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Zwischenergebnis der „Stunde der Wintervögel“
10. Januar 2017 - Die siebte bundesweite „Stunde der Wintervögel“ steuert auf einen neuen Teilnahmerekord zu: Bis zum heutigen Dienstag sind bereits Meldungen von deutschlandweit mehr als 89.000 Vogelfreundinnen und Vogelfreunden aus über 58.000 Gärten beim NABU und seinem bayerischen Partner LBV eingegangen. Noch bis zum 16. Januar können Zählergebnisse nachgemeldet werden, und auch die Eingabe der postalisch eingegangenen Meldungen steht noch aus. Daher erwartet der NABU, den Vorjahresrekord von 93.000 Meldern deutlich zu übertreffen.
Weniger erfreulich sind die Zählergebnisse. Wie schon im Vorfeld befürchtet, fehlt ein Teil der sonst in den Gärten zu beobachtenden Wintervögel: Statt der knapp 42 Vogelindividuen pro Garten im langjährigen Mittel wurden in diesem Jahr nur 34 Vögel pro Garten gemeldet – ein Rückgang von 20 Prozent. „Noch vor einem Jahr entsprachen die Zahlen den üblichen Werten. Damit bestätigen sich durch die systematische Bestandserfassung im Rahmen der Aktion die zahlreichen Meldungen von besorgten Bürgern, die in den vergangenen Monaten von gähnender Leere an den Futterhäuschen berichteten“, sagt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Milde Winter führen zu weniger Reiselust bei Vögeln
Ein genauer Blick auf die vorläufigen Ergebnisse macht den Experten des NABU Mut: „Die extrem niedrigen Beobachtungsraten beschränken sich auf solche Vogelarten, deren Winterbestände hierzulande sehr stark von Zuzug von Artgenossen aus dem kälteren Norden und Osten abhängen“, sagt NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann. Besonders deutlich wird dies bei allen sechs heimischen Meisenarten: Die häufigen Kohl- und Blaumeisen sind in diesem Winter um ein Drittel weniger, die selteneren Tannen-, Hauben-, Sumpf- und Weidenmeisen jeweils nur etwa halb so oft gesehen worden wie im Vorjahr. Auch die Hälfte der Kleiber und Schwanzmeisen fehlt. Die Winterbestände der Finkenarten Kernbeißer (minus 61 Prozent zum Vorjahr) und Erlenzeisig (minus 74 Prozent) sind dagegen lediglich nach ihren Höhenflügen im vergangenen Winter auf Normalmaß geschrumpft. „Im Gegensatz dazu sind die Winterzahlen von Arten, deren Bestände immer nur teilweise von uns nach Süden abwandern, in diesem Jahr besonders hoch, sie sind also vermehrt bei uns geblieben“, stellt Lachmann fest. Zu diesen Arten gehört vor allem der Star (plus 86 Prozent zum Vorjahr), außerdem Amsel (plus 20 Prozent), Ringeltaube (plus 16 Prozent), Heckenbraunelle und Singdrossel (je plus 33 Prozent). Diese Arten sind jedoch generell im Winter in kleineren Zahlen bei uns vertreten, so dass sie das Fehlen der häufigen Wintervögel nicht ausgleichen können.
„Auch der Vergleich mit Daten der Vogelzugbeobachtungen im vergangenen Herbst zeigt, dass eine besonders geringe Wanderneigung vieler Vögel die auffallend niedrigen Vogelzahlen dieses Winters plausibel erklären“, so Lachmann. Dazu passt auch die Feststellung, dass die Rückgänge bei Meisen und Co. im Norden und Osten Deutschlands am geringsten ausfallen, Richtung Südwesten aber immer größer werden. Vermutlich aufgrund des bis zum Beginn des Zählwochenendes extrem milden Winters haben manche Wintervögel in diesem Jahr wohl auf halber Zugstrecke Halt gemacht.
Schlechter Bruterfolg noch nicht bestätigt
Nicht ausgeschlossen werden kann jedoch, dass auch ein schlechter Bruterfolg bei Meisen und anderen Waldvögeln im vergangenen Frühjahr zur niedrigen Zahl an Wintervögeln in den Gärten beigetragen hat. Dies kann wiederum anhand der Ergebnisse der nächsten großen Vogelzählung überprüft werden, wenn im Mai wieder tausende Vogelfreunde im Rahmen der „Stunde der Gartenvögel“ die Brutzeitbestände der heimischen Gartenvögel erfassen.
Für die Ornithologen des NABU hielt die diesjährige Stunde der Wintervögel noch weitere spannende Informationen bereit: Der sich im Herbst ankündigende größere Einflug von Seidenschwänzen aus dem Norden hat wohl doch nicht stattgefunden. Mit im Schnitt nur zwei Vögeln auf 100 Gärten war die Art nur unwesentlich häufiger als in normalen Jahren. Vielleicht haben auch diese Vögel ihren Herbstzug wegen milder Wintertemperaturen schon weiter im Norden abgebrochen.
Unterschiedliche Auswirkungen von Usutu-Virus und Trichomoniasis
Die zahlreichen durch das Usutu-Virus unter Amseln im Herbst 2016 in Teilen Deutschlands hervorgerufenen Todesfälle haben erfreulicherweise keine Auswirkung auf den Gesamtbestand der Art gehabt. Allerdings kann man bereits bei einem ersten Blick auf die Meldekarten deutlich erkennen, dass die gemeldeten Zahlen in den Virus-Ausbruchsgebieten kleiner sind als anderswo.
Besorgniserregend ist dagegen der ungebremst anhaltende Rückgang des Grünfinken. Nach einem weiteren Rückgang von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist er 2017 erstmals nicht mehr der sechsthäufigste Wintervogel in Deutschlands Gärten, sondern nur noch auf Rang acht. Mit im Schnitt nur noch 1,24 Grünfinken pro Garten wurde nur noch ein gutes Drittel der Grünfinken des Jahres 2011, dem Beginn der Aktion gemeldet. Verantwortlich ist vermutlich das durch einen einzelligen Parasiten hervorgerufene sogenannte Grünfinkensterben (Trichomoniasis), das seit 2009 vor allem an sommerlichen Vogelfutterstellen auftritt. Leider spiegelt sich dieser Trend inzwischen auch bei der heimischen Brutpopulation.
Tagesaktuelle Auswertung
Auf der interaktiven Karte können Sie zu allen Arten und Orten die Werte ablesen und erfahren, welche Vögel häufiger beobachtet wurden und welche seltener zu sehen waren. Im Tabellenreiter neben der Karte finden Sie zusätzlich alle Details zu den Vogeldaten. Mehr →
108.406 „and still counting“. Erstmals haben an einer Stunde der Wintervögel mehr als 100.000 Vogelfreundinnen und Vogelfreunde teilgenommen. Weniger erfreulich sind die Zählergebnisse. Einige Arten machten sich ausgesprochen rar, vor allem Meisen und Grünfinken schwächeln. Mehr →
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