Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Unsere heimischen Bänderschnecken im Porträt
Am häufigsten sind die Weißmündige Bänderschnecke Cepaea hortensis, die früher Garten-Bänderschnecke genannt wurde, und die Schwarzmündige Bänderschnecke Cepaea nemoralis, die früher Hain-Bänderschnecke hieß. Zwei weitere Arten kommen in Deutschland nur punktuell vor: Die Berg-Bänderschnecke Cepaea sylvatica erreicht Deutschland von Süden her im Rheintal bis etwa Karlsruhe und die (süd-)östlich verbreitete Gerippte Bänderschnecke Cepaea vindobonensis wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts am Burgberg von Donaustauf angesiedelt.
Beide wollen wir hier nicht näher betrachten, denn die häufigen Arten bieten uns hinreichend Interessantes. Schwarzmündige und Weißmündige Bänderschnecke sind in Europa trotz voranschreitender Lebensraumzerstörung durch den Menschen weit verbreitet
Auch außerhalb der großen Wissenschaft finden Bänderschnecken regelmäßig Beachtung, denn Kinder sammeln sie liebend gerne ein und spielen mit ihnen. Neben ihrer Häufigkeit ist das ein weiterer von vielen Gründen, der sie – wie Schnecken ganz allgemein – für die Umweltbildung so interessant macht. Unterscheiden kann man die beiden Arten mit den etwa zwei Zentimeter großen Gehäusen besonders im ausgewachsenen Zustand gut, denn entsprechend der aktuellen deutschen Namen hat eine Art eine weiße Mündung und die andere eine dunkle. Die Mündung ist der Rand des Gehäuses, der erst bei erwachsenen Tieren ausgefärbt und mit einer Verdickung versehen ist, der sogenannten Lippe.
Die alten deutschen Namen folgten den wissenschaftlichen Namen aus dem 18. Jahrhundert. Sie sind allerdings irreführend, denn die „Hain-Bänderschnecke“ besiedelt bei uns eher offene Lebensräume, während die „Garten-Bänderschnecke“ häufiger in Wäldern vorkommt. Grundsätzlich können beide jedoch eine Vielzahl von Biotopen besiedeln, wobei sie oft auch gemeinsam auftreten.
Färbung und Lebensraum bedingen sich
Wenn die Individuen einer Art ganz verschieden aussehen können, spricht die Wissenschaft von Polymorphismus. Der extreme Polymorphismus der Bänderschnecken ist schon seit Jahrhunderten Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen. Besonders die Frage nach der genetischen Fixierung der verschiedenen Muster stand hier oft im Vordergrund. Spannend ist auch die Abhängigkeit der Farbe und Musterung vom Lebensraum. Ein wichtiger Punkt sind dabei die Prädatoren, also jene Tiere, die den Schnecken nachstellen. So ist es einleuchtend, dass in Gebüschen lebende Schnecken am besten getarnt sind, wenn sie ein kräftiges Streifenmuster aufweisen, womit sie zwischen den Schatten der Zweige optisch verschwinden. In Wäldern haben dunkle Farben Vorteile und in offenen Grasbiotopen dominieren oft helle Farben. Wer davon abweicht, kann am besten von Fressfeinden, zum Beispiel Singdrosseln, erbeutet und somit ausgelesen werden.
Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Beschäftigung mit heimischen Schnecken (und Muscheln) modern wurde, haben die zeitgenössischen Sammler auch die verschiedenen Färbungen und Bänderungen gesammelt. Davon zeugen heute noch zahlreiche wertvolle Museumssammlungen. Bis zu fünf Bänder können unsere Bänderschnecken haben. Diese können einzeln fehlen oder auch miteinander verwachsen sein. Allein hierdurch ergeben sich schon 89 verschiedene Möglichkeiten (Morphen). Wenn wir berücksichtigen, dass die Bänder auch hell bzw. transparent, zu Flecken aufgelöst oder geteilt sein können und auch verschiedene Grundfarben vorkommen, ergibt sich rasch ein Vielfaches an möglichen Merkmalsausprägungen. So bleibt jeder Spaziergang spannend und immer wieder können wir neue Varianten auf die persönliche Liste setzen. Im Zeitalter der Digitalfotografie lassen sich diese auch problemlos „mitnehmen“, wenn die Tiere noch leben.
Lebensgrundlage für viele Tiere
Während wir uns nur an der Farbenpracht und Vielfalt der Bänderschnecken erfreuen, haben sie für eine Vielzahl von Tieren große Bedeutung. Manche Arten sind sogar zum Überleben auf Bänderschnecken, aber auch andere Schnecken-Arten, angewiesen.
Die Singdrossel als Schneckenjäger haben wir schon erwähnt. Doch auch für andere Vogelarten sind Schnecken lebenswichtige Nahrung, denn das Kalzium der Schneckenhäuser ist Baustoff für Eierschalen und Knochen. Vogelforscher haben herausgefunden, dass beim Rückgang der Schnecken auch die Qualität der Eierschale und in Folge der Bruterfolg von Singvögeln zurückging.
Manche Arten tragen die Schnecke sogar im Namen, wie etwa der Schneckenkanker, einer Weberknecht-Art, die Nackt- und Gehäuseschnecken frisst. Schneckenräuber und Schneckenkäfer sind zwei Käfer, die sich von Schnecken ernähren. Besonders die borstig behaarten Larven der Schneckenkäfer kann man oft in den Gehäusen der überfallenen Bänderschnecken finden, wo sie die Weichkörper fressen. Und auch so unbescholtene und positiv belegte Tiere wie die Glühwürmchen sind Schnecken-Vertilger. Ihre Larven ernähren sich ausschließlich von Gehäuseschnecken, meistens Bänderschnecken. Und dann sind da noch die Wildbienen, die ihre Nester in leeren Schneckenhäusern anlegen und viele, viele Andere, die von diesen Weichtieren abhängen.
Walter Wimmer