Nachhaltige Innovationen
Innovationen sind mehr als Produkte und Patente


Es ist wichtig, mit möglichst vielen gesellschaftlichen Ideen und Interessen Leitbilder für eine wünschenswerte Zukunft zu entwickeln. - Foto: Helge May
Hinter den Forschungs- und Innovationsprogrammen der Bundesregierung stehen Zukunftsvorstellungen, die die Interessen, Wünsche und Erwartungen einer bestimmten Gruppe, insbesondere aus Wirtschaft und technologieorientierter Forschung abbilden. Daraus resultieren Entscheidungen für technologische Entwicklungen, die Pfade und Pfadabhängigkeiten bestätigen (wie der Elektromotor die Zukunft der Automobilindustrie) oder neue schaffen wie Bioenergie. Deshalb ist es so wichtig, mit möglichst vielen gesellschaftlichen Ideen und Interessen gemeinsam Leitbilder einer wünschenswerten Zukunft zu entwickeln. Mobilität ist viel mehr als die reine Fixierung auf das Auto, eine nachhaltige Landwirtschaft viel mehr als nur die Fixierung auf gentechnisch verändertes Saatgut.
Nachhaltigkeit muss zirkulär gedacht werden
Doch ein solches systemisches Innovationverständnis setzt ein systemisches Nachhaltigkeitsverständnis voraus. Statt des immer wieder verwendeten Silomodells muss Nachhaltigkeit zirkulär und integriert gedacht werden wie im „Nested Modell“. Nur mit einer resilienten und robusten Ökonomie in einer gesunden Gesellschaft, die auf eine intakte und funktionierende Umwelt (Ökologie) angewiesen ist, sind die Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheiten und Welternährung zu bewältigen (Quelle: Source: Stockholm Resilience Institute, Retrieved 27/01/2017)
Innovationsförderung mit gesellschaftlichem Nutzen verbinden
Open Innovation, das Innovationsprinzip in der Gesetzesgebung, die stärkere Förderung von Forschung und Innovation (F&I) darf nicht nur vorrangig für Wirtschaftswachstum, Patente und Exportstückzahlen gedacht werden, wobei die Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung dann noch als ein weiteres add on erwähnt wird. Transformation und Nachhaltigkeit bleiben an der Oberfläche, so lange sich nicht grundlegend den Verbrauch an endlichen Ressourcen und die CO2-Bilanz ändert, dies muss das vorrangige Ziel einer jeden F&I Strategie, die mit Steuergeldern unterstützt wird, sein. Dies gilt gleichermaßen für die Sustainable Development Goals (SDG) mit Reduktionszielen für Wasser-, Landverbrauch oder klimarelevante Emissionen, deren Erreichung ein Erfolgskriterium für F&I sein sollte. Denn hier hat sich die Bundesregierung zu einer klaren Werteorientierung für ihr politisches Handeln verpflichtet.
Die gängige Erfolgsmessung für F&I mit einem reinen Inputfaktor, Anteil am BIP, wie sie auch im Nachhaltigkeitsbericht der Bundesregierung als Kriterium erscheint, reicht daher bei weitem nicht aus. Hier müssen neue Referenzsysteme und Alternativen zum BIP (siehe auch Abschlussbericht der Enquete: Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität 2013 ) herangezogen werden.
Ein systemisches Innovationsverständnis umsetzen
Kultur, Werte, Infrastrukturen, Produktion, Konsum und Politik sind untrennbar mit technologischen Entwicklungen verbunden, deshalb müssen diese Bereiche in alle Innovations-Strategien einbezogen werden. Dies gilt von der Besetzung der Experten- und Gutachter-Gremien bis hin zur Ausschreibung, Projektdurchführung und Evaluation. Ausgehend von einem systemischen Nachhaltigkeitsverständnis muss jede Innovation sich auch mit der natürlichen Umwelt und den planetaren Grenzen ins Einvernehmen setzen, wenn sie langfristig zum Gemeinwohl beitragen will. Positive wie negative Externalitäten weit über die Klimarelevanz hinaus müssen abgewogen werden.