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Jetzt spenden!EU-Subventionen sind schlecht für die Artenvielfalt
Intensive Landwirtschaft in Bulgarien nimmt zu
Seit dem Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union im Jahr 2007 erhalten Landwirte Subventionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Produktivität der Landwirtschaft stieg: höhere Ernteerträge und mehr Exporte. Die Kehrseite: Der Einsatz von Pestiziden hat sich in Bulgarien nach Angaben der EU-Umweltbehörde zwischen 2011 und 2016 mehr als verdoppelt. Bei Düngemitteln ist der Anstieg ähnlich heftig. Pro Hektar Ackerland haben Landwirte 2016 doppelt so viel Stickstoff auf ihre Felder gebracht wie 2007, der Einsatz von Phosphat hat sich fast verzehnfacht. Das zeigt eine Studie von Magdalene Trapp und Sebastian Lakner von der Universität Göttingen, die im Auftrag des NABU die Auswirkungen der GAP auf Landwirtschaft und Umwelt in Bulgarien untersucht, sowie eine anschließende Masterarbeit von Trapp.
Flächenprämien sind die Gefahr
Der Hauptteil der Subventionen, nämlich drei Viertel des 60 Milliarden Euro schweren EU-Agrarbudgets, fließt als sogenannte Flächenprämien an die Landwirte. Diese Zuschüsse werden pro Hektar und Jahr bewirtschafteter Fläche ausgezahlt. Bis 2010 waren das für bulgarische Bauern 93 Euro, ab 2013 sogar 158 Euro. Von den 295 Millionen, die 2016 insgesamt ausgezahlt wurden, ging fast die Hälfte an sehr wenige Großbetriebe. Von diesen Flächenprämien geht nach Meinung von Magdalene Trapp eine große Gefahr für die Artenvielfalt aus, weil sie einen Anreiz bieten, brachliegende oder bislang ungenutzte landwirtschaftliche Flächen, Lebensraum für Insekten und Vögel, in Äcker umzuwandeln.
„Um in den Genuss dieser Einkommenszuschüsse zu kommen, muss das Land offiziell als Ackerland deklariert worden sein. Es gibt aber offenbar Landwirte, die nur etwas anbauen, um die Subventionen zu bekommen, sie haben nie etwas geerntet“, berichtet Trapp.
Naturbelassene Flächen wurden in Ackerland umgewandelt
Vladimir Dobrev, Biologe und Mitarbeiter der Bulgarischen Vogelschutzorganisation Bulgarian Society for the Protection of Birds (BSPB), hat gemeinsam mit Kollegen die Folgen für die Vogelpopulationen seit dem Beitritt Bulgariens zur EU systematisch untersucht. Dafür haben sie das Naturschutzgebiet Besaparski Ridove in der Thrakischen Ebene im Süden Bulgariens unter die Lupe genommen. Der Vergleich ihrer Erhebungen in den Jahren 2006 und 2010 zeigte: Ackerland und Flächen für Obst- und Weinanbau haben in diesem Zeitraum zugelegt, während Weiden und Wiesen schrumpften. Gerade naturbelassene Flächen wurde in Ackerland umgewandelt. Parallel dazu habe die Zahl der Brutpaare unter den Vögeln abgenommen, so Dobrev, und auch ihr Bruterfolg sei 2010 geringer gewesen.
Vogelpopulationen werden weniger
„Wir verfolgen die Entwicklung der Vogelpopulationen in Bulgarien seit mehr als 15 Jahren“, erzählt er. „Zwischen 2005 und 2013 haben wir einen moderaten oder starken Rückgang bei 30 Prozent der Vogelarten beobachtet.“ Der Zusammenhang mit den EU-Agrarsubventionen liegt für ihn auf der Hand.
Ein knappes Drittel der von Dobrev kritisierten Direktzahlungen an Landwirte knüpft die EU seit 2013 an Bedingungen. Das Ziel: Die Landwirtschaft soll umweltfreundlicher werden. So müssen beispielsweise je nach Größe der bewirtschafteten Fläche mindestens zwei oder drei Feldfrüchte angebaut werden, um Monokulturen zu verhindern. Andere der unter dem Stichwort „Greening“ bekannten Maßnahmen, wie etwa Äcker brachliegen zu lassen oder Hülsenfrüchte anzubauen, trügen nur wenig zum Schutz der Artenvielfalt bei. Die wirksameren Optionen, wie das Anlegen von Hecken oder Blühstreifen, würden Landwirte dagegen kaum praktizieren.
Neben den Flächenprämien für Landwirte gibt es im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik auch ein Budget für die Entwicklung des ländlichen Raums. Ein kleiner Teil davon ist für Naturschutzmaßnahmen vorgesehen. Diese Mittel kommen offenbar zielgenauer der Natur zugute. Jedenfalls konnte die Vogelschutzorganisation BSPB gemeinsam mit dem Bulgarischen Landwirtschaftsministerium 2012 ein Programm zum Schutz gefährdeter Vogelarten auflegen. Seither erhalten Bauern, auf deren Feldern der Östliche Kaiseradler, der Schmutzgeier oder die Rothalsgans brütet, 324 Euro je Hektar als Kompensation – wenn sie das Land nicht mehr bestellen, sondern es als Weide oder Wiese nutzen.
Für Konstantin Kreiser, EU-Naturschutzexperte des NABU, sollten in Zukunft am besten sämtliche Zahlungen der EU an Leistungen geknüpft werden, mit denen Landwirte zum Schutz der Umwelt beitragen. Im Zuge der aktuellen Verhandlung um eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik haben Politiker einen ersten Schritt in diese Richtung unternommen. So hat der Umweltausschuss am 15. Februar 2019 der EU-Kommission empfohlen, ab 2021 einen deutlich größeren Anteil des 60 Milliarden Euro schweren Agrarbudgets in den Artenschutz zu investieren, der konservative Agrarausschuss lehnte dies am 2. April jedoch ab. Nun bleibt abzuwarten, wie die GAP-Verhandlungen nach der Europawahl weitergehen.
Kristina Vaillant
Der EU-Agrarhaushalt ist gigantisch. 2017 waren es 58,9 Milliarden Euro Agrarsubventionen, die an die EU-Mitgliedstaaten verteilt wurden. Doch welche Länder bekommen am meisten, welches Bundesland erhält wieviel? Und wofür wird das Geld ausgegeben? Mehr →