Keine „grünen Spiele“ in Sotschi
IOC vernachlässigt bei Winter-Olympiade eigene Umweltstandards
04. Februar 2014 - Zum Start der Olympischen Winterspiele in Sotschi am 7. Februar kritisiert der NABU die mangelhafte Überwachung der Umweltstandards durch das Internationale Olympische Komitee (IOC). Bereits 2006 hatte es sich dazu verpflichtet, bei der Auswahl der Olympia-Orte auch Natur- und Umweltschutzaspekte zu berücksichtigen. „Die russische Regierung und das IOC hatten versprochen, Sotschi als ,grüne Olympiade‘ zu planen. Doch die olympische Infrastruktur richtete viel Schaden in der umliegenden Natur an“, sagt NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. Der IOC hatte die Mängel des Olympiaaustragungsortes zwar erkannt und Umweltstandards festgelegt, aber kaum überprüft, inwieweit sie in Russland umgesetzt wurden. „Die russische Regierung muss nun unbedingt Maßnahmen zur Kompensation der Umweltzerstörung ergreifen und beispielsweise Wälder wieder aufforsten“, fordert Tennhardt.
Der NABU hatte bereits im Jahr 2007 davor gewarnt, dass eine Veranstaltung dieser Größe im Großraum Sotschi ökologische Probleme nach sich ziehen würde und an das IOC appelliert, die Winterspiele nicht dort auszutragen. „Der Westkaukasus ist eines der bedeutendsten Biodiversitätszentren der Erde und Lebensraum der letzten Bergwisente Europas“, sagte Vitalij Kovalev, Leiter des NABU Kaukasusprogramms, der selbst aus dem Gebiet Krasnodar stammt. „Die Olympiade richtete zwar bislang nicht wie befürchtet Schäden im benachbarten UNESCO-Weltnaturerbegebiet Westkaukasus an, aber der Sotschier Nationalpark und die Imeretinskaya-Tiefebene sind von den Vorbereitungen stark gezeichnet“, so Kovalev weiter.
Die mangelhafte Überwachung durch das IOC zeigt sich beispielhaft anhand der Mülldeponien, die zum Teil in Nationalparknähe errichtet wurden. „Zwar existiert ein aufwendig ausgearbeitetes Abfallvermeidungs- und Entsorgungskonzept, doch wurde bisher kaum etwas davon umgesetzt“, bemängelte Kovalev. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Baumaßnahmen: Seit 2008 entstanden Sportkomplexe in Adler an der Küste und im 40 Kilometer entfernten Krasnaja Poljana/Esto Sadok im Landesinneren an der Grenze zum Weltnaturerbegebiet Westkaukasus und seinen Gebirgsmassiven. Die neu errichtete Straße und parallel verlaufende Eisenbahn, die beide Wettbewerbsorte verbindet, verläuft durch das Tal entlang des Flusses Mzymta, der Trinkwasserlieferant für die Bevölkerung Sotschis ist und direkt ins Schwarze Meer mündet. Die Errichtung der Verkehrswege ging zu Lasten des Mzymta und der umliegenden Wälder. Die Begradigung und Verschmutzung des Flusses sowie die Abholzung von Laubwäldern zwischen Adler und Krasnaja Poljana hinterlassen eine sichtbare Spur in der Landschaft des Großraumes Sotschi.
Auch wenn das gesamte Ausmaß ökologischer Schäden bislang nicht bekannt ist: „Sicher ist, dass Sotschi keine grüne Olympiade erleben wird. Sotschi ist ein Beispiel der Superlative und der Beweis, dass die derzeitigen Umweltstandards und die Vorgehensweise des IOC bislang unzureichend sind“, so Kovalev weiter.
2014 finden die Olympischen Spiele in Sotschi statt. Wo liegt das eigentlich genau, welche Naturschätze werden vor Ort bedroht und was fordert der NABU nun? Tom Kirschey, Sprecher der NABU-Arbeitsgruppe Kaukasus, beantwortet diese Fragen im Interview. Mehr →
Umweltfreundliches Olympia statt grüner Feigenblätter
NABU fordert Einhaltung von Umweltstandards
27. Juli 2010 - Der NABU warnt vor einer Gefährdung westkaukasischer Schutzgebiete durch die Olympischen Winterspiele 2014. NABU-Vizepräsident und Leiter des Fachbereichs Internationales Thomas Tennhardt und NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller besuchten die im Bau befindlichen Olympiaprojekte im südrussischen Urlaubsort Sotschi. Das UNESCO-Weltnaturerbe Westkaukasus grenzt unmittelbar an die Gebirgsregion der olympischen Winterspiele. Die Region zählt mit einer einzigartigen Flora und Fauna zu den wichtigsten Biodiversitäts-Hotspots der Welt. „Durch die olympischen Winterspiele besteht nun die Gefahr, dass es zu einem rasanten Naturverbrauch kommt. Die russischen Behörden haben uns jedoch jüngst versichert, dass es inzwischen keine Bauvorhaben mehr auf dem UNESCO-Weltnaturerbegebiet gibt“, sagte Tennhardt.
In einem Gespräch fordert der NABU die Vertreter des staatlichen Organisationskomitees Sotschi 2014 dazu auf, die selbst gesetzten Umweltstandards gewissenhaft einzuhalten. „Sotschi 2014 wird nicht nur an seinen sportlichen Leistungen gemessen, sondern auch daran, ob es der russischen Regierung gelingt Umweltstandards einzuhalten“, sagte Miller. Russland hat die Chance, sich entgegen bestehender Vorurteile als Vorreiter zu präsentieren. Die Vertreter des NABU boten ihre Unterstützung bei der Vorbereitung umweltgerechter Winterspiele an. So hat der NABU ein Projekt bei der Internationalen Klimaschutzinitiative der Bundesregierung eingereicht, das die Naturwälder in der Pufferzone des Weltnaturerbes Westkaukasus innerhalb von vier Jahren schützen und den Einsatz erneuerbarer Energien fördern möchte.
Das Organisationskomitee Sotschi 2014 betonte sein Interesse an einer verstärkten Kooperation mit deutschen Organisationen und wies darauf hin, dass man bereits eine Umwelt-, Abfallvermeidungs- und Klimaschutzstrategie entwickelt habe und diese auch umsetze. Bürgerbeteiligungen, „grüne“ Baustandards und Umweltverträglichkeitsprüfungen seien bereits implementiert. Dort wo es Beeinträchtigungen der Natur gegeben habe, sei man um Ausgleichsmaßnahmen bemüht und sehr an fachlicher Unterstützung aus Deutschland interessiert. Nach dem Gespräch erklärte Tennhardt: „Offenbar ist die Bereitschaft zur Rücksichtnahme auf Natur und Umwelt vorhanden. Damit es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt, müssen wir – und damit meine ich die deutsche Öffentlichkeit und Politik – klar machen, dass wir nicht nur grüne Feigenblätter sehen wollen, sondern dass wir auf die umweltfreundliche Ausgestaltung der Olympischen Winterspiele 2014 großen Wert legen.“
In der Region Westkaukasus befindet sich der größte europäische Hochgebirgsurwald, in dem noch frei lebende Herden von Bergwisenten umherziehen. Der NABU engagiert sich bereits seit mehr als zehn Jahren in dieser Region zum Schutz der einmaligen Naturlandschaft.
In Sotschi droht riesige Umweltzerstörung
Entscheidung des Standorts für Olympia 2014 wird vom NABU scharf kritisiert
5. Juli 2007: Der NABU hat die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees, die Olympischen Spiele 2014 in der russischen Stadt Sotschi am Schwarzen Meer auszutragen, scharf kritisiert. "Für 16 Tage Olympische Winterspiele wird wertvolle Natur unwiderruflich zerstört. Wieder einmal werden ökologische Interessen der Ökonomie geopfert", sagte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. Bei den letzten Winterspielen in Turin habe das IOC noch versprochen, bei der Auswahl der künftigen Olympia-Orte auch Natur- und Umweltschutzaspekte zu berücksichtigen. "Von "Green Olympics" ist die Entscheidung meilenweit entfernt. Schon die Auswahl von Sotschi als Austragungsort für Winterspiele ist nicht nachvollziehbar. Sotschi ist der südlichste Punkt Russlands und hat ein vergleichbar subtropisches Klima", betonte Tennhardt. Ferner gehört Sotschi zu den Regionen Russlands, die am stärksten unter dem Klimawandel zu leiden haben.
Durch die vermehrte Zahl der Niederschläge ist es in den vergangenen Jahren verstärkt zu Erdrutschen und Schlammlawinen gekommen, die teilweise gesamte Kurorte unter sich begraben haben. Die Arbeiten für die olympische Infrastruktur werden das sensible Ökosystem weiter belasten.
Im Fall Sotschi sollen alle olympischen Objekte in wertvollen, teilweise unberührten Naturlandschaften errichtet werden. Sieben davon sind direkt im Nationalpark Sotschi geplant, drei davon (die Bob-Bahn, das Olympische Dorf, die Biathlonanlagen) sogar in der schmalen Pufferzone des Staatlichen Kaukasischen Biosphärenschutzgebietes, einem seit 1999 als Weltnaturerbe anerkanntem Totalreservat. Alle anderen Objekte sollen in einem noch weitgehend natürlichen Tal mit für Russland einzigartig erhaltenen Sumpfgebieten angesiedelt werden, die unter anderem als wichtige Rastgebiete für Zugvögel dienen.
Der Westkaukasus ist eines der bedeutendsten Biodiversitätszentren der Erde und Lebensraum der letzten Bergwisente Europas. Bereits im Vorfeld der Entscheidung wurden Teile der Bevölkerung Sotschis und betroffene Bergdörfer erheblich unter Druck gesetzt, Grundstücke und Wohnhäuser den Bedürfnissen der Olympiaplanung unterzuordnen. Demokratische Entscheidungsstrukturen waren dabei nicht zu beobachten. "Die Mehrheit der Vertreter des IOC hat sich den Einflüsterungen der russischen Wirtschaftslobby gebeugt, ohne sich das Ausmaß der negativen Folgen für das einzigartige Weltnaturerbe im russischen Westkaukasus bewusst zu machen", so Tennhardt.
Olympiapläne 2014 bedrohen Kaukasus-Natur
NABU fordert Einhaltung von Natur- und Umweltschutzstandards
3. Juli 2007: Anlässlich der anstehenden Entscheidung über den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 hat der NABU an das Internationale Olympische Komitee appelliert, den Antrag Russlands abzulehnen, die Spiele in der Stadt Sotschi am Schwarzen Meer auszutragen. Im Rennen sind außerdem noch Pyeongchang (Süd-Korea) und Salzburg (Österreich).
Im Fall Sotschi sollen alle olympischen Objekte in wertvollen, teilweise unberührten Naturlandschaften errichtet werden. Sieben davon sind direkt im Nationalpark Sotschi geplant, drei davon - die Bob-Bahn, das Olympische Dorf und die Biathlonanlagen - sogar in der schmalen Pufferzone des Staatlichen Kaukasischen Biosphärenschutzgebietes, einem seit 1999 als Weltnaturerbe anerkanntem Totalreservat. Alle anderen Objekte sollen in einem noch weitgehend natürlichen Tal mit für Russland einzigartig erhaltenen Sumpfgebieten angesiedelt werden, die unter anderem als wichtige Rastgebiete für Zugvögel dienen.
"Der Westkaukasus ist eines der bedeutendsten Biodiversitätszentren der Erde und Lebensraum der letzten Bergwisente Europas. Für 16 Tage Olympische Winterspiele soll wertvolle Natur unwiderruflich zerstört werden", kritisierte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. Auf Teile der Bevölkerung von Sotschi und betroffene Bergdörfer werde erheblicher Druck ausgeübt, Grundstücke und Wohnhäuser den Bedürfnissen der Olympiaplanung unterzuordnen. Demokratische Entscheidungsstrukturen seien dabei, ähnlich wie bei der Beeinträchtigung der natürlichen Ressourcen, nicht zu beobachten.
Der NABU, der maßgeblich an der Ausweisung des Staatlichen Kaukasischen Biosphärenschutzgebietes als Weltnaturerbe beteiligt war, lehnt wie seine lokalen Partner (Ökologische Wacht im Nordkaukasus, Adygeische Vertretung der Internationalen Sozial-Ökologischen Union und die Maikoper Vertretung der Russischen Gesellschaft für Naturschutz) die Olympischen Spiele im Kaukasus ab. Bei den vergangenen Winterspielen im italienischen Turin habe sich das IOC verpflichtet, bei der Auswahl der künftigen Olympia-Orte auch Natur- und Umweltschutzaspekte zu berücksichtigen. "Das Komitee muss sich nun an seinen Worten für "Green Olympics" auch konkret messen lassen. Jede Stimme für Sotschi ist verhängnisvoll für die Natur", so der NABU-Vizepräsident.