Der Anteil von Mehrwegkisten im Segment Obst und Gemüse beträgt zwischen 25 und 50 Prozent. - Foto: WBG-Pooling
Mehrwegsysteme für Transportverpackungen
Wiederverwendbare Lösungen für weniger Verpackungsabfälle
Ob To-Go-Becher, Abfüllstationen für Waschmittel oder wiederverwendbare Versandtaschen für den Online-Handel: Aktuell wird viel über Abfallvermeidung und neue Mehrwegkonzepte diskutiert. Transportverpackungen, die für die Beförderung von Waren aus der Fabrik oder einem Lager in den Einzel- oder Großhandel eingesetzt werden, sind hier jedoch noch außen vor. Am mangelnden ökologischen Potenzial oder der unzureichenden Machbarkeit kann dies nicht liegen. Für einige Warengruppen sind Mehrweg-Transportverpackungen bereits gängige Praxis, beispielsweise für Obst und Gemüse oder Fleischwaren. Erste Projekte gibt es außerdem etwa im Drogeriebereich (siehe Bildergalerie).
In diesen Segmenten sind Mehrwegsysteme schon heute eine ressourcenschonende und abfallvermeidende Alternative zu Einweg-Transportverpackungen. Das Potenzial ist jedoch noch lange nicht ausgeschöpft. Gegenwärtig liegt der Anteil von Mehrweg am gesamten Transportverpackungsbereich bei schätzungsweise 13 Prozent, wie eine Studie im Auftrag des NABU ergab. Zum einen nutzen nicht alle Hersteller und Händler die vorhandenen Mehrweg-Angebote, zum anderen gibt es für zahlreiche Produkte und Branchen noch gar kein Mehrwegsystem.
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Auch für importierte Waren von Übersee gibt es abfallvermeidende Lösungen: Mehrweg-Steige für den Transport von Bananen. - Foto: IFCO
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Links Einweg, rechts Mehrweg: Bei Backwaren ist noch Luft nach oben. Der Anteil von Mehrweg liegt unter 25 Prozent. - Foto: NABU/M. Jedelhauser
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Auch für Fleischprodukte gibt es spezielle Mehrwegsteigen. - Foto: WBG-Pooling
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Nach vielen Jahren Entwicklung: Seit 2021 gibt es ein unternehmensübergreifendes Mehrwegsystem für Drogeriewaren. - Foto: Rossmann/GS1 Germany
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Abfallvermeidung funktioniert nicht nur mit Kisten, sondern auch mit wiederverwendbaren Pflanzentrays. - Foto: Landgard
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Und ganz neu: Mehrweg-Blumeneimer für den Transport von Schnittblumen. - Foto: IFCO
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Nach der Nutzung werden die Mehrwegkisten gereinigt, verteilt und neu befüllt. - Foto: Euro Pool System
Voraussetzungen für ökologische Mehrwegsysteme
Bei Mehrwegsystemen für Transportverpackungen, also im Business-to-Business-Bereich (B2B), erscheint die praktische Umsetzbarkeit einfacher, als Mehrwegkonzepte im Business-to-Consumer-Bereich (B2C) auf den Weg zu bringen. Das Verhalten der beteiligten Akteure im B2B ist berechenbarer als im B2C und die Vertragsverhältnisse zwischen den Akteuren, zum Beispiel Lieferanten und Handel, sind unmittelbarer und stabiler.
Zunächst müssen sich möglichst viele Unternehmen auf einheitliche Standards einigen und Erstinvestitionen in die Logistik erfolgen. Ist das System implementiert, haben alle Akteure ein großes Interesse daran, dass die Umlaufzahlen der Mehrweg-Transportverpackungen sehr hoch sind, die Logistik von Reinigung und Transport effizient organisiert ist und die Verpackungen immer in Bewegung sind und sich nirgends „ansammeln“.
Nicht jedes Mehrwegsystem nutzt automatisch alle ökologischen Potenziale und ist per se umweltschonend. Für eine nachhaltige Ausgestaltung des Systems sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen, hierzu zählen:
Logistik
Für die Verteilung, Rücknahme, Reinigung und erneute Verteilung der Mehrwegverpackungen sind effiziente Systeme notwendig. Saisonale Schwankungen im Verpackungsbedarf (z. B. Erntesaison) müssen berücksichtigt werden. Entscheidend für eine gute Umweltbilanz von Mehrweg sind insbesondere die Umlaufzahlen und die Transportdistanzen.
Pool
Je mehr Branchen und Unternehmen sich auf ein Mehrwegsystem einigen, desto ökologischer und effizienter kann dieses laufen. Standardisierte und unabhängig gemanagte Poolsysteme reduzieren die Transportwege und somit die verkehrsbedingten Emissionen. Verschiedene, parallel operierende Systeme sind hingegen in der Regel ökologisch und ökonomisch nicht sinnvoll.
Handling
Die Mehrweg-Transportverpackungen müssen möglichst gut in die bestehenden Einzelhandelsstrukturen integriert werden können. Beispielsweise sollten die Verpackungen so gestaltet sein, dass die Waren bei Bedarf im Verkaufsregal in der Mehrweg-Kiste präsentiert werden können.
Kosten
Können durch Mehrweg-Transportverpackungen Kosten gegenüber Einwegverpackungen eingespart werden, lohnt sich ein breiter Mehrwegeinsatz. Sollten die Erstinvestitionen und laufenden Kosten des Mehrwegsystems im Vergleich zu Einweg zu hoch sein, muss der Gesetzgeber Mehrweglösungen finanziell fördern oder Einwegverpackungen verteuern.
Ökologische Vorteile von Mehrwegsystemen
Die GVM hat im Auftrag des NABU hochgerechnet, dass durch eine Steigerung des heutigen Mehrweganteils bei Transportverpackungen von 13 Prozent auf 50 Prozent über eine Million Tonnen Verpackungsmaterial eingespart werden könnten. Bei den bestehenden Mehrweg-Systemen für Obst und Gemüse, Backwaren und Eier kommt es bereits nach drei bis sechs Umläufen zu einer Materialeinsparung gegenüber Einweg-Kartonagen. Auch bei Produktgruppen, für die es bislang kein Mehrwegsystem gibt, besteht großes Einsparpotenzial. Würde man für Cerealien, Tiefkühl-Gemüse und Tafelschokolade die Einweg-Kartonagen durch Mehrweg-Kisten ersetzen, käme es bereits nach fünf bis sechs Umläufen zu einer Materialeinsparung gegenüber Einweg.
NABU-Studie zu Transportverpackungen
Im Auftrag des NABU hat die GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung das Aufkommen von Transportverpackungen in Deutschland untersucht. Für die Produkte Schokolade, Teigwaren, Tiefkühl-Gemüse und Cerealien wurden die „hinter den Kulissen“ anfallenden Transportverpackungen im Vergleich zu den Produktverpackungen berechnet sowie die Potenziale von Mehrwegsystemen analysiert.
Natürlich beeinflusst nicht nur der Materialaufwand die Ökobilanz von Verpackungen. Weitere Faktoren müssen in ökobilanziellen Vergleichen zwischen Einweg- und Mehrwegverpackungen berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise die Transportentfernungen, Rücknahme- und Reinigungslogistik bei Mehrweg, die Recyclingquote der Abfälle, die Umweltauswirkungen durch die Herstellung der Verpackungsmaterialien sowie der Einsatz von Recyclingmaterial in den Verpackungen.
In der Regel haben Mehrwegsysteme ökobilanzielle Vorteile, wobei hohe Umlaufzahlen der Gebinde sehr wichtig sind: Grundsätzlich gilt, je höher die Umlaufzahlen und je niedriger die Transportdistanzen, desto besser ist die Umweltbilanz eines Mehrwegsystems. Flächendeckende und branchenübergreifende Mehrweg-Poolsysteme sind hierfür sehr wichtig, um dezentrale Strukturen der Reinigung, Abfüllung und Logistik zu gewährleisten und dadurch die Transportwege kurz zu halten.
Für Obst- und Gemüsesteigen sowie Mehrweg-Pflanzentrays zeigt die Studie von Fraunhofer UMSICHT (2022) „Kunststoffbasierte Mehrwegwegsysteme in der Circular Economy“ die ökologischen Vorteile für Mehrwegsysteme. Diese schneiden deutlich besser ab bei den Treibausgasemissionen und dem Energieaufwand als konkurrierende Einwegsysteme.
NABU-Forderungen:
- Bestehende Mehrwegsysteme ausbauen und verbessern: Die Umlaufzahlen müssen durch Optimierungen in der Logistik weiter erhöht werden.
- Weitere Pool-Systeme mit standardisierten Mehrweg-Verpackungen entwickeln: Durch unternehmens- und branchenübergreifende Systeme sollten „Insellösungen“ vermieden werden.
- Mehrweg-Transportverpackungen finanziell fördern: Der Umstieg auf Mehrweg sowie die Initiierung von neuen Pool-Mehrwegsystemen sollte beispielsweise über Förderprogramme erleichtert werden.
- Gesetzliche Besserstellung von Pool-Mehrwegsystemen: Der Einsatz von Mehrweg-Transportverpackungen sollte finanzielle Vorteile für Industrie und Handel bieten, beispielsweise durch eine steuerliche Besserstellung bzw. die Verteuerung von Einweg-Transportverpackungen. Auch verbindliche Mindestquoten für Mehrweg sind denkbar.
- Dialogplattformen schaffen: Standardisierte Mehrwegsysteme müssen den Bedürfnissen der Industrie und des Handels entsprechen, dafür ist ein intensiver Austausch zwischen allen relevanten Akteuren notwendig.
- Design von Mehrwegkisten weiter optimieren: Dort, wo noch Ausbaupotenzial besteht, sollte der Rezyklatanteil der Kunststoffkisten erhöht und Langlebigkeit, Gewicht und Reparierbarkeit sowie die Reinigung weiter verbessert werden.
- Transparenz schaffen: Die Mehrweg-Branche sollte über die Umlaufzahlen ihrer Kisten transparent informieren, sich messbare Ziele setzen und die Zielerreichung mittels Monitoringsysteme evaluieren.
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