Glück gehabt: Der Moorfrosch springt fast vor die Linse.
„Give me Moor“ – oder wieso Frösche blau machen
Ein Streifzug durchs Brandenburgische auf der Suche nach den „Schlumpf-Fröschen“
von Ruth Isabel Moschner
30. März 2010 - Jedes Jahr im Frühjahr tausche ich meine Highheels gegen Gummistiefel aus und mache mich auf die Suche nach dem Moorfrosch. Das besondere an dieser Froschart ist, dass sich die Männchen zur Paarungszeit nur für wenige Tage Ende März/Anfang April schön blau färben.
O.k., schön ist hier ein dehnbarer Begriff, aber wer auf Schlümpfe steht, springt (!) definitiv drauf an. So ist das ja fast immer in der Natur. Während die Kerle sich aufwändig herausputzen, kann das Weibchen nicht nur unauffällig bleiben, sondern zeichnet sich auch noch durch eine wesentlich kräftigere Figur inklusive strammer Schenkel aus. Eitelkeit ist hier fehl am Platze, schließlich trägt sie, die unscheinbare Braune, wie alle anderen Froscharten auch, beim Akt die ganze blaue Last auf dem Rücken herum.
Die schönen Tierchen sind jedoch selten geworden in Deutschland und stehen auf der Roten Liste. In der Schweiz gelten sie bereits als ausgestorben. Am Pfefferfließ in Brandenburg kann man das wilde Treiben der Moorfrösche aber noch beobachten. Allerdings nur, wenn man leise Sohlen und etwas Glück mitbringt. Der wild romantische Bach entspringt in einem grundwassergespeisten Niedermoorgebiet. Neben ein paar einsamen Anglern und Hobbyornithologen (ja, Fische und Vögel hat's auch jede Menge) findet man hier eine Vielzahl an Amphibien.
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Hier scheint nicht viel los zu sein. Aber ein Ausflug macht sich bezahlt ...
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... wenn man mit diesem Anblick belohnt wird!
Leider bekommt man die scheuen Hüpfer nicht immer zu Gesicht. Die meisten flüchten sich mit einem lauten Bauchplatscher ins Wasser und man sieht nur noch die hellen Fußsohlen. Vor meinen Augen flitzt eine Echse durchs Grasgestrüpp, während eine dicke Kröte mich neugierig mit ihren bernsteinfarbenen Augen mustert. Diese warzigen Amphibien haben scheinbar im Gegensatz zu allen anderen vor nichts Angst, sitzen frech am Wegesrand und lassen sich die Sonne auf die Haut scheinen.
Immerhin kann ich die kleinen Blaumacher bereits hören. Es klingt wie ein leises Gurren, gemischt mit einem dunklen Blubbern. Als würden sie pausenlos „give me moooooooooor....“ rufen. Ohne Unterbrechung wird hier gequakt, dass sich die Grashalme biegen. Ein Damenkränzchen ist die reinste Schweigerunde dagegen. Was so lustig klingt, ist hier aber der pure Überlebenstrieb. Die Moorfrösche sind ziemlich heiß aufeinander und das ist gut so. Der Winter war bitterkalt und lang dieses Jahr, und Feuchtgebiete, sofern es sie überhaupt noch außerhalb des Bücherregals gibt, verfügen von Natur aus über wenig „Spielraum“, um Umweltschäden auszugleichen. Es gab Zeiten, da waren die moorigen Flächen am Pfefferfließ tatsächlich voller Moorfrösche. Heute sind sie streng geschützt.
Aber ich gebe nicht auf. Schließlich will ich mir die „Schlumpf-Frösche“, wie ich sie auch gerne nenne, auch mal aus der Nähe ansehen. Natürlich will ich dabei keinen stören und auch nichts kaputt machen. Ich kreuche also vorsichtig und leise nahe genug an eine Wasserstelle heran. Mittlerweile bin ich schon bis zum Knöchel eingesunken und drohe fast komplett ins Nass zu fallen, aber meine Mühe wird endlich belohnt. Ich sehe ein großes braunes Weibchen, das gemütlich an einem Halm hängt und sich in der Frühlingsonne wärmt, während sie aus sicherer Entfernung von gleich zwei kleineren blauen Männchen beobachtet wird.
Die Frösche haben im Vergleich zu den Kröten am Pfefferfließ eine fast glatte nahezu glänzende Haut mit schwarzen Flecken, eine nahezu spitze Schnauze und große gelbgrüne Augen. Ich halte den Atem an und versuche ein Foto zu machen. Doch der eine Moorfrosch-Kerl erschrickt scheinbar vor der blonden Frau mit der Kamera, holt tief Luft und taucht ab. Der andere jedoch bleibt cool und lässt sich geduldig von mir ablichten. Dann ziehe ich mich vorsichtig zurück und bevor ich auch noch blau anlaufe, beginne ich wieder mit dem Atmen. Noch einmal drehe ich mich um und werfe einen Blick auf die idyllische Moorlandschaft, in der Hoffnung, auch im nächsten Jahr wieder in den Genuss dieses exklusiven Erlebnisses zu kommen. Denn einmal im Jahr sollte man mindestens blau machen dürfen...
Mehr zum Moorfrosch
Der Moorfrosch ist eine unserer kleineren Froscharten, er erreicht eine Größe von maximal sieben Zentimetern. Um der Damenwelt zu imponieren, können die Männchen zur Laichzeit für wenige Tage eine intensive Blaufärbung entwickeln. Mehr →