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Auf Augenhöhe
Tipps zum Fernglaskauf



NABU-Vogelschutzreferenten testen Ferngläser - Foto: NABU/Nicole Flöper
Rascheln hier, Vogel im Flug da. Mein erstes Mal im Berliner Großen Tiergarten zur Vogelbeobachtung stellt mich gleich vor eine große Herausforderung. Denn ich mache den typischen Anfängerfehler, wie mir mein Kollege und NABU-Vogelschutzexperte Lars Lachmann erklärt: Ich schaue durch ein Fernglas und versuche, den Vogel zu erwischen. „Das wird nicht funktionieren, denn der Vogel ist viel zu schnell, um ihn durchs Glas zu erfassen und scharf zu sehen“, meint Lachmann „Zuerst sollte man den Vogel mit den bloßen Augen fixieren und dann das Fernglas dazwischensetzen, also zwischen Vogel und Augen“.
Doch nicht nur die richtige Fernglasbenutzung, auch die Jahreszeit oder Tageszeit beeinflussen die Ausbeute der beobachteten Vögel. „Jetzt im Spätsommer sind die Tiere nicht mehr so aktiv. Die meisten Vögel sind in der Mauser, wechseln also ihr Gefieder, und das kostet Energie, also halten sie sich versteckt. Fliehen vor Beutegreifern muss jetzt nicht sein“, erklärt mir Eric Neuling, auch im NABU-Vogelschutzteam.
Was will ich beobachten?
Noch kann ich auch gar nicht richtig Vögel betrachten, denn wir testen zunächst verschiedene Ferngläser, um ein passendes für mich zu finden. Die Vogelgucker-Profis Lachmann und Neuling nutzen heute das Victory SF von Zeiss (10x42), das angesichts eines Preises von rund 2500 Euro aber eher kein Glas für Anfänger ist. „Grundsätzlich sollte jeder überlegen, bevor er sich ein Fernglas zulegt, wie oft und wo der- oder diejenige Vögel beobachten will. Wer nur ab und zu unterwegs ist, der findet gute Qualität auch schon für 300 Euro“, sagt Lachmann.
Wer beispielsweise Wasservögel beobachten will, die häufig weiter weg sind, braucht ein Glas, das in der Ferne noch gute, scharfe Bilder erzeugt, eine 10-fache Vergrößerung ist dann mindestens notwendig. Für die 30- oder 50 fache Vergrößerung benötigt der Profi dann aber ein Spektiv.
Gut informieren und ausprobieren
Grundsätzlich sollte man sich vor einen Fernglaskauf ausführlich informieren, welche Preisklasse und welches Modell infrage kommen könnten. Der richtige Fernglaskauf hängt stark von den individuellen Bedürfnissen ab, zudem kommen immer wieder neue und verbesserte Gläser auf den Markt. Und man sollte sein Fernglas vor dem Kauf möglichst in der Praxis ausprobieren, schließlich kann ein gutes Glas zu einem fast lebenslangen Begleiter werden.
Für Frühaufsteher und Nachteulen
Wichtig ist oft auch, dass man gut in der Dämmerung oder am Morgen sehen kann. Das heißt, je größer der Lichteinfall, desto heller das, was man sieht. Und das geschieht durch die Objektivlinse. Dazu muss man wissen, was die technischen Details bedeuten. Am Beispiel eines Fernglases mit 10×42 bedeutet dies, dass das Modell eine 10-fache Vergrößerung besitzt. Die zweite Kennziffer, in diesem Fall die 42, gibt den Durchmesser der Objektivlinse an. Je größer die Linse, umso mehr Licht kann aufgenommen werden. Was in der Dämmerung für sehr gute Sicht sorgt.
Aber Vorsicht: „Je größer das Objektiv, desto schwerer aber auch das Fernglas. Wer also längere Touren macht oder lange durch sein Fernglas schaut, sollte das beachten“, betont Lars Lachmann. Auch bei der Vergrößerung gibt es Tücken. „Wer eher eine zittrige Hand hat, der sollte sich nur eine 8-fache Vergrößerung zulegen, denn je höher die Vergrößerung, desto unscharfer, wenn es wackelt.“
Im Garten geht‘s auch ohne
Für Beobachtungen im eigenen Garten ist eine geringe Vergrößerung ratsam – und es gibt auch viele Situationen, in denen gar kein Fernglas benötigt wird. „Wer auf dem Balkon den Vögeln zusieht, der braucht im Normalfall kein Fernglas, da die Vögel alle in geringer Weite zu sehen sind“, so Neuling. Vor allem im Winter, wenn es eine Futterstelle gibt, tummeln sich vor dem Fenster die häufigsten Gartenvögel. Wer Glück hat, sieht dann auch mal einen eher seltenen Besucher wie die Wacholderdrossel. Wenn man nah dran ist und trotzdem etwas schärfer betrachten will, eigne sich auch ein Taschenfernglas, so Lachmann. Er selbst hat als 12-Jähriger mit einem Optolyth angefangen, hatte ein Fernglas von Leica und benutzt für die Arbeit aktuell das erwähnte Zeiss-Fernglas.
Da ich weder Garten noch Balkon habe, muss ich mein Glück eher am Wasser oder auf Wanderungen versuchen. Zur Auswahl stehen mir heute das Terra ED 8x32 und 8x42 von Zeiss. Schnell merke ich, dass es mit einfach durchschauen nicht getan ist. Heute trage ich Kontaktlinsen, muss aber trotzdem erst mal herausfinden, wie ich die Augenmuscheln am besten justiere. Irgendwie ist mein Sichtfeld immer schwarz.
Was machen Brillenträger?
Lars Lachmann zeigt mir, dass ich das Fernglas auch biegen kann, damit mein Blickfeld durch beide Gläser ausgerichtet ist: „Gute Binokulare haben sogar eine Dioptrien-Einstellung, die Brillenträger unabhängig für jedes Glas einstellen können.“ Bei hochwertigeren Ferngläsern kann man diese Einstellung einrasten lassen, sodass sie sich nicht beim Ein- und Auspacken oder mit der Zeit verschiebt. „Grundsätzlich würde ich immer zu einem qualitativ hochwertigen Fernglas raten, denn wenn es schnell kaputtgeht, dann verliert man das Interesse und die Freude am Beobachten.“
Jetzt im Herbst ist erst einmal Vogelzug angesagt, das heißt beste Beobachtungsbedingungen. Am Himmel ziehen vergleichsweise große Gänse, Kraniche, Enten oder Kiebitze vorbei oder sie rasten an großen Gewässern und sind dort gut zu beobachten. Trotzdem freue ich mich jetzt schon auf den zeitigen Frühling, denn dann sind die Vögel am einfachsten zu sehen und auch zu hören. „Die Vögel balzen um einen Partner, grenzen ihre Brutreviere ab und sind sehr aktiv“, so Neuling.
Welches Fernglas mich dabei dann begleitet, weiß ich aber noch nicht. Dazu sind noch mehrere Testrunden erforderlich. Eins weiß ich aber schon: Ich habe mit Sicherheit ein neues Hobby.
Nicole Flöper
NABU-Ferngläser
Bessere Werte bei Frontlinse, Okular, Lichtstärke, Dämmerungszahl und Vergütung machen sich beim Preis bemerkbar. Ferngläser kosten zwischen 25 und 2000 Euro, in brauchbarer Qualität mindestens 150 Euro. Für den Einstieg reicht das völlig aus. Mehr →
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