Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Zu Besuch im Erlebnismuseum Julianenhof
Julianenhof in Brandenburg ist ein winziger Ort im Naturpark Märkische Schweiz. Die wenigsten würden wohl vermuten, dass sich ausgerechnet hier ein internationales Museum für Fledermäuse befindet. Doch wenn man einen genaueren Blick auf den Gutshof wirft, der den Ort prägt und das Museum beherbergt, dann wird einem schnell klar, warum das so ist.
„Über 150 Jahre ist der Hof alt. Als der NABU das Gebäude 1998 übernahm, standen nur noch die Außenwände der Stallungen. Das Dach war einsturzgefährdet. Alles sah nach Verfall aus. Dennoch boten die alten Mauern acht der 18 brandenburgischen Fledermausarten Unterschlupf“, berichtet Ursula Grützmacher, die ehrenamtliche Leiterin des Museums.
Hauptattraktion Bartfledermaus
Schritt für Schritt mit mehreren Projekten, verschiedenen Fördermitteln und Eigenmitteln des NABU wurde der Hof saniert. „Wir haben die Gebäude nach alten Plänen wiederaufbauen lassen und dafür extra alte Steine verwendet und zusätzlich gezielt Spaltenquartiere geschaffen, die jetzt von Fledermäusen genutzt werden“, erzählt Ursula Grützmacher. „Ziel war es schließlich, ihre Lebensräume zu erhalten.“
Das Unternehmen war ein Erfolg. Heute sind neun verschiedene Arten nachgewiesen. Über 600 Fledermäuse wurden bei der letzten wissenschaftlichen Erhebung Anfang Juni gezählt. Zum Teil überwintern sie in den alten Gemäuern, zum Teil nutzen sie den Dachboden, um dort ihre Jungen großzuziehen. Unter anderem gibt es eine Wochenstube der Großen Bartfledermaus. In ganz Brandenburg gibt es nur noch elf weitere, meist kleinere. Immerhin kümmern sich hier mehrere 100 Weibchen gemeinsam um ihren Nachwuchs. Das hat auch Ministerpräsident Matthias Platzeck beeindruckt. Er ist in diesem Jahr Schirmherr der Wochenstube.
Obwohl die Tiere sehr versteckt auf dem Dachboden leben, kann jeder Gast sie beobachten. Moderne Technik macht es möglich. Per Kamera wird das Geschehen in der Fledermaus-WG auf einen großen Bildschirm im Ausstellungsraum übertragen. So kann man, ohne die Tiere bei der Jungenaufzucht zu stören, einen Blick auf die seltenen Säuger werfen. Die Wintergäste allerdings kann man nicht sehen. Sie verstecken sich, sobald die Kälte kommt, im Keller des Gebäudes oder im dazugehörigen Eiskeller.
Wiederaufbau des Eiskellers
Der Eiskeller ist schon allein eine Ausstellung wert. In den 90er Jahren fand man nur noch das Kellergewölbe des kleinen Häuschens im Garten des Gutshofs, das fünf Meter tief in die Erde reicht. Ursula Grützmacher setzte sich dafür ein, auch diesen Keller restaurieren zu lassen. Dank ihres unermüdlichen Einsatzes steht der Eiskeller heute wieder und sieht durch die alten Steine und die traditionelle Bauweise so aus, als hätte er Jahrhunderte überstanden.
Der Eiskeller bietet nicht nur Fledermäusen Unterschlupf, er ist auch ein beeindruckendes Beispiel für die traditionelle Architektur der Region, von der andernorts nur noch sehr wenig erhalten ist. Viele der Schulkinder, die heute zu Gast im Museum sind, können sich eine Zeit ohne Kühlschränke gar nicht vorstellen. Sie bekommen große Augen, wenn ihnen die pädagogischen Mitarbeiter berichten, dass früher in den Wintern große Eisblöcke aus den Seen geschlagen wurden, um sie dann in speziellen Kellern zu lagern. Es war die einzige Möglichkeit, auch im Sommer Nahrungsmittel kühl und frisch zu halten. Doch dass es funktionierte, bezweifelt wohl keiner, der den Eiskeller betreten hat. Selbst an einem heißen Sommernachmittag ist es dort frostig kalt.
Fledermausblumen im Garten
Der riesige Garten, der zum Museum gehört, zeigt wie man Fledermäusen helfen kann. Zum einen sind Beete angelegt worden, in denen spezielle Pflanzen die Leibspeise der Fledermäuse anlocken: Insekten. Denn wo gutes Futter ist, da stellen sich die Flugmäuse von selber ein. Auf kleinen Hinweistafeln stehen Tipps für den eigenen Garten und so laden die Beete zum Nachmachen ein. „Es sind alles mehrjährige, pflegeleichte Pflanzen. Einmal angelegt, macht der Garten praktisch keine Arbeit mehr. Doch den Anblick der schönen Blüten kann man jedes Jahr genießen und für die Fledermäuse werden Insekten angelockt“, sagt Ursula Grützmacher.
Pflegeleicht ist auch ein anderer Bereich des Gartens. „Wir haben diesen Teil bewusst unbehandelt gelassen. Er zeigt anschaulich, wie eine versiegelte Fläche nach und nach von der Natur zurückerobert wird. So entwickelt sich dort ein ganz eigenes Biotop und bietet vielen Tier- und Pflanzenarten eine Heimat. Solche Flächen sind selten geworden und viele Arten vom Aussterben bedroht.
Offen von Mai bis Oktober
Hinzu kommt, dass viele Hausbesitzer ihre Gebäude sanieren und dass alte Bäume rar geworden sind. So finden die Fledermäuse keinen Unterschlupf mehr. Wir wollen ihnen hier einen Lebensraum schaffen, aber auch zeigen, was man tun kann, um die Tiere vor dem Aussterben zu retten“, erläutert Ursula Grützmacher. So beherbergt das Museum auch eine Sammlung von Nistkästen, die anschaulich zeigt, auf welch unterschiedliche Weise man ein Heim für Fledermäuse gestalten kann, aber auch, wie unterschiedlich die Bedürfnisse einzelner Arten sind.
Das Fledermausmuseum ist eingebettet in eine Natur, die selbst schon eine Reise wert ist. Von Mai bis Oktober kann man hier viel über die kleinen, fliegenden Tiere lernen, die im Verborgenen leben und auch im Stillen aussterben würden, wenn nicht mehr Menschen wie Ursula Grützmacher aktiv werden und Lebensräume für sie schaffen.
Das Fledermausmuseum ist von Mai bis Oktober täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. Kontakt: NABU-Regionalverband Strausberg/Märkische Schweiz, Internationales Fledermausmuseum, Julianenhof 15 B, 15377 Märkische Höhe, Tel. 033437-15256, fledermausmuseum@freenet.de, www.fledermausmuseum-julianenhof.de.
von Julja Koch