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Mehr Informationen zur Patenschaft!Fischbestände weltweit gefährdet
Durch Überfischung sind viele Fischarten in ihren Beständen bedroht



Die Bestände des einstigen „Brotfisches“ der Deutschen, der Kabeljau oder Dorsch, erholen sich nur langsam. - Foto: Rolf Jürgens
Viele Jahrhunderte lang glaubten wir, die Meere und die marinen Ressourcen seien unerschöpflich. Doch immer größer ist unser Bedarf an Fisch geworden und immer größere, industrielle Fangflotten durchpflügen die Meere auf der Suche nach neuen Fanggründen. Heute haben unser Appetit auf die Delikatessen der Meere und der Verbrauch von Fischmehl in der Viehzucht dazu geführt, dass 90 Prozent der weltweit kommerziell genutzten Fischbestände überfischt sind oder bis an ihre biologischen Grenzen befischt werden.
Und die Nachfrage an Fisch steigt weiter. Schätzungen zufolge wurden 2015 im Durchschnitt über 20 Kilogramm Fisch pro Person verzehrt – Tendenz steigend. In den 60er Jahren lag der Wert bei knapp 10 Kilogramm. Deutschland liegt mit 14 Kilogramm pro Jahr etwas unter dem weltweiten Durchschnitt.
Höherer Fangaufwand lässt den Fischen keine Chance
In den letzten Jahrzehnten sind die Anlandungen der weltweiten Meeresfischerei massiv gestiegen. Waren es 1950 noch 17 Millionen Tonnen, so wurden 2014 bereits 93 Millionen Tonnen Fisch gefangen. Seit Mitte der 1990er Jahre jedoch stagnieren die Fangerträge trotz erhöhten Fischereiaufwands. Wir fischen die Meere leer – immer mehr Schiffe, mit immer ausgefeilterer Fangtechnik, fangen immer weniger Fische! Und die gefangenen Fische werden immer kleiner. Insbesondere große Raubfische, die an der Spitze der Nahrungskette stehen, wie etwa Thunfische, Kabeljau, Haie und Rochen, wurden so stark dezimiert, dass ihre Bestände regional um bis zu 90 Prozent zurückgegangen sind.
Der anhaltend hohe Fischereidruck führt außerdem dazu, dass immer kleinere und jüngere Fische gefangen werden. So landen inzwischen 93 Prozent des Nordsee-Kabeljaus in den Netzen, bevor die Tiere sich zum ersten Mal fortgepflanzt haben. Einzelne Wissenschaftler befürchten inzwischen, dass die kommerziell genutzten Fischbestände bis zum Jahr 2048 vollständig zusammenbrechen könnten. Und nicht nur die europäischen Meere werden geplündert. Immer weiter fahren die europäischen Fangflotten. Sie fischen inzwischen auch vor der Küste Afrikas und exportieren so das Problem der Überfischung anstatt es zu lösen.
Darüber hinaus ist die Fischzucht in Aquakulturanlagen in den letzten 20 Jahren drastisch gestiegen, 2014 wurden fast 74 Millionen Tonnen Fisch in Aquakulturanlagen produziert – ein Großteil davon in China. Aquakultur birgt weitere Risiken wie Überdüngung, Verschmutzung, Einsatz von Antibiotika und trägt durch die Verfütterung von Fischmehl ebenfalls zur Überfischung bei.
Auch Bewohner am Meeresgrund und Seevögel sind betroffen

Typische Nordseevögel wie der Papageitaucher verenden bei ihren Tauchgängen in den Fischernetzen. - Foto: Frank Derer
Die intensive Fischerei hat nicht nur Folgen für die Fischbestände. Besonders der Einsatz von grundberührenden Fanggeräten hat weitreichende Konsequenzen. Einige Regionen der Nordsee werden bis zu 20 Mal im Jahr von schweren Grundschleppnetzen auf der Jagd nach Bodenfischen durchpflügt. Die sensible Lebensgemeinschaft des Meeresbodens – Seesterne, Nesseltiere, Muscheln und Schnecken – wird so langfristig teilweise geschädigt oder sogar unwiederbringlich zerstört.
Darüber hinaus verenden jährlich bis zu 400.000 Vögel in Netzen der europäischen Fischerei. So das alarmierende Ergebnis einer Literaturstudie des NABU-Dachverbandes BirdLife. In der Ostsee sind es ca. 76.000 Tiere. Insbesondere Stellnetze werden für Enten und Seetaucher zur tödlichen Falle. Aber auch marine Säuger sind betroffen. Für die stark gefährdete Schweinswalpopulation in der zentralen Ostsee ist dies besonders dramatisch – Ertrinken in Stellnetzen stellt hier die häufigste Todesursache dar. Der Einsatz alternativer Fangmethoden muss dringend vorangetrieben werden.
Die EU-Regelungen greifen nicht
Die Fischerei in Deutschland ist traditioneller Bestandteil von Wirtschaft und Kultur an den Küsten und Flüssen. Mehr als 40.000 Menschen arbeiten im Fischereisektor. Die deutsche Fischereipolitik ist dabei vollständig in die europäische Politik integriert. Subventionen, Schonzeiten, Höchstfangmengen und technische Maßnahmen werden auf EU-Ebene verhandelt und entschieden. Diese gehen zwar in die richtige Richtung, werden aber nicht konsequent genug umgesetzt. Die Fischereiminister halten sich bei der Festlegung der Fangmengen oft nicht an die wissenschaftlichen Empfehlungen. Auch das Thema Beifangvermeidung wird auf EU-Ebene ignoriert – hier scheinen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund zu stehen.
Fischerei in Meeresschutzgebieten kaum eingeschränkt
Fast die Hälfte der deutschen Meeresfläche steht als Natura-2000-Gebiet unter Schutz. Und auch in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (das ist die Zone zwischen zwölf und 200 Seemeilen jenseits der deutschen Küste) sind seit September 2017 alle Natura-2000-Gebiete der deutschen Nord- und Ostsee als Naturschutzgebiete ausgewiesen. Doch auch in unseren Meeresschutzgebieten unterliegt die Berufsfischerei kaum Beschränkungen. Besonders die Stellnetzfischerei und die grundberührenden Schleppnetze laufen dem Ziel des Schutzgebietsnetzwerks von Natura 2000 zuwider, die biologische Vielfalt im Meer zu erhalten und wiederherzustellen.
Da Beschränkungen der Berufsfischerei in den Schutzgebieten nicht von Deutschland hoheitlich geregelt werden können, wird diese Frage zurzeit auf europäischer Ebene im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) diskutiert. Darüber hinaus beschäftigt sich eine Verbändeklage mit der wichtigen Frage, ob die GFP die Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien einschränkt oder verdrängt. Ein Urteil des EuGH wird hier im Januar 2018 erwartet.
Für eine nachhaltige Fischerei fordert der NABU:
- strikte Einhaltung der wissenschaftlichen Empfehlungen bei der Festlegung der Fangquoten und die Erstellung von mehrjährigen Fangplänen
- Vermeidung von Beifang, zum Beispiel durch die Nutzung alternativer Fangmethoden
- Verbot von grundberührender Fischerei und Stellnetzen in Natura-2000-Gebieten
- Verzicht auf jegliche menschliche Nutzung in mindestens 50 Prozent der deutschen Natura-2000-Gebiete
- Fangverbot für gefährdete Arten wie Aal, Thunfisch, Haie und Rochen
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