Am Unteren Niederrhein ist ein wichtiges Brutgebiet für den stark gefährdeten Kiebitz – doch auch hier lauern viele Gefahren. Bitte helfen Sie dabei, die Kinderstuben des kleinen Vogels zu schützen!
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Einblicke in den Lebensraum Nistkasten
Nistkästen aufzuhängen, ist eine der populärsten Artenschutzmaßnahmen. Starenkästen fanden bereits im 16. Jahrhundert Anwendung, damals allerdings noch mit der Absicht, Fleisch zu gewinnen. Später benutzte man Nistkästen im Forst zur gezielten, biologischen Schädlingsbekämpfung. Heute hängen viele Menschen gerne Nistkästen auf, weil sie Spaß am Beobachten und am Erleben von werdendem Leben haben.
Typische gefiederte Nisthöhlenbewohner sind Meisen, Kleiber, Fliegenschnäpper und Sperlinge in „Vollhöhlen“ und der Hausrotschwanz in halboffenen Höhlen. Gelegentlich finden sich Fledermäuse oder auch Schlafmäuse wie Siebenschläfer und Haselmaus ein.
Brummende Hornissen, dösende Florfliegen
Doch diese Aufzählung ist unvollständig. Wer jemals Nistkästen kontrolliert hat, kennt Flöhe, die einen beim Öffnen anspringen, Hornissen, die den Kasten umschwärmen, oder Florfliegen, die in der Ecke dösen. Derartige Bekanntschaften sind typisch für den Lebensraum Nistkasten, der weit mehr als nur Vögel beherbergt. Höchst interessantes Kleingetier zählt zu den natürlichen Mitbewohnern und Nachmietern in natürlichen und künstlichen Bruthöhlen. Leider entsprechen diese nicht immer unserem Reinlichkeitsdenken und ästhetischen Empfinden, sodass ihnen zu Unrecht mit Ekel und Vorurteilen begegnet wird. Dabei gewähren sie uns Einblick in spannende ökologische Beziehungen.
Nistkästen können Tagesunterschlupf, Schlafplatz, Kinderstube und Überwinterungsplatz sein. Von den Säugetieren sind Siebenschläfer, Haselmaus, Wald- und Gelbhalsmaus bekannt. Sie beziehen oft nach der ersten Meisenbrut den Kasten. Artenreicher sind die wirbellosen Nestbewohner (in der Fachsprache: Nidicolen) vertreten: 120 Arten können im Winter in Nistkästen festgestellt werden. Wabenbauten finden sich von Hummeln, Wespen, Hornissen und andere Wildbienen. Schmetterlinge wie der Große Fuchs schlafen nachts, die Pyramideneule tagsüber im Kasten.
Vögel als Quartiermeister
Die in den Kästen brütenden Vögel schaffen allerlei Bewohnern Quartier. Mit dem Nistmaterial gelangen Trauerfliegenlarven, Asseln, Springschwänze und Hornmilben in den Kasten und damit in einen idealen Lebensraum. Kommen Motten, Aas- und Speckkäfer hinzu, ist das Recyclingsystem in der Bruthöhle perfekt, denn sie bauen organisches Material im Kasten wieder ab – eine sinnvolle Einrichtung in Naturhöhlen.
Meistens leben all diese Tierarten friedlich neben- und miteinander. Zu Störern des Vogelbrutgeschäftes können allerdings Wespen- und Hornissenköniginnen, Hummeln und Mörtelbienen, aber selbst Waldschnecken und Schwammspinnerraupen werden. Auch Fledermäuse führen zur Brutaufgabe, ebenso menschliche Störungen oder der Wendehals und andere Vögel, die den Kasten in Beschlag nehmen und das Vorgängernest einfach überbauen. Außerdem vereiteln manchmal Zugriffe durch Spechte, Marder, Eichhörnchen oder Waldmäuse den Bruterfolg.
Prima Wohnklima für Parasiten
Ein spannendes Kapitel sind die Parasiten. Ihr gesamter Entwicklungszyklus vollzieht sich im Nistkasten, denn sie finden in dessen feuchtwarmem Milieu ideale Bedingungen. Vögel meiden wegen solcher oft in großer Zahl auftretender Bewohner den Nistkasten, andernfalls kann Parasitenbefall Nistkastenbewohner schwächen oder in ihrer Entwicklung beeinträchtigen.
Bekannt sind Hühner- oder Vogelflöhe, die oft in Scharen am Einflugloch lauern, oder die leicht zu übersehenden Vogelmilben. In Ritzen und Spalten sitzen Schild- und Lederzecken, Vogelblut- und Lausfliegen sowie Wanzen. Auf die gefiederten Kastenbewohner spezialisiert haben sich unter anderen Milben und Federlinge. Letztere „Vögelläuse“ kommen mit 40 Arten vor und ernähren sich von Bestandteilen der Vogelfedern.
Auffressen verboten
Alle erwähnten Arten zählen ebenso zum Lebensraum Nistkasten wie die Singvögel, die wir damit fördern wollen. Die Besiedlung von Brutplätzen durch Wanzen, Federlinge und Zecken ist ein völlig natürlicher Vorgang. Interessanterweise nutzen Vögel die Mitbewohner am Nest nicht als Nahrungsquelle, da sie am Brutplatz kein Nahrungserwerb-Verhalten entwickeln. Nur ein übermäßiges Auftreten der Parasiten kann Nachteile für die Vogelbrut haben. Um dies zu vermeiden, ist bei Nistkästen eine gewisse Pflege unumgänglich. Im Spätsommer nach dem Ausfliegen der Jungvögel sollte die Brutstätte von Nistmaterial und anderem gereinigt werden.
Stefan Bosch, Peter Havelka & Hans-Walter Mittmann
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