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FAQ des NABU
Agrarpolitische Themen werden aktuell zunehmend heiß diskutiert. Neue gesetzliche Regelungen und Verordnungen wie die Düngeverordnung, das Insektenschutzgesetz, Änderungen in der Pflanzenschutzanwendungsverordnung und vor allem die Reform der EU-Agrarpolitik sorgen für Diskussionen unter Naturschützer*innen, Landwirt*innen und der Zivilgesellschaft. Nicht zuletzt auch die vielen Proteste und Demonstrationen zeigen, wie emotional die Debatte werden kann.
Doch die Themen sind vielschichtig und komplex – besonders Fachrecht und Förderpolitik. Dies führt unweigerlich dazu, dass in der Diskussion immer wieder Vereinfachungen, Überspitzungen und Unwahrheiten auftauchen. Als Einstieg und Hilfestellung in die verschiedenen landwirtschaftlichen Thematiken stellt der NABU hier einen Faktencheck vor.
Faktencheck zur neuen Düngeverordnung
Behauptung: 20 Prozent weniger Düngung führt zu 20 Prozent weniger Ertrag.
Die aktuelle Berechnung des Düngebedarfs ist bei vielen Kulturen, zum Beispiel bei Mais, viel zu hoch. Bei Mais wurden die Stickstoffgehalte im Erntegut zu hoch angesetzt und somit ein zu hoher Düngebedarf geschätzt (Taube 2018). Hinzukommt, dass der Düngebedarf vieler Kulturen, zum Beispiel für Mais, in der Novellierung der Düngeverordnung von 2017 um 20 bis 40 Kilogramm angestiegen ist. Prof. Taube geht davon aus, dass ein Abschlag von 20 Prozent bei Mais, Kartoffeln und Brotweizen zu keinen Ertragseinbußen führt. Der Stickstoffüberschuss liegt in Deutschland im Durchschnitt immer noch bei 77kg/ha. Dies bedeutet, dass deutlich mehr Stickstoff auf die Flächen aufgebracht wird, als die Pflanzen benötigen.
Für den Aufbau von Bodenhumus ist vor allem eine weite Fruchtfolge und der Verbleib organischer Substanz, wie Stroh oder absterbende Zwischenfrüchte, auf den Flächen wichtig und trägt stärker zum Aufbau des Humus bei als die Düngung mit Gülle.
Hierzu auch sehr informativ: Der taz-Faktencheck zur Düngung.
Behauptung: Das Messstellennetzwerk in Deutschland ist nicht ausreichend. Hierdurch werden Nitratwerte verfälscht und die Landwirtschaft unberechtigt verantwortlich gemacht. Dabei werden Klärwerke und beschädigte Kanalisationssysteme als Emissionsquelle ausgeschlossen.
Es gibt drei Messnetze für Nitrat im Grundwasser jeweils mit unterschiedlichen Zielen:
- Netz 1 bezieht sich auf die EG-Wasserrahmenrichtlinie. Bei der Wasserrahmenrichtlinie werden die einzelnen Grundwasserkörper von den Bundesländern hinsichtlich ihrer Verunreinigung oder Belastung mit Schadstoffen bewertet. Diese Ländermessnetze weißen eine hohe Dichte an Messstellen auf.
- Netz 2 dient zur Berichterstattung an die EU-Umweltagentur in Kopenhagen (EUA-Messnetz). Das im Jahr 2015 überarbeitete Messnetz der Bundesländer umfasst nun etwa 1200 Messstellen. Hier geht es darum für ganz Deutschland flächen- und nutzungsrepräsentative Daten zur Nitratbelastung im Grundwasser zu erhalten.
- Netz 3 dient zur Berichterstattung an die EU-Kommission bezüglich der Effektivität der Maßnahmen unter der EG-Nitratrichtlinie (EU-Nitratmessnetz). Dieses ist ein flächenrepräsentatives Teilmessnetz für die landwirtschaftlichen Einflüsse auf das Grundwasser mit ca. 700 Messstellen.
Vorfeldmessstellen der Wasserversorger (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches und Verband kommunaler Unternehmen) mit 2187 Messstellen kommen zu dem Ergebnis, dass 21,6 Prozent der Messstellen den Grenzwert überschreiten.
Faktencheck zum Insektenschutzgesetz
Behauptung: Durch das Insektenschutzgesetz sollen Pestizide reguliert werden.
Nein, das Insektenschutzgesetz betrifft allein Aspekte im Zuständigkeitsbereich des Bundesumweltministeriums (Lichtverschmutzung, Erweiterung der Liste geschützter Biotope, insektenfreundlichere Landschaftsplanung, Biozide) - wozu Pestizide explizit nicht gehören.
Diese unterliegen der Regulierung durch das Landwirtschaftsministerium, das Ende Januar 2021 dann doch noch einige Teile der Pestizid-bezogenen Themen des „Aktionsprogramm Insektenschutz“ in einer Neufassung der Pflanzenschutzanwendungsverordnung (PflSchAnwV) vorlegte. Dies war kurz vor knapp, denn am 10.02. musste das Paket aus Insektenschutzgesetz des Bundesumweltministeriums und der Pflanzenschutzanwendungsverordnung des Landwirtschaftsministeriums ins Kabinett, damit der Gesetzentwurf noch bis zum Ende der Wahlperiode im Sommer den parlamentarischen Weg gehen kann. Die Verordnung hingegen muss nicht vom Parlament beschlossen werden.
Das Insektenschutzgesetz und die Änderungen in der PflSchAnwV waren beide im Aktionsprogramm Insektenschutz (API) vorgesehen, jedoch gab es in diesem Programm weitere Punkte, die noch auf Umsetzung warten (z.B. Regulierung von Pestiziden in der Normallandschaft, Förderung der Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft).
Behauptung: Die Änderung in der Pflanzenschutzanwendungsverordnung wird erhebliche Einschnitte in der Landwirtschaft verursachen.
Nein, die PflSchAnwV wird nur Änderungen zu Pflanzenschutzmitteleinsätzen in Schutzgebieten und an Gewässern führen, hierbei gibt es aber viele Ausnahmen, die den Einsatz von Pestiziden trotzdem erlauben werden.
Die PflSchAnwV soll Teile der im Bundeskabinett (also durch die gesamte Bundesregierung!) erfolgten Beschlüsse zu Pestizidbeschränkungen umsetzen. Es geht dabei nicht um die allgemeine Reduzierung des Pestizideinsatzes – eine entsprechende Reduktionsstrategie wurde bis heute nicht vorgelegt -, sondern allein um die Beschränkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten sowie um die Schaffung verbindlicher pestizidfreier Randstreifen zum Schutz der Gewässer.
Einschränkung von Pestiziden in Schutzgebieten
Konkret enthalten ist neben einem Glyphosatverbot ab dem Jahr 2024 ein Verbot von Herbiziden („Unkrautbekämpfungsmitteln“) und bienengefährlichen/bestäubergefährlichen Insektiziden in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen (ausgenommen Trockenmauern im Weinbau). Das Verbot gilt auch in FFH-Gebieten oder deren Teilen, die nicht unter die obigen formalen Schutzgebietskategorien fallen, jedoch dort nicht für Flächen mit Frischgemüsekulturen und Saatgutvermehrung, Ausnahmen vom Verbot sind möglich zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere vor invasiven Arten.
In der Diskussion gegenübergestellt wird oft die Regelung des sogenannten „Niedersächsischen Weges“, der neben einem Verbot von Totalherbiziden (also unspezifisch wirkenden Unkrautvernichtungsmitteln) in Naturschutzgebieten auch ein Pestizidverbot auf Grünlandflächen in FFH- und Vogelschutzgebieten beinhaltet. Er sieht gleichzeitig aber Ausnahmen für biologische Mittel und bei besonderem Schädlingsbefall vor, sofern diese dem Schutzzweck nicht entgegenstehen. Verwehrt die Naturschutzbehörde mit Verweis auf den Schutzweck den beantragten Einsatz, sind Entschädigungszahlen vorgesehen.
Pestizidfreie Gewässerrandstreifen
Ergänzend sieht der Verordnungsentwurf die verbindliche Einführung von pestizidfreien Gewässerrandstreifen vor. Diese sollen eine Breite von zehn Meter haben, jedoch auf fünf Meter reduziert werden können, wenn sie dauerhaft begrünt sind (ein Umbruch alle zehn Jahre ist gleichwohl weiter zulässig). Die Regelung soll jedoch nur für Gewässer mit einem Einzugsgebiet größer 10 km² gelten, zudem sind ebenso wie beim teilweisen Pestizidverbot in Schutzgebieten Ausnahmen zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere vor invasiven Arten vorgesehen.
Behauptung: Die Landwirtschaft ist für weniger als 30 Prozent des Insektenschwunds verantwortlich.
Diese Aussage ist falsch oder zumindest irreführend. Agrarministerin Julia Klöckner soll eine solche Zahl behauptet haben, aber es gibt keine wissenschaftliche Quelle für diese Daten. Laut Sanchez et al. (2018) - einer Metastudie zum weltweiten Insektenschwund - ist die Landwirtschaft allein durch den Verlust von Lebensräumen für 23,9 Prozent des globalen Insektensterbens verantwortlich. Dazu müssen aber auch noch die Anteile gezählt werden, die die Landwirtschaft durch den Einsatz von Düngemitteln (10,1 Prozent) und Pestiziden (12,6 Prozent) hat. Insgesamt sind dies 46,6 Prozent - weltweit betrachtet. Auch wenn wir den genauen Anteil der Landwirtschaft am Insektensterben in Deutschland nicht kennen, sind es definitiv nicht unter 30 Prozent. Die Zahlen aus dieser Studie hat auch der Insektenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung aufgegriffen. In vielzähligen anderen Studien zum Insektenschwund werden keine Prozentsätze angegeben, sondern meist nur von der intensiven Landwirtschaft als einem der wichtigsten Treiber geredet.
Behauptung: Eine neue Studie aus dem Jahr 2020 im Magazin „Nature Ecology & Evolution“ bezweifelt, dass es überhaupt ein Insektensterben gibt.
Die Metastudie von Crossley et al. (2020) bezieht sich auf Ergebnisse aus den USA. Diese berichtet über eine sinkende Zahl von einigen Insekten, aber über eine steigende Anzahl von Insekten wie Blattläusen und Mücken, also eher Schädlingen. Außerdem wurden Spinnentiere und Krebstiere ebenfalls als Insekten gezählt. Die Ergebnisse sind bei Wissenschaftlern auf deutliche Gegenreaktionen gestoßen und die Validität der Ergebnisse werden noch überprüft (siehe auch Welti et al. 2020, Wagner et al. 2021).
Viele andere Studien, sowohl auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene zeigen einen deutlichen Rückgang sowohl der Artenzahl von Insekten als auch der Biomasse.
Faktencheck zu Forderungen des NABU
Behauptung: Der NABU will 100.000 km² aus der landwirtschaftlichen Nutzung nehmen.
Das ist eine grobe Falschdarstellung. Wir wollen lediglich zehn Prozent der Agrarfläche (16.800 km²) als nicht-produktive Refugien für die Artenvielfalt reservieren, was nach vielen Studien die Produktivität der Landwirtschaft sogar steigern (aber auf keinen Fall um zehn Prozent senken) würde (wegen Bestäubungsleistungen, Wasser- und Bodenschutz etc.). Außerdem sollen diese Flächen weiter förderfähig für Landwirt*innen sein. Dies ist keine alleinige Forderung des NABU, sondern Vorschlag der EU-Kommission von letzter Woche sowie vieler Wissenschaftler*innen.
Die neuen EU-Ziele sind:
- 30 Prozent der Landfläche (gut 100.000 km² in Deutschland) mit rechtsverbindlichen Naturschutzstandards, ein Teil davon ist Natura 2000. Dort wird und kann Landwirtschaft betrieben werden.
- Zehn Prozent der Agrarfläche für Landschaftselemente und andere nichtproduktive Flächen (Brachen, Blühflächen).
- Eine Renaturierungsoffensive für geschädigte Ökosysteme (wir als NABU sagen: 15 Prozent der Landfläche).
Behauptung: Der NABU setzt mit seinen Forderungen die heimische Erzeugung aufs Spiel.
Der Selbstversorgungsgrad liegt in Deutschland bei Getreide über 100 Prozent, bei Fleisch liegt er sogar bei 115 Prozent und auch bei Milchprodukten liegt er über 100 Prozent. (https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/). Deutschland exportiert viele dieser Produkte. Deutschland importiert aufgrund des Konsumverhaltens jedoch vor allem wertvolle Teilstücke. Zurzeit wird in Deutschland die Hälfte des angebauten Getreides verfüttert. (https://www.topagrar.com/markt/news/jede-zweite-tonne-getreide-wird-zu-tierfutter-10151205.html). Bei einer Reduktion des Fleischkonsums auf das gesundheitlich optimale Maß würde die Hälfte dieses Getreides für die menschliche Ernährung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden circa 1/3 der Lebensmittel weggeworfen. Es stehen somit ausreichend Flächen zur Verfügung.
Behauptung: Der NABU will in Deutschland 100 Prozent Biolandwirtschaft erreichen.
Der NABU fordert, wie das gesamte europäische BirdLife-Netzwerk, einen Anteil der ökologischen Landwirtschaft von 30 Prozent bis 2030. Die EU fordert 25 Prozent, das nationale Ziel liegt derzeit bei 20 Prozent.
Biolandwirtschaft hat sicherlich einige Vorteile gegenüber der konventionellen Landwirtschaft was den Schutz der Artenvielfalt angeht, jedoch ist es nicht das Ziel des NABU in Deutschland, 100 Prozent Biolandwirtschaft zu erreichen. Wir wollen im Gegenteil die konventionelle Landwirtschaft so voranbringen, dass auch sie ein Mindestmaß an Naturschutz gewährleisten kann, welches wir erreichen müssen, um die Artenvielfalt in Deutschland zu erhalten.
Faktencheck über den NABU
Behauptung: Der NABU betreibt „Bauern-Bashing“.
Unser Ziel ist eine intakte Natur. Wir brauchen die Artenvielfalt genauso wie die Landwirtschaft. Die derzeitige Agrarpolitik belohnt aber die Falschen und zwingt Betriebe in eine Wirtschaftsweise, die keine Zukunft hat. Wir kämpfen für und mit den Landwirt*innen für eine gerechtere Agrarpolitik, die Landwirt*innen angemessen unterstützt, wenn sie sich auf die Zukunft einstellen wollen. Sie sollen einkommenswirksam bezahlt werden für gesellschaftliche Leistungen wie Naturschutz, und es soll nicht weiter Geld an Verpächter weitergereicht werden. Wir kritisieren die Landwirtschaftspolitik, nicht einzelne Landwirt*innen als Individuen.
Behauptung: Der NABU erhält jedes Jahr mehrere Millionen an Agrarfördergeldern.
Aktuell erhalten 81 NABU-Gruppen und NABU-Organisationen Gelder aus der GAP. Im Jahr 2019 waren das rund 5,2 Millionen Euro. Etwa 11 Prozent der Gelder stammen aus der „Ersten Säule“, die restlichen 89 Prozent aus der „Zweiten Säule“.
81 verschiedene NABU-Gliederungen - Landesverbände, Kreisverbände, Ortsgruppen, Stiftungen, Naturschutzstationen und -zentren - besitzen eigene Flächen und bewirtschaften oder betreuen diese auch. Je nach Art der Bewirtschaftung oder Betreuung der Flächen sind es auch viele unterschiedliche Maßnahmen, mit denen die NABU-Gliederungen in ihrer Arbeit unterstützt werden.
Die Zahlen für 2019 sind kürzlich hier veröffentlicht worden und einsehbar.
Der NABU hält es für legitim und wichtig, dass alle, die Naturschutzmaßnahmen durchführen, dafür von der Gesellschaft mit Steuergeld belohnt werden, das gilt insbesondere für Landwirt*innen und Waldbesitzer*innen, aber auch öffentliche Einrichtungen und Verbände. Landwirt*innen sollen nach Ansicht des NABU einkommenswirksam bezahlt werden für den Naturschutz, nicht nur über Ausgleich von entgangenem Gewinn.
Sollten die Forderungen des NABU umgesetzt werden, würde auch der NABU keine Direktzahlungen mehr erhalten. Wenn es dem NABU um den Bezug dieser Subventionen ginge, würde er nicht deren Abschaffung fordern. Was die Zweite Säule betrifft, würde auch der NABU bei mehr Umschichtung mehr Finanzierung für konkrete Naturschutzprojekte erhalten. Dieses Geld würde er satzungsgemäß und "ohne Profit zu machen" einsetzen. Das wäre aber nur ein sehr kleiner Teil der gesamten Förderung, die zum allergrößten Teil Landwirt*innen nützen würde (einkommenswirksam).
Behauptung: Der NABU unterwandert das Bundesumweltministerium mit seinen Funktionären.
Aus unserer Sicht ist es nur verständlich, dass das Bundesumweltministerium (BMUB) fachlich herausragende Menschen zur Besetzung seiner Stellen auswählt. Bundesumweltministerin Svenja Schulze, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Jochen Flasbarth und Unterabteilungsleiter Naturschutz im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Josef Tumbrinck sind NABU-Mitglieder, das ist richtig. Josef Flasbarth bekleidet seit 17 Jahren kein Amt mehr im NABU und ist dort lediglich Mitglied und zahlt seinen Mitgliedsbeitrag. Josef Tumbrinck hat 2019 bereits vor seiner Anstellung im BMUB sein Amt als Landesvorsitzender des NABU niedergelegt und ist nun ebenfalls lediglich Mitglied.
Der NABU hat keinen Einfluss auf die Einstellungsentscheidungen des BMU.
Behauptung: Der NABU ist massiv in die Kritik geraten, weil er Wildpferde vernachlässigt hat und einige gestorben sind. Der NABU ist nicht in der Lage Beweidungsprojekte durchzuführen.
Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: So etwas darf nicht passieren! Das Beweidungsprojekt im Melddorfer Speicherkoog des NABU Schleswig-Holstein wurde in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Landwirten, dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) und dem Kreis Dithmarschen umgesetzt. Zum letzten Winter war die Zahl der Tiere auf über 70 angestiegen – offensichtlich zu viel für die magere Fläche. Insgesamt sind 15 Koniks verhungert (fünf Stuten und zehn Fohlen) beziehungsweise wurden eingeschläfert. Mittlerweile haben alle Beteiligten gemeinsam und einvernehmlich entschieden, die Konik-Haltung im Meldorfer Speicherkoog komplett zu beenden. Die Rahmenbedingungen haben sich dergestalt verändert, dass die Beweidung mit Koniks nicht mehr als sinnvoll angesehen wird. Die Tiere werden, soweit nicht bereits geschehen, in geeignete Hände abgegeben und verkauft.
Der NABU bedauert den Tod der Koniks im Meldorfer Speicherkoog. Als Eigentümer der Tiere stehen wir in Verantwortung für deren Wohlergehen. Das Schicksal der Pferde geht uns allen nahe – nochmal: es hätte nicht passieren dürfen! Gemeinsam mit den vom NABU beauftragten Landwirten vor Ort hätten wir die Bedrohlichkeit der Lage viel schneller korrekt einschätzen müssen. Mehr dazu unter https://schleswig-holstein.nabu.de/news/2020/27707.html.
Konsequenzen für den NABU: Beweidungsprojekte haben für den Naturschutz und die Landschaftspflege einen hohen Stellenwert. Sie helfen, wertvolle Lebensräume zu schützen. Gefährdete Biotope wie orchideenreiche Magerrasen oder Wacholderheiden sind nur durch extensive Beweidung zu erhalten. Liegt den Beweidungsprojekten ein Wildnisansatz zugrunde, wie in NRW beispielsweise in der Emsaue, so ergeben sich andererseits eine ganze Reihe von tiermedizinischen und tierschützerischen Fragen, die Konfliktpotentiale in sich bergen können.
Der NABU wird bei einigen Projekten auch zukünftig auf die Pflege der Flächen durch Weidetiere angewiesen sein. Deshalb hat der NABU eine ganze Reihe von Handreichungen und Vorschriften für Beweidungsprojekte entwickelt. Dazu gehören die „Leitlinie zum Tiermanagement in Beweidungsprojekten“, die Empfehlungen zur „Sicherstellung von Tierschutzstandards in Ganzjahresweideprojekten und Krisenmanagement bei auftretenden Problemen“ des NABU-Bundesfachausschusses Weidelandschaften und Neue Wildnis sowie das in Zusammenarbeit mit dem NABU von der Tierärztlichen Vereinigung für den Tierschutz erstellte Merkblatt für die tierschutzgemäße Haltung von Rindern und Pferden in Landschaftspflege- und Naturentwicklungs-projekten.
Der NABU zeigt damit, dass er zu seiner Verantwortung steht, dass er aus Fehlern lernt und Konsequenzen zieht. Genau dies wäre im Übrigen auch von der deutschen Landwirtschaft zu erhoffen, die in weiten Teilen ihre Mitverantwortung für Artenschwund oder Grundwasserbelastung immer noch leugnet und viele Lösungsansätze blockiert.
Sonstige Fragen
Behauptung: Biolandwirtschaft ist (im Verhältnis) bei der Produktion schädlicher für den Klimaschutz und für mehr CO2-Ausstoß verantwortlich als die konventionelle Landwirtschaft, weil sie im Schnitt 20 Prozent geringere Erträge erzielt. Somit muss mehr importiert werden, dadurch fällt mehr CO2 an.
Das ist nicht korrekt. Bei einer solchen Bilanz müssen sämtliche Emissionen klimarelevanter Gase mit ihrem jeweiligen CO<sub>2</sub>-Äquivalent betrachtet werden.
So führen hohe Düngemengen der konventionellen Landwirtschaft zu hohen Lachgasemissionen (Lachgas = N2O), die deutlich klimaschädigender sind als C0<sub>2</sub>. Ein Molekül Lachgas ist 310 Mal schädlicher als ein Molekül CO<sub>2</sub>. Lachgas entweicht vor allem aus intensiv genutzten Böden mit hoher Stickstoffdüngung.
Außerdem muss berücksichtigt werden, dass ökologisch bewirtschaftete Flächen einen deutlich höheren Humusgehalt haben und deshalb mehr Kohlenstoff im Oberboden binden und der Atmosphäre somit mehr CO<sub>2</sub> entziehen als konventionelle Äcker.
Die Produktion einer Tonne Stickstoff-Kunstdünger verursacht zwei Tonnen CO<sub>2</sub>. Alles zusammengenommen verursacht der durchschnittliche Lebensmittel-Warenkorb aus ökologischer Landwirtschaft rund 13 Prozent weniger Treibhausgasen (in CO<sub>2</sub>-Äquivalent) als die gleiche Menge konventionell erzeugter Lebensmittel.
Behauptung: Die deutsche Landwirtschaft produziert schon zu höchsten Umweltstandards!
In 27 Prozent der Grundwassermessstellen in Deutschland wird der Grenzwert von Nitrat überschritten, was zu einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof geführt hat.
Deutschland verstößt seit Jahren gegen die sog. NEC-Richtlinie der EU, die die Ammoniak-Emissionen begrenzt. (NEC-Richtlinie = Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe, engl. National Emission Ceilings Directive).
Nur zwei Prozent unserer Gewässer sind in dem Zustand, in dem laut EU-Wasserrahmenrichtlinie längst alle Gewässer sein müssten. Die Roten Listen der vom Aussterben bedrohten Arten werden zunehmend länger.
Behauptung: Wir leben in einer Gunstregion, in der wir so intensiv Landwirtschaft betreiben sollten wie möglich.
Landwirtschaft braucht, damit sie funktioniert, intakte Ökosysteme. Die offiziellen wissenschaftlichen Daten zeigen uns, dass unsere Ökosysteme derzeit nicht intakt sind und wir einen massiven Verlust von Vielfalt in der Agrarlandschaft haben. Vielfältige Landschaften sind deutlich resilienter gegenüber Stressfaktoren wie Dürre, Schädlingsbefall etc. als große eintönige Flächen. Strukturreichtum und hohe Erträge schließen sich nicht aus. Gerade in Zeiten der Klimakrise müssen wir auf unsere Ökosysteme achten, damit wir auch langfristig weiter auf ihnen produzieren können.
Empirische Forschung, die belegen würde, dass eine Extensivierung der Landnutzung in Europa zu einem erhöhten Flächenverbrauch beispielsweise in den Tropen führen würde, gibt es bislang jedenfalls nicht.
Haupttreiber der globalen Zerstörung von naturnahen Lebensräumen sind der wachsende Bedarf an (Agrar-)Rohstoffen und zunehmender Welthandel. Sowohl die regionale als auch die globale Flächennutzung werden heute maßgeblich durch den Bedarf landwirtschaftlicher Rohstoffe als Bioenergie (vor allem Biokraftstoffe) und die steigende Fleischproduktion geprägt
Ganz entscheidend ist die Frage, was wir produzieren. Der Anbau von Futtermitteln oder Bioenergiepflanzen in großem Stil ist keine effiziente Verwendung unserer Flächen und Böden. Wir brauchen sie für Lebensmittel. Natürlich muss der Konsum von tierischem Eiweiß deutlich sinken, damit unsere Flächen ausreichen.
Behauptung: Der NABU lügt beim Rückgang der Population des Feldhasen.
Auch wenn man anhand der Verbreitungskarten des Wildtiermanagementsystems sieht, dass die Bestände des Feldhasen seit einigen Jahren auf einem stabilen Niveau sind, zeigt dies nur den kurzfristigen Trend. Langfristig geht der Trend nach unten. Die Bestandszahlen befinden sich auf einem niedrigen Niveau. Die Populationszahlen sind heute im Durchschnitt 11 Tiere/km², vor 40 Jahren waren es zehnmal so viele. Das Überleben der Junghasen hängt zwar häufig von der Witterung ab, aber bei einem höheren Bestand und einer stabilen Population könnte dies besser ausgeglichen werden. Vor allem die intensive Landwirtschaft mit dem Verlust von Kräutern in der Landschaft als Nahrung führt zum Rückgang des Feldhasen und verhindert das Ansteigen der Population. Bei einer geringen Population kann sich auch die Jagd negativ auswirken, diese ist aber nicht ursächlich für den Rückgang des Feldhasen.
Behauptung: Prädatoren wie beispielsweise Wolf, Fuchs oder Waschbär gefährden die Artenvielfalt. Aber auch Krähen und Raben sind für einen Rückgang der Bodenbrüter verantwortlich. Sie sollten stärker bejagt werden.
Bei einem massenhaften Auftreten von Raubtieren kann man über eine Entnahme nachdenken. Dennoch geht das große Massensterben nicht von Raubtieren aus. Schuld ist die Entziehung der Lebensgrundlagen zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Dabei ist die Landwirtschaft der größte Einflussfaktor auf die Gestaltung von Landschaften und Lebensräumen.
Die Präsenz von Raubtieren weißt vielmehr auf ein vollständigeres Ökosystem hin. Naturschutz ist nie „Komplett“.
Prädatoren finden sich in allen Lebensräumen, es gehen jedoch besonders die Arten der Agrarflächen zurück, was besonders deutlich bei den Agrarvögeln wird.
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Eine NABU-Studie macht die engen Verflechtungen zwischen Agrarpolitik, Agrarwirtschaft und Bauernverband sichtbar. Denn seit Jahren wird in der Landwirtschaft gegen das Gemeinwohl entschieden. Die Macht der Agrarlobby muss endlich stärker beschränkt werden. Mehr →
Wir engagieren uns mit vielen Kampagnen, Projekten und Aktionen dafür, dass aus artenarmen, monotonen Agrarlandschaften wieder artenreiche, lebendige Lebensräume für Menschen, Tiere und Pflanzen werden. Mehr →