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Wie gezielte Schutzprojekte Libellen helfen
Für die Große Moosjungfer ist das Eglinger Filz ein Paradies. Die Hochmoorsenke im bayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen bietet auf 200 Hektar alles, was eine Moorlibelle braucht, um sich wohl zu fühlen: saure, nahezu fischfreie Weiher mit verlandeten Zonen und besonnten Ufern; Torfmoose, die im Moor für das saure Milieu sorgen und bei Regen um ein Mehrfaches aufquellen; sowie Schwingrasen, der vom Ufer aus als dichter Pflanzenteppich auf der Wasseroberfläche ins Gewässer hineinwächst. Das sind ideale Bedingungen für die etwa vier Zentimeter lange Libelle, deren Erkennungsmerkmal einer oder mehrere gelbe Flecken auf dem Hinterleib sind.
Altes Moor wird wieder nass
Das Eglinger Filz, vor 100 Jahren trockengelegt, 2005 nach Plänen des bayerischen NABU-Partners Landesbundes für Vogelschutz (LBV) wiedervernässt, gilt als gelungene Renaturierung eines Lebensraumtyps, der in Deutschland kaum noch zu finden ist. Fast alle Moore wurden im Zuge des Torfabbaus entwässert. Trockenheitsliebende Pflanzen verdrängten die moortypische Vegetation, und mit dem Moorsterben ging auch den Moorlibellen die Lebensgrundlage verloren. Auf der Roten Liste bedrohter Tierarten wird die Große Moosjungfer für Bayern als „stark gefährdet“ geführt.
Libellen sind Wesen der Luft. Alles, was ihr kurzes, nur wenige Wochen währendes Leben als erwachsene Libelle ausmacht, spielt sich in der Luft ab. Sie jagen, fressen und paaren sich im Flug und sind dabei bis zu 50 Stundenkilometer schnell. Sie ändern abrupt die Richtung, bleiben in der Luft stehen, und manche Arten fliegen sogar rückwärts. Solche Flugakrobatik ist nur möglich, weil Libellen ihre beiden Flügelpaare unabhängig voneinander bewegen können. Zudem stabilisieren sie den Flug mithilfe ihres langgestreckten, aus zehn Segmenten bestehenden Hinterleibs.
Fangmaske für die Jagd
Doch bevor Libellen in die Lüfte aufsteigen, leben sie als Larve im Wasser. Dort ernähren sie sich von Mückenlarven, Kleinkrebsen und Kaulquappen, die sie mit ihrem ausklappbaren Unterkiefer, der sogenannten Fangmaske, erbeuten. Die mit Klauen bewehrte Fangmaske schnellt in Sekundenbruchteilen vor, packt die Beute und zieht sie ins Maul. Je nach Libellenart dauert so ein Larvenleben wenige Monate bis mehrere Jahre. Am Ende kriecht die Larve ans Ufer, verankert sich auf einem Blatt, und der Panzer bricht auf. Heraus schlüpft die Libelle, spreizt ihre durchscheinenden Flügel und hebt ab. Zurück bleibt die leere Hülle.
Libellen sind an verschiedensten Gewässern zu finden. Am artenreichsten sind Stillgewässer wie Tümpel, Weiher und Seen, wo die Larven in den flachen Uferzonen und zwischen Wasserpflanzen leben. „Diese Arten sind vergleichsweise anspruchslos“, berichtet Jürgen Ott, Geschäftsführer der auf Öko-Gutachten spezialisierten LUPO GmbH und Mitautor der bundesweiten Roten Liste der Libellen. „Passt der Sauerstoffgehalt, kommen sie auch mit verschmutztem Wasser zurecht.“ Ähnliches gelte für Bäche und Flüsse, zumal sich vielerorts die Wasserqualität verbessert habe, führt der Biologe aus. „Typische Fließgewässerarten wie Prachtlibellen oder Flussjungfern haben in den vergangenen Jahren zahlenmäßig zugelegt und sich in der Fläche ausgebreitet.“
Mehr Kies für die Flussjungfer
Dazu beigetragen haben Flussrenaturierungen wie im Fränkischen Becken zwischen Erlangen, Nürnberg, Ansbach und Weißenburg. Dort ließ der LBV im Jahre 2014 auf 35 Kilometern Länge die Ufer und Flussbetten von Aurach, Bibert, Rezat, Rednitz und Zenn so umgestalten, dass die Flüsse wieder frei fließen. Man schüttete Kies ins Wasser, den die Strömung mitriss und verteilte. Dadurch entstanden lichte Flachwasserzonen mit sandig-kiesigem Grund – so wie es die Grüne Flussjungfer mag.
An Flachwasserzonen treffen sich Männchen und Weibchen der kräftig gebauten, etwa fünf Zentimeter langen Großlibelle zum Paarungsrad. Dabei umklammert das Männchen mit seiner Hinterleibszange den Kopf des Weibchens, während dieses ihren Hinterleib nach vorne krümmt und damit das Rad schließt. Nach dem Paarungsakt legt das Weibchen die befruchteten Eier im Wasser ab. Noch vor einigen Jahren galt die Grüne Flussjungfer als stark gefährdet – heute ist sie von der Roten Liste verschwunden.
Bereicherung durch Klimagewinner
Um den Lebensraum der Zweigestreiften Quelljungfer, einer 85 Millimeter langen Großlibelle mit schwarzem, gelbgebändertem Hinterleib, die an Quellen und schnellfließende Oberläufe mit sauerstoffreichem Wasser angepasst ist, steht es weniger gut. „Quellen sind Biotope, die stiefmütterlich behandelt werden“, stellt Jürgen Ott fest: „Sie sind nur wenige Quadratmeter groß, und die dort lebenden Arten erscheinen auf den ersten Blick unspektakulär.“ Oft würden sie in Stein gefasst oder mit einer Kiesschüttung versehen, erläutert der Libellenexperte. „Aber die Larven der Zweigestreiften Quelljungfer leben mehrere Jahre im Wasser und sind auf natürlichen Gewässergrund angewiesen.“
Auch in kühlen Bergregionen lebende Libellen wie die Alpen-Mosaikjungfer stehen unter Druck: „Im Zuge des Klimawandels werden sie von wärmeliebenden Arten verdrängt, können jedoch nur bedingt nach oben in kühlere Lebensräume ausweichen“, sagt Ott. Die Sorge, der Klimawandel führe zum generellen Artensterben, sei jedoch unbegründet: „Durch Zuwanderer wie die Feuerlibelle aus dem Mittelmeerraum hat sich die Artenzahl in Deutschland lebender Libellen sogar von 81 auf 83 erhöht.“
Hartmut Netz
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