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Der Kleiber im Porträt
Der Kleiber ist, gelinde gesagt, ein ausgesprochen umtriebiger Geselle. Mit 12 bis 15 Zentimetern von der Schnabelspitze bis zum Schwanzende und bestenfalls 25 Gramm Gewicht gehört er nicht gerade zu den Riesen der heimischen Vogelwelt. Doch wenn er etwa im Winter am Futterhäuschen auftaucht, strotzt der Kleiber nur so vor Selbstbewusstsein. Er schlägt kurz Krawall, damit die Konkurrenz sich trollt - was sie in der Regel auch tut -, schnappt sich zielgerichtet einen Sonnenblumensamen oder eine Haselnuss und fliegt wieder davon.
Nachmieter sucht Unterkunft
Für die Familiengründung braucht es zunächst einmal eine geeignete Behausung. Kleiber sind Höhlenbrüter und am liebsten wollen sie hoch hinaus. Nicht aus Geltungsbedürfnis, wie man vermenschlicht unterstellen könnte, sondern einfach, weil es so sicherer ist. 10 bis 15 Meter über dem Erdboden liegen die Kleiberhöhlen im Schnitt, es kann aber auch mal 30 Meter nach oben gehen.
Dabei ist der Kleiber auf vorhandene Höhlen angewiesen, von Spechten angelegte oder durch Fäulnis entstandene. Zwar wird er auch als "Spechtmeise" bezeichnet, doch der Kleber ist mit beiden nicht näher verwandt, und zum Hämmern eigener Höhlen ist der Kleiberschnabel einfach zu schwach. Der Vogel des Jahres 2006 ist also ein typischer Nachmieter.
Dabei gibt sich der Kleiber selten mit der vorgefundenen Mietsache zufrieden. Er sorgt für kleibergerechten Innenausbau und Abdichtung, vor allem passt er den Höhleneingang exakt seiner Größe an. 29 bis 32 Millimeter Durchmesser hat das ideale Kleiber-Einflugloch. Damit lässt sich nicht jeder Mietkonkurrent oder Eierräuber fernhalten - ein Wiesel etwa passte noch durch -, aber gegen die meisten Eindringlinge wirkt diese Maßnahme bestens.
Zum Zurechtkleibern der Höhle verwendet der Kleiber feuchten Lehm, gelegentlich mit integrierten Holzstückchen, aber ganz ohne Spucke oder andere geheime Zusätze. Mit dem Schnabel festgeklopft und dann ausgehärtet, ist der Eingang dennoch enorm fest. Nun sucht sich der Kleiber mit Vorliebe recht große Höhlen mit entsprechend großen Fluglöchern aus. Leicht werden dann ein bis anderthalb Kilo Lehm für die Eingangsverkleinerung benötigt, bei wenig mehr als einem Gramm Schnabel-Transportkapazität kommen unzählige Flüge zur Baustelle zusammen.
Die Vorliebe für große Höhlen hat einen triftigen Grund: Je größer die Höhle, desto mächtiger lässt sie sich mit kleinen Rinden- und Holzstückchen auspolstern. Bei eindringender Feuchtigkeit sammelt sich diese weit unten am Höhlenboden und die Polster-Oberfläche mit Eiern oder Jungvögeln bleibt trocken. Das ist absolut überlebenswichtig.
Innenausbau ist Frauensache
Für den Innenausbau ist das Kleiberweibchen zuständig. Das Männchen schafft das Material herbei, neben Knospenschuppen und dürrem Laub bevorzugt die dünne Spiegelrinde der Kiefer, und wirft es in die Höhle. Die Dame des Hauses prüft das Material eingehend, baut es ein oder wirft es bei Nichtgefallen einfach wieder hinaus. So richtig fertig ist die Einrichtung eigentlich nie. Selbst wenn die Jungen bereits geschlüpft sind, wird immer wieder Baustoff eingetragen - mehr als 7000 Polsterteile wurden in Kleiberhöhlen schon gezählt. Auch der Eingang muss ständige Inspektionen über sich ergehen lassen, nicht nur, wenn Regen den Lehm aufgeweicht hat.
In seinem Eifer schafft der Kleiber alles heran, was geeignet scheint. Selbst Teilen, die ganz offensichtlich zu groß sind, kann er kaum widerstehen. Manchmal merkt er erst nach einigen Versuchen an der Höhle, dass da sprichwörtlich die Augen größer waren als der Appetit. Das kann auch bei der Nahrungsbeschaffung passieren. Im Sommerhalbjahr bevorzugen Kleiber tierische Nahrung. Was sechs oder acht Beine hat, wird mit Vorliebe verzehrt. Der Nachwuchs erhält möglichst durchgehend eiweißreiche Insekten, Spinnen und anderes Kleingetier. Schließlich gilt es, innerhalb nicht einmal eines Monats aus einem blinden, federlosen Winzling einen selbständigen Jungkleiber zu machen.
Fütterung im Dauerstress
War schon bei der Wohnungseinrichtung Fleiß gefragt, müssen die Kleibereltern für das Füttern der Jungen noch einmal einen Gang zulegen. Fünfzehn Futterflüge je Stunde sind keine Seltenheit, nur gelegentlich ist Zeit für eine Pause. Wenigstens schlafen die Jungkleiber - anders als der menschliche Nachwuchs - die Nacht durch, so dass die Eltern ebenfalls Ruhe finden. Mit Sonnenaufgang jedoch ist es damit wieder vorbei.
Seine Beute sucht der Kleiber an der Rinde von Bäumen. Gelegentlich schaut er am Boden vorbei, am wohlsten fühlt er sich jedoch oben in den Baumkronen. Dabei kommen ihm seine einmaligen Kletterfähigkeiten zugute. Als einziger Vogel kann der Kleiber kopfüber den Stamm hinunterlaufen, selbst an der Unterseite von Ästen turnt er herum. Er verlässt sich dabei auf seinen außergewöhnlich großen Fußapparat. Anders etwa als Spechte stützt er sich nicht mit dem Schwanz ab, der wäre auch viel zu kurz. Damit der Kleiber nicht doch vornüberkippt, bewegt er sich in der Abwärtsbewegung immer leicht seitwärts und die Füße sind etwas versetzt, das stabilisiert die Haltung.
Stochern statt hacken
Mit seinem kleinen Schnabel kann der Kleiber nur kleine Rindenstückchen abhacken. Er spezialisiert sich deswegen weitgehend auf das Herumstochern in Spalten, aus denen er Kleintiere oder hineingefallene Samen holt. Später im Jahr, wenn der Nachwuchs längst das Weite gesucht hat und tierische Beute selten wird, stillt der Kleiber seinen Energiebedarf vor allem mit Bucheckern und Haselnüssen. Die Nüsse, Zapfen oder die Sonnenblumenkerne vom Futterhäuschen klemmt er in Rindenspalten ein, um sie aufzuhacken. Bei gutem Nahrungsangebot legt er für den Winter kleine Vorratsverstecke an.
Zwar nimmt der Kleiber notfalls auch Nistkästen an, wenn natürliche Höhlen fehlen. Doch der Kleiber ist ein Waldvogel, hier hat er die besten Lebensbedingungen und die höchsten Brutdichten. Um dauerhaft überleben zu können, benötigt der Vogel des Jahres 2006 naturnahe Buchen- und Eichenwälder mit vielen großen, alten Bäumen, an denen er Nahrung und Brutraum findet. Dafür setzt sich der NABU ein.
Helge May
Das Kleiberjahr
Je nach Witterung suchen Kleiber ab Ende Februar eine geeignete Nisthöhle. Dabei hat sich das Kleiberpaar meist schon im Spätsommer des Vorjahres gefunden und gemeinsam den Winter verbracht. Ab Ende März geht es dann mit dem eigentlichen Nestbau los. Mitte April legt das Weibchen fünf bis acht Eier, die zwei Wochen lang bebrütet werden. Im Alter von knapp vier Wochen sind die Jungen flügge und sie verlassen die Geborgenheit der Nisthöhle. Noch im Juni lösen sich die Jungkleiber von den Eltern. Schon am Ende ihres ersten Lebensjahres werden sie geschlechtsreif und gehen auf Partner- und Reviersuche, meist nur wenige Kilometer von ihrem Geburtsort entfernt.
Weitere Bruten im gleichen Jahr sind selten, sie kommen am ehesten noch nach erfolglosen Erstbruten vor. Zunehmend werden aber auch Zweitbruten nach früh abgeschlossenen, erfolgreichen Erstbruten beobachtet. Hier wirkt sich möglicherweise der Klimawandel zugunsten der Kleiber aus. So schlüpfen nach Untersuchungen im Raum Braunschweig dank milderer Winter die Kleiberküken dort heute um durchschnittlich zehn Tage früher als noch vor 35 Jahren.
Kleiber weltweit
Kleiber kommen in ganz Deutschland vor, wobei die Zahlen je nach Nahrungsangebot von Jahr zu Jahr stark schwanken können. Aktuell schätzt man 600.000 bis 1,4 Millionen deutsche Kleiber-Brutpaare. Der Kleiber ist ein so typischer Waldbewohner, dass er Teil des offiziellen "Nachhaltigkeitsindex" ist. Damit wird unter anderem gemessen, wie es um die Artenvielfalt in Deutschland bestellt ist.
Insgesamt besiedelt unser Kleiber weite Teile Europas mit Ausnahme des hohen Nordens und weiter nach Osten den gesamten gemäßigten asiatischen Waldgürtel bis zum Pazifik. Auch in Nordafrika und Vorderasien kommt er vor.
Weltweit gibt es 22 Kleiberarten, darunter in Südosteuropa Felsenkleiber, Klippenkleiber und Türkenkleiber, den Korsenkleiber - ausschließlich auf Korsika - und den in Algerien beheimateten, erst 1975 als eigenständige Art identifizierten Kabylenkleiber. Dabei kleibern längst nicht alle Kleiberarten, wogegen der Felskleiber unseren heimischen Kleiber in seiner Bauwut sogar übertrifft. Er kleibert in Felsspalten regelrechte Lehmnester mit einer kleinen Außenröhre als Einschlupf.
Kleibertreue
Kleiberpaare gelten allgemein als besonders treu. Tatsächlich pflegen Weibchen und Männchen einen engen Umgang miteinander, selten sieht man sie solo. Allerdings haben Kleiber auch lediglich eine Lebenserwartung von maximal sieben Jahren, erreichen gar nur ein Durchschnittsalter von zwei bis drei Jahren. Auch muss man zwischen sozialer Treue und sexueller Treue unterscheiden. Genetische Untersuchungen zeigen, dass immerhin jeder zehnte Jungkleiber nicht vom "sozialen Vater", sondern von einem Unbekannten abstammt. Da für jedes Ei eine erneute Begattung nötig ist, lässt sich der sexuelle Treuegrad sehr genau feststellen.
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