8 Hektar junger Eichenwald stehen am Tollensesee zum Verkauf. Genau jetzt zum Fest. Wenn wir sie gemeinsam erwerben, kann er sich zum für alle Zeit ungestörten, artenreichen Urwald entwickeln.
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Für eine nachhaltige Förderung von Biodiversität und Lebensqualität in der Stadt
Am Anfang des Jahres 2016 stand ein Verlust: Die Rasenfläche am Eingang eines Kölner Stadtparks, die nie so recht genutzt wurde, war quasi über Nacht verschwunden. An Stelle des stets grünen Weidelgrases war nur noch nackter Boden zu sehen. „Hier entsteht eine Wiese“, war auf frisch aufgestellten Schildern am Rande der Fläche zu lesen. Doch so schnell entstand erst einmal gar nichts. Auf ein kühles Frühjahr folgte ein feuchtwarmer Frühsommer, und die Fläche begann zügig, grün zu werden. Immer mehr Pflanzen keimten, und bald wuchs die Vegetation in die Höhe. Der ein oder andere Parkbesucher freute sich auf Blumen, doch stattdessen kamen NABU-Aktive mit Handsensen und Freischneidern und mähten die Wiese einfach wieder ab. Sie erklärten den verwunderten Parkbesuchern, dass durch die Mahd die gewünschten Wiesenblumen erst noch gefördert würden. Denn andere schneller wachsende Kräuter würden dadurch an der Samenverbreitung gehindert und die Wiesenblumen könnten sich besser ausbreiten. Eine Wiese blühe frühestens im zweiten Standjahr.
Eine Wiese entsteht
Im Frühsommer 2017 war es dann so weit. Verzaubert standen viele Parkbesucher am Rand der Fläche: Vor ihnen erstreckte sich ein weißes Meer aus Margeriten, mit Wogen aus Malvenrosa und Natternkopfblau. Rote Lichtnelken reckten ihre Blütenstände hoch hinaus, um aus dem Margeritenmeer heraus geflügelte Bestäuber anzulocken. Dazwischen glänzte Wiesen-Pippau in fröhlichem Gelb. Wegdistel, Königskerze oder Färberresede bereicherten die erste Blüte und lockten Hummeln, Schmetterlinge und viele andere Insekten an. Ganze 70 Arten wurden auf der Wiese bisher erfasst – weit mehr als die Ansaatmischung aus zertifiziertem Regiosaatgut mit im Gebiet heimischen Arten enthalten hatte.
Artenreiches Grünland – in der Stadt?
Mit arten- und strukturreichen Flächen wie dieser will der NABU in Köln für eine andere Art der Grünpflege werben. Großstädte wie Köln sind mittlerweile nicht nur deutlich artenreicher als ihr agrarindustriell geprägtes Umland, sie verfügen mit ihren städtischen Grünanlagen, den Parks und Friedhöfen, den Kleingartenkolonien und Hausgärten, und ihrer grünen Matrix aus „Abstandsgrün“ aller Form und Größe über eine beachtliche Flächenressource. Städtische Grünräume können damit eine bedeutende Rolle spielen, wenn es um den Schutz der biologischen Vielfalt geht.
Neue Wiesen können und sollen altes historisch gewachsenes Grünland nicht ersetzen. Sie können es jedoch ergänzen – vor allem dort, wo es heute fehlt, denn die wichtigsten Verbreitungsvektoren für Pflanzenarten der Wiesen und Weiden sind nicht mehr vorhanden: Wanderschafherden ziehen nicht länger mit Pflanzensamen an Fell und Hufen durch die Landschaften. Und auch die traditionelle Art der Heuwerbung mit all den beim Transport herausgeschüttelten Samen ist längst untergegangen.
Artenschutz, wo Menschen leben
Auch und gerade aus der Not der landschaftlichen Übernutzung heraus erscheinen Städte heute wie die letzten Refugien. Und doch leisten viele Städte im Artenschutz noch immer zu wenig. Statt blühender Wiesen dominieren kurzgeschorene „Landschaftsrasen“. Die städtischen Parkanlagen und auch die Straßenränder und Feldraine werden so oft im Jahr gemäht, dass sich in ihnen kaum eine Blütenpflanze halten kann. Dabei erfolgt die konventionelle Grünpflege oft vor allem aus (vermeintlichen) Kostengründen. Zu teuer erscheint vielen Lokalpolitikern die extensive naturschutzfachlich sinnvolle Bewirtschaftung von Grünland in der Stadt, obwohl dabei Personal, Treibstoff und Maschineneinsatz eingespart werden können.
Trotz einiger noch zu lösender Fragen (Fuhrpark, Mahdgutverwertung) ist ein Umbruch hin zu einer nachhaltigen und ökologisch sanften Grünpflege machbar – nicht nur in Köln. Und sie wird von den meisten Stadtmenschen heute ausdrücklich begrüßt. Immer wieder haben Studien in den letzten Jahren belegt, dass Menschen strukturreiche und biologisch vielfältige Umgebungen formalen Grünzügen vorziehen. Der triste Einheitspark mit getrimmtem Rasen bis zum Horizont und klinisch ausgemähten Säumen ist damit ein Auslaufmodell.
Mit den Stadtwiesen will der NABU in Köln in den nächsten Jahren neue Routinen in der Grünpflege erproben. Die Stadtverwaltung will man bei dieser Umstellung nicht allein lassen. Dabei bieten sich die „Wiesenmacher“ des NABU als Dialogpartner an – und gehen dafür auch schon mal mit dem Kartierungsbogen oder gar mit der Sense auf die Flächen.
Volker Unterladstetter
Kommentar von Projektbetreuer Volker Unterladstetter: Biologische Vielfalt in der Stadt
Stadtlandschaften nehmen im Zuge der weltweit voranschreitenden Urbanisierung immer größere Flächen ein. Verschwinden in (sub)tropischen Ländern weitgehend primäre Ökosysteme unter der urbanen Matrix, werden in Mitteleuropa die landwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaften von wachsenden Vorstädten geschluckt. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit: Städte bieten heute eine größere strukturelle Vielfalt an Lebensräumen, als das agroindustriell geformte (und genormte) Umland. Viele Tiere und Pflanzen besiedeln daher unter geeigneten Bedingungen auch städtische Habitate. Das ist besonders für die Vogelwelt und die urbane Flora gut untersucht. Das Entscheidende ist dabei die Qualität in städtischen Lebensräumen. Wir haben die Wahl: Bleiben wir bei steril ausgemähten Stadtparks ohne Krautsäume und heimische Gehölze, oder wagen wir Neues? Wie wäre es mit einer blütenbunten und extensiv gepflegten urbanen Wiesenlandschaft?
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