Im letzten Jahr reichte das Wasser hier nicht mal bis zu den Knien - Foto: Zago Hugues Martial
Ein Herz für Geier
Reisebericht von der Elfenbeinküste
Um die Bestände der Geier zu erfassen und Schutzmaßnahmen auszuarbeiten, ist Dr. Volker Salewski erneut für den NABU im Comoé Nationalpark unterwegs. Schon vergangenes Jahr begleitete und bildete er Ranger aus, dokumentierte Vogelbestände und unterstützte die Umsetzung der Schutzmaßnahmen vor Ort.
„Der Comoé Nationalpark hat mein Herz im Sturm erobert!“, schrieb Volker Salewski damals über seine Arbeit bei den Geiern Afrikas. „Ich war vor 25 Jahren zum ersten Mal hier unten und kümmere mich mit tollen, engagierten Menschen um den Schutz des Gebiets und der hier beheimateten Arten. Insbesondere der Schutz der Geier liegt mir am Herzen, obwohl sie nicht sonderlich beliebt sind.“
„Einen Geierkopf, bitte“ – Marktbesuch in Abidjan
Volker Salewski, Comoé NP, 20. Februar 2020
Nach fünf Wochen Geierforschung im fast menschenleeren Comoé-Nationalpark führt die Rückreise nach Deutschland durch das quirlige und betriebsame Abidjan, die größte Stadt der Elfenbeinküste. Hier findet sich auch die Universität Nangui Abrogoua, in der mein Freund und Kollege Dr. N’Golo Kone arbeitet. N’Golo ist der einheimische Vertreter an der Forschungsstation im Park und hat mir schon unbezahlbare Hilfe bei logistischen Fragen geleistet. Gemeinsam wollen wir aber auch mehr zum Schutz des Parks und seiner Geier erreichen.
Der Schlüssel zur Ausarbeitung von auf die Situation und den Ort angepassten wirksamen Schutzprogrammen für Geier ist, möglichst viel über sie zu wissen. Warum haben die Geier-Populationen in Westafrika und speziell in der Elfenbeinküste in den letzten Jahrzehnten so stark abgenommen? Es gibt sicher keinen alleinigen Grund, allerdings sind allgemeine Lebensraumzerstörung, das Fehlen von Nistbäumen und Nahrungsmangel sowie der Anflug an Stromleitungen und -masten sehr sicher in diesem Zusammenhang zu nennen. Es ist darüber hinaus bekannt, dass Geier und Teile von Geiern eine Rolle in der traditionellen Medizin in Westafrika spielen. Einige Veröffentlichungen legen nahe, dass es sogar einen internationalen Handel mit Geiern und ihren Körperteilen gibt. Als Preise wurden zwischen 15 und 100 US-Dollar für einen Geier und fast 8.000 US-Dollar für vier Eier des Kappengeiers genannt. Die geschätzte Zahl der Geier, die diesem Handel alleine in Westafrika zum Opfer gefallen sind, geht in die Tausende. In der Elfenbeinküste ist jedoch wenig zur Nutzung der Geier oder ihren Handel bekannt. Diese Lücke wollen wir schließen.
Asso Armel ist ein Student von Dr. N’Golo Kone und möchte in einer ethno-zoologischen Studie mehr über die Rolle der Geier in den verschiedenen Ethnien des Landes erfahren. Zugleich gilt es, die Verbreitung des Geierhandels und seine Wege im Land zu untersuchen. Der erste Schritt der Arbeit führt uns gemeinsam auf einen großen Markt in Abidjan. Ohne großen Aufwand finden wir kurz hintereinander zwei Stände, die das Material zur Herstellung traditioneller Medizin verkaufen. Die Auswahl ist gering im Vergleich zu dem, was ich vor mehr als 20 Jahren noch an vergleichbaren Ständen in den Städten im Norden des Landes gesehen habe. Trotzdem wirken verschiedene Haufen von Schildkrötenpanzern, getrockneten Chamäleons, Affenhände, Schlangenhäute, getrocknete Perlkäuze (sie sollen hier im Süden gar nicht vorkommen), Stücke von Elefantenhaut und Felle seltener Antilopenarten beklemmend. Geierteile finden wir keine, sie sind im Süden des Landes schon zu selten geworden. Auf Nachfrage bekommt Armel aber mitgeteilt, dass er einen Geierkopf für 15.000 CFA-Franc (etwa 23 Euro) bestellen könnte. Er lehnt dankend ab. Der kurze Besuch hat gezeigt, dass es sich lohnen würde, den Handel mit Geiern und deren Teilen genauer zu untersuchen. Zunächst brauchen wir aber Mittel, damit die Studie auch durchgeführt werden kann. Darum werde ich mich, zusammen mit Dr. N’Golo Kone, von Deutschland aus kümmern.
Leere Geiernester im Comoé-Nationalpark
Volker Salewski, Comoé NP, 18. Februar 2020
Nachdem mein Kollege Heinz, der mich bei der Suche nach Geiern im Nationalpark unterstützt hat, abgereist ist, nehme ich mir ein wenig Zeit für andere Aufgaben. Wie in den beiden Jahren zuvor bekommt die Station Besuch von einigen Parkrangern und meinem Freund Zago, einem ivorischen Ornithologen. Gemeinsam zählen wir an drei Tagen Wasservögel im Südwesten des Parks. Der hohe Wasserstand im Fluss erweist sich für uns, im Gegensatz zu den Wasservögeln, gelegentlich als Hindernis beim Vorankommen. Die Sonne trocknet Kleidung und Schuhe aber schnell wieder. Am Ende der Zeit haben wir 83 Wasservögel von 23 Arten erfasst und die Daten an Wetlands International schicken können.
Anschließend geht es mit den Geiern weiter. Mit meinem Kollegen Koffi von der Forschungsstation fahre ich weit in den Park, um mehrere Tage zu campen. Lange Wanderungen durch die nun abgebrannte Savanne erlauben uns interessante Beobachtungen von Büffeln, verschiedenen Antilopen und natürlich vielen der um die 500 im Park bereits nachgewiesenen Vogelarten. Dabei finden wir auch Geiernester. Am Ende des Aufenthaltes werden es insgesamt zwei Nester des Wollkopfgeiers, drei Nester des Kappengeiers und 24 Nester des Weißrückengeiers sein, die wir im Laufe von fünf Wochen im Park gefunden haben. Das klingt viel, aber einige Nester, die vor wenigen Jahren noch besetzt waren, bleiben jetzt leer. Da auch keine neuen hinzukommen, deutet sich eine Abnahme der Geierpopulationen an. Bleibt zu hoffen, dass das Ausbleiben von Bruten und die relativ wenigen Beobachtungen von Geiern im Vergleich zu den Vorjahren mit den ungewöhnlichen Wetterbedingungen zusammenhängen und keinen allgemeinen Trend andeuten. Vor meiner Rückreise nach Deutschland plane ich, Kollegen an der Universität in Abidjan zu besuchen, um weitere Schritte zum Schutz von Geiern im Land und speziell im Comoé-Nationalpark zu besprechen. Gemeinsam wollen wir mehr zum Schutz der Vögel und Nationalparks im Land unternehmen und das NABU-Geier-Projekt ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.
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Hohes, dichtes Gras erschwert das Fortkommen in der Savanne. - Foto: NABU / Volker Salewski
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Ganz oben in der Krone eines riesigen Kapokbaumes haben Wollkopfgeier ihr Nest gebaut. - Foto: NABU / Volker Salewski
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Ein Wasserbock watet durch den für diese Jahreszeit ungewöhnlich viel Wasser führenden Comoéfluss. - Foto: NABU / Volker Salewski
Wir waten durch den Fluss
Volker Salewski, Comoé NP, 05. Februar 2020
Seit einer Woche bin ich nun schon wieder im Comoé Nationalpark im Nordosten der Elfenbeinküste, um die Feldarbeit für das Geierprojekt der NABU International Naturschutzstiftung fortzusetzen. Mit dabei sind auch dieses Mal Judith, die Termitenforscherin von der Universität Freiburg, und Heinz aus Regensburg, der mich auf den Wanderungen im Park begleiten wird. In diesem Jahr ist das Ziel, möglichst alle in den Vorjahren gefundenen Geiernester aufzusuchen, um sich ein Bild über die Dichte und die Verbreitung der verschiedenen Arten im Südwesten des Parks machen zu können. Die Daten dienen dazu, die Rolle des Nationalparks für das Überleben vom Aussterben bedrohter Geier in Westafrika noch bekannter zu machen und gleichzeitig ein weiteres gutes Argument in der Hand zu haben, um für einen noch stärkeren Schutz des Parks zu plädieren.
In den ersten Tagen haben wir kürzere Wanderungen in Stationsnähe durchgeführt, um uns an das Klima zu gewöhnen und um aus den Vorjahren bekannte Nester zu besuchen. Die Station verfügt über eine Internetverbindung und daher bekommen wir auch die Nachrichten aus aller Welt mit. Was wir hören, passt auch ein wenig zu dem Eindruck, den wir auf unseren bisherigen Wanderungen bekommen haben: Die Umstände sind in diesem Jahr anders, als es sonst zu dieser Jahreszeit üblich ist und als wir es erwartet haben. Venedig geht unter, Australien brennt ab und in Westafrika hat die Regenzeit ungewöhnlich lange gedauert. Anstatt eine vollkommen ausgetrocknete und zu großen Teilen abgebrannte Savanne vorzufinden, ist es vielerorts noch feucht, das Gras grün, der Wasserstand im Comoéfluss für die Jahreszeit hoch und Tsetsefliegen gibt es mehr, als wir es uns wünschen.
Die Umstände erschweren unsere Arbeit etwas, da es anstrengender ist, durch das noch hohe Gras zu den verschiedenen in der Savanne eingestreuten Inselwäldern und entlang des Galeriewaldes des Comoéflusses zu laufen. Teilweise waten wir durch den Fluss. Nur in den Wäldern wachsen die riesigen Kapokbäume, in deren weit ausladenden Kronen die Geier brüten. Das Ergebnis der ersten Wanderungen dorthin positiv: Wir fanden immerhin schon je ein aktives Nest des Kappengeiers und des Wollkopfgeiers.
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Volker beim Starten der Drohne. Die NABU-blaue Isomatte ist der „Flugplatz“. - Foto: NABU
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Blick von oben in das Nest eines Weißrückengeiers. Rechts neben dem Kopf des Altvogels ist der Kopf eines kleinen Kükens zu erkennen. Das Bild zeigt auch deutlich, wie hoch die Kronen der Kapokbäume den restlichen Galeriewald überragen. Rechts im Bild ist der Iringou zu sehen. - Foto: NABU
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Volker Salewski (im NABU T-Shirt) und das Team der Station. Von links nach rechts: Lakado, Inza, David und Richard. Nicht im Bild: Koffi. - Foto: NABU
Geierküken in Sicht!
Volker Salewski, Comoé NP, 16. Januar 2020
Der Iringou ist ein Nebenfluss des Comoé. Er wird von einem zum Teil sehr dichten Galeriewald begleitet, in dem viele der großen Kapokbäume wachsen, in denen Geier brüten. In dieser Saison haben wir bereits acht Nester des Weißrückengeiers gefunden, ohne jedoch schon alle zu Fuß erreichbaren Bereiche abgelaufen zu haben. Bereits jetzt ist jedoch klar: Wir haben ein für den Erhalt von Geiern in Westafrika bedeutendes Gebiet gefunden, für das die Schutzbemühungen verstärkt werden sollten.
Um Bestandsschwankungen zu verstehen und um Gründe für Zu- oder Abnahmen der Geierzahlen zu erklären, wäre es aber auch wichtig, den Bruterfolg zu ermitteln. Zum Glück können wir in die Nester der Geier sehen und zwar mit Hilfe der Termitenforscherin Judith und ihrer Drohne, die sie eigentlich zum Kartieren von Termitenhügeln einsetzt. In einem Probelauf sollte zuerst getestet werden, ob es überhaupt möglich ist, mit der Drohne Einzelheiten in den Geiernestern zu erkennen. Die Drohne wurde dazu möglichst kurz, um keine großen Störungen zu verursachen, über zwei Geiernester in einem Baum gesteuert, anschließend über ein weiteres in einem Nachbarbaum. Das Ergebnis: Die Altvögel verlassen das Nest nicht, wenn die Drohne kurz über ihnen steht. Die Köpfe von kleinen Geierküken waren aber in beiden Fällen deutlich erkennbar. Die Anwendung einer Drohne könnte somit ein geeignetes Hilfsmittel sein, um den Bruterfolg von Geiern zu ermitteln.
Drei Wochen haben mein Kollege Heinz und ich, und ein wenig auch Judith, gemeinsam nach Geiern im Nationalpark gesucht. Für Heinz und Judith heißt es schon wieder Abschied nehmen, während ich noch weiter drei Wochen bleiben werde. Das heißt aber nicht, dass ich alleine sein werde: Das Team an der Station wird wie immer dafür sorgen, dass mein Aufenthalt hier sehr angenehm sein wird. Ihnen allen jetzt schon mein Dank, dass sie zum Gelingen des Projekts mit beitragen.
Vor dem Aussterben retten
Kappengeier und Wollkopfgeier sind akut vom Aussterben bedroht, die Bestände des Wollkopfgeiers haben afrikaweit in den letzten 30 Jahren um etwa 96 Prozent abgenommen. Nur große Schutzgebiete wie der Comoé Nationalpark können sein Überleben garantieren. Wir hoffen, mit unserer Arbeit die Bedeutung der Schutzgebiete hervorheben zu ihrem Erhalt beitragen zu können.
Berichte 2019
Buschbrände und Geiernester
Volker Salewski, Comoé NP, Woche 1, Januar 2019
Geier sind in Westafrika selten geworden. Gründe dafür sind die illegale Wilderei und vor allem der Verlust von Lebensräumen. Großflächige, natürliche Savannen, in denen Geier vor Verfolgungen sicher sind, gibt es nur noch wenige. Eine davon ist der Comoé Nationalpark im Nordosten der Elfenbeinküste, eines der größten Schutzgebiete in Westafrika.
Seit etwa einer Woche bin ich gemeinsam mit meinen Freunden Olga und Vlad aus Husum, im Comoé Nationalpark, um die Geierbestände zu erfassen und ihre Nester zu suchen. Die erste Woche haben wir damit verbracht, Wanderungen in der Nähe der Forschungsstation im Süden des Parks zu unternehmen, um uns an das Klima zu gewöhnen, das so gar nichts mit dem mitteleuropäischen Winter zu tun hat. Jetzt, mitten in der Trockenzeit, fallen vor allem die vielen Buschfeuer auf, die einmal im Jahr von Norden nach Süden durch den Park laufen. Sie locken oft große Schwärme von Greifvögeln sowie verschiedene Arten von Bienenfressern und Racken an, die vor den Feuern fliehende Heuschrecken erbeuten. Geier gehören allerdings nicht zu den Nutznießern der Brände, Heuschrecken sind ihnen als Nahrung zu klein.
Wir können nach den Bränden gut zu den in der Savanne eingestreuten Inselwäldern laufen. Nur in ihnen und in den Comoéfluss und seine größeren Zuflüsse begleitenden Galeriewäldern wachsen die rieseigen Kapokbäume, in denen die verschiedenen Geierarten bevorzugt brüten. Eine davon ist der vom Aussterben bedrohte Weißkopfgeier, dessen Bestände in den letzten 30 Jahren um etwa 96 Prozent abgenommen haben. In den letzten beiden Jahren haben zwei Paare nicht allzu weit von der Forschungsstation entfernt gebrütet. Wir haben beide Plätze wieder aufgesucht. Leider konnten wir nur eine Brut erneut bestätigen. Im Inselwald des zweiten Paares war der Horst in diesem Jahr nicht besetzt. Es hielt sich allerdings ein Weißkopfgeier in seiner Nähe auf. Da die Brutsaison zurzeit erst an ihrem Anfang steht, hoffen wir in einigen Wochen vielleicht doch noch eine weitere Brut nachweisen zu können.
Der Comoéfluss als Badewanne
Volker Salewski, Comoé NP, Woche 2, Januar 2019
In den letzten Tagen ist es still um uns geworden. Das heißt nicht, dass wir nicht aktiv waren, im Gegenteil: Wir haben eine mehrtägige Campingtour ins Innere des Comoé Nationalparks unternommen und dort gibt es keine Internetverbindung.
Von der Forschungsstation im Süden des Parks können wir zwar Tagestouren zur Geiersuche unternehmen, doch da der Park mit einer Fläche von 11 500 Quadratkilometern etwa drei Viertel der Größe Schleswig-Holsteins einnimmt, lässt sich auf diese Art immer nur ein kleiner Teil erforschen. Zusammen mit der Termitenforscherin Judith haben wir also ein geländegängiges Auto gepackt, sind etwa 40 Kilometer in den Park gefahren und haben ein provisorisches Lager aufgeschlagen. Die Savanne war unser Wohnzimmer, der Comoéfluss unsere Badewanne. Nachts schlichen die Ginsterkatzen heulend um die Zelte. Mehrere Tage liefen wir von unserem Lager aus viele Kilometer den Comoé entlang, immer mit dem Blick nach oben auf der Suche nach Geiern und ihren Nestern. Die Suche war erfolgreich: Wir haben ein Nest des Kappengeiers und sechs Nester des Weißrückengeiers gefunden. Wir konnten damit bestätigen, dass im Inneren des Parks Geier regelmäßig brüten. Die Ergebnisse unterstreichen erneut die Bedeutung des Nationalparks als Refugium für vom Aussterben bedrohte Tierarten wie zum Beispiel Geier in Westafrika.
Getrübt wurden unsere Beobachtungen durch die Feststellung, dass wir nicht die einzigen Camper in der Gegend waren. Schon am ersten Tag fanden wir Netze von Fischern, die den Comoé in seiner vollen Breite durchspannten. Später beobachteten wir die Fischer auch beim Auslegen ihrer Netze. In der Nacht hörten wir häufig Schüsse. Und einmal kroch uns am Galeriewaldrand der Geruch von geräuchertem Fleisch in die Nase.
Als ich mich in den 1990er Jahren regelmäßig im Park aufgehalten hatte, war Wilderei ein großes Problem. In den letzten Jahren war sie allerdings so gut wie nicht mehr vorhanden, da durch die Ebolakrise in den Nachbarländern vor einigen Jahren Wilderei an Attraktivität verloren hatte. Die Ebolakrise hatte dazu geführt, dass in der Elfenbeinküste der Verzehr von Wildfleisch verboten wurde, wodurch der Markt zusammenbrach. Der Wildfleischbann wurde allerdings vor zwei Jahren aufgehoben und es scheint sich wieder ein lohnender Markt dafür entwickelt zu haben.
Wir haben die Koordinaten unserer Beobachtungen aufgenommen und werden sie an die Parkautoritäten weiterleiten. Bleibt zu hoffen, dass es den Rangern gelingt, das Problem auf ein Minimum zu begrenzen, um die Vielfalt der Savannenlebensräume des Parks auch für die kommenden Generationen zu erhalten.
Acht auf einen Streich
Volker Salewski, Comoé NP, Woche 3, Januar 2019
Wir sind wieder auf der Suche nach Geiernestern. Olga steht unter einem besonders großen Kapokbaum mit seiner weit ausladenden Krone und meint: „Von hier aus kann ich jetzt sieben Nester sehen und dann kommt noch das in der großen Astgabel dazu, das man nicht sieht.“ Ich laufe mit GPS-Gerät und Fernglas zu ihr und zähle mit. Richtig, es sind acht große Nester im Baum und in jedem sitzt ein Weißrückengeier. Aus einigen Nestern kann man gelegentlich den kleinen Kopf eines Kükens hervorschauen sehen. Der Bestand der Weißrückengeier ist in den letzten dreißig Jahren afrikaweit um über 90 Prozent gesunken. Die Art gilt als vom Aussterben bedroht. Eine solche Ansammlung von Nestern, wie wir sie hier entdeckt haben, ist bemerkenswert. Einige Geierarten brüten in Felswänden und dort auch in größeren Kolonien. In Asien brütet der Bengalgeier in Kolonien auf Bäumen. Dass aber auch die in Afrika auf Bäumen brütenden Weißrückengeier solche Kolonien bilden können, war bisher nicht bekannt. Wenn alle acht Jungen flügge werden sollten, dann kann ein einziger Baum viel zum Erhalt dieser bedrohten Vogelart beitragen.
Geier sind Indikatoren für gut funktionierende Savannenlebensräume. In diesen gibt es ausreichend Nahrung und Lebensraum für große Säugetiere, die nach ihrem Tod wiederum den Geiern als Nahrung dienen. Bei unseren Fahrten und Wanderungen im Comoé Nationalpark können wir regelmäßig Kob-Antilopen, Kuhantilopen, die kleineren Rotflankenducker, Warzenschweine und gelegentlich Büffel beobachten. Leider sind die Flusspferde im Comoéfluss selten geworden, auch weil sie noch immer eine begehrte Beute von Wilderern sind. Für den Schutz im Park sind die Ranger zuständig. Unterstützung bekommen sie und die Parkverwaltung von der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Um sich über die Situation vor Ort zu informieren, hatten wir gerade Besuch einer gemischten Delegation dieser Organisationen. Während unseres Aufenthalts im Nationalpark habe ich die Gelegenheit genutzt, um dem Direktor des Parks, Roger Kouadio, über den Fortschritt des NABU-Geierprojekts zu berichten und mich für die Unterstützung der Parkverwaltung zu bedanken, die er im Anschluss auch weiterhin zugesagt hat. Es ist schön zu wissen, dass der NABU mit seinen Bemühungen zum Schutz der vom Aussterben bedrohten Geierarten nicht allein da steht.
Abschlussbericht
Volker Salewski, Comoé NP, Abschlussbeitrag, Februar 2019
Damit geht die diesjährige Geierreise auch schon ihrem Ende entgegen. Zwischen Ende Dezember und Anfang Februar habe ich mich für fast sechs Wochen im Comoé Nationalpark aufgehalten. Es war der insgesamt fünfte Aufenthalt seit 2015. Der Fund von 24 Nestern von drei vom Aussterben bedrohten Geierarten hat erneut die herausragende Rolle bestätigt, die der Park für den Schutz von Geiern in Westafrika spielt. Zudem ergaben sich Hinweise, dass sich die Geier im Park ausbreiten. Zusammen mit der OIPR, der Organisation der Parkranger, mit Dr. N’Golo Kone von der Nangui Abrogoua University in Abidjan und mit Prof Wadja, Präsident der Organisation SOS Forêt, des BirdLife Partners in der Elfenbeinküste, wurden weitere Schutzmaßnahmen und Projekte zum Geierschutz besprochen. Auf internationaler Ebene beteiligen wir uns an zurzeit laufenden Diskussionen zur Einrichtungen von Geierschutzzonen in Afrika und hoffen damit einen Beitrag zum Schutz einer hoch bedrohten und für afrikanische Savannen so typischen Vogelgruppe leisten zu können.
Die Geier Afrikas standen lange nicht im Fokus des internationalen Vogelschutzes. Inzwischen gelten viele Arten nach den Kritierien der IUCN als "vom Aussterben bedroht". Der NABU setzt sich in der Elfenbeinküste für ihren Schutz ein. Mehr →