Aus Afrika und Spanien machen sich die Weißstörche auf den Weg zu uns. Doch manche Nester bleiben leer. Kümmern wir uns gemeinsam darum, die Zugvögel auf ihrer weiten Reise zu schützen.
Mehr Informationen zur Patenschaft!Hans-Albert ist ein fauler Storch
NABU-Senderstörche unterwegs in Europa
Hans-Albert ist ein fauler Storch oder hat es ziemlich gut getroffen: Er überwinterte in Spanien und pendelte im Januar dieses Jahres jeden Tag zwischen seinem Schlafplatz an den Teichen von El Porcall und der Mülldeponie von Rivas-Vaciamadrid. Auf der dortigen Müllkippe findet der NABU-Senderstorch genug zu fressen. Die norddeutsche Population der Störche überwintert in der Zeit vom September bis Februar in Spanien zum Teil auf Müllhalden, wo sie sich von Abfällen und Kleintieren ernähren.
„Das Verhalten ist sehr energiesparend. Dort müssen die Störche nur einmal am Tag zur Müllkippe fliegen und warten, bis ein Müllaster ihnen das Futter vor die Füße kippt. In Afrika müssen sie stattdessen weite Strecken zurückzulegen, um an Futter zu gelangen“, erklärt NABU-Storchenexperte Kai-Michael Thomsen vom Michael-Otto-Institut in Bergenhusen. „Meiner Ansicht nach hätten sie noch viel mehr Zeit zur Futtersuche, da sie den restlichen Tag nur herumstehen“, so Thomsen. Wie sich das aber langfristig entwickelt, sei schwer vorauszusehen. „Denn auch in Spanien wird der Biomüll jetzt kompostiert oder in Biogasanlagen gebracht, eventuell verschaffen sich die Störche dann demnächst auch Zugang zu überdachten Lagerstätten.“
Senderstörche des NABU
Der NABU trägt seit 2009 zur Storchenforschung bei. Seitdem sind mehr als 15 Störche besendert worden, deren Daten im Michael-Otto-Institut des NABU in Bergenhusen in Schleswig-Holstein von Storchenexperte Thomsen ausgewertet werden. Momentan besitzen sechs Vögel einen Sender, deren Reisen im NABU-Blog „Störche auf Reisen“ verfolgt werden können. Adele, Arthur, Gustav, Hans-Albert, Lilly, Michael und Robert tragen 35 bis 50 Gramm leichte Solarsender, die wie Rucksäcke auf dem Rücken befestigt werden und die Vögel nicht behindern. Die Sender speichern die GPS-Koordinaten des Storches und senden sie an einen Satelliten oder über das Mobilfunknetz. Diese Daten werden dann regelmäßig in einer Karte im Internet aktualisiert.
Europa ist ein Storchenparadies, im Sommer wie im Winter. Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren anhand der Daten zur Zugvogelforschung herausgefunden, dass die Störche, die im zentralen Europa brüten, weniger lange Strecken zurücklegen als in den letzten Jahrzehnten. Viele Westzieher fliegen nicht mehr bis nach Westafrika in ihr ursprüngliches Überwinterungsgebiet, sondern überwintern bereits in Spanien, Portugal oder Frankreich. Westzieher brüten vor allem in Westdeutschland, den Benelux-Ländern, Frankreich, Spanien und Portugal. Die Gründe für dieses veränderte Zugverhalten sind nicht eindeutig, aber häufig spielt das Nahrungsangebot eine Rolle. Die Ostzieher brüten im restlichen Teil Deutschlands sowie in Ost- und Südosteuropa und fliegen auf der Ostroute über den Bosporus und die Sinai-Halbinsel nach Ostafrika oder bis hinab nach Südafrika. Bei dieser Gruppe (Ostzieher) scheint es am Alter zu liegen, fanden die Forscher heraus. Die Altvögel fliegen nicht mehr so weit wie die Jungvögel, die sich ein größeres Gebiet erschließen wollen.
Verhalten nicht vorhersehbar
Auch das Verhalten der Störche im Winterquartier ist sehr variabel. So gibt es Individuen, die in jedem Winter das gleiche Gebiet aufsuchen, wie beispielsweise Michael, der mehrere Monate im Nordteil des Tschadsees verbringt. Andere wiederum überwintern in einem Jahr in der Sahelzone und ziehen im nächsten Jahr bis in die ostafrikanische Savanne oder sogar bis nach Südafrika. „Manchmal kommt es auch vor, dass es eine Woche lang keine Meldung von einem Storch gibt. Bei Lilly war das im Dezember der Fall. Das heißt dann meistens, dass sie in einer Gegend ist, in der es kein Mobilfunknetz gibt. Wenn es natürlich schlecht läuft, kann auch ein Storch auf der Reise umkommen, das war zwölf Mal der Fall“, sagt NABU-Storchenexperte Kai-Michael Thomsen. Die häufigsten Todesursachen bei Störchen sind in Europa Unfälle mit Strommasten oder Leitungen. Auf den Zugwegen oder in Afrika sind die Verlustursachen meist schlecht aufzuklären. Bisher konnten natürliche Feinde oder menschliche Bejagung als Ursachen festgemacht werden. Häufig dürften die Störche auch einfach an Schwäche und Hunger gestorben sein.
Störche brüten normalerweise immer wieder in dem gleichen Horst, sie sind also „ nesttreu“. Das heißt, wenn sich ein anderes Paar dort niedergelassen hat, wird es gnadenlos vertrieben. Dabei fliegen die Störche Angriffe und werfen sogar die Eier der anderen aus dem Nest. 2018 zogen die Senderstörche Robert und Lilly drei Junge groß, bei Michael, Arthur und Adele gab es jeweils zwei Junge. Der trocken-warme Sommer war für sie eher von Vorteil „Lange Regenzeiten im Frühjahr oder Sommer lassen die Küken erfrieren oder anfälliger für Krankheiten werden. Verstärkt wird die Nässe, wenn die Nester mit wasserundurchlässigem Material wie Plastik, Grassilage oder Rasenschnitt ausgepolstert sind. Generell hat jedoch der Landschaftswandel dazu beigetragen, dass es weniger Nahrungsgebiete gibt.
Der Bestand des NABU-Wappenvogels hat sich dennoch seit den 90er-Jahren in Europa jedoch erholt. Wenn es im September dann wieder ins Überwinterungsgebiet geht, werden wir sehen, ob Hans-Albert sich wieder in der Nähe der Müllkippe niederlässt.
Artikel aus der Naturschutz heute Mai 2019 - Nicole Flöper
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