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Kleingewässer-Schutzprojekte für den Laubfrosch
Je mächtiger die grünen Herrenchöre, desto mehr Weibchen werden angelockt. Was aus einem oder zwei Kilometern Entfernung wie liebliche Hintergrundmusik klingt, tut von Nahem richtig in den Ohren weh. Schließlich bringt es ein Laubfrosch auf eine Lautstärke von sagenhaften 90 Dezibel. Doch die Zeit der großen Chöre ist vielerorts vorbei, unsere genormte, weitgehend ausgeräumte Landschaft ist meist nicht mehr laubfroschgerecht. Laubfrösche sind Bewohner kleingewässerreicher Lebensräume. In Flussauen mit einer möglichst natürlichen Hochwasserdynamik fühlen sie sich am wohlsten. Hier entstehen immer wieder neue, flache Überschwemmungszonen, feuchte Wiesen und sonnenbeschienene Tümpel, deren Wasser sich rasch erwärmt.
Urzeitkrebs und Ringelnatter
In Niedersachsen zählte der Raum Hannover bis vor wenigen Jahrzehnten zu den Verbreitungsschwerpunkten des Laubfroschs. Inzwischen gibt es aber nur noch kleine, oft verinselte Restbestände. 2004 haben die NABU-Gruppen der Region deshalb unter dem Motto "Ein König sucht sein Reich" ein Artenhilfs- und Kleingewässerschutzprojekt gestartet. Ziel ist es laut Projektleiter Uwe Manzke, "mit dem Laubfrosch als Ziel- und Leitart ein Kleingewässer-Verbundsystem zu schaffen, das vom Urzeitkrebs bis zur Ringelnatter und vom Pillenfarn bis zum Froschlöffel auch zahlreichen anderen Arten Lebensraum bietet."
Als Vorbild dient ein gleichnamiges, bereits 1998 begonnenes Projekt im nordrhein-westfälischen Münsterland. Koordiniert von der NABU-Station Münsterland konnten schon in der ersten Projektphase über 50 neue Laubfroschgewässer angelegt und zahlreiche weitere saniert werden. Außerdem wurden Flächen gekauft, um sie langfristig für den Laubfrosch zu sichern.
Ausdauernder Sonnenanbeter
Man merkt dem Laubfrosch an, dass seine Verwandten alle in den Tropen und Subtropen leben. Für mitteleuropäische Verhältnisse ist der Froschkönig ausgesprochen wärmeliebend. So rufen die Männchen bevorzugt erst ab einer Luft- und Wassertemperatur von mindestens acht bis zehn Grad Celsius, ideal sind Temperaturen über 15 Grad. Die Kaulquappen benötigen eine Wassertemperatur von wenigstens 15 Grad, sonst verweigern sie komplett die Nahrungsaufnahme. Die Frösche selbst nehmen wann immer möglich ein Sonnenbad, gerne sitzen sie dabei auf Brombeerblättern oder Weidenzweigen, selbst in Baumkronen bis zu 30 Metern Höhe, die sie als einzige heimische Lurche mühelos erklimmen. Dank ihrer mit Haftscheiben versehenen Zehen könnten sie sogar eine Fensterscheibe hochklettern.
Laubfrösche klettern nicht nur ausgezeichnet, sie sind überhaupt gut zu Fuß. Geeignete neue Lebensräume können deshalb rasch über mehrere Kilometer hinweg neu besiedelt werden. Die Bestandserfassung ergab noch vier Restvorkommen nördlich von Hannover. Diese dienen nun als Ausgangsbasis für die Wiederbesiedlung. "Wenn es optimal läuft, erhalten wir langfristig ein geschlossenes Vorkommen von der Leine-Niederung bis Burgwedel", erläutert Uwe Manzke. Auch die von Intensivlandwirtschaft geprägten Börden südlich Hannovers sollen punktuell neu besiedelt werden.
Grün, klein, laut
Der Laubfrosch ist unser einziger heimischer Baumfrosch. Ausgewachsene Tiere werden rund fünf Zentimeter groß und zehn Gramm schwer. Sie können ein Alter von mehr als zehn Jahren erreichen. Im Gegensatz zur warzigen Haut der Kröten und der anderen Frösche ist die des Laubfroschs glatt. Die Oberseite ist meist grasgrün, sie kann bei kaltem Wetter aber auch ins Braune gehen oder bei Hitze und beim Sonnenbad ins Gelbliche. Laubfrösche ernähren sich von Spinnen, Insekten und anderen Kleinsttieren, sie gehen vor allem nachts auf die Jagd.
Außerhalb der Fortpflanzungszeit sind die lautstarken Laubfrösche reine Landbewohner. Sie überwintern frostsicher in Wurzelhöhlen oder Erdspalten. Im Frühjahr legen die Weibchen nach der Begattung 500 bis 1000 Eier in mehreren unscheinbaren, ungefähr walnussgroßen Laichballen an Wasserpflanzen ab. Die daraus schlüpfenden Kaulquappen entwickeln sich in anderthalb bis drei Monaten zu fertigen Fröschen, die sich dann im Juni/Juli an Land begeben. Sommer und Herbst verbringen die Tiere auf Sträuchern oder Bäumen.
Im Verbundsystem sollten die Laichgewässer höchstens einen Kilometer voneinander entfernt sein, besser nur 400 bis 600 Meter. Neue Gewässer sollen mindestens 500 Quadratmeter Wasserfläche haben und dabei nicht tiefer als einen Meter sein. "Wichtig ist, dass die Kleingewässer besonnt sind und unmittelbar am Gewässer keine Gehölze gepflanzt werden. Die Tümpel sollen und werden sich ganz von selbst entwickeln, auch kann ein gelegentliches spätsommerliches Trockenfallen positiv sein", so Manzke weiter. "Gewässer-Pionierstadien gibt es aufgrund der fehlenden Dynamik in unserer Landschaft kaum noch. Anpflanzungen sind für den Artenschutz deshalb abträglich und dürfen nur in berechtigten Ausnahmen zugelassen werden - auch wenn es in den Fingern jucken sollte."
Keinesfalls Fischbesatz
Ein zweiter Schwerpunkt des Projektes liegt deshalb in der Pflege und Optimierung bereits bestehender Kleingewässer. Oft sind dies ehemalige Viehtränken. Neben der Entschlammung sowie dem Entfernen von Röhricht kümmern sich die Laubfrosch-Schützer besonders darum, die Tümpel fischfrei zu halten. Zwar fressen auch Libellen- oder Wasserkäferlarven Kaulquappen. Doch ihr ärgster Feind sind die Fische - oft von wohlmeinenden Naturfreunden oder Gartenteichbesitzern ausgesetzt. In vielen siedlungsnahen Kleingewässern finden sich daher Goldfische und andere Exoten.
Unter anderem wurden bereits in Garbsen bei Hannover drei Gewässer gepflegt und dort auch Graskarpfen und Silberkarpfen entfernt. Beide Arten stammen ursprünglich aus China. Zwei Jahre später tummeln sich hier nun neben dem Laubfrosch wieder sieben weitere Amphibienarten und über 20 Libellenarten. Sogar die in Niedersachsen vom Aussterben bedrohte Maulwurfsgrille und der Pillenfarn wurden nachgewiesen.
Helge May
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