Bedrohungen


Fransenfledermaus - Foto: Dietmar Nill
Bedrohung durch Quartierverlust und intensive Landwirtschaft
Hauptursache für den Rückgang der Fledermäuse ist – neben dem Verlust an geeignetem Wohnraum – der Einsatz von Insektiziden in einer immer monotoneren intensiven Landwirtschaft. Durch Pflanzenschutzmittel und andere Pestizide sind Insekten oft mehrfach belastet. Nimmt eine Fledermaus solche Insekten auf, reichern sich die Gifte in ihrem Körper an, schwächen die Tiere selbst oder ihren Nachwuchs.
Quartierverlust und -mangel sind weitere Faktoren die unsere Fledermausarten in der Existenz gefährden. Winterquartiere in Höhlen, Stollen oder Kellern wurden verschlossen oder die Tiere dort immer wieder gestört. Sommerliche Tagesschlafplätze fehlen, unter anderem weil in den bewirtschafteten Forsten kein Altholzbestand geduldet wurde. In Dachstühlen verenden die in Kolonien lebenden Säugetiere, wenn zum Beispiel giftige Holzschutzmittel eingesetzt werden oder sie werden vertrieben, weil die Dächer hermetisch verschlossen werden.
Auch der Straßenverkehr fordert Opfer unter den Fledermäusen: Mit ihrem sonst so perfekten Ortungssystem können sie sehr schnelle Objekte, wie Autos, anscheinend nicht richtig erfassen. Die Zahl der zufällig gefundenen Unfallopfer ist vermutlich nur ein winziger Bruchteil der tatsächlichen Zahl.
Bedrohung durch den Menschen
Ein achtloses Verhalten in der Natur, beispielsweise beim Geocaching, kann eine Gefahr für Fledermäuse darstellen. Beim Geocaching geht es darum, Verstecke von kleinen Behältern aufzuspüren. Diese "Caches" enthalten meist völlig unspektakuläre Gegenstände und dazu ein Logbuch, in das sich jeder Finder einträgt.
Die Verstecke können überall sein, mitten im Großstadt-Dschungel ebenso wie unter einer vermoderten Baumwurzel weit abgelegen im Wald. „Neben dem Cache-Erlebnis stellt das Naturerlebnis den Hauptreiz beim Geocaching dar", heißt es im deutschen Portal www.opencaching.de. Das aber kann zum Problem werden. Zwar verstehe sich von selbst, „dass Geocacher sich so naturverträglich wie möglich verhalten und daher - wo immer es geht - bevorzugt Wege benutzen. Aber spätestens auf den letzten Metern findet man sich oft vor der Aufgabe, in Böschungen, Dickichten, Laubhaufen und anderem zu suchen."
Besonders gefährdet sind dadurch Höhlenlebensräume. „In der Szene ist es leider populär geworden, auch in ungesicherten Kleinhöhlen Caches zu deponieren, in denen nachweislich streng geschützte Fledermausarten überwintern", stellt Martin Grund vom NABU Neustadt/Weinstraße im Pfälzerwald fest. „Störungen der Fledermäuse durch diese Aktivitäten nehmen deutlich zu."
Windräder als Todesfalle
Leider kommen Fledermäuse immer wieder an Windrädern zu Tode. Dass damit ökologische Auswirkungen auf Bestände in weit entfernten Regionen verbunden sein können, zeigte eine Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW). Die Wissenschaftler haben dazu die Fledermaus-Opfer an verschiedenen Windenergie-Standorten in Deutschland analysiert und ausgewertet. Vor allem im freien Luftraum jagende und ziehende Arten sind kollisionsgefährdet. Fünf der 24 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten machen allein 90 Prozent der Todesopfer aus.
Während die getöteten Zwergfledermäuse meist aus der jeweiligen Region stammen, kommen verunglückte Rauhautfledermäuse fast ausschließlich aus dem Baltikum und Weißrussland. Auch Große und Kleine Abendsegler kommen von weit her: Ihre Reise aus Skandinavien und aus dem Baltikum endet nicht selten tödlich. Da Fledermäuse nur eine sehr geringe Fortpflanzungsrate haben, wirken sich Verluste unmittelbar auf die Heimatpopulationen aus. Diese erholen sich – wenn überhaupt – nur sehr langsam von den Bestandseinbußen. Dies hat auch Auswirkungen auf die jeweiligen Ökosysteme, in denen Fledermäuse eine regulierende Funktion einnehmen.
Beim Tod an Windrädern wird ein Teil der Fledermäuse an den Rotorblättern geschlagen, ein anderer Teil fällt einem Barotrauma zum Opfer: Bedingt durch Verwirbelungen und den Druckabfall hinter den Rotorblättern platzen die Lungen und inneren Organe der Fledermäuse. Hochrechnungen gehen davon aus, dass bis zu 200.000 Tiere jährlich an deutschen Windenergieanlagen verunglücken. Umstritten ist, welche Auswirkungen die Windenergienutzung insgesamt auf die Populationsentwicklung der betroffenen Fledermausarten hat und ob die Windräder als Todesfalle entschärft werden können.
Bei der Standortwahl für neue Anlagen müssen aus Sicht des NABU sehr sorgfältig die Belange des Fledermausschutzes abgewogen werden. Das Umfeld von Wochenstuben und regional bedeutsamen Lebensräumen kollisionsgefährdeter Fledermausarten sollte bei Windenergieplanungen ausgespart bleiben. Die Studie des IWZ empfiehlt zudem, Windräder vor allem während der Zugzeit von Fledermäusen in der Abenddämmerung abzuschalten. Bislang fehlt es aber an einheitlichen Standards und Kriterien in Deutschland, wann und in welchem Umfang solche Abschaltungen aus Gründen des Fledermausschutzes zwingend vorzuschreiben sind.
Besser als ihr Image
Fledermäuse sind in einigen Fragen besser als ihr Ruf. Von europäischen Fledermäusen geht kaum eine Bedrohung für den Menschen aus, da die meisten Parasiten und Erreger entweder harmlos oder nicht auf den Menschen übertragbar sind. Einzig die Tollwut kann als potentielle Gefährdung angesehen werden. Wer den direkten Kontakt, also das Anfassen von Fledermäusen vermeidet, kann eine Infektion aber mit absoluter Sicherheit verhindern, da die Tollwuterreger über einen Biss übertragen werden.
Tollwütige Fledermäuse sind selten
„Tollwütige Fledermaus beißt Kind“ oder „Bissige Fledermaus lauerte auf dem Balkon“: Mit solchen Schlagzeilen werden zwar menschliche Urängste bedient, sie haben aber kaum etwas mit der Realität zu tun. Allerdings gibt es durchaus „wütende“ Fledermäuse und es haben sich auch schon Menschen mit Fledermaus-Tollwutviren infiziert. Menschen werden von erkrankten Tieren nicht aktiv angegriffen, sondern vielmehr gebissen, wenn sie die Tiere aufnehmen und ihnen helfen wollen.
Die Fledermaus-Tollwutviren unterscheiden sich deutlich von denen anderer Tiere, etwa der Füchse. Während die auch auf weitere Hundeartige übertragbare Fuchstollwut in Deutschland offiziell seit 2008 als ausgerottet gibt – einzelne Ausnahmen betrafen bisher immer illegal importierte Hunde –, kommen bei unseren Fledermäusen drei verschiedene Tollwutviren vor. Betroffen sind nur einige der 25 Arten, darunter vor allem die Breitflügelfledermaus, aber auch Abendsegler, Braunes Langohr, Zwergfledermaus, Teich- und Wasserfledermaus sowie die Fransenfledermaus. Eines der drei Viren, das Bokeloh Bat Lyssavirus (BBLV), wurde erst 2009 bei einer Fransenfledermaus im niedersächsischen Wunstorf-Bokeloh (Region Hannover) entdeckt.
Das Weißnasen-Syndrom
In den USA sind zwischen 2005 und 2010 über eine Million Fledermäuse am „Weißnasen-Syndrom“ gestorben. Der auslösende Pilz Geomyces destructans wurde nun auch in weiten Teilen Europas gefunden – ohne dass europäische Fledermäuse bisher einen Schaden davontragen. Dies ist das wichtigste Ergebnis einer jetzt veröffentlichten Studie, die in einer Initiative von Forschern aus Deutschland, der Schweiz, Ungarn und Großbritannien durchgeführt und vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) koordiniert wurde.
Mitlerweile haben die Wissenschaftler*innen die Immunabwehr von europäischen Mausohrfledermäusen auf den Pilz analysiert, um die Ursache für die Unterschiede zu erforschen: Im Gegensatz zu nordamerikanischen Verwandten weisen diese eine ausreichende Basisimmunität auf und tolerieren die Pilzinfektionen während des Winterschlafs bis zu einem gewissen Maße.
Keine Gefahr durch das Coronavirus
Immer wieder werden Fledermäuse mit dem Coronavirus in Verbindung gebracht, das die Erkrankung Covid-19 auslösen kann. Angst davor, dass Fledermäuse in Deutschland Menschen anstecken könnten, braucht jedoch niemand zu haben. Denn es gibt keine Belege dafür, dass die in Deutschland heimischen Fledermäuse Träger jenes Corona-Stammes sind, dem auch das Coronavirus SARS-CoV-2 entstammt. Dieses Virus ist neuartig und wird von Mensch zu Mensch übertragen. Um sich und andere zu schützen, sollte man sich daher an die öffentlich ausgerufenen Schutzmaßnahmen halten.