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Vogelschutz an Mittelspannungsleitungen nun verbindlich geregelt



Masten und Drähte von Mittelspannungs-Freileitungen sind beliebte Späh- und Rastplätze unserer Großvögel. Hier rasten Rotmilane auf der Traverse und Rabenkrähen auf den Drähten. Foto: Dr. Dieter Haas
30. Januar 2012 - Seit August letzten Jahres gilt die neue VDE-Anwendungsregel zum Vogelschutz an Mittelspannungsfreileitungen (VDE-AR-N 4210-11). Sie ist in das VDE-Vorschriftenwerk aufgenommen worden und damit für alle Netzbetreiber verbindlich. Auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes sind in der Anwendungsregel konkrete Vorgaben für den Neubau von Freileitungen einschließlich des Ersatzes einzelner Masten vorgegeben. Auch für bestehende Masten sind technische Maßnahmen formuliert. Diese müssen flächendeckend bis Ende 2012 gesichert werden.
Die Anwendungsregel ist zwar ein Kompromiss zwischen Netzbetreibern und Vogelschützern, aber für den Schutz von Großvögeln wurde viel erreicht. Die Vorschrift setzt darüber hinaus Maßstäbe in Europa und für andere Länder. Die intensive Zusammenarbeit von Naturschützern, Netzbetreibern und Umweltbehörden führte zu diesem Erfolg für den Vogelschutz.
An Abspannmasten sind Isolatoren mit mindestens 600 Millimetern Isolationslänge einzusetzen. Für Masten können zukünftig neue Bauformen, zum Beispiel mit isoliertem Querträger oder isoliertem Mastkopf verwendet werden. Bedingung ist, dass Vögel keine höheren Körperströme als zwei Milli-Ampere bei einer Berührung erleiden. Da auch bei Holzmasten höhere Ströme fließen, müssen im Neubau der Kontakt zwischen Leiter und Mast ausgeschlossen werden.
Um auch Kurzschlüsse durch Vögel mit großen Spannweiten oder durch mehrere Vögel weitestgehend auszuschließen, ist ein Phasenabstand von mindestens 2,4 Metern vorgeschrieben, wenn sich dazwischen eine Sitzgelegenheit befindet. Mastschalter dürfen nur noch unterhalb des Mastkopfes angeordnet werden. Für die nachträgliche Sicherung von Abspannmasten können neu entwickelte Plastabdeckungen eingesetzt werden. Die Verwendung von Büschelabweisern ist nur noch ausnahmsweise zulässig, etwa wenn an Abspannmasten andere Maßnahmen nicht realisierbar sind.
Keine Verkabelungspflicht

Dieser Uhu hatte nach der Landung auf diesem Schaltermast keine Überlebenschance. Er blieb nach dem Stromschlag zufällig verschmort hängen. - Foto. Dr. Dieter Haas
Viele Vogelschützer fragen sich, warum im Neubau und für den Ersatz von Freileitungen nicht eine generelle Verkabelung zur Pflicht gemacht wird. Leider konnte diese Forderung nicht durchgesetzt werden. Die Netzbetreiber stellen aber verstärkt auf Verkabelung um. In der VDE-Anwendungsregel ist formuliert: „Das Verkabeln von Mittelspannungsleitungen ist die sicherste Maßnahme für den Vogelschutz.“. Und weiter wird angemerkt: „Erdverkabelte Leitungen schließen auch die Kollision von Vögeln mit Seilen aus. Überall dort, wo es technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, sollten Leitungen erdverkabelt werden.“
Die Aufgabe der Vogelschützer und der Naturschutzbehörden besteht jetzt darin, die Umsetzung der neuen Vorschrift bei den Netzbetreibern konsequent einzufordern und bei Verstößen sofort zu reagieren. Wir bitten die vor Ort tätigen Naturschützer die flächendeckende Nachrüstung bis Ende 2012 zu kontrollieren und die Beseitigung von Mängeln bei dem jeweiligen Netzbetreiber einzufordern. Stromtodopfer und Defizite bei der Umsetzung der vorgeschriebenen Vogelschutzmaßnahmen bitte weiterhin erfassen, den Naturschutzbehörden und auch den Autoren melden:
Dipl.-Ing. Winfried Böhmer
Kraftwerkstraße 11b
03226 Vetschau/Spreewald
wboehmer@t-online.de
Dr. Dieter G. Haas
Zillhauser Straße 36
72459 Albstadt-Pfeffingen
dghaas@web.de
Die VDE-Anwendungsregel ist zum Preis von 54,73 Euro zu beziehen. Anschrift: VDE-Verlag, Postfach 120143, 10591 Berlin. Vertieft wird das Thema auch im Fachbuch „Stromtod von Vögeln“.
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