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Jetzt NABU-Mitglied werden!Bewährte Umweltstandards nicht über Bord werfen
Lettland übernimmt die EU-Ratpräsidentschaft für das erste Halbjahr 2015
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15. Januar 2015 - Am 1. Januar 2015 hat Lettland, das wie die anderen baltischen Staaten 2004 der Europäischen Union beigetreten ist, die Ratspräsidentschaft übernommen. Im Rahmen der Dreier-Periode („triple presidency“), die mit Italien begann, folgt in der 2. Jahreshälfte Luxemburg. Nachdem die italienische Ratspräsidentschaft vor allem durch die Neuaufstellung des Europäischen Parlamentes (EP) und die Berufung der neuen EU-Kommission für die Legislaturperiode 2014 bis 2019 geprägt war, rückt während der lettischen Ratspräsidentschaft wieder mehr die inhaltliche Arbeit in den Mittelpunkt. Seit dem 1. Dezember 2014 ist auch ein neuer ständiger EU-Ratspräsident im Amt, Donald Tusk aus Polen, der die Nachfolge von Herman Van Rompuy angetreten hat.
Aus umweltpolitischer Sicht ist vor allem die kritische Begleitung der Arbeit der neuen EU-Kommission bedeutsam, da der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im September 2014 sowohl eine geänderte Struktur der Kommission als auch neue Schwerpunktsetzungen im Bereich „Deregulierung“ angekündigt hatte. Diese stießen seither auf massive Kritik nicht nur der Umweltverbände, sondern auch weiterer gesellschaftlicher Gruppen, des EP und der Umweltminister der Mitgliedstaaten.
In diesem Zusammenhang wurde insbesondere das am 16. Dezember im EP-Plenum in Straßburg vorgestellte Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2015 massiv kritisiert. Bereits am 17. Dezember forderten die Umweltminister die Kommission auf, die Arbeit an den Gesetzespaketen zur Verbesserung der Luftqualität (Air Quality Package) und zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy Package) fortzusetzen und diese nicht, wie von Juncker und seinem obersten Vize-Präsidenten Frans Timmermans vorgeschlagen, einzustellen. Unter lettischer Präsidentschaft wird sich der Ministerrat, ebenso wie das EP, hiermit weiter intensiv befassen müssen und dafür Sorge tragen, dass die EU-Kommission nicht zugunsten vermeintlicher kurzsichtiger Wirtschaftsinteressen bewährte Umweltstandards der EU „über Bord wirft“.
In diesem Zusammenhang ist auch der geplante „Fitness Check“ der EU-Naturschutzrichtlinien (Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie) zu sehen. Die EU-Kommission plant hierzu im Frühjahr 2015 eine öffentliche Konsultation, zudem wird das Thema auf der diesjährigen „Green Week“ im Juni diskutiert. Auch hier muss die Ratspräsidentschaft mit dazu beitragen, dass der „Fitness Check“ zu einer Verbesserung der Umsetzung der Naturschutzrichtlinien in den Mitgliedstaaten führt, und ein Abbau von Umweltstandards verhindert wird. Die von den Staats- und Regierungschefs im März 2010 beschlossenen Ziele zum Stopp des weiteren Verlustes von biologischer Vielfalt und zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme bis zum Jahr 2020 sind noch lange nicht erreicht. Die beiden Richtlinien als wichtigste gesetzliche Grundlagen des Natur- und Artenschutzes in der EU dürfen daher nicht abgeschwächt werden!
In Anknüpfung an die italienische Präsidentschaft und die Beschlüsse des EU-Gipfels vom Oktober 2014 zum „Klima- und Energiepaket 2030“ werden auch die Beratungen zur Vorbereitung des Klimagipfels Ende des Jahres in Paris fortgesetzt. Eine der Fragestellungen wird dabei der Beitrag der Landwirtschaft zum Erreichen der Klima- und Effizienzziele sein. Zudem strebt Lettland beim Agrarministerrat im Mai eine Einigung zu den bislang umstrittenen Vorschlägen zur Verbesserung des ökologischen Landbaus an, die von Lettland und anderen osteuropäischen Mitgliedstaaten als zu restriktiv angesehen werden. Für Mitte April ist ein gemeinsamer informeller Rat der Umwelt- und Energieminister zum Thema Biodiversität in Zusammenhang mit erneuerbaren Energien und Versorgungssicherheit geplant. Im Vorfeld des Treffens der Naturschutz-Direktoren (Abteilungsleiter der Ministerien) der Mitgliedstaaten am 28. Mai in Riga ist am 26./27. Mai eine Konferenz zur „Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020“ geplant.
Die Anforderungen von BirdLife Europe und unseres lettischen BirdLife-Partners LOB sind zu finden unter www.birdlife.org.
von Claus Mayr, NABU-Direktor Europapolitik