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Jetzt spenden!Vogelgrippe: So verläuft die H5N1-Pandemie 2023
NABU fordert Gegenmaßnahmen und Prävention




In Skandinavien 2023 besonders von der Vogelgrippe betroffen: Dreizehenmöwen - Foto: Frank Derer
29. September 2023 – Die Brutsaison 2023 ist weitestgehend abgeschlossen, Zugvögel sammeln sich oder sind bereits aufgebrochen in wärmere Gefilde. Zeit, einen Blick auf den Verlauf der Vogelgrippe-Pandemie zu werfen.
Denn es scheint sich zu bestätigen, was sich bereits im Frühjahr andeutete: Besonders viele Möwenarten haben sich in diesem Jahr mit dem aggressiven Virus infiziert. Eine angepasste H5N1-Variante verbreitet sich unter bisher wenig betroffenen Lachmöwen. Infektionen wurden europaweit aber auch unter Großmöwen, Dreizehenmöwen und Seeschwalben gemeldet. Ein Blick auf einzelne Populationen zeigt, wie dramatisch die Situation ist: In Belgien ist rund ein Drittel der Lachmöwenpopulation verendet, in den Niederlanden gibt es im Vergleich zum Vorjahr nur noch halb so viele Brandseeschwalben-Brutpaare. Einzelne Kolonien blieben komplett verwaist.
Neue Gefahr: Vogelgrippe dringt in entfernte Regionen vor
Da die Vogelgrippe sich inzwischen in allen Erdteilen ausbreitet, sind Wildvogelpopulationen weltweit betroffen. Damit steigt die Gefahr, dass H5N1 in entferntere Regionen vordringt und sensible Populationen befällt. Ein Verdacht, der sich Ende September zu bestätigen schien: Auf den Galapagos-Inseln wurden erste Vogelgrippe-Infektionen bestätigt.
Umso drängender ist es, Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung und zukünftige Varianten zu ergreifen. Doch Regierungen sind diesbezüglich alles andere als gut aufgestellt. Oft fehlt es an strategischen Reaktionsplänen gegen akute Ausbrüche So bleibt meist nur die Bitte, tote Vögel den zuständigen Veterinärämtern zu melden.
Unklar bleibt, ob eine Immunisierung gegen das Virus Abhilfe schaffen könnte: Zwar wurde eine Impfung erfolgreich beim seltenen Kalifornischen Kondor in Gefangenschaft getestet, eine Impfung wildlebender Tiere scheint dagegen kaum realistisch. Die in einigen Ländern bereits praktizierte Impfung von Geflügel stellt indes keinen wirksamen Schutz vor einer unbemerkten Ausbreitung des Virus dar.

Nach einer Vogelgrippe-Infektion: ein Basstölpel mit schwarzer Iris - Foto: NABU/Fabian Karwinkel
30. Juni 2023 – Während der kalten Monate in Europa wurden zwar keine größeren Infektionswellen der Vogelgrippe beobachtet oder gemeldet. Entschärft hat sich die Pandemie aber offensichtlich nicht, da sich ab April beunruhigende Meldungen entlang der Vogelzug-Wege von Süd- über Westafrika bis hin nach Nordeuropa häuften. Gemeldet wurden Infektionswellen beispielsweise aus dem Senegal, Gambia und Guinea-Bissau.
Die Routen von 90 Millionen Zugvögeln verlaufen durch diese Länder, viele Vogelarten haben dort ihre Rastplätze. Gemeldet wurden tausende tote Wildvögel in Feuchtgebieten, darunter Pelikane, Kormorane, Möwen und Seeschwalben. Betroffen ist ebenso die Geflügelzucht in diesen und anderen Gebieten. In Chile grassiert die Vogelgrippe auch unter den Humboldtpinguinen – mit mindestens 1300 Todesfällen sind bereits über zehn Prozent der Gesamtpopulation in dem Land daran verstorben.
Ausbreitung: Mit der Lachmöwe ins Landesinnere?
In Deutschland sind seit Mai vor allem Gänse-, Enten- und Greifvögel von H5N1-Infektionen betroffen. Aber auch die Ausbreitung unter den Möwen bereitet den Ornitholog*innen Sorgen: Zum einen wurde vor einem Jahr in Frankreich erstmals eine H5N1-Variante identifiziert, die an Möwen angepasst ist und deshalb bei dieser Vogelart zu einer erhöhten Infektionsrate führt.
Zum anderen könnte besonders das Brutverhalten der Lachmöwe das Infektionsgeschehen verschärfen: Denn im Gegensatz zu anderen Möwenarten brütet sie oft im Binnenland. Während das Virus unter Wildvögeln bisher meist an den Küsten und dortigen Brutkolonien grassierte, könnte es sich mit der Lachmöwe nun weiter ins Landesinnere verteilen. Erst recht, wenn die flüggen Jungvögel neue Orte aufsuchen.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es hingegen aus Basstölpel-Kolonien, zumindest was die Entwicklung einer möglichen Immunität angeht: Forschende entdeckten unter anderem auf Helgoland in diesem Frühjahr, dass sich bei einigen der Basstölpel die Iris verfärbt hat. Erwähnt wird dieses Phänomen unter anderem im NABU-Vogelpodcast „Reingezwitschert“ in der fünften Folge.
Zurückzuführen sind die schwarz verfärbten Augen – Basstölpel haben üblicherweise eine hellblaue Iris – wohl auf eine überstandene H5N1-Infektion. Tests ergaben, dass die Vögel Antikörper entwickelt hatten, was auf eine Immunität hoffen lässt. Aktuell sind nur wenige Basstölpel auf der Insel erkrankt (Stand: Juni 2023), jedoch traf es in diesem Jahr erstmals die Trottellummen auf Helgoland.
Hochinfektiös und tödlich: H5N1 als Gefahr für die Artenvielfalt

Basstölpel sind von der Vogelgrippe besonders bedroht. - Foto: Christian Talarek/www.naturgucker.de
09. März 2023 - Das Jahr 2022 ging mit besorgniserregenden Nachrichten zur Vogelgrippe zu Ende: Das Virus konnte sich unter Meeresvögeln an der Atlantikküste rasant ausbreiten. Eine Entwicklung, die sich 2023 fortsetzen könnte, befürchten Expert*innen. Erwartet wird unter Ornitholog*innen eine andauernde Verbreitung des Virus, vor allem in koloniebrütenden Meeres- und anderen Wasservögeln wie Brandseeschwalbe und Basstölpel. Aus vergangenen Infektionswellen könnte sich bei manchen Arten aber bereits eine gewisse Immunität aufgebaut haben, so die Hoffnung. Klare Hinweise darauf gibt es bis jetzt allerdings noch nicht.
Klar ist hingegen schon jetzt: Die Vogelgrippe breitet sich global weiter aus. Abseits von Australien und der Antarktis sind alle Kontinente betroffen. Allein in Europa gibt es Infektionen bei über 70 Vogelarten – H5N1 könnte damit auch zu einer Gefahr für die Artenvielfalt werden.
Keine Anzeichen gibt es indes dafür, dass das Virus zuletzt gefährlicher für Menschen oder andere Säugetiere geworden sein könnte. In den vergangenen Wochen wurden zwar vermehrt Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen gemeldet, das könnte laut NABU-Vogelschutzexperte Martin Rümmler aber auch mit der gestiegenen Gesamtzahl infizierter Wildvögel zusammenhängen. Dadurch kommen schlicht mehr Menschen mit erkrankten Vögeln in Kontakt.
Das fordert der NABU
- Widerstandsfähigkeit von Seevogelpopulationen stärken: Fischerei – besonders mit Grundschleppnetzen und auf wichtige Beutefische wie Sandaale – wirksam regulieren
- Verlust von Rast- und Nahrungsgebieten verhindern
- Ausbau der Windenergie nur außerhalb von Schutzgebieten und wichtigen Wanderkorridoren
- Nationaler Reaktionsplan für HPAIV-Varianten wie H5N1 bei Wildvögeln mit Informationsaustausch zwischen Bundesländern und europäischen Staaten
- Bessere Kontrolle und höhere Standards bei Geflügelzucht und internationalem Handel mit Fleischerzeugnissen
Vogelgrippe-Bilanz 2022
Brutsaison endet mit extremen Ausbrüchen
Seit fast zwei Jahrzehnten kommt es weltweit immer wieder zu Ausbrüchen der Vogelgrippe. Betroffen sind Wildvögel ebenso wie Tiere in der Geflügelhaltung. Doch 2022 endet die Brutsaison mit einem beispiellosen Ausbruch.
In diesem Sommer hat es vor allem Meeresvögel an der Atlantikküste von Europa bis Nordamerika getroffen. Das Virus schlug inmitten der Fortpflanzungszeit zu und führte in einigen Vogelkolonien zu Totalausfällen beim Nachwuchs. Ungewöhnlich in diesem Jahr: Selbst im Mai wurden noch tote Kormorane auf Rügen entdeckt, die nachweislich an der tödlichen Variante H5N1 erkrankt waren. Im Juni wurde klar, die Viruserkrankung ebbt nicht etwa ab, wie sonst üblich im Frühjahr, sondern nimmt erst richtig Fahrt auf. Im gesamten europäischen Raum kam es im Sommer zu teilweise existenziellen Populationseinbrüchen, insbesondere bei koloniebrütenden Seevögeln.
Besonders gefährdet: Basstölpel und Brandseeschwalbe
Für den in Deutschland extrem seltenen Basstölpel, der bei uns nur auf Helgoland brütet und dort in diesem Jahr mit etwa 1.500 Brutpaaren startete, lautet das vorläufige Resümee des Vereins Jordsand am Ende der Saison: mehr als 70 Prozent der Nester waren schätzungsweise vorzeitig verlassen.
Ebenso schrumpften auf der niederländischen Vogelinsel Texel innerhalb weniger Wochen 4.500 Brutpaare der Brandseeschwalbe auf wenige Dutzend. Tausende tote Tiere wurden eingesammelt. Auf der ostfriesischen Insel Minsener Oog, dort gibt es die größte deutsche Brandseeschwalbenkolonie, wurden mehr als 1.000 tote Altvögel gezählt. Das entspricht etwa einem Fünftel der Kolonie – und es dürften weitaus mehr Tiere unentdeckt gestorben sein.
Neben weiteren Arten wie Skua, Fluss- und Rosenseeschwalbe traf es nicht nur koloniebrütende Meeresvögel im europäischen Nord- und Ostseeraum, sondern auch Greifvögel wie Seeadler und Wanderfalke . Am anderen Ende des Kontinents, in der weltweit größten Brutkolonie des Krauskopfpelikans in Südosteuropa, verendeten in diesem Jahr ebenfalls überdurchschnittliche viele Tiere.
Einzelne Virenstämme sind besonders infektiös und tödlich

Populationen von Brandseeschwalben werden auch von der Vogelgrippe bedroht. - Foto: Rainer Löther/www.naturgucker.de
Die Krankheit wird durch ein Influenza-A-Virus hervorgerufen, das seinen natürlichen Wirt in wilden Wasservögeln hat. Die Vogelgrippe tritt in zwei Formen auf. Die hochpathogenen, also besonders ansteckenden Stämme (HPAI), zu denen auch die bekannten Varianten H5N1 und H5N8 zählen, sind für einen meist tödlichen Krankheitsverlauf bei Vögeln verantwortlich. In den überwiegenden Fällen weisen Wildvögel jedoch weniger pathogene Stämme (LPAI) auf, die zwar infektiös sind, aber nur milde bis gar keine Symptome hervorrufen.
Hausgeflügel steht im Verdacht, der Ursprung hochpathogener Stämme zu sein, wobei die moderne Geflügelindustrie sehr wahrscheinlich als Motor der Entwicklung und Verbreitung solch tödlich-infektiöser Stämme fungiert. Erstmals nachweisen konnte man H5N1 im Jahr 1996 in einer Gänsefarm in Südchina. Von dort wurde das Virus übertragen auf weitere Zuchtbetriebe und schließlich auch auf wilde Zugvogelarten wie Gänse, Enten und Schwäne. Diese verfrachteten das Virus dann über ihre Zugrouten in andere Erdteile, auch nach Europa. Erstmal in der Geschichte taucht H5N1 inzwischen auch in Südamerika auf. In Peru wurden Ende November über 3.000 Guano- und Blaufußtölpeln und mehr als 10.000 verendete Chilepelikane registriert.
Neue Entwicklung 2021: Vogelgrippe übersommert vor Ort
Hierzulande war die Vogelgrippe mit ihren tödlichen Folgen zumeist ein Thema des Vogelzuges in den Herbst- und Wintermonaten. Entlang der Zugrouten befinden sich Rast- und Futterplätze, die vor allem gesellige Arten wie Gänse und Enten, aber auch andere Wasservögel, in Scharen anlocken. Dort kann sich das Virus besonders leicht ausbreiten.
Im Sommer 2021 wurde jedoch erstmals nachgewiesen, dass der Virus-Typ H5N1 in heimischen Wasservögeln überdauert hatte. Zusammen mit im Winter über Zugvögel erneut eingetragenen Viren hatte sich die Vogelgrippe ungewöhnlich stark ab dem Frühjahr 2022 in Brutpopulationen von Küstenvögeln vermehrt. Hier führt die oft hohe Dichte in den Kolonien zu einer beschleunigten Ausbreitung. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) beschreibt die gegenwärtige Epidemie im dritten Quartalsbericht 2022 als den zahlen- und flächenmäßig bislang größten Ausbruch der hochansteckenden Variante der Vogelgrippe in Europa. Betroffen sind 37 europäische Länder mit insgesamt fast 2.500 Ausbrüchen in Geflügelbetrieben und daraus resultierend knapp 48 Millionen Keulungen. In Wildvögeln konnten die besonders aggressiven Virenstämme in mehr als 3.500 Fällen nachgewiesen werden.
Trotz Epidemie: Es gibt Hoffnung
Eine Bilanz der aktuellen Vogelgrippe-Epidemie ist noch schwierig, da genaue Zahlen zu Todesopfern und infizierten Arten fehlen. So bleibt nicht nur die Frage, wie es im Herbst und Winter 2022 und darüber hinaus weiter geht, sondern auch welche Folgen der letzte Ausbruch für den Fortbestand der betroffenen Arten haben wird.
Hoffnung kommt aus Brutkolonien der Brandseeschwalbe in den Niederlanden und Belgien. Auf der Insel Texel hatte das Virus zuvor tausende Tiere getötet und von anfangs über 4.500 Brutpaaren hatte es nur ein einziges geschafft, ein Junges großzuziehen. Im Juni dann die Überraschung: 600 Brutpaare fanden sich ungewöhnlich spät ein, brüteten erneut. Darunter waren auch beringte Tiere aus zuvor infizierten Kolonien und Spätrückkehrer aus ihren Winterquartieren. Am Ende der Brutsaison schafften es 300 Jungvögel flügge zu werden.
Wirksamer Schutz gegen die Vogelgrippe: Populationen stärken
Die aktuelle Epidemie macht deutlich, wie wichtig eine systematische Überwachung, eine flächendeckende Untersuchung und ein gut funktionierendes Informationsnetzwerk sind, um den Beginn einer Epidemie frühzeitig zu erkennen und einer unkontrollierten Ausbreitung entgegenwirken zu können. Doch vor allem muss es darum gehen, Wildvogelarten so zu stärken, dass die Populationen eine natürliche Belastbarkeit gegenüber solchen Ereignissen entwickeln können. Überfischung und Vermüllung der Meere, mariner Rohstoffabbau, Störungen durch Schiffsverkehr und der Ausbau der Offshore-Windenergie sind wesentliche Treiber für den Verlust von Brut-, Nahrungs- und Rastgebieten für Meeres- und Küstenvögel.
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