Qualität von Bioabfällen - Kommunale Maßnahmen zur Fremdstoffreduzierung (4.04 MB)
Qualität von Bioabfall
Wie kann der Anteil von Fremdstoffen in der Biotonne reduziert werden?


Biomüll - Foto: istock/maerzkind
Der Eintrag von Kunststoffen in Böden erfährt zunehmend Aufmerksamkeit in Wissenschaft und den Medien. Ein Teil der Einträge stammt aus Kompost und Gärprodukten. Eine Studie der Universität Bayreuth aus dem Jahr 2018 wies Mikroplastikpartikel in allen untersuchten Komposten aus Bioabfällen nach. Über die Eintragsmengen herrscht Uneinigkeit. Während das Fraunhofer-Institut bundesweite Kunststoffeinträge über Kompost in Höhe von jährlich ca. 12.000 Tonnen berechnet, geht die Bundesgütegemeinschaft Kompost von 800 Tonnen aus. Unabhängig von der genauen Eintragsmenge diskutiert die Bioabfallwirtschaft darüber, wie die Qualität des Bioguts und letztlich des Komposts sichergestellt werden kann. Zentrale Fragen sind, aus welchen Quellen die Fremdstoffe in der Biotonne stammen, welche Auswirkungen sie auf Vergärung, Kompostierung und Vermarktung haben und wie sie sich vermeiden lassen.
Erfahrungsberichte aus den Kommunen deuten darauf hin, dass der Anteil an Fremdstoffen in der Biotonne tendenziell steigt. Ursache hierfür ist, dass mehr Menschen falsche Stoffe in der Biotonne entsorgen. So landen dort irrtümlicherweise u.a. Glas, Metalle oder Kunststoffe. Da die Fremdstoffe später technisch nicht vollständig abgetrennt werden können, führt der steigende Fremdstoffgehalt zu einer verminderten Kompostqualität und schließlich dazu, dass diese Stoffe in den Gärten und auf den Ackerflächen landen.
Der NABU fordert die Kommunen auf, Maßnahmen zu ergreifen, um hochwertigen, fremdstoffarmen Kompost zu gewährleisten. Denn das ökologische Potenzial einer hochwertigen Verwertung von Bioabfällen ist enorm: Kompost dient als Ersatz von Kunstdünger und torfhaltigen Erden, schützt dadurch Ressourcen und Klima und trägt als Nährstoff- und Humuslieferant zur Bodenverbesserung bei.
Quellen und Auswirkungen von Fremdstoffen in der Biotonne
Um die Risiken der Fremdstoffeinträge in die Umwelt zu minimieren und die Akzeptanz der Getrenntsammlung von Bioabfällen sicherzustellen, ist eine hohe Qualität und Sortenreinheit des in der Biotonne gesammelten Materials elementar.
Es gibt bislang keine einheitliche Definition von Fremdstoffen im Bioabfall. Meist werden als Fremdstoffe diejenigen Bestandteile in der Biotonne bezeichnet, welche nach den geltenden Sortiervorgaben des lokalen öffentlich-rechtlichen Entsorgers nicht dem Biogut zuzuordnen sind. Bisherige Analysen von Biotonneninhalten haben gezeigt, dass insbesondere biologisch abbaubare Kunststoffbeutel (in den meisten Kommunen in der Biotonne nicht erlaubt), klassische Mülltüten (Polyethylen-Beutel), verpackte Lebensmittel, aber auch Glas, Metalle und Restmüll regelmäßig als Fehlwürfe in der Biotonne landen.
Welche Auswirkungen Fremdstoffe in Kompost- und den Gärprodukten schlussendlich auf die Bodenlebewesen haben und inwieweit sie in die menschliche Nahrungskette gelangen können, wird derzeit erforscht. Sicher ist jedoch: Da sich Kunststoffe kaum abbauen, verunreinigen sie langfristig die Natur.
Bedenklich ist außerdem, dass Fremdstoffe in Komposterde und Gärprodukten die Vermarktung der Dünger an Gartenbesitzer*innen und Landwirt*innen gefährden. Darüber hinaus verursacht die Störstoffentfernung und -entsorgung erhöhte finanzielle Belastungen, welche letztlich die Abfallgebührenzahler*innen zu tragen haben. Ein besonders negativer Nebeneffekt ist, dass bei der Entsorgung der Sortier- und Siebreste nicht nur die Fremdstoffe entfernt werden, sondern auch wertvolles Biogut der Verwertung entzogen wird.
Gründe für Fremdstoffanteile
Zahlreiche Kommunen und Bioabfallverwerter berichten, dass der Fremdstoffanteil in der Biotonne in den letzten Jahren zugenommen hat. Die Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK) führt den steigenden Anteil unter anderem auf eine vernachlässigte Öffentlichkeitsarbeit zurück. Zwar erfolgte in den Kommunen zur Einführung der Biotonne in der Regel eine anfängliche Aufklärungskampagne, diese wurde in der Folgezeit jedoch oftmals eingestellt. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Osnabrück, wo der Fremdstoffanteil nach flächendeckender Einführung der Biotonne 1996 bei zwei Gewichtsprozent (Gew.-%) lag. 2008 waren es bereits fünf Gew.-%.
Der Fremdstoffanteil in den Biotonnen weist sowohl jahreszeitliche als auch lokale Schwankungen auf. In der vegetationsreichen Jahreszeit fallen mehr Gartenabfälle an. Der Fremdstoffanteil ist in dieser Zeit deshalb niedriger. Gängige Durchschnittswerte von Kommunen liegen bei drei bis fünf Gew.-%. Analysen zeigen außerdem, dass die Fremdstoffe zunehmen, je dichter und urbaner die Siedlungsstrukturen sind. Dort liegen die durchschnittlichen Fremdstoffanteile teilweise bei über zehn Gew.-%. Unabhängig davon gilt, dass ein Großteil der Fremdstoffe über Punktquellen eingetragen wird, das heißt über einzelne, besonders stark verunreinigte Biotonnen, während die Mehrheit der Biotonnen-Nutzer*innen ihren Müll gut trennt.
Für die Analyse der Fremdstoffanteile hat die BGK standardisierte Methodenvorschriften entwickelt („Gebietsanalyse“). Diese liefern Vorgaben und Empfehlungen zur Vorbereitung, Personal- und Materialausstattung, Durchführung, Dokumentation sowie Auswertung der Fremdstoffanalyse im Untersuchungsgebiet. Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass die Daten zeitlich und räumlich verglichen werden können. Dies hilft, sinnvolle Maßnahmen zur Reduzierung des Fremdstoffanteils zu entwickeln und deren Wirksamkeit zu überprüfen.
Grenzwerte für Fremdstoffanteile
Komposte und Gärprodukte fallen in den Geltungsbereich der Düngemittelverordnung. Diese sieht hinsichtlich des maximal zulässigen Fremdstoffgehalts folgende Grenzwerte vor:
- Maximal 0,1 Gew.-% bei nicht abgebauten verformbaren Kunststoffen über einen Millimeter Siebdurchgang
- Maximal 0,4 Gew.-% bei sonstigen Fremdstoffen über einen Millimeter Siebdurchgang
Die Anforderungen der nicht gesetzlich verpflichtenden RAL-Gütesicherung gehen weiter und bewerten den Fremdstoffgehalt nicht nur nach Gewicht, sondern betrachten außerdem die sogenannte „Flächensumme“, das heißt die Fläche, die die Fremdstoffe (größer zwei Millimeter) im Kompost einnehmen. Dies trägt vor allem Fremdstoffen wie Folien Rechnung, die einerseits ein geringes Gewicht, andererseits aber einen überproportionalem Anteil am visuellen Eindruck der Kompostqualität aufweisen. Der Grenzwert liegt bei 15 cm²/l Fremdstoffe und führt zu einer deutlich strengeren Regelung der Fremdstoffe als in der Düngemittelverordnung. Um die beschriebenen Grenzwerte einhalten zu können, empfiehlt die BGK einen Fremdstoffgehalt in der Biotonne von maximal einem Gew.-%. Dieser wird momentan allerdings nach vorliegenden Informationen in keiner Kommune erreicht.
Maßnahmen zur Reduzierung des Fremdstoffanteils
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Kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit
Eine Öffentlichkeitsarbeit, die die Bürger*innen stetig und umfassend informiert, ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Abfälle getrennt gesammelt werden. Viele Praxisbeispiele zeigen, wie sich eine vernachlässigte Öffentlichkeitsarbeit negativ auf die Sammelqualität auswirkt. Die Bürger*innen müssen verstehen, warum es sich für Ressourcen- und Klimaschutz lohnt, Bioabfälle getrennt zu sammeln. Durch eine positive Tonalität und die Vermittlung eines „Wir-Gefühls“ sollte die Mülltrennung nicht als Bürde, sondern als gemeinsame sinnhafte Aufgabe empfunden werden.
Um die breite Masse an Nutzer*innen zu erreichen, sind verschiedene Maßnahmen und Angebote notwendig. Ein lokaler Bezug kann hilfreich sein, um sich gegen die große Zahl an Werbebotschaften durchzusetzen, denen die Menschen im Alltag ausgesetzt sind. Die Öffentlichkeitsarbeit sollte einheitlich über das betroffene Gebiet erfolgen, um Widersprüche zu vermeiden.
Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit:
- Kampagnen, z.B. „Aktion Biotonne Deutschland“ und #wirfuerbio
- Printmaterial, z.B. Flyer, Broschüren, Gratis-Postkarten
- Mehrsprachige Sortierhinweise
- Aufkleber auf der Biotonne mit Sortierhinweisen
- Online-Inhalte, z.B. Webseiten, soziale Medien, FAQs, Videos, Abfall-ABC, Trennratgeber
- Beiträge in lokalen Zeitungen, Zeitschriften, Radio und TV
- Plakatwerbung im öffentlichen Raum
- Werbefläche auf Müllfahrzeugen
- Offensive kommunale Abfallberatung und Bürgerfragestunden
- Pressetermine
- Kooperation mit lokalen Persönlichkeiten
- Bildungsarbeit in Kindergärten und Schulen
- Angebote für Öffentlichkeit, z.B. Tag der offenen Tür (Vergärungsanlage, Kompostwerk, etc.)
- Bereitstellung kompostierbarer Biomülltüten und von Vorsortierbehältern
Für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit und Beratung der Bürger*innen ist eine enge, zielorientierte Kooperation zwischen den an der Bioabfallsammlung beteiligten Akteuren elementar. Hierzu zählen nicht nur Kreisverwaltung, Kommunen, Abfuhrunternehmen und Abfallbehandler, sondern auch Wohnungsgesellschaften, Wohnungsgenossenschaften, Mietervereine und Vermietergruppen und die Biotonnennutzer*innen selbst.
Kontrolle der Abfallbehälter
Kontrollen der Biotonnen können die Öffentlichkeitsarbeit ergänzen, insbesondere in Abfuhrbezirken mit wiederholt stark verunreinigten Biotonnen. Sie können durch manuelle Sichtung und elektronische Kontroll- und Detektionssysteme (siehe „Technische Maßnahmen“) erfolgen.
Damit die Kontrollen wirkungsvoll sind, sollten sie mit Sensibilisierungs- und gegebenenfalls Sanktionsinstrumenten kombiniert werden. Bei geringfügiger Beanstandung des Tonneninhalts kann ein Hinweis zum richtigen Trennverhalten hinterlassen werden, um die Nutzer*innen zu sensibilisieren. Viele Kommunen nutzen ein Ampelsystem mit gelben und roten (sowie vereinzelt grünen) Klebekarten oder Banderolen. Bei wiederholter Beanstandung aufgrund starker Verunreinigung kann die Biotonne mit einer Benachrichtigung stehen gelassen werden. Die Nutzer*innen haben dann die Möglichkeit ihren Abfall nachzusortieren oder separat als Restmüll gegen eine zusätzliche Gebühr entsorgen zu lassen. Diese finanzielle Sanktion muss in ihrer Höhe so gestaltet sein, dass sie oberhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt und so eine Lenkungswirkung entfaltet.
Wenn es bei einzelnen Punktquellen mit hohem Fremdstoffanteil trotz Aufklärung, Kontrollen und Sanktionen zu keiner ersichtlichen Verbesserung im Trennverhalten kommt, können diese als ultima ratio von der Getrennterfassung der Bioabfälle ausgeschlossen werden. Die Biotonne wird dann abgezogen und stattdessen ein größerer Restmüllbehälter zur Verfügung gestellt.
Anpassung der Abfallsatzung
Für Kontrollen und Sanktionen ist gegebenenfalls eine Anpassung der kommunalen Abfallsatzung notwendig. Beispielhaft im Folgenden ein Auszug aus der Satzung des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Vorpommern-Rügen:
„Biotonnen und Papiertonnen, die entgegen ihrer Zweckbestimmung gefüllt wurden, können auf Antrag des Anschlusspflichtigen kostenpflichtig als Restabfallbehälter entleert werden. Im Wiederholungsfall kann der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft des Landkreises diese Behälter nach vorheriger Anhörung des Anschlusspflichtigen entsprechend durch Restabfallbehälternach § 10 Absatz 1 ersetzen“ (AbfS awi-vr, §15 Abs. 6).
Sonderfall: Mehrfamilienhäuser/Großwohnanlagen
Zu beachten ist, dass insbesondere bei mehrgeschossiger Wohnbebauung die Wirksamkeit von Abfallkontrollen begrenzt ist, da aufgrund geteilter Müllsammelbehälter die Verantwortlichen in der Regel weder eindeutig identifizierbar noch gezielt sanktionierbar sind. Hier können sich gezielte Aufklärungsarbeit und Kooperation mit Wohnungsgesellschaften/Vermietern als wirkungsvoller erweisen. Darüber hinaus spielen bei mehrstöckigen Wohnhäusern häufig die praktischen und hygienischen Anforderungen der Bewohner*innen eine zentrale Rolle. Der weite Weg zur Biotonne erschwert den Einsatz von Mehrweg-Sammelbehältern. Meist werden die Küchenabfälle beim Verlassen des Hauses mitgenommen, weshalb der sofortige Rücktransport eines Mehrwegbehälters in die Wohnung unattraktiv ist. Stattdessen werden (Bio-)Plastiktüten verwendet, die dann häufig als Fremdstoff in der Biotonne landen. Gemeinsam mit Architekt*innen, Wohnungsgesellschaften und Hausverwaltungen sollten daher nutzerfreundliche Lösungen gefunden werden.
Das Umweltministerium in Baden-Württemberg erprobt derzeit verschiedene Maßnahmen für mehrgeschossige Wohnanlagen in einem Modellprojekt.
Standardisiertes Monitoring
Fundiertes Wissen über die Fremdstoffanteile in den Biotonnen ist die Grundlage dafür, Maßnahmen zur Reduzierung der Störstoffe abzuleiten und deren Wirksamkeit zu überprüfen. Die Bundesgütegemeinschaft Kompost bietet hierfür die Methode der „Gebietsanalyse“ an. Diese basiert auf der Sächsischen Sortierrichtlinie, welche bundesweit als Grundlage für Sortieranalysen von Restabfällen verwendet wird, und wurde für die Analyse von Bioabfällen angepasst. Durch das standardisierte Vorgehen werden belastbare und vergleichbare Daten über die Art und Menge der Fremdstoffe eines Entsorgungsgebiets generiert. Die Analysen werden in der Regel von den kommunalen Entsorgungsträgern ausgeschrieben und durch geeignete Untersuchungsstellen durchgeführt.
Die Ergebnisse der Gebietsanalyse können für Vereinbarungen zwischen Kommune und Bioabfallverwerter über die Qualität des gelieferten Bioguts genutzt werden. Des Weiteren dienen sie dazu, Biotonnen-Kontrollen in den Sammelgebieten zu optimieren.
Vereinbarungen zur Sortenreinheit
Verträge zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE) und Bioabfallbehandlern sollten Vereinbarungen über die zugesicherte Sortenreinheit der bereitgestellten Bioabfälle enthalten. Wird die Sortenreinheit nicht eingehalten, sind entsprechende Gebühren fällig. Dadurch wird ein Anreiz für Kommunen geschaffen, den Fremdstoffgehalt möglichst niedrig zu halten. Insbesondere bei Neuausschreibungen der Entsorgungsdienstleistung bietet es sich an, eine hohe Bioabfallqualität vertraglich zu gewährleisten. Aber auch bei bestehenden Verträgen können unter Umständen Anpassungsverhandlungen angestrebt werden. Zur standardisierten Erfassung der Fremdstoffanteile im Biogut, das an die Bioabfallbehandlungsanlagen geliefert wird, stellt die Bundesgütegemeinschaft Kompost die Methodenvorschrift „Chargenanalyse“ zur Verfügung. In der Vereinbarung zwischen örE und Abfallbehandler sollten verbindliche, regelmäßige Fremdstoffprüfungen durchgeführt werden.
Darüber hinaus können die Vereinbarungen zwischen örE und Bioabfallbehandler festlegen, wer für die Mehrkosten durch die Abtrennung und Entsorgung der Fremdstoffe aufkommt. Verwertern von Bioabfällen kann auch die Option eingeräumt werden, besonders fremdstoffbelastete Anlieferungen zurückzuweisen. Hier ist allerdings gründlich zwischen Qualität und Quantität abzuwägen.
Technische Maßnahmen
Durch Detektionssysteme an den Sammelfahrzeugen können Fremdstoffe in der Biotonne besser identifiziert werden. Sie ermöglichen eine flächendeckende, objektive und standardisierte Erfassung der Qualität des Bioguts. Bisherige Detektionstechnologien sind jedoch auf metallische Abfälle, also z.B. Dosen, aber auch etwa Chipstüten und Verbundverpackungen beschränkt. Für die Detektion nicht-metallischer Abfälle, insbesondere Kunststoffabfälle, ist eine visuelle Kontrolle daher unumgänglich.
Die Möglichkeiten der Fremdstoffentfrachtung durch technische Maßnahmen im Kompostwerk sind begrenzt und werden allein keinesfalls zur notwendigen Einhaltung der Grenzwerte führen können. Laut Experten ist die Vermeidung von Zerkleinerungsprozessen, zum Beispiel durch rotierende Aggregate, in Kombination mit einer fachgerechten Kompostierung mittels Intensiv- und Nachrotte in Tunneln eine Möglichkeit zur Erzeugung gut klassierbarer Rohkomposte. Dies ist Voraussetzung, um ein fremdstoffarmes Endprodukt herstellen zu können. Weitere Optionen könnten die Nutzung des Potentials moderner Technologien wie Deep-Learning-Architekturen bei der Kontrolle und Sortierung von Biogut sein.
Best-Practice-Beispiele aus den Kommunen

Jährlich gesammelte Bioabfallmengen pro Einwohner/in. Grafik: NABU/D. Heider Download als pdf
Bisherige Erhebungen des NABU zeigen, wie sich die Sammelmengen von Bioabfall je nach Kommune unterscheiden. Dies geht auf unterschiedliche Siedlungsstrukturen zurück, aber auch auf Maßnahmen, die die Kommunen ergriffen haben, um die Nutzung der Biotonne zu erhöhen. Die Steigerung der Quantität der Getrenntsammlung muss jedoch mit der Verbesserung der Qualität der Bioabfälle Hand in Hand gehen. Zahlreiche Kommunen haben Maßnahmen ergriffen, um Fremdstoffe in der Biotonne zu reduzieren. Im Folgenden stellt der NABU ausgewählte Best-Practice-Beispiele vor.
Kreis Euskirchen – Der Vorreiter
- 153 Einwohner pro km²
- Sammelmenge Biotonne: 140 kg pro Einwohner und Jahr (2016)
Ausgangssituation
Die Biotonne wurde im Kreis Euskirchen bereits im Jahr 1995 flächendeckend eingeführt. Nach anfänglich guten Biogutqualitäten stieg der Fremdstoffanteil in der Tonne in den Folgejahren kontinuierlich an – im Jahr 2000 auf durchschnittlich über vier Gew.-%. Einzelne Frachten wiesen Fremdstoffgehalte von über zehn Gew.-% auf. Im Abfallwirtschaftskonzept des Kreises wurden daraufhin Maßnahmen eingeleitet.
Maßnahmen
Durch Öffentlichkeitsarbeit wurden die Bürger*innen kontinuierlich informiert. Diese umfasste Informationsbroschüren für alle Haushalte, fremdsprachige Infoblätter sowie Pressemitteilungen zu den Themen Mülltrennung und Fremdstoffe im Biogut.
Zusätzlich wurden die Biotonnen punktuell mit Hilfe eines Detektionssystems kontrolliert. Bei geringfügiger Beanstandung des Tonneninhalts wurde eine gelbe Infokarte mit Hinweisen zur richtigen Trennung hinterlassen. Bei wiederholten Fehlwürfen wurde eine rote Karte angebracht und die Tonne stehen gelassen. Die Nutzer*innen konnten dann entweder nachsortieren oder das Gefäß durch Kauf einer Gebührenmarke als Restmüll beseitigen lassen (240 l = 20 Euro).
Um entsprechende Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen durchführen zu können, wurde die Abfallsatzung angepasst.
Als Anreiz für die Kommune, möglichst sortenreines Biogut beim Abfallbehandler anzuliefern, vereinbarte man einen höheren Gebührentarif für die Behandlung und Verwertung von Biogut mit mehr als drei Gew.-%.
Aktueller Stand
In Folge der Maßnahmen konnte eine deutliche Verbesserung der Qualität des Bioguts festgestellt werden. Aktuell wird die Öffentlichkeitsarbeit unter anderem im Rahmen der Kampagne #wirfuerbio weitergeführt. Die Tonnenkontrollen erfolgen verstärkt in Gebieten mit Verbesserungsbedarf. Zusätzlich wird der Kontakt mit Wohnungsgesellschaften gesucht, um geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Abfallqualität in Großwohnanlagen zu erarbeiten.
Schwarzwald-Baar-Kreis – Der Analyst
- 204 Einwohner pro km²
- Sammelmenge Biotonne: 44 kg pro Einwohner und Jahr (2017)
Ausgangssituation
Die Einführung der flächendeckenden Biotonne im Schwarzwald-Baar-Kreis ging mit einem Bündel an Maßnahmen einher, um die Qualität des Bioguts sicherzustellen. Dies umfasste u.a. Tonnenkontrollen mittels Detektionssystem sowie stichprobenartige Sichtkontrollen. Bei geringfügiger Beanstandung des Tonneninhalts wurde eine gelbe Infokarte, bei wiederholt starker Verunreinigung eine rote Karte angebracht und die Biotonne stehen gelassen. Die Nutzer*innen konnten dann entweder nachsortieren oder die Tonne durch Zahlung einer zusätzlichen Gebühr als Restmüll beseitigen lassen. Um den Erfolg dieser Maßnahmen bewerten zu können, wurde eine fundierte Analyse des Bioguts benötigt.
Maßnahmen
Die LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg wurde mit der Analyse des Fremdstoffgehalts in den Biotonnen im Landkreis beauftragt (Gebietsanalyse). Als Leitfaden dienten die Methodenvorschriften für die Qualitätskontrolle von Biomüll der BGK. Im Ergebnis wies die Gebietsanalyse einen mittleren Gehalt an Fremdstoffen von 2,6 Gew.-% nach.
Aktueller Stand
Die Gebietsanalyse ermöglichte einen fundierten Überblick über den Status Quo der Bioabfallsammlung im Kreis. Daraus wurden weitere Maßnahmen abgeleitet.
Der Kreis verhandelt mit dem lokalen Bioabfallverwerter über eine Bonusregelung. Diese würde beinhalten, dass bei Verbesserung des Fremdstoffgehalts ein günstigerer Abnahmepreis fällig werden würde. Als Schwellenwerte werden zwei Gew.-% bzw. im zweiten Schritt ein Gew.-% diskutiert. Der Fremdstoffgehalt muss vom Kreis durch regelmäßige Gebietsanalysen nachgewiesen werden. Durch die Bonusregelung wird ein deutlicher Anreiz gesetzt, die Sammelqualität weiter zu verbessern. Geplant sind unter anderem zusätzliche Kontrollen und verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, z.B. durch eine kreisübergreifende Kampagne zum Thema bioabbaubare Plastikbeutel.
Die Sammelmenge des Landkreises liegt mit 44 kg pro Einwohner und Jahr unter dem Bundesdurchschnitt. Die Kommune sollte die flächendeckende Nutzung der Biotonne daher weiter vorantreiben, in Kombination mit Maßnahmen zur Reduzierung des Fremdstoffanteils.
Kreisfreie Stadt Münster – Die Eifrige
- 1.034 Einwohner pro km²
- Sammelmenge Biotonne: 51 kg pro Einwohner und Jahr (2017)
Ausgangssituation
Die Biotonne wurde in der Stadt Münster im Jahr 1998 flächendeckend eingeführt. 2017 lag der Fremdstoffanteil im Bioabfall bei durchschnittlich ca. 3,5 Gew.-% und wies insbesondere einen hohen Anteil an Plastiktüten und Folienbeuteln auf.
Maßnahmen
Mit der Aktion Biotonne Münster wurde ab Sommer 2017 in einer groß angelegten Kampagne Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um die Qualität und Menge des gesammelten Bioabfalls zu erhöhen. In der ersten Phase wurde ein öffentlicher Auftaktpressetermin durchgeführt, Aufkleber „Kein Plastik“ auf allen Biotonnen und Plakate an öffentlichen Orten angebracht sowie Informationen an alle 144.000 Haushalte verschickt. In der zweiten Phase wurden Papier-Biotüten und Vorsortierbehälter angeboten, Broschüren und Gratis-Postkarten verteilt, Aufsteller auf Recyclinghöfen platziert und Sonderseiten in der Lokalzeitung geschaltet. In der dritten Phase wurde eine kontinuierliche Sensibilisierung für das Thema sichergestellt, u.a. mit Hilfe des „Biomobils“,ein Sammelfahrzeug mit auffälligen und informativen Gestaltungsmerkmalen, regelmäßigen Plakatwerbungen sowie Infoständen auf Wochenmärkten.
Ein weiterer Baustein der Kampagne war schließlich die Einführung von Tonnenkontrollen, um besondere „Härtefälle“ sanktionieren zu können. Bei geringfügiger Beanstandung des Tonneninhalts wurde eine gelbe Infokarte mit Hinweisen zur richtigen Trennung hinterlassen. Bei wiederholt starker Verunreinigung der Biotonne wurde eine rote Karte angebracht und der Sammelbehälter stehen gelassen. Die Nutzer*innen konnten dann entweder nachsortieren oder das Gefäß durch Kauf einer Gebührenmarke als Restmüll beseitigen lassen (bis 120 l = 15 Euro). Um den durch die Kontrollen verursachten Mehraufwand zu bewältigen, wurden zwei neuen Stellen geschaffen.
Aktueller Stand
Die Öffentlichkeitskampagne erhöhte das Bewusstsein für die Biotonne. Laut einer repräsentativen Umfrage wussten Ende 2017 bereits 73 Prozent der Bürger*innen, dass kompostierbare Folienbeutel nicht in die Biotonne geworfen werden dürfen. Vor der Kampagne waren es nur 27 Prozent. Der durchschnittliche Fremdstoffanteil in der Biotonne sank von 3,5 Gew.-% im Sommer 2017 auf 1,9 Gew.-% im Frühjahr 2018.
Die umfassende Öffentlichkeitsarbeit wird zukünftig kontinuierlich weitergeführt und die Tonnenkontrollen sollen ausgeweitet werden, vor allem in Gebieten mit überdurchschnittlichen Fremdstoffgehalten.
NABU-Forderungen: Minimaler Fremdstoffanteil – maximale Sammelmenge
• Kommunen stehen in der abfallrechtlichen Pflicht, Maßnahmen für eine Reduzierung des Fremdstoffanteils zu ergreifen.
• Die Maßnahmen müssen sich sinnvoll ergänzen und langfristig angelegt sein.
• Die Best-Practice-Beispiele belegen die Wirksamkeit der Maßnahmen.
• Kommunen müssen das Potenzial der Getrenntsammlung von Bioabfällen nutzen. Eine flächendeckende Pflicht-Biotonne ist hierfür zentral.
Weiterführende Literatur und Links
- Aktion Biotonne Deutschland
- Aktion "Wir für Bio"
- Bundesgütegemeinschaft Kompost (2020): Sortenreine Bioguterfassung
- Bundesgütegemeinschaft Kompost (2019): Kunststoffe in Kompost und Gärprodukten
- Kehres, B. (2018): Problem Fremdstoffe/Kunststoffe in Bioabfall und Kompost
- Kehres, B. (2018): Standardisierung der Untersuchung von Fremdstoffen in Bioabfällen
- Umweltbundesamt (2019): Ermittlung von Kriterien für eine hochwertige Verwertung von Bioabfällen und Ermittlung von Anforderungen an den Anlagenbestand
- Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie (2019): Leitfaden zur hochwertigen Behandlung und Verwertung von Bio-und Grüngut im Freistaat Thüringen
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