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Jetzt NABU-Mitglied werden!Derzeitige Wolfsdebatte befeuert Wahlkampf
Viel Getöse, wenig tragfähige Lösungen
06. September 2023 - Von der Länderebene bis nach Brüssel wird aktuell über den Umgang mit Wölfen diskutiert. Wichtig und richtig, sofern das Ziel das konfliktarme Zusammenleben bleibt. Daran hat der NABU in aktuellen Debatten allerdings vermehrt Zweifel. Auf der Strecke bei der Diskussion bleiben Weidetierhaltende, die ihre Tiere vor Wölfen praktisch und effektiv schützen wollen – die haben von der langwierigen Debatte um Absenkung des Schutzstatus nämlich gar nichts.
„Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Wolf im Wahlkampf stellvertretend für vieles herhalten muss, was in der Politik schiefläuft“, sagt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Reale Konflikte mit Wölfen gebe es dort, wo Wölfe Weidetiere reißen. „An diesen Stellen sind die Schutzmaßnahmen zu verbessern und die Weidetierhalter*innen dabei zu unterstützen. Es ist aber auch richtig, einzelne Wölfe zu entnehmen, die gelernt haben, gute Weideschutzmaßnahmen zu überwinden. Rechtlich ist das heute schon möglich.“
Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Wolf im Wahlkampf stellvertretend für vieles herhalten muss, was in der Politik schiefläuft.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte in einem Zeitungsinterview angekündigt, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern und so Weidetiere wie Schafe besser schützen zu wollen. Doch die Aussagen Lemkes dürfen nicht fehlinterpretiert werden: Es geht nicht um den Einstieg in eine regelmäßige Reduzierung des Bestandes, sondern um konkretes Handeln im berechtigten Schadensfall trotz Herdenschutz.
Herdenschutz muss die Basis des Zusammenlebens mit großen Beutegreifern bleiben und ist Voraussetzung bei einer potenziellen Entnahme. Auch der NABU betont, dass in berechtigten Fällen Entnahmen nicht durch überbordende Bürokratie und ungeklärte Zuständigkeiten verschleppt werden dürfen – doch das geht auch mit Aufrechterhaltung des Schutzstatus, an dem konservative Politiker*innen unermüdlich rütteln. Wo es rechtliche Unsicherheiten der Länder gibt, müssen diese gemeinsam und transparent angegangen werden. Eine reguläre Bestandsreduzierung lehnt der NABU aber als nicht zielführend ab.
Anlass für eine Gesetzesänderung sieht der Verband daher nicht. Es ist auch unter der aktuellen EU- und Bundesgesetzeslage möglich, im berechtigten Ausnahmefall trotz strengem Schutzstatus einen Wolf zu entnehmen, das heißt in der Regel zu töten – sofern es keine mildere Alternative gibt. Problematisch ist vielmehr die praktische Umsetzung in den Ländern: Oft sind die Zuständigkeiten ungeklärt, es wird nicht transparent zum Sachverhalt kommuniziert.
Vermeintlich einfache Forderungen nach pauschalen Abschussquoten oder einer Bejagung von Wölfen werden genau dieses Problem jedoch nicht lösen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger
„Wir sehen deshalb Verbesserungsbedarf, um im Einzelfall vor Ort schneller und effektiver handeln zu können. Vermeintlich einfache Forderungen nach pauschalen Abschussquoten oder einer Bejagung von Wölfen werden genau dieses Problem jedoch nicht lösen. Ich erwarte von allen Akteuren mehr Ernsthaftigkeit bei der Entwicklung funktionierender Lösungen.“
Marie Neuwald, Referentin für Wölfe und Beweidung beim NABU, erklärt: „Nicht die Anzahl der Wölfe bestimmt das Rissgeschehen, sondern das Vorhandensein von Herdenschutz. Die meisten Wölfe lassen sich durch Herdenschutz zuverlässig von Weiden fernhalten.“ Allein in Niedersachsen waren bis September 2023 in 73 Prozent der Rissvorfälle an Schafen nicht einmal der Mindestschutz vorhanden beziehungsweise war dieser beeinträchtigt. „Die Weidetierhaltung muss dringend mehr Unterstützung im Herdenschutz erhalten, anstatt durch langwierige Debatten über den Schutzstatus von Wölfen hingehalten zu werden.“
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