg aus den schädlichen flächengebundenen Direktzahlungen gelungen sein und das Geld stattdessen in konkrete Umwelt-, Natur- und Klimaleistungen der Landwirte fließen . Nur so lässt sich die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft eindämmen.
Juni 2018
Schwache Vorlage der Kommission
Am 1. Juni 2018 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Vorschlag für die Reform der Agrarpolitik nach 2020. Federführend war dabei Agrarkommissar Phil Hogan. Kurz zuvor waren auch die Vorschläge für das Gesamt-Budget der EU, der „Mehrjährige Finanzrahmen“ (MFR), veröffentlicht worden.
Die Eckpunkte des Kommissionsvorschlags, in denen von mehr Umwelt- und Klimaschutz wenig zu spüren ist:
- Direktzahlungen bleiben unangetastet: Die pauschalen Prämien pro Hektar sollen weiter bestehen bleiben. Davon profitieren hauptsächlich Großgrundbesitzer*innen bzw. große Betriebe.
- Gefährliches Spiel bei Umweltmaßnahmen: Mitgliedstaaten sollen bei der Umsetzung von Maßnahmen im Umweltbereich (Grüne Architektur) mehr Flexibilität bekommen. Aber es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass sich die Mitgliedstaaten, statt zielgerichtete, ambitionierte Maßnahmen umzusetzen, eher in einem „race to the bottom“ bei den Umweltstandards unterbieten.
- „Konditionalität“ mit gravierenden Mängeln: Ein Teil der Direktzahlungen an Landwirt*innen soll nur bei der Einhaltung bestimmter Standards gelten (zum Beispiel beim Erhalt von Dauergrünland, Pufferstreifen und ein Mindestanteil von landwirtschaftlich nicht genutzter Fläche für die Artenvielfalt). Allerdings ist dieser Mindestanteil nicht definiert.
- Weniger Geld für konkrete Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen: Der Anteil dieses wichtigen Instruments soll um mehr als ein Viertel gekürzt werden – während der Rest der Fördergelder nur um elf Prozent schrumpfen soll. Ein Rückschritt, der das Erreichen der EU-Umweltziele unmöglich machen würde.
- „Greenwashing“ der Subventionen: 40 Prozent der Fördergelder dürfen pauschal als Klimaschutz-Zahlungen deklariert werden, ohne mit entsprechenden Maßnahmen und Indikatoren verknüpft zu sein.
Die europäische Agrarpolitik droht noch klima- und naturschädlicher zu werden, wenn die EU ihre Pläne jetzt nicht grundlegend korrigiert. Das ist das Ergebnis einer Studie, die ein Forschungsteam aus acht Ländern in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht hat. Mehr →
Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, sondern weiterhin Wälder und Moore zerstören sowie Landflächen in diesem Ausmaß und nicht nachhaltig nutzen, ist die Klima- und Biodiversitätskrise nicht mehr beherrschbar. Mehr →
Fast 40 Prozent des EU-Haushalts fließt in die europäische Landwirtschaft. Doch das Fördersystem der GAP ist kompliziert und bewirkt zu wenig für Umwelt und Natur. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zur GAP für Sie zusammengestellt. Mehr →
Eine NABU-Studie macht die engen Verflechtungen zwischen Agrarpolitik, Agrarwirtschaft und Bauernverband sichtbar. Denn seit Jahren wird in der Landwirtschaft gegen das Gemeinwohl entschieden. Die Macht der Agrarlobby muss endlich stärker beschränkt werden. Mehr →