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Jetzt spenden!Eine Weinliebhaberin auf dem Rückzug
Die Mauereidechse ist „Reptil des Jahres 2011“
Schaut man sich das Verbreitungsgebiet der Mauereidechse genauer an, könnte man zu dem Schluss kommen, das kleine Reptil sei ein Weinliebhaber. Es sind die sonnig-trockenen Berghänge etwa an Neckar, Rhein oder Mosel, an denen die begehrten Trauben am besten gedeihen, die auch der Mauereidechse eine Heimat bieten. Tatsächlich ist die heutige Verbreitung der Mauereidechse in Europa auf die Römer zurückzuführen, die durch das Anlegen der Weinanbaugebiete in ganz Europa ideale Lebensräume für die Echsen schufen. So konnten sich die Tiere weit ausbieten. doch nicht nur Weinberge, auch Bahntrassen boten mit ihren trockenen, steinigen Böden gute Lebensbedingungen.
Doch ganz freiwillig suchte die unscheinbare Echse die vom Menschen geprägten Habitate nicht auf. Der Schwund ihrer natürlichen Lebensräume wie die Abbruchkanten in Flusstälern, Schotterbänke an naturnahen Flüssen oder auch lichte Laubwälder, zwang sie dazu, sich neuen Umgebungen anzupassen. Doch nun sind auch diese Ersatzlebensräume in Gefahr.
„Die Mauereidechse ist in Deutschland insbesondere durch die Flurbereinigung in den Weinanbaugebieten und den Um- und Ausbau von Bahnstrecken gefährdet,“ sagt Tom Kirschey, stellvertretender Sprecher des NABU-Bundesfachausschusses Feldherpetologie/Ichthyofaunistik. Immerhin ist die Mauereidechse nicht, wie viele andere heimische Kriechtiere, vom Aussterben bedroht. Doch der zunehmende Schwund ihrer Lebensräume und die damit einhergehende Gefährdung ihrer Art ist der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde Grund genug auf das sonst wenig erwähnte Tier aufmerksam zu machen. Sie ernannte die Mauereidechse zum „Reptil des Jahres 2011“.
Das wendige Kriechtier ist dank seiner kräftigen Beine mit langen Zehen und einem Schwanz der gut doppelt so lang ist wie sein restlicher Körper ein ausgezeichneter Kletterer. Angepasst an ihren Lebensraum ist die verhältnismäßig kleine Echse schlank und ihr Körper abgeflacht. Mit ihrer meist braunen Zeichnung ist die Echse auf Mauern und Felsen gut getarnt. Doch ihre Rückenfärbung kann variieren. Manche Populationen sehen den grünlichen Smaragdeidechsen zum Verwechseln ähnlich.
Mauereidechsen ernähren sich von Kleintieren wie Insekten, Spinnen, anderen Gliedertieren, Würmer und Schnecken. Doch in den dunklen, geschützen Nieschen der Gemäuer sind die Eidechsen nicht die einizigen Jäger. Auch Schlingnattern nutzen diesen Lebensraum. Vor ihnen müssen sich insbesondere die jungen Eidechsen fürchten. Nicht selten fallen sie den Schlangen zum Opfer. Ausgewachsene Echsen werden vor allem zur Beute von Greifvögeln, wie Turmfalken und Mäusebussarden, aber auch von Neuntötern und Rabenkrähen. Doch wenn die Bestände der Mauereidechsen weiterhin schrumpfen, werden sich die Vögel nach anderen Leckerbissen umsehen müssen.
So weit soll es nicht kommen. Um den aktuellen Entwicklungen entgegen zu wirken, müssten ursprüngliche Lebensräume der Mauereidechse, wie lichte Laubwälder und offene Felsbildungen, erhalten und langfristig gesichert werden. Nur wenn Weinberglagen weiterhin traditionell bewirtschaftet werden, können diese auch den seltenen Echsen eine Heimat bieten. Neben den Hanglagen müssen andere wertvolle Habitatstrukturen wie Trockenmauern, Steinriegel und freie Felsabschnitte erhalten beziehungsweise weider hergestellt werden.