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Jetzt NABU-Mitglied werden!Das Geschäft mit dem Einwegpfand
Wie Abfüller und Handel am Pfand verdienen
Seit 2003 sind die meisten Einweggetränkeverpackungen in Deutschland pfandpflichtig. Dennoch stieg seitdem der Anteil an Einweg-Plastikflaschen und Dosen kontinuierlich an. Wiederverwendbare umweltfreundliche Glas- und PET-Mehrwegverpackungen haben innerhalb von zwanzig Jahren fast 30 Prozent Marktanteil bei den pfandpflichtigen Getränken verloren.
Gewinner sind PET-Einwegflaschen und Aluminiumdosen, die hier inzwischen zusammen einen Anteil von knapp 55 Prozent haben. Und das, obwohl das Zwangspfand für die meisten Einweggebinde genau das Gegenteil bewirken sollte.
Exkurs: Das deutsche Pfandsystem
Den organisatorischen und rechtlichen Rahmen für die Rücknahme von bepfandeten Einwegflaschen und Dosen übernimmt seit Mai 2006 die von Handel und Lebensmittelindustrie paritätisch geführte DPG Deutsche Pfandsystem GmbH. Alle Verkäufer von pfandpflichtigen Einweggebinden müssen sich im System registrieren lassen und ihre Gebinde mit dem DPG-Logo versehen.
Das Märchen von der Kreislaufflasche
Immer mehr Plastik bedeutet auch einen großen Verbrauch fossiler Rohstoffe. Flaschen aus PET werden aus Erdöl oder Erdgas gewonnen, nach einmaliger Nutzung zerstört und dann dem Recycling zugeführt. Dabei kann man aber nicht von einer „Kreislaufflasche“ sprechen, denn der allergrößte Teil der zurückgenommenen Flaschen wird für die Produktion von Fasern, Folienprodukten oder Flaschen im Non-Food-Bereich (zum Beispiel für Spülmittel) verwendet.
Das Geschäft rund um das Dosenpfand
Das deutsche Pfandsystem bedeutet für Getränkeabfüller und -händler nicht nur Kosten in Form von Investitionen in Rücknahmeautomaten und Aufwendungen für das Pfandclearing. Sprudelnde Einnahmen versprechen unter anderem der sogenannte „Pfandschlupf“ und der Verkauf von PET-Flaschen und Dosen an Recyclingbetriebe.
Exkurs: Pfandschlupf
Der Pfandschlupf bezeichnet die Summen der Einwegflaschen und Dosen, für die Pfand bezahlt wurde, die aber nach dem Verzehr nicht zurückgegeben wurden. Durch den Pfandschlupf haben Einwegabfüller und Einzelhandel 2015 circa 180 Millionen Euro eingenommen. Seit Einführung des Pfandsystems bis ins Jahr 2015 summierten sich die Einnahmen aus dem Pfandschlupf auf mindestens 3,5 Milliarden Euro.
Der Pfandschlupf oder wie die Kunden unbewusst die Einwegindustrie subventionieren
Geben die Kunden ihre Flaschen nicht zurück, verbleiben die ursprünglich bezahlten 25 Cent Einwegpfand bei den Abfüllern oder Händlern. Das ist der sogenannte Pfandschlupf.
Das Umweltbundesamt geht von einer Rücknahmequote von 96 Prozent für die Einweggebinde aus dem DPG-System aus. Werden von den 18 Milliarden Flaschen und Dosen vier Prozent oder 720 Millionen Gebinde nicht zurückgegeben, so beträgt die Höhe des Pfandschlupfs allein für 2015 rund 180 Millionen Euro, mit denen die Verbraucher unfreiwillig das Einwegsystem subventioniert haben.
Vor allem wegen der organisatorischen Schwierigkeiten bei Einführung des Pfands schätzt das Umweltbundesamt, dass zwischen 2003 und 2006 rund ein Viertel der Einweggebinde nicht zurückgegeben wurde. Nach Berechnungen des NABU ergibt sich für die Jahre 2003 bis 2015 ein aggregierter Pfandschlupfbetrag von mehr als 3,5 Milliarden Euro.
Es ist ökologischer Unsinn, dass Abfüller und Händler über die Jahre mit Milliardeneinnahmen aus dem Pfandschlupf subventioniert wurden, obwohl das Pfand ja eigentlich die Verbraucher vielmehr zum Kauf von Mehrwegalternativen motivieren sollte. Noch schlimmer: Die Erträge aus dem Pfandschlupf tragen dazu bei, dass Mineralwassers in Einweg-PET deutlich billiger angeboten werden kann als in Mehrwegflaschen. Nur ein Jahr nach der Pfandeinführung fand ein regelrechter Unterbietungswettbewerb im Getränkesegment statt. Aldi startete mit 19 Cent für 1,5 Liter Mineralwasser. Da in Deutschland die Sortimentspolitik der Discounter Sogwirkung auf das Marktagieren der anderen Einzelhändler entfaltet, bieten heute auch konventionelle Supermärkte Mineralwasser zu Spottpreisen von weniger als 15 Cent an.
Das Geschäft aus der Verwertung von PET-Ballen und Aluminium
Die Händler verdienen auch am Verkauf der zurückgebrachten Flaschen und Dosen an Recyclingunternehmen. Oder sie steigen gleich selbst ins Recyclinggeschäft ein und betreiben eigene Verwertungsfirmen. Wegen schwankender Rohstoffpreise variieren die Einnahmen aus dem Recyclinggeschäft. Nach NABU-Berechnungen liegen die Einnahmen der Händler aus dem Verkauf von PET-Ballen und zurückgenommenen Getränkedosen für das Recycling bei geschätzt 68 Millionen Euro jährlich. In Spitzenzeiten mit einer hohen Nachfrage nach recyceltem PET liegen diese Einnahmen wesentlich höher.
Hersteller von Einweg-PET und Getränkedosen sparen sich Entsorgungskosten beim Grünen Punkt
Circa 720 Millionen Flaschen und Dosen werden jährlich nicht in den Supermärkten oder Kiosken zurückgegeben. Sie landen in der Gelben Tonne, im Restmüll oder in der Natur. Die Kosten tragen Verbraucher und Steuerzahler, denn die Hersteller von bepfandeten Einweg-PET-Flaschen und Getränkedosen müssen sich nicht am Dualen System und dessen Lizenzentgelten beteiligen. Müssten nur für die nicht zurückgegebenen PET-Einwegflaschen ein Lizenzentgelt erhoben werden, müssten die Inverkehrbringer circa neun Millionen Euro bezahlen. Insgesamt beträgt die Marktmenge für bepfandete PET-Einwegflaschen in Deutschland 410 Kilotonnen. Bei Lizenzentgelten in Höhe von 550 Euro pro Tonne PET würde eine Teilnahme an den Dualen Systemen mit 225 Millionen Euro zu Buche schlagen. Die Betriebskosten des Pfandsystems dürften klar darunter liegen.
Das fordert der NABU
Auch wenn sich das Pfandsystem für Handel und die abfüllende Industrie zu einem einträglichen Geschäft entwickelt hat, sollte am Einwegpfand festgehalten werden: Die Vermüllung von Landschaft und Gewässern durch Plastikflaschen und Dosen hat mit Einführung des Zwangspfands deutlich abgenommen. Allerdings: Das von den Verbrauchern bezahlte und nicht wieder eingelöste Pfand sollte nicht der Wirtschaft, sondern der Umwelt- und Ressourcenschutz zugutekommen. Dafür braucht es einen zweckgebundenen Pfandschlupf. Dieser muss für Abfallvermeidungsmaßnahmen und die Förderung von Mehrwegprodukten eingesetzt werden. Länder wie Dänemark haben von Anfang an Einnahmen aus dem Pfandschlupf in einer zentralen Stelle verwaltet und für Ressourcenschutzprojekte ausgegeben.
Generell geht es nicht darum, nur Gelder aus dem Pfandschlupf umzuleiten. Vielmehr soll der Verkauf von Einweg-Plastik und -dosen zugunsten von Mehrweg eingedämmt werden. Da das Einwegpfand nicht zu einer Erhöhung der Mehrwegquote geführt hat, bedarf es hierzu eines anderen Anreizmodells. Der NABU schlägt dafür eine Getränkeverpackungssteuer vor. Die Steuer könnte dazu beitragen 400.000 Tonnen Plastikmüll und 1,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich einzusparen. Der Steuervorschlag sieht vor, dass der Steuersatz abhängig von der Umweltschädlichkeit der Menge und Art des eingesetzten Materials ist.
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