Wälder sind nicht nur Rohstoffquelle, sondern auch wertvolle Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel. - Foto: NABU/Udo Dreesmann
Ökologische Waldwende gefordert
Finanzhilfen nicht nur für schnelle Aufforstung nutzen
27. September 2019 - Am nationalen Waldgipfel am 25. September 2019 nahmen 170 Verbände mit über 200 Vertretern teil – für den NABU waren unsere Waldexperten Simon Heitzler (NABU-Bundesverband) und Carsten Böhm (NABU Niedersachsen) vertreten. Zunächst wurde darüber diskutiert, wie mit den aktuellen Waldschäden umgegangen werden solle und wie eine mögliche Wiederaufforstung der geschädigten Flächen aussehen könne. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sicherte zu diesem Zweck Bundesmittel in Höhe von 547 Mio. Euro zu.
Die Forderungen des NABU und der anderen Umweltverbände hin zu einer ökologischen Waldwende wurden nur bedingt gehört. Sehr viel lauter wurde darüber diskutiert, wie die Gelder möglichst schnell auf die Schadflächen kommen könnten.
Der NABU fordert deshalb, dass Finanzhilfen nicht nur in die schnelle Aufforstung geschädigter Flächen und den Umbau naturferner Forste fließen. Der Erhalt der noch intakten und naturnahen Waldökosystem ist nun mindestens genauso wichtig. Deshalb müssen bei der Verteilung der Gelder auch diejenigen Waldbesitzer berücksichtigt werden, die ihre Wälder in der Vergangenheit schonend und naturnah bewirtschaftet haben. Für sie darf es zu keiner Benachteiligung kommen.
24. September 2019 - Nicht nur die Klimakrise muss bekämpft werden, sondern auch der Schutz der Wälder muss von der Politik endlich ins Zentrum der Anstrengungen gestellt werden. So müssen konsequentere und wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen und gleichzeitig alles getan werden, um den Wald mit seinen überlebenswichtigen Funktionen – als Lebensraum, Trinkwasserproduzenten und Kohlenstoffspeicher – zu erhalten.
Nur mit effektivem Klimaschutz und einer schonenden, ökologisch verträglichen Waldwirtschaft haben die Wälder in Deutschland eine Chance, den bereits jetzt häufiger auftretenden Klimaextremen zu trotzen. Davon ist der NABU überzeugt und fordert zum morgigen Waldgipfel gemeinsam mit den Verbänden BUND, DNR, Forum Umwelt und Entwicklung, Greenpeace, Robin Wood und WWF Deutschland auf eine ökologische Wende in der deutschen Waldpolitik.
Zusätzlich zur Klimakrise ist auch die aktuelle Waldkrise die Folge einer Politik, die den Wald über Jahrzehnte vor allem als Holzacker behandelt hat. Der Wald ist jedoch nicht nur Rohstoffquelle, sondern vor allem ein wertvolles Ökosystem, Lebensraum für viele Tiere, Pflanzen und Pilze sowie ein natürlicher Verbündeter im Kampf gegen die Erderhitzung.
Natürliche Entwicklung zulassen
Die Wälder sind von Trockenheit und Hitze bereits so geschwächt, dass selbst einige Laubwälder absterben. Daher müssen wir jetzt dringend ökologische Mindeststandards für eine schonendere Waldwirtschaft im Bundeswaldgesetz festschreiben. Dazu gehören beispielsweise der Verzicht auf eine intensive Holznutzung, der Waldbodenschutz, ausreichend Biotopbäume und starkes Totholz sowie der Verzicht auf Pestizide. Zudem gilt es, auf zehn Prozent der Fläche den Wald wieder seiner natürlichen Entwicklung zu überlassen, frei von forstlichen Eingriffen.
Laubwälder sind reich an Biodiversität, erhöhen den Grundwasserspiegel, sorgen für ein kühleres Waldklima und beugen so auch Bränden vor. Der dringend notwendige Umbau weg von naturfernen, anfälligen Nadelforsten hin zu naturnahen Laubmischwäldern gehe jedoch viel zu langsam voran. Hier muss massiv nachgelegt werden, dabei dürfen aus Naturschutzgründen nur heimische Baumarten gepflanzt werden.
Weniger Rehe, mehr Totholz
Enormen Handlungsbedarf sehen die Organisationen im Bereich der Jagd: Die Bundesregierung muss endlich die lange überfällige Reform des Jagdrechts in Angriff nehmen, indem das Prinzip eines waldfreundlichen Wildtiermanagements festgeschrieben wird. Andernfalls würden junge Laubbäume sofort wieder von Rehen abgefressen. In geschädigten Fichtenforsten dürfe nur das zur Bekämpfung des Borkenkäfers unbedingt notwendige Holz entnommen werden. Wo immer möglich, solle das entstehende Totholz erhalten bleiben, da es Kohlenstoff bindet, Nährstoffe bereithält und die Auswirkung von Klimaextremen abmildern kann.
Öffentliches Geld nur für Stärkung der Wälder
Ministerin Klöckner muss nun ihre Hausaufgaben beim Klimaschutz im Agrarsektor machen und sämtliche geplanten Investitionen auf ihren Beitrag zum Gemeinwohl und zum Schutz der Wälder prüfen. Private und kommunale Waldbesitzer*innen brauchen Unterstützung. Öffentliches Geld darf aber nur fließen, wenn es der Stärkung des Waldökosystems dient, wie einer naturverträglichen Waldwirtschaft, dem Waldumbau, der ökologischen Wiederbewaldung und der dauerhaften Ausweisung von Naturwäldern.
Eine Subventionierung der Forstwirtschaft, die den Status quo erhält und auf eine Maximierung des Holzertrags hinwirkt, darf es nicht geben. Kritisch wird auch das angekündigte Aufforstungsprogramm gesehen: Für den flächigen Anbau von Fichten, Kiefern oder schnellwachsenden Forstgehölzen anderer Kontinente wie Douglasie, Küstentanne, Japanische Lärche oder Roteiche darf kein Steuergeld fließen, ebensowenig für den Zaunbau oder anderer Schutzmaßnahmen gegen Wildverbiss. Das Fördergeld sollte primär für Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes wie den Verschluss von Entwässerungsgräben, die Wiedervernässung von Waldmooren, die Unterstützung der Naturverjüngung auf Schadflächen und der Totholzmehrung verwendet werden.
Langfristige Nutzung bevorzugen
Außerdem muss die energetische Nutzung von Holz beschränkt werden. Stattdessen sollte die langfristige stoffliche Nutzung von Laubholz im Vordergrund stehen. Derzeit wird ein Großteil des Laubholzes verbrannt und landet in Einwegartikeln aus Papierverbundstoffen, was im Hinblick auf den Klimaschutz vollkommen kontraproduktiv ist, da der gebundene Kohlenstoff sofort wieder in die Atmosphäre freigesetzt wird.
NABU-Forderungen im Zwölf-Punkte-Papier
Bereits im Vorfeld des Waldgipfels hat der NABU ein Zwölf-Punkte-Papier verfasst und seine Forderungen zusammengefasst. Das Papier kann hier heruntergeladen werden:
Wälder liefern nicht nur den wertvollen Rohstoff Holz, sondern sind auch Lebensraum für unzählige Tier-, Pilz- und Pflanzenarten. Der NABU engagiert sich deshalb aktiv für den Schutz und Erhalt dieser lebendigen Vielfalt. Mehr →
Wie können wir unsere Wälder besser gegen Klimawandel, Dürre und Wetterextreme wappnen? Vor allem müssen wir den Schwerpunkt unbedingt auf naturnahe Mischwälder legen. Welche Maßnahmen noch nötig sind, fasst der NABU in einem Zwölf-Punkte-Papier zusammen. Mehr →