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Nationale Nachhaltigkeitsstrategie: Ziele werden weit verfehlt
Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie „Perspektiven für Deutschland“ beinhaltet 21 Nachhaltigkeitsindikatoren, an denen die nachhaltige Entwicklung in Deutschland gemessen wird. Die Indikatoren zu den Leitthemen Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, Sozialer Zusammenhalt und Internationale Verantwortung sind wichtigster Prüfstein der die Fortschritte oder Misserfolge der Nachhaltigkeitsstrategie.
Über die Erfolge bzw. den Stand der Dinge berichtet die Bundesregierung seit 2004 alle vier Jahr in Fortschrittsberichten. Strategie und Indikatoren werden dann an einzelnen Stellen angepasst. Der nächste Fortschrittbericht erscheint voraussichtlich 2016. Zusätzlich evaluiert das Statistische Bundesamt seit 2006 im Auftrag der Bundesregierung alle zwei Jahre in einem Indikatorenbericht die 21 messbaren Zielen und Indikatoren der Strategie.
Im Indikatorenbericht 2014 sieht es bei den Nachhaltigkeitszielen noch gut aus für den Klimaschutz/Erneuerbare Energien, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Innovation. Dagegen ist Deutschland bei den ökologischen Zielen zu Ressourcenschonung, Flächeninanspruchnahme und Landbewirtschaftung wie auch beim Artenschutz weit davon entfernt, die gesetzten Ziele zu erreichen. Im Folgenden sind alle umweltrelevanten Indikatoren aufgeführt. Zu beachten sind auch schwammige Formulierungen wie beispielsweise beim Öko-Landbau, für dessen Zielquote gar kein Jahr angegeben wurde:
Gewitter (schlechteste Bewertung):
- Artenvielfalt (Ziel: Anstieg auf den Indexwert 100 bis 2015)
- Mobilität: Anteil Güterverkehr auf Schiene (Ziel: Steigerung auf 25% bis 2015) und Binnengewässern (Ziel: Steigerung 14% bis 2015)
Wolkig (zweitschlechteste Bewertung):
- Ressourcenschonung: Energieproduktivität (Ziel: Verdopplung von 1990 bis 2010), Primärenergieverbrauch (Ziel: Senkung um 20% bis 2020 & um 50% bis 2050, jeweils ggb. 2008), Rohstoffproduktivität (Ziel: Verdopplung von 1994 bis 2010)
- Landbewirtschaftung: Ökolandbau (Ziel: „Erhöhung des Anteils des Öko-Landbaus an der landwirtschaftlich genutzten Fläche auf 20% „in den nächsten Jahren“) und Stickstoffüberschuss (Ziel: Verringerung bis auf 80kg/ha landwirtschaftlich genutzter Fläche bis 2010, „weitere“ Absenkung bis 2020)
- Mobilität: Gütertransportintensität (Ziel: Absenkung auf 95% ggb. 1999 bis 2020) und Personentransportintensität) Ziel: Absenkung auf 80% ggb. 1999 bis 2020)
Wolkig mit Sonne (zweitbeste Bewertung):
- Flächeninanspruchnahme (Ziel: Reduzierung des täglichen Zuwachses auf 30 ha bis 2020)
- Luftbelastung (Ziel: Verringerung auf 30% ggb. 1990 bis 2010)
Sonnig (beste Bewertung):
- Umwelt: Klimaschutz und Ausbau Erneuerbarer Energien
Bei der Flächeninanspruchnahme könnte das 30 ha-Ziel der Bundesregierung statistisch noch erreicht werden, allerdings ist die Frage, ob die Reduzierung des Flächenverbrauchs der letzten Jahre nicht vor allem auf die Wirtschafts- und Finanzkrise zurückzuführen ist. Und es muss bedacht werden, dass bei abnehmender Bevölkerung das Ziel für die Flächeninanspruchnahme inzwischen eher bei null Hektar statt 30 Hektar liegen müsste.
Forderungen des NABU
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung kann wie auch zum Beispiel der Parlamentarische Beirat für Nachhaltige Entwicklung im Bundestag Empfehlungen für eine Änderung, Weiterentwicklung oder Ergänzung des Indikatorensets aussprechen. So gibt es aus Sicht des NABU zum Beispiel noch Ergänzungsbedarf in den Themenbereichen Konsum, Gesundheit, Verkehr und Ressourcenschutz. Bezüglich letztere setzt die Nachhaltigkeitsstrategie noch immer zu stark auf Ressourceneffizienz (Entkopplung des Rohstoffbedarfs vom Wirtschaftswachstum), anstatt auch darauf abzuzielen, den absoluten Verbrauch natürlicher Ressourcen zu reduzieren. Unsere Produktions- und Konsummuster überlasten weiterhin die Umweltgrenzen der Erde und gefährden ganze Ökosysteme, die Grundlage allen Wirtschaftens sind. Unternehmen müssen ihr Handeln ganzheitlich betrachten, das heißt auch mit Blick auf die verbrauchten Ressourcen.
Auch in der Politik gibt es noch Nachholbedarf: Zu einer nachhaltigen Politik gehört, alles politisches Handeln auf die Vereinbarkeit mit den Nachhaltigkeitszielen abzuklopfen. Die Einführung einer Nachhaltigskeitsprüfung in der Gesetzgebung ist begrüßenswert, sie hat in der Praxis allerdings noch große Mängel. Auch werden außerhalb der parlamentarischen Bundesgesetzgebung politische Strategien, Forschungsprogramme, Investitions- und Fördermaßnahmen, Zielvereinbarungen u.a. nicht automatisch mit den Nachhaltigkeitszielen abgeglichen. Nachhaltigkeitspolitik darf sich nicht auf die Nachhaltigkeitsstrategie beschränken, die Strategie muss Leitbild für jegliche Politik sein, was sie in der gegenwärtigen Praxis in Deutschland allerdings noch nicht ist.
Der Artikel stammt aus dem Jahr 2014
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