Hintergrundwissen zu Fledermäusen
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Fledermaus - Foto: Jürgen Podgorski/www.naturgucker.de
Abstammung
Fledermäuse sind von der Systematik eine Unterordnung der Fledertiere. Nach den ausgestorbenen Flugsauriern und den Vögeln sind die Fledertiere stammesgeschichtlich die jüngste Gruppe der Wirbeltiere, welche die Fähigkeit zum aktiven Flug erworben hat. Zwar gibt es auch andere Säugetierarten, die sich durch die Luft bewegen können, doch im Gegensatz zu ihnen können Fledertiere beim Fliegen auch Höhe gewinnen.
Mit rund 1100 Arten sind Fledertiere nach den Nagetieren die artenreichste Ordnung der Säugetiere. Sie sind nahezu weltweit verbreitet, fehlen lediglich in den Polarregionen sowie auf entlegenen Inseln. Auf manchen Inseln (beispielsweise Neuseeland) waren sie bis zur Ankunft des Menschen die einzigen Säugetiere. Der wissenschaftliche Name leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Handflügler“.
Es ist schwierig, die Stellung der Fledertiere im Stammbaum der Säugetiere festzulegen. Vielfach gelten sie als enge Verwandte der Riesengleiter und Affen, jüngere Untersuchungsergebnisse stellen sie jedoch in die nähere Verwandtschaft der Paarhufer und Wale, Unpaarhufer und Raubtiere.
Unklarheit über Vorfahren der Fledermäuse
Die Entwicklungsgeschichte der Fledermäuse ist durch Fossilienfunde nur sehr spärlich dokumentiert. Zu den ältesten Funden zählen Gattungen aus einer Zeit von 40 bis 55 Millionen Jahren, dem frühen und dem mittleren Eozän. Diese frühen Vertreter ähneln in ihrem Körperbau bereits sehr stark den heutigen Fledermäusen. Unterschiede bestehen lediglich in Details wie beispielsweise dem Vorhandensein von Fingerklauen und einem langen, freien Schwanz (der sich allerdings auch bei den heutigen Mausschwanzfledermäusen findet). Auch diese Tiere dürften bereits zur Echolokation fähig gewesen sein.
Im Gegensatz zu anderen schwierig einzuordnenden Säugetiergruppen, etwa den Walen, liefert der Fossilienbefund bisher keinerlei Hinweise auf Übergangsformen. Folglich sind die Bedingungen, die zur Evolution des Schlagflugs bei Fledermäusen führten, unklar. John Speakman, Lehrstuhlinhaber für Zoologie an der Universität Aberdeen rekonstruiert die Evolution der Fledermäuse dahingehend, dass diese Tiere zunächst tagaktiv waren und sich erst unter dem Druck durch Greifvögel zunehmend auf nächtlichen Beutefang verlegten. Parallel dazu habe sich die Echoortung entwickelt. Seit den 1970er-Jahren wird die Frage nach den möglichen Vorfahren der Fledermäuse intensiv diskutiert.
Das Fledermausjahr
Fledermäuse verschlafen etwa die Hälfte des Jahres! Von Anfang November bis Ende März halten sie Winterschlaf. Das müssen sie auch, denn auf dem Speiseplan unserer heimischen Fledermäuse stehen ausnahmslos Insekten, die in der Winterzeit Mangelware sind.
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Batyear - das Jahr im Leben einer Fledermaus - Grafik: NABU/C. Stein
Einschlafen im Herbst
Der Herbst ist die ideale Zeit für lange Fledermausausflüge, sollte man meinen. Am Nachthimmel lässt sich jedoch weit und breit keine Fledermaus erblicken. Und das hat einen einfachen Grund: Fledermäuse verschlafen etwa die Hälfte des Jahres! Von Anfang November bis Ende März halten sie Winterschlaf. Das müssen sie auch, denn auf dem Speiseplan unserer heimischen Fledermäuse stehen ausnahmslos Insekten, die in der Winterzeit leider Mangelware sind. Fledermäuse gehören übrigens zu den Säugetieren, die „richtigen“ Winterschlaf halten. Anders als zum Beispiel Eichhörnchen und Braunbär, deren Winterschlaf eher eine Winterruhe ist, die im Laufe des Winters durchaus einmal unterbrochen wird, wachen Fledermäuse im Winter nur sehr selten auf und suchen dann auch nicht aktiv nach Nahrung.
Um bis zu sechs Monate ohne Nahrung auskommen zu können, haben die kleinen Flattermänner im Herbst 20 bis 30 Prozent an Gewicht zugelegt. Im Spätherbst dann suchen Fledermäuse ihre Winterquartiere auf - hier bevorzugen sie Schlafplätze, die zwar kühl und feucht, aber frostfrei sind. Man findet sie in Höhlen, Stollen, Bunkern oder Kellern. Im Winter wohnen Weibchen und Männchen gemeinsam in ihrem Quartier, im Sommer hingegen leben die Geschlechter an getrennten Orten.
Fünf Monate auf Sparflamme
Fledermäuse senken ihre Körpertemperatur im Winter auf fünf bis drei Grad Celsius herab. Dafür verlangsamen sie Herzschlag und Atmung im Extremfall um das 40-fache. Um den Wärmeverlust so gering wie möglich zu halten, kuscheln sich viele eng an ihre Artgenossen oder kriechen in Ritzen und Spalten. Außerdem hüllen sich manche in ihre Flughaut ein wie in einen Mantel. Wenn die Umgebungstemperatur unter die drastisch gesenkte Schlaftemperatur des Körpers fällt, müssen Fledermäuse „nachheizen“ – auf Kosten ihrer Fettreserven, die sie sich angefressen haben. Die „Schönen der Nacht“ verlieren während des Winters deswegen etwa 30 Prozent ihres Gewichts.
Jede Störung des Winterschlafs kann die Tiere versehentlich wecken. 30 bis 60 Minuten und reichlich Kalorien brauchen Fledermäuse, bis sie ihren Körper auf Betriebstemperatur geheizt haben. Das geht an das mühsam angefressene Fettpolster. Deswegen sind viele Fledermaushöhlen über den Winter für Besucher*innen gesperrt. Denn wachen die kleinen Flugkünstler zu häufig im Winter auf, kann es passieren, dass ihre Reserven nicht mehr bis zum Frühjahr ausreichen und sie sterben.
Großes Aufwachen im Frühling
Die aktive Jahreszeit der Fledermäuse beginnt meist im April – je nach Witterung auch schon früher: Nachdem sie mit den ersten Sonnenstrahlen aus dem Winterschlaf erwacht sind, suchen sie ihre Sommerquartiere auf. Dabei legen sie zum Teil große Entfernungen zurück: Die Quartiere des Großen und Kleinen Abendseglers und auch der Rauhautfledermaus liegen mit über 1.500 Kilometern sehr weit auseinander. Die meisten Arten fliegen jedoch meist „nur“ 200 bis 300 Kilometer oder wechseln im günstigsten Fall lediglich ihren Hangplatz vom Keller hinauf in den Dachboden – wie zum Beispiel die Langohren.
Die Fledermaus-Damen werden sodann im Sommerquartier trächtig – in Abwesenheit der Herren! Ja, das geht tatsächlich. Denn nach der Paarung im September und Oktober werden die Eizellen nicht sofort befruchtet. Die Spermien überdauern im Geschlechtstrakt des Weibchens viele Monate. Erst nach dem Erwachen aus dem Winterschlaf kommt es zum Eisprung und zur Befruchtung – dann gibt es auch wieder ausreichend Insekten, die Nahrungsgrundlage unserer Fledermäuse und bekanntlich im Winter Mangelware sind. Ist die Nahrungssituation oder das Wetter im Frühjahr ungünstig, wird der Zeitpunkt der Geburt sogar hinausgezögert.
Um ihre Jungen zu gebären und aufzuziehen, schließen sich die Fledermausweibchen einer Art zu Wochenstubengesellschaften zusammen. Normalerweise bestehen diese Gruppen aus etwa zehn bis zwanzig Tieren. Beim Großen Mausohr wurden allerdings schon mehrere tausend Weibchen in einem Quartier gezählt. Die Jungen werden nach einer Tragzeit von etwa 50 Tagen geboren und wiegen bei kleinen Arten gerade einmal zwei Gramm! Sie werden gesäugt und beginnen bereits mit vier bis fünf Wochen eigenständig Insekten zu jagen. Die Männchen verbringen diese Zeit entweder einzeln oder in kleinen Männchenkolonien. Nur selten und in nördlicheren Gegenden leben Männchen vereinzelt mit in den Wochenstuben.
Brautwerbung mit Ultraschall
Kurz nach dem Auszug der Jungen ab Mitte September sind die Fledermäuse in sogenannten Balzquartieren mit der nächsten Nachwuchs-Produktion beschäftigt. In dieser Zeit besetzen die Fledermausmännchen Baumhöhlen entlang der Zugrouten der Weibchen. Diese Höhlen werden nur kurz verlassen und gegen andere Männchen verteidigt. Mit ihren typischen Balzrufen locken die Fledermausmännchen nun die Weibchen zu sich, um sich zu paaren.
Noch während die Fledermäuse mit der Familienplanung beschäftigt sind, dürfen sie jedoch eines nicht vernachlässigen: das große Futtern! Von September bis etwa Ende Oktober müssen sie sich tüchtige Fettreserven verschaffen, denn schon im November geht es schon wieder ins Winterquartier zum nächsten Winterschlaf.
Fortpflanzung
Der Herbst stellt bei den Fledermäusen den Höhepunkt des Fortpflanzungsgeschehen dar. Die Gemeinschaften der Weibchen während des Sommers zur Aufzucht der Jungen lösen sich langsam auf und die Geschlechter begegnen sich wieder, um für den Nachwuchs im nächsten Jahr zu sorgen.
Aus Paarungsquartieren, wie Baumhöhlen oder während des Fluges ertönen vielerorts die Balzrufe der Männchen, die fortpflanzungswillige Weibchen anlocken. Die Balzrufe der Abendsegler, Zwergfledermäuse oder Rauhautfledermäuse sind im Gegensatz zu den Jagdrufen der Tiere für den Menschen sogar hörbar. Dann haben die Damen die Qual der Wahl und folgen dem Ruf eines Sängers in sein Paarungsquartier. Der Große Abendsegler nutzt oft Baumhöhlen als Rendezvousplatz für männliche und weibliche Tiere. Dabei kann ein Abendseglermännchen sogar gleichzeitig mehrere Weibchen in dieser Baumhöhle gefangen halten und einen Harem bilden.
Die Bindung der Tiere ist jedoch kurz: Nach der Paarung verlassen die weiblichen Tiere das Paarungsquartier und suchen sich einen neuen Partner, während die Männchen weiterhin unermüdlich weibliche Tiere anlocken. Der Vorteil dieser Methode der wechselnden Partnerschaften liegt in der Durchmischung des Erbgutes. In Ausnahmefällen kann es sogar vorkommen, dass Fledermauszwillinge unterschiedliche Väter haben.
Eine Besonderheit des Fortpflanzungsgeschehens der Fledermäuse besteht darin, dass die Fledermausweibchen den Samen über den Winter speichern können und im Frühjahr in Abhängigkeit von den Außenbedingungen sogar den Zeitpunkt der eigentlichen Befruchtung steuern können. Zu Paarungen kann es noch während des Winterschlafes der Fledermäuse kommen. Die Tiere wachen während des Winterschlafes zwischenzeitlich auf. Diese kurzen Wachphasen nutzen manche Männchen und paaren sich mit noch schlafenden Weibchen.
Ultraschall-Echoortung bei Fledermäusen
Alle heimischen Fledermäuse jagen und orientieren sich mit Hilfe der Ultraschall-Echoortung. Die Laute werden in einem Bereich von etwa 20 bis zu 100 Kilohertz erzeugt. Jede Fledermausart hat dabei ihre besondere Rufcharakteristik und nutzt bestimmte Frequenzbereiche. Sie sind allesamt für den Menschen nicht wahrnehmbar, denn die menschliche Hörfähigkeit endet bei 16 bis 18 Kilohertz.
Der Bat-Detektor überbrückt genau diesen menschlichen Schwachpunkt, indem er die hochfrequenten Rufe der Fledermäuse in hörbare Laute abwandelt. Das Ergebnis ist je nach Fledermausart und Situation ein Stakkato von ‚singenden’, ‚knackenden‘ oder ‚klickenden‘ Geräuschen, die der Beobachter hört. Der Ultraschallruf einer Fledermaus dauert nur wenige Millisekunden. Im normalen Suchflug erfolgt der Ortungsruf vielleicht 10 Mal pro Sekunde. Wird Beute ‚erhört‘ steigert sich die Ruffrequenz auf 100 und mehr Einzelrufe pro Sekunde bis der Fang erfolgt. Das Erkennen von Fledermausarten anhand ihrer Rufe muss allerdings, vergleichbar den Vogelstimmen, erlernt werden.