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Das „Nature Restoration Law“ der EU
Sicher wohnen? Braucht Hochwasserschutz. Gut wirtschaften? Braucht natürliche Ressourcen. Ernährungssicherheit? Braucht Bestäubung, gute Böden und Schutz vor Dürren. Wer leistet das alles? Intakte Ökosysteme!
Die wenigsten unserer europäischen Ökosysteme sind allerdings intakt oder überhaupt noch vorhanden. Genau hier setzt das geplante Gesetz an: Wenn wir unsere Natur langfristig erhalten wollen, müssen wir sie erst einmal heilen. Dazu gehört zum einen, schädliche Einflüsse zu reduzieren und die Nutzung von natürlichen Ressourcen nachhaltiger zu gestalten. Zum anderen müssen Ökosysteme aber auch aktiv repariert und teils sogar neu geschaffen werden.
All dies ist nicht neu. Bisher sind ähnliche Vorhaben jedoch an ihrer Unverbindlichkeit sowie unklaren Zielen gescheitert.
Das EU Nature Restoration Law versucht einen neuen Ansatz, der mit klaren Zielen ein verbindliches, gesamteuropäisches Konzept schafft, und gleichzeitig den Mitgliedsstaaten hinreichend Freiheiten lässt, wie sie diese Ziele erreichen und ausgestalten.
Dazu enthält das Gesetz drei Kernelemente:
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Konkrete und zeitgebundene und flächenspezifische Ziele für die Verbesserung und Neuschaffung der seltensten und besondersten Lebensräume - den Edelsteinen der Natur – an Land und im Meer.
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Indikatorbasierte Ziele für eine nachhaltigere Land- und Waldwirtschaft, sowie für grünere Städte, frei fließende Flüsse und die Wiederherstellung von Bestäuberpopulationen.
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Die Erstellung von wissenschaftsbasierten Wiederherstellungsplänen als zentrales Werkzeug zur Festlegung und Überprüfung der notwendigen Maßnahmen.
Damit versucht das Gesetz nicht nur eines der dringendsten Probleme unserer Zeit zu lösen, sondern verfolgt dabei auch einen sehr modernen Politikansatz.
Duldet keinen Aufschub: Ökosysteme heilen und wiederherstellen
Daher befürworten der NABU und über 200 Umweltverbände in der Ganzen Europäischen Union das Gesetz. Allerdings gibt es auch Widerstand gegen die Wiederherstellung unserer Lebensgrundlagen. Nachdem das Europäische Parlament am 27. Februar 2024 mehrheitlich dem im Trilog erzielten Kompromiss zum Nature Restoration Law zugestimmt hat, müssen jetzt nur noch die EU-Mitgliedsstaaten im Rat zustimmen.
Diese Zustimmung wird aktuell durch eine kurzfristige Blockade Ungarns verzögert. Der NABU-Präsident, Jörg-Andreas Krüger, kommentiert die aktuelle Lage so:
Die Ablehnung einiger Staaten vermittelt den Eindruck, dass sie die Dimension der ökologischen Schäden nicht ernst nehmen. Die Auswirkungen sind bereits überall spürbar und werden sich weiter verschlimmern. Kein einziger EU-Mitgliedsstaat kann sich den Konsequenzen zerstörter Natur entziehen. Die Verordnung wird zumindest teilweise die Schäden unserer Lebens- und Wirtschaftsweise abfedern. Nach der Zustimmung im EU-Parlament braucht es dafür jetzt noch ein klares Votum des Rates.
Jörg-Andreas Krüger, NABU-Präsident
Darum brauchen wir das Gesetz
Die Gesetzgebung auf EU-Ebene schafft gleiche Bedingungen in allen 27 Mitgliedstaaten. Tiere und Pflanzen kennen keine Grenzen. Ebenso sind Umweltprobleme meist grenzüberschreitend und ihre Lösung erfordert gemeinsames Handeln.
Fünf Gründe, warum wir das EU-Renaturierungsgesetz brauchen
- Es hilft der biologischen Vielfalt, indem es Platz für besondere lokale Flora und Fauna sichert.
- Es bekämpft die Klimakrise: Ökosysteme wie Moore, Wälder und Auen speichern Kohlenstoff.
- Es schützt uns vor Naturkatastrophen wie Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Überschwemmungen. Intakte Ökosysteme wirken ausgleichend auf das Mikroklima.
- Es verbessert unsere Gesundheit: In der Natur können wir uns erholen. Das fördert unser Wohlbefinden.
- Es kurbelt die lokale Wirtschaft an, indem es die Nahrungsmittelversorgung langfristig sichert und nachhaltige Praktiken stärkt.
Die geplante Verordnung ist eine einmalige Chance, um die Klima- und Naturkrise gemeinsam anzugehen. Mit den Regelungen schaffen wir eine Grundlage, in der Menschen und Natur gemeinsam wachsen können.
Das Gesetz im Detail
Besondere Lebensräume an Land und im Meer
Es gibt bereits Regeln für besonders schützenswerte Lebensräume mit der FFH- oder Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie. Doch diese reichen bisher nicht aus, ihren Schutz sicherzustellen. Für sie gibt es nun verbindliche Ziele: Sie sollen wiederhergestellt werden, bis sie einen guten Zustand und die mindestens notwendige Fläche erreichen. Zur Bewertung werden naturwissenschaftlich belgte Untergrenzen herangezogen. Auch die Vernetzung von Lebensräumen und die Unterstützung einzelnder Arten ist hier geregelt.
Warum ist das wichtig?
Von diesem Abschnitt profitieren Lebensräume wie etwa Wälder, Wiesen, Feuchtgebiete, Flüsse, Seen und Korallenriffe. Besonders die Einhaltung von wissenschaftsbasierten Mindeststandards ist wichtig, da nur so die Natur langfristig selbstständig überleben und der Klimakrise trotzden kann.
Wir zeigen das am Beispiel der Moore: Wenn Moore entwässert werden, werden sie zu einer riesigen Quelle von Kohlenstoffemissionen. Die EU ist der weltweit zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen aus entwässerten Mooren, die etwa 7 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen der EU ausmachen. Durch die Wiedervernässung entwässerter Moore können diese Emissionen erheblich reduziert und von einer Klimabelastung zu einer Klimalösung gemacht werden. Eine besondere Rolle spielen Moore auch als Heimat spezialisierter Pflanzen-, Amphibien- und Vogelarten, die nicht nur selten, sondern auch europaweit oder sogar global bedroht sind.
Stadtnatur
Die Mitgliedsstaaten sollen den Anteil an Grünflächen und Stadtbäumen insgesamt erhöhen.
Warum ist das wichtig?
So bleiben Städte auf Dauer lebenswert. Städte werden in Zukunft besonders von Auswirkungen der Klimakrise, wie zum Beispiel Hitzewellen, betroffen sein. Schon kleine grüne Inseln steigern die Luftqualität, verbessern das Mikroklima und unterstützen den Erhalt der Artenvielfalt.
Wiederherstellung freifließender Flüsse
In der Europäischen Union sollen 25.000 Kilometer freifließender Flüsse wiederhergestellt werden. Sie sollen durchgängig für Fische werden und die Gewässer sollen mit ihren Auen verbunden werden.
Warum ist das wichtig?
Diese Maßnahmen helfen nicht nur wandernden Fischarten. Auen können Hochwasserspitzen abfangen und gesunde Vegetation an den Ufern kann Wasser langfristig speichern, und sp Dürren mindern. Die Wiederherstellung von Flüssen kann außerdem dazu beitragen, die Küstenerosion zu bekämpfen, das Mikroklima bei Hitzewellen zu verbessern, und eine gesündere, widerstandsfähigere und attraktivere Landschaft zu schaffen. Das kann auch die lokale Wirtschaft unterstützen, zum Beispiel durch einen höhere Attraktivität für Naherholung und Tourismus.
All das ist bitter nötig: Nur 40 Prozent der europäischen Gewässer sind schätzungsweise in gutem Zustand. Nicht-nachhaltige Landwirtschaft, Wasserkraft, Dämme und Schifffahrt gelten als die Hauptbelastungen, die eine Erholung der europäischen Gewässer verhindern.
Agrar-Ökosysteme
Grünlandschmetterlinge, Feldvögel, organischer Kohlenstoff in mineralischen Böden, Hecken - sie gelten sind in Zukunft als Indikatoren für den Zustand dieses Lebensraums. Dieser muss verbessert werden, die Mitgliedsstaaten müssen dazu konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen. Auch für die Wiedervernässing landwirtschaftlich genutzter Moorböden gibt es zeit- und flächengebundene Ziele.
Warum ist das wichtig?
Wir müssen landwirtschaftliche Ökosysteme wiederherstellen, um eine langfristige Ernährungssicherheit zu gewährleisten – zum Beispiel durch natürlichen Erosionsschutz und Erhalt der Bodenbiodiversität. Um die Biodiversität wieder auf das Ackerland zu bringen, braucht es auf jedem Hof natürliche Elemente wie Hecken, Teiche oder alte Bäume. Viele Arten der Agrarlandschaft haben einen Großteil ihres Lebensraums bereits verloren – sie brauchen das Minimum an Platz und Vernetzung ihrer Lebensräume, das das EU-Renaturierungsgesetz ihnen geben kann.
Wald-Ökosysteme
Auch für den Wald werden konkrete Indikatoren festgelegt: ZUm Beispiel der Waldvogelindex, der Anteil an Totholz, die Altersstruktur und Vielfalt der Baumarten zum Beispiel werden ausgewertet, um den Zustand der Wälder zu erheben und zu verbessern.
Warum ist das wichtig?
Wälder beherbergen fast 90 Prozent der terrestrischen Biodiversität der Erde. Die Biodiversität ist in älteren Wäldern reicher, da das Totholz und die Vielfalt an unterschiedlich alten Bäumen und Pflanzen auch den Tieren einen reicheren Lebensraum bieten. Darüber hinaus speichern sie Kohlenstoff und wirken so als wichtige Puffer gegen den Klimawandel. Wälder spielen eine entscheidende Rolle beim Erosionsschutz und gesunde Wälder können extremen Wetterereignissen wie Waldbränden standhalten. Darüber hinaus reinigen Wälder die Luft, die wir atmen und filtern das Wasser, das wir trinken.
Wie geht es weiter?
Der gefundene Kompromiss muss noch im EU-Umweltrat bestätigt werden.
Danach tritt der Rechtsakt mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Er gewährt den Mitgliedstaaten einen angemessenen Zeitraum, um die nationalen Wiederherstellungspläne zu erstellen und mit Wiederherstellungsmaßnahmen loszulegen. Das Gute: Er ist bei Inkrafttreten für alle Mitgliedsstaaten der EU rechtsverbindlich.
Damit wäre dann auch Deutschland verpflichtet, eine effektive Umsetzung zu gewährleisten. Der Großteil der Maßnahmen muss allerdings durch die Bundesländer realisiert werden. Sinnvoll ist daher vermutlich ein nationales Renaturierungsgesetz, das den Ländern einen klaren Handlungsauftrag gibt und ein einheitliches Ambitionsniveau festsetzt. Zudem sind weitere Anpassungen nötig, um die Maßnahmen vor Ort auch schnell umsetzen zu können.Eine solche Beschleunigungsoffensive ist übrigens auch schon im deutschen Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz vorgesehen.
Was ist bisher passiert?
Das EU-Parlament hat am 12. Juli 2023 grundsätzlich für das Gesetz gestimmt. Es verpflichtet alle EU-Mitgliedsstaaten, zerstörte Natur wieder in einen guten ökologischen Zustand zu bringen und so den Bestand von Bestäubern, natürlichen Ressourcen, sauberer Luft und sauberem Wasser zu sichern. Diese Entscheidung ist auch dem beispiellosen öffentlichen Engagement der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und Wirtschaft zu verdanken, die ein starkes Renaturierungsgesetz gefordert haben.
Dennoch wurden im Verlauf der Parlamentsabstimmung wichtige Bestandteile des Gesetzesentwurfs empfindlich abgeschwächt. Dazu gehören zum Beispiel Verpflichtungen zur Wiederherstellung von Wäldern, Mooren und Agrarökosystemen. Damit unterschied sich die Position des EU-Parlaments deutlich von dem Vorschlag der EU-Kommission. Das hat das Trilogverfahren notwendig gemacht: Dabei finden Unterhändler der Mitgliedsstaaten, der Kommission und des Parlaments einen Kompromiss für den finalen Gesetzestext. Um in Kraft zu treten, muss der gefundene Kompromiss formell von den EU-Staaten und den dem Europaparlament bestätigt werden.
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