Große Mausohren mit Pilzbesiedlung an Nase und Flügeln.
Pilz tötet Millionen US-Fledermäuse
Studie weist „Weißnasen-Syndrom“ nun auch in Europa nach
04. August 2010 – In den USA sind in den vergangenen fünf Jahren über eine Million Fledermäuse am „Weißnasen-Syndrom“ gestorben. Der auslösende Pilz Geomyces destructans wurde nun auch in weiten Teilen Europas gefunden – ohne dass europäische Fledermäuse bisher einen Schaden davontragen. Dies ist das wichtigste Ergebnis einer jetzt veröffentlichten Studie, die in einer Initiative von Forschern aus Deutschland, der Schweiz, Ungarn und Großbritannien durchgeführt und vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) koordiniert wurde.
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Haar einer europäischen Fledermaus mit Pilzsporen überzogen.
Für die im Fachjournal „Emerging Infectious Diseases“ publizierte Studie unter Beteiligung der Abteilung für Mykologie des Klinikums der Technischen Universität München, dem Robert Koch-Institut und dem IZW wurden Proben aus über 350 Fledermauswinterquartieren analysiert. Bei 21 Tieren wurde Befall mit Geomyces destructans festgestellt. Zwei der infizierten Tiere stammten aus Winterquartieren in Rheinland-Pfalz. NABU-Fledermausexperte Andreas Kiefer entdeckte die Tiere bei seinen Routine-Besuchen im Winterquartier.
„Molekularbiologische Analysen zeigen eine hundertprozentige Übereinstimmung der in Europa untersuchten Pilz-Genabschnitte zu denen aus Nordamerika. Wir müssen jetzt unbedingt klären, warum der Pilzbefall bei unseren Fledermäusen bisher nicht zum Tode führt – auch um Anhaltspunkte zur Rettung der amerikanischen Fledermäuse zu erlangen“, so Projektleiterin Gudrun Wibbelt.
Alte Aufzeichnungen belegen, dass der Pilz bereits seit mindestens 25 Jahren in Deutschland auf winterschlafenden Fledermäusen gesichtet wurde. „Möglicherweise erklärt das die Immunität der heimischen Tiere. Sie haben sich mit der Zeit an den Pilz angepasst. Außerdem legt es den Schluss nahe, dass die Krankheit von Europa nach Amerika verschleppt wurde. Während die Tiere hier Zeit hatten, eine Anpassung im Immunsystem gegen den Pilz zu entwickeln, traf er die Fledermäuse in den Vereinigten Staaten unvorbereitet“, berichtet Andreas Kiefer.
Es bleibt zu klären, wie der Pilz den Ozean überquerte. Denn Berührungspunkte zwischen Fledermäusen aus USA und Europa gibt es nicht. Eine Theorie ist, dass Menschen den Erreger einschleppten. Der Ort an dem die ersten Todesopfer gefunden wurden, war eine von Touristen stark frequentierte Fledermaushöhle in der Nähe von Albany, New York.
Von dort aus breitete sich der tödliche Erreger im Nordosten Amerikas konzentrisch aus. In diesem Jahr ist erstmals die Grenze zu Kanada überschritten worden.
Die Krankheit wird als Weißnasen-Syndrom bezeichnet, weil der Pilz in kleinen, weißen Polstern vornehmlich um die Nase und auf den Flügeln wächst. Er gehört zu den kälteliebenden Pilzen, die vorzugsweise von keratinhaltigen Materialien wie Hautschuppen oder Haaren leben. In den USA verursacht der Pilz bei den Tieren schwerste Gewebezerstörungen, die zum Tode führen. Identifiziert wurde der bis dahin unbekannte Pilzerreger erstmals 2008.
Immer mehr Fledermäuse waren zu früh aus dem Winterschlaf erwacht, verließen ihre Höhlenquartiere und wurden zu Hunderten tot im Schnee vor den Höhlen gefunden. Ehemals häufig vorkommende Fledermausarten wurden örtlich um 80 bis 99 Prozent dezimiert. Dies erinnert an die ebenfalls seit einigen Jahren auftretende Pilzerkrankung „Chytridiomykose“, die bei Fröschen die Haut angreift und zum globalen Amphibiensterben beiträgt.