Ganz schön früh dran: Ein Dutzend Erdkröten von der Mittelmosel - Foto: Alexandr Brojdo
Erhöhtes Verkehrsaufkommen am Kamener Kreuz
Die erste größere Etappe der Amphibienwanderungen ist voll im Gang
26. Februar 2021 - Im Osten der Republik hält sich der Winter normalerweise etwas länger. Doch auch dort brechen die Amphibien bereits auf. „Hier an der Elbe haben wir letzte Woche wieder zwei Zäune aufgebaut und am Mittwoch waren die ersten acht Erdkröten und eine Knoblauchkröte drin“, weiß Peter Neuhäuser von der NABU-Kreisgruppe Stendal. Auch die Hauptstadt ist bereits im Wanderfieber. An der im Grunewald gelegenen Havelchaussee stehen die Zäune seit einer Woche. „Bereits am Sonntag konnten wir uns über zahlreiche wandernde Teichmolche freuen“, berichtet Karin Drong vom Ökowerk Berlin.
Früheste Starter sind in der Regel die drei Braunfroscharten und die Molche. Manche Tiere wandern auch schon in der Weihnachtszeit an, so dass nach Angaben von NABU-Amphibienexpertin Sandra Panienka zum Beispiel in Nordbaden einige Grasfrösche bereits abgelaicht haben. Diese Pioniere leben allerdings riskant. „Am letzten Sonntag hatte ich die traurige Aufgabe, die toten Körper einiger Frühstarter aus den wieder aufgetauten Tümpeln zu holen. Springfrösche, eine Kröte und ein Bergmolch waren darunter“, berichtet Regine Carl vom Verein für Umwelt- und Naturschutz Untergrombach. „Wahrscheinlich sind sie erfroren oder unter der geschlossenen Eisschicht erstickt.“
Auch wenn Erdkröten eigentlich nicht zu den ausgesprochenen Frühstartern gehören, sind auch diese schon unterwegs, erst recht dort, wo ein günstiges Kleinklima frühes Anwandern unterstützt. Das ist unter anderem am Galgenberg in der Nähe des Kamener Autobahnkreuzes der Fall. Hier im östlichen Ruhrgebiet konnten die Aktiven rund um Elisabeth und Wolfgang Postler vom NABU Unna in den „ersten vier Tagen bereits 569 Erdkröten-Männchen und 57 Weibchen“ einsammeln. „Außerdem waren 23 Bergmolche und 136 Teichmolche unterwegs.“ Auch am ohnehin recht milden Niederrhein herrscht schon viel Verkehr. Hier setzte die Wanderung bereits am 18. Februar ein und nach vier Tagen waren über 200 Erdkröten registriert.
Da sich Luft und Boden schneller erwärmen als das Wasser, erwartet die Amphibien am Reiseziel oft ein noch recht kühles Quartier. „Samstagabend haben wir zwölf Kröten eingesammelt“, berichtet etwa Ortrud Podworni-Michael vom NABU Oberhausen. „Dabei war unser Laichgewässer in den Randbereichen eisfrei, aber noch nicht in der Mitte. Ähnlich sah es laut Alexander Artmann vom NABU Wienhausen im mittleren Niedersachsen aus: „Wir haben unseren Krötenzaun in der Allerniederung bei Langlingen (Kreis Celle) am Samstag aufgestellt und obwohl in den Kleingewässern im Wald noch reichlich Eis zu sehen ist, haben wir am nächsten Morgen in einem Eimer bereits das erste Erdkrötenmännchen gefunden.
Seit Dienstag laufen auch in Lohne im Landkreis Vechta die Amphibien. Zaunbetreuer Christoph Beck vom NABU Lohne stellte an diesem und den Folgetagen am mobilen Amhibienschutzzaun vor allem zahlreiche Molche fest. Von Dienstag bis Donnerstag kamen gut 200 Molche zusammen, verteilt jeweils etwa zur Hälfte auf Berg- und Teichmolche. „Ein starker Startschuss zur neuen Laichsaison ist also gemacht, denn gut zehn Prozent der letztjährigen Gesamtzahl ist bereits jetzt vor der gefährlichen Straße gerettet“, freut sich Ludger Frye vom NABU-Kreisverband Vechta.
Neben dem Wetter und dem Straßenverkehr haben die Amphibienschützer*innen noch zusätzlich darauf zu achten, dass die Corona-Verhaltensregeln eingehalten werden. Das macht die Aufgabe nicht einfacher, aber immerhin konnte man 2020 ja schon einmal üben. „Trotz Corona-Bedingungen waren wir im letzten Jahr sieben Wochen vor Ort und werden auch in diesem Jahr wieder aktiv sein“, betont daher zum Beispiel Michael Schulz vom NABU Bramfeld/Ohlsdorf/Barmbek in Hamburg. Viel mehr Sorgen macht dieser sich um den Bestand der Amphibien: „2020 haben wir am Ohlsdorfer Friedhof 700 Tiere in den Eimern gefunden, im Vorjahr waren es noch 1000.“
Amphibienwanderung in Sicht
Nach dem Schnee kommt nun der Regen
15. Februar 2021 - Achtung, Wetterumschwung! Nach zwei Wochen mit Schnee und kräftigem Frost geht der Winter jetzt so plötzlich wie er kam. Vielleicht macht er auch nur Pause, jedenfalls steigen die Temperaturen rasch an. Da es zunächst bewölkt und regnerisch sein wird, gehen die Werte nachts nur wenig nach unten. Entlang des Rheins gibt es bereits ab Wochenmitte relativ gute Wanderbedingungen, spätestens Anfang kommender Woche nahezu bundesweit. Die Tagestemperaturen steigen auf zweistellige Werte, bei Sonnenschein bald auch auf 15 Grad Celsius und mehr. In den dann wolkenlosen Nächten ist zwar mit stärkerer Abkühlung zu rechnen, es bleibt aber vielerorts deutlich im Plusbereich.
Offen ist, wie rasch die Amphibien reagieren können und wollen. Je nachdem, wie tief die Tiere versteckt sind, wird es auch auf das zunächst noch notwendige Auftauen der Böden ankommen. Eine Prognose zum Umfang der möglichen Wanderungen ist daher schwer.
03. Februar 2021 - Der teils kräftige Regen lässt am Rhein und seinen Nebenflüssen nicht nur die Pegel steigen. Kaum macht der Winter im Südwesten Pause, lassen sich bereits die ersten Amphibien blicken. Dabei kommt die Auftaktmeldung dieses Jahr mal nicht vom Oberrhein, sondern von der Mosel. Brachte der Kontrollgang an der L55 Ürzig – Bombogen am späten Dienstagabend noch keine Funde, konnte Alexandr Brojdo vom NABU Wittlich Mittwoch früh zwei Fadenmolche und erstaunliche 19 Erdkröten einsammeln. Ganz ungewöhnlich ist der Frühstart an der Mittelmosel allerdings nicht. Auch letztes Jahr zogen dort bereits Anfang Februar Kröten, Grasfrösche und Molche los.
Wie wird es nun weitergehen? Das Wetter der nächsten Tage hält einiges bereit. In den Alpen sind bei Föhn Temperaturen „nahe 20 Grad nicht ausgeschlossen“, so der Deutsche Wetterdienst. Im Norden der Republik dagegen kündigen sich „teils kräftige Schneefälle und Schneeverwehungen, gebietsweise Glatteisregen“ an. Das aktuelle milde Intermezzo hält also in vielen Regionen nicht lange. Die starken Gegensätze bleiben wohl bis weit in die kommende Woche. Dabei klingt „im Süden tendenziell mild und zeitweise Regen“ ganz so, als könnten sich in den Flusstälern immer wieder mal Amphibien auf den Weg machen.
Wann wandern die ersten Frösche, Molche und Kröten?
Mutige Amphibien nutzen auch kurze Wärmeeinbrüche
01. Februar 2021 - An dieser Stelle berichten wir auch in der Laichwandersaison 2021 täglich über das Zuggeschehen. Wann genau der Startschuss fallen wird, ist vom Wetter abhängig. In manchen Jahren geht es bereits Ende Januar los, während sich in anderen vor Anfang März kaum eine Kröte sehen lässt. Noch jedenfalls können die Krötenwarnschilder wie oben im Bild im Siebengebirge geschlossen bleiben.
Auch wenn mehr und mehr feste Amphibienquerungen gebaut werden, gibt es bundesweit immer noch hunderte Stellen, an denen Naturschützer ab Februar, spätestens im März, Leitzäune aufstellen. Die anwandernden Tiere sammeln sich in Eimern, werden dann über die Straße getragen, statistisch erfasst und wieder freigelassen. Zusätzliche Helferinnen und Helfer sind stets hochwillkommen. Auch für Anfänger ist diese Tätigkeit gut geeignet, ebenso für Kinder und Jugendliche.
Helfende Hände gesucht
Es gibt wohl kaum eine Naturschutzgruppe, die nicht dringend weitere Helfer*innen sucht, denn Amphibienschutz ist aufwändige Handarbeit. Um mitzutun, sind Vorkenntnisse nicht zwingend nötig. Die Saison erstreckt sich in der Regel über zwei bis drei Monate, mit dem Höhepunkt gegen Mitte März. Es ist schön, wenn jemand an vielen Tagen mit anpacken kann, wer nur einmal oder zweimal Zeit hat, ist aber auch willkommen.
Zunächst müssen Zäune aufgestellt werden – teils übernimmt das die Kommune oder die Straßenbauverwaltung. Stehen die Zäune, müssen diese jeden Tag kontrolliert werden, am besten am frühen Abend und am frühen Morgen. Befinden sich Amphibien in den Eimern, werden diese in Transporteimer umgefüllt und über die Straße getragen. In der Regel werden dabei auch Anzahl, Arten und Geschlechter notiert. Wie die Hilfe funktioniert, wie man die Tiere richtig anfasst, wie man Grasfrösche von Springfröschen oder Bergmolche von Teichmolchen unterscheidet, ist schnell gelernt.
Wer weiß, dass im Heimatort oder in der Nachbarschaft Krötenzäune betreut werden, kann sich einfach an die jeweilige Naturschutzgruppe wenden. Ist dies nicht bekannt, lohnt es sich, auf den lokalen NABU-Websites nachzuschauen. Fast tausend Schutzzäune samt Kontaktadressen sind zudem in der Schutzzaundatenbank des NABU-Bundesfachausschusses Feldherpetologie versammelt.
Rückblick 2020
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