Amsel - Foto: Frank Derer
Deutlich weniger Usutu-Meldungen im Jahr 2019 als im Vorjahr
Amselsterben nicht so stark wie befürchtet
27. August 2020 - Die Hochsaison des Usutu-Virus im Jahr 2019 begann zunächst beunruhigend: Anfang August gab es mehr Verdachtsmeldungen als im Vorjahr. Doch bereits Mitte August sank die Zahl der täglichen Meldungen deutlich, so dass insgesamt wesentlich weniger Fälle gemeldet wurden. Anders als in bisher allen Jahren – seitdem das usutu-bedingte Amselsterben in Deutschland auftritt – gab es keine deutlichen regionalen Schwerpunkte. Denn seit sich das Virus im Jahr 2018 großflächig ausgebreitet hat, ist Usutu in fast allen Teilen Deutschlands mit Ausnahme der Mittelgebirge vertreten.
Insgesamt wurden 2019 deutlich weniger Usutu-Verdachtsfälle von toten oder kranken Amseln oder anderen Vögeln an den NABU gemeldet als im Vorjahr. 4.584 Meldungen mit 9.781 betroffenen Vögeln gingen 2019 ein. Im Rekordjahr 2018 waren es über 13.000 Meldungen.
Wie in den Vorjahren wurden wieder zahlreiche verendete Vögel zur Untersuchung an das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg geschickt. 2019 waren es fast 500 Vögel. Von diesen konnten jedoch nur etwa 15 Prozent labortechnisch tatsächlich als Usutu-positiv bestätigt werden. Im Jahr 2018 betrug diese Rate etwa 60 Prozent. Damit bestätigt sich ein Muster: In Jahren, in denen ein verstärktes Amselsterben auftritt, steigen auch die Raten der im Labor positiv auf Usutu getesteten Vögel. In anderen Jahren liegen sie dagegen niedriger. Gleichzeitig waren diese Vögel wichtig, um auch die im Jahr 2019 zunehmende Verbreitung des verwandten West-Nil-Virus zu verfolgen.
Zusammenfassung
Im Jahr 2019 wurden also trotz eines heißen Sommers und einer inzwischen bundesweiten Verbreitung des Usutu-Virus nur vergleichsweise wenige Verdachtsfälle gemeldet. Das stärkt die Annahme, dass größere Amselsterben jeweils nur dort beobachtet werden können, wo das Virus zum ersten Mal auftritt.
Ob und wie schnell sich die Amseln in Deutschland von diesen Verlusten – vor denen des gorßen Amselsterbens aus den ersten Usutu-Jahren – allem erholen können muss weiter beobachtet und analysiert werden. Auch welche Rolle dabei das geringere aber andauernde Usutu-Amselsterben in den Jahren nach der „ersten Welle“ spielt, können wir noch nicht sagen. Führt es dazu, dass sich die Amselpopulationen auf einem niedrigeren Level einpendeln, ist es nicht weiter relevant, oder führt es gar zu einem dauerhaften Abwärtstrend? Das alles wissen wir noch nicht. Daher wollen wir die Entwicklungen weiter beobachten und bitten weiter um Meldungen toter Amseln.
Bitte melden Sie uns weiter tote Vögel
Melden Sie uns Fundort, Funddatum, nähere Fundumstände und Symptome der Vögel. Unter dem folgenden Link finden Sie auch eine Anleitung zum Verschicken toter Tiere an das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin oder Veterinär-Untersuchungsämtern.
Meldeaktion zum Amselsterben29. August 2019 - Über 1.500 neue Fälle toter und kranker Amseln wurden dem NABU seit der letzten Auswertung am 12. August gemeldet. Damit wurden in diesem Jahr insgesamt über 2.800 Fälle mit etwa 5.000 betroffenen Vögeln angezeigt wurden. Zunächst hatten wir erwartet, dass das Ausmaß des Amselsterbens in diesem Jahr sogar das Jahr 2018 übertreffen könnte. Doch glücklicherweise liegt die Zahl der Meldungen deutlich unter dem Vorjahr.
Während derzeit pro Tag etwa 150 neue Meldungen eingehen, waren es zur gleichen Zeit im Vorjahr etwa 500. Die meisten Meldungen kommen wie im Vorjahr aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, zusätzlich ist jedoch auch der Osten Deutschlands und Teile Bayerns stärker betroffen – die Verteilung über Deutschland ist gleichmäßiger als in den Jahren zuvor.
Auch die Zahl der Vögel, die zur Untersuchung nach Hamburg ins Labor des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) geschickt wurden, liegt unter dem Niveau des Vorjahres. In den nächsten Tagen werden dort die ersten Laborergebnisse erwartet.
Sieben Fälle des West-Nil-Virus bestätigt
Interessant ist, dass im Laufe der Usutu-Laboruntersuchungen in diesem Jahr durch das Friedrich-Löffler-Institut bereits sieben Fälle des verwandten West-Nil-Virus bestätigt werden konnten – bei Zoo- und Wildvögeln in Ostdeutschland. Damit scheint nach Usutu bereits das nächste Vogel-Virus auf dem Vormarsch zu sein.
19. August 2019 - Das massive Amselsterben des Hitzesommers 2018 wiederholt sich. Auch in diesem Jahr nimmt das Vogelsterben, das durch das tropische Usutu-Virus ausgelöst wird, im Laufe des Augustes an Fahrt auf. Und wieder sind besonders Amseln betroffen. Seit Jahresbeginn wurden dem NABU deutschlandweit bereits über 1.300 Verdachtsfälle gemeldet, die über 2.500 kranke, meist sogar bereits verstorbene Vögel betreffen. Im vergangenen Jahr, in dem die Usutu-Epidmie bisher am stärksten war, waren es im gleichen Zeitraum lediglich 800 Meldungen. Gemeinsam mit Tropenmedizinern des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg bitten wir auch in diesem Jahr darum, kranke oder verendete Tiere zu melden und möglichst zur Untersuchung einzusenden.
Seit dem ersten Auftreten dieses Vogelsterbens im Jahr 2011 breitet sich das von Stechmücken auf Vögel übertragene Usutu-Virus zunehmend über Deutschland aus. Waren in den ersten Jahren lediglich wärmebegünstigte Regionen entlang des Rheintals und am Untermain betroffen, konnte seit 2016 eine Ausbreitung über Nordrhein-Westfalen nach Norden und vor allem im Hitzejahr 2018 eine Ausbreitung in die nördlichen und östlichen Bundesländer festgestellt werden. Im Sommer 2018 konnten Usutu-Infektionen erstmals bei Vögeln in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Bayern nachgewiesen werden. Damit ist kein deutsches Bundesland mehr Usutu-frei. Nur aus höher gelegenen Mittelgebirgsregionen werden bisher noch keine toten Vögel gemeldet.
Die meisten Usutu-Fälle treten im August und September auf. Im Jahr 2018 entfielen 93 Prozent der insgesamt fast 13.500 Meldungen auf diese beiden Monate. Den Höhepunkt des Vogelsterbens erwarten wir daher in den kommenden Wochen.
Die Verteilung der im laufenden Jahr gemeldeten Usutu-Fälle entspricht fast exakt der Verbreitung, die das Virus zu Ende 2018 erreicht hatte. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob das Virus sich in diesem Jahr noch weiter ausbreiten kann, und in welchen Regionen besonders viele Opfer zu beklagen sein werden. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass immer dort besonders viele Vögel sterben, wo das Virus gegen Ende des Vorjahres erstmals aufgetreten ist.
Wo das Virus schon länger vorkommt, werden geringere Todesraten festgestellt. Das liegt vermutlich daran, dass schon viele Vögel im Vorjahr gestorben sind und überlebende Vögel eines Ausbruchs eine Immunität gegen die Krankheit erwerben. Deutlich erkennbar ist bereits, dass der Nordwesten Deutschlands, wo im Vorjahr die meisten Vögel gestorben waren, in diesem Jahr nicht mehr außergewöhnlich stark betroffen zu sein scheint. Stattdessen deuten sich neue Schwerpunkte des Vogelsterbens weiter östlich um Berlin und München an.
Der trockenheiße Sommer 2018 war offensichtlich günstig für die Ausbreitung des Virus, auch wenn die Zahl der Mücken als potentielle Überträger aufgrund der Trockenheit allgemein eher gering war. 2019 ist genauso heiß, dabei aber deutlich feuchter und mückenreicher als das Vorjahr. Daher halten die Experten des NABU und des BNI es für möglich, dass die diesjährige Usutu-Saison noch stärker ausfallen wird. Bei den Hamburger Virolog*inen lagen bis zum 12. August bereits über 150 tote Vögel vor, die in diesen Tagen auf das Usutu-Virus getestet werden.
Auch West-Nil-Virus nachgewiesen
Usutu ist nicht das einzige Virus, das unsere Vögel bedroht: Die Tropenmediziner*innen interessiert auch die Ausbreitung des ebenfalls durch Mücken übertragenen West-Nil-Virus in Deutschland. Es wurde im vergangenen Jahr erstmals bei Vögeln und Pferden nachgewiesen. Durch einen Nachweis Anfang Juli 2019 durch das Friedrich-Löffler-Institut ist nun auch klar, dass das West-Nil-Virus in Deutschland hierzulande überwintern kann. „Alle toten Vögel werden daher auf das Usutu- und West-Nil-Virus getestet. Beide Viren können in seltenen Fällen auch die menschliche Gesundheit beeinträchtigen“ erklärt Dr. Renke Lühken vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI).
Um die tatsächliche Ausbreitung der Viren dokumentieren zu können, ist es wichtig, möglichst viele Verdachtsfälle im Labor bestätigen zu können. Entsprechende Untersuchungen nehmen das BNI sowie manche veterinärmedizinischen Untersuchungsämter vor.
Auswirkungen auf Vogelbestände
Die Vogelschützer*innen des NABU interessieren vor allem die Auswirkungen der neuen Vogelkrankheit auf die Bestände von Deutschlands meistverbreiteten Gartenvogel, der Amsel. Dazu verschneiden sie die Informationen über die Verbreitung des Virus mit den Ergebnissen der großen NABU-Vogelzählung, der „Stunde der Gartenvögel“. Eine erste Auswertung hatte gezeigt, dass die Amselzahlen zwischen 2011 und 2016 in den in diesem Zeitraum von Usutu betroffenen Gebieten um 16 Prozent stärker zurückgegangen waren als im übrigen Deutschland. Bisher ist jedoch noch völlig unklar, ob sich betroffene Bestände wieder vollständig erholen können, dauerhaft reduziert bleiben oder gar immer weiter abnehmen werden.
Leider kann man Usutu-Infektionen bei Vögeln weder verhindern noch behandeln. Der NABU ruft daher alle Vogelfreund*innen dazu auf, zumindest dafür zu sorgen, dass Amseln und andere Gartenvögel in naturnahen Gärten gute Lebensbedingungen vorfinden, um die Verluste durch die neue Vogelkrankheit durch guten Bruterfolg wieder ausgleichen zu können.
Aktuelle Ergebnisse zeigen eindrücklich, wie sich das Usutu-Virus in den letzten Jahren vom Rhein-Main-Gebiet ausgehend in ganz Deutschland ausgebreitet hat. Auch im kommenden Sommer bittet der NABU um Mithilfe: Melden Sie uns tote oder kranke Amseln. Mehr →
Seit Wochen werden dem NABU verstärkt kranke oder tote Amseln gemeldet, die sich offenbar mit dem Usutu-Virus infiziert haben. Vor allem aus Nordwestdeutschland haben sich Verdachtsfälle vervielfacht. Mehr →