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Bilanz nach fünf Jahren Wald- und Klimaschutz in Indonesien
Von Annika Natus und Tom Kirschey
„Harapan“ lautet das Motto eines nun auslaufenden Klimaschutzprojektes auf der indonesischen Insel Sumatra. „Harapan“ bedeutet in der Landessprache „Hoffnung“. Das Projekt, das aus Mitteln der Internationalen Klimainitiative (IKI) des deutschen Bundesumweltministeriums (BMUB) gefördert wurde, gilt als Leuchtturm-Vorhaben im Tropenwaldschutz. Die knapp 100.000 Hektar große Region beherbergt einen der letzten Tieflandregenwälder Sumatras und ist eine Insel in einem Meer von Ölpalmen.
Jetzt steht es schwarz auf weiß: Sein Name ist Raju, er ist neun Jahre alt. Das Papier in seiner Hand berechtigt ihn, nach der fünften Klasse eine weiterführende Schule zu besuchen. Raju ist der erste in seiner Familie, der eine Geburtsurkunde besitzt, und der erste, der eine Schule besucht. Denn der traditionelle Lernort und die Einkommensquelle seiner Vorfahren war seit jeher der Wald. Sie nennen sich Batin Sembilan und sind indigene Einwohner eines Gebietes inmitten der letzten Tieflandregenwälder Sumatras. Dieser Waldtyp, der zu den artenreichsten der Welt zählt, bedeckte einst mit 16 Millionen Hektar fast die gesamte Insel. Heute sind davon nur noch etwa 300.000 Hektar übrig. Die knapp 100.000 Hektar große „Harapan“-Region, aus der Raju stammt, ist selbst eine Insel geworden – in einem Meer von Ölpalmen.
Überleben in einem Ölpalmen-Meer
Raju und die anderen Kinder der Batin Sembilan werden gezwungen sein zu lernen, sich in einer neuen Welt zurechtzufinden. In dieser Welt ist Palmöl ein Exportschlager. Unternehmen wie Wilmar, Dutapalma oder Sime Darby roden dafür Jahrhunderte alte Bäume und legen Plantagen an. Indonesiens Wälder schwinden sogar schneller als befürchtet und machen das Land nach China und USA zum drittgrößten Treibhausgas-Produzenten. Allein zwischen 2000 und 2012 gingen sechs Millionen Hektar Primärwald verloren – ein Gebiet von der Größe Sri Lankas. 2012 überholte die Primärwald-Vernichtung mit 840.000 Hektar sogar das zuvor führende Brasilien (460.000 Hektar). Eine Entwicklung, bei der Menschen ihre Heimat verlieren, manche sogar ihr Leben. Auch der „Harapan“-Regenwald hätte sich schon in Rauch aufgelöst, wenn nicht ein einzigartiges Projekt ihn in den vergangenen fünf Jahren beschützt hätte.
„Harapan“ heißt „Hoffnung“
„Harapan“ war das Motto des nun auslaufenden Klimaschutzprojektes, getragen von NABU, KfW-Entwicklungsbank, der indonesischen Partnerorganisation„Burung Indonesia“ und dem britischen BirdLife-Partner RSPB. „Harapan“, das bedeutet „Hoffnung“. Das Projekt, das aus Mitteln der Internationalen Klimainitiative (IKI) des deutschen Bundesumweltministeriums (BMUB) gefördert wurde, gilt als Leuchtturm-Vorhaben im Tropenwaldschutz. In nur wenigen Jahren ist aus dem Motto eine Ortsbezeichnung geworden: Als „Hutan Harapan“, „Wald der Hoffnung“, ist das Gebiet, das sich über die Provinzen Süd-Sumatra und Jambi erstreckt, unter Klimaschützern weltweit bekannt. 39 Wissenschaftler aus drei europäischen und fünf indonesischen Universitäten forschen zurzeit im Harapan-Regenwald.
Lizenz zum Schützen
Der Harapan-Regenwald ist das erste Projekt, in dem eine Lizenz zur Waldnutzung erprobt wurde, die „Lizenz für Ökosystem-Restaurationen“ (ERC). Hinter der sperrigen Bezeichnung verbirgt sich ein Erfolg für den Naturschutz, denn zuvor hatte Indonesien Konzessionen zur Waldnutzung nur für das Abholzen und die Umwandlung in Agrarflächen vergeben. Mit der ERC durfte und musste der Wald nun erstmals erhalten und aufgeforstet werden. Inzwischen wurden in ganz Indonesien zwölf Lizenzen dieser Art vergeben, weitere 40 warten auf Genehmigung, darunter auch das Konzessionsgebiet in der Provinz Gorontalo auf Nord-Sulawesi, wo der NABU jüngst ein weiteres Klimaschutzprojekt im Rahmen der IKI gestartet hat. Diese Regionen beherbergen längst keine ursprünglichen Wälder mehr, doch auch der bestehende Sekundärwald mit einigen Primärwald-Resten ist unglaublich artenreich. Im Harapan-Regenwald leben unter anderem Sumatra-Tiger, Sumatra-Elefanten, Asiatische Wildhunde und – erst vor wenigen Monaten hier entdeckt – mindestens zwei Nebelparder. Bislang wurden hier etwa 1200 Tier- und Pflanzenarten festgestellt.
Rajus Zukunft
Im Rahmen des Harapan-Projektes wurden 3.076 Hektar Wald wiederaufgeforstet und eine mindestens ebenso große Fläche durch gelenkte Sukzession restauriert. Es wurde ein System zur verbesserten Bekämpfung von Waldbränden etabliert. Auch eine Ambulanz wurde eingerichtet, die jedes Jahr 400 bis 600 Mal besucht wird und neben der Grund- und Notfallversorgung unter anderem für den Impfschutz der Kinder sorgt und zu Themen wie Familienplanung, Hygiene und Malaria-Prävention berät. Für Transporte ins Krankenhaus wurde ein Ambulanz-Wagen angeschafft. Um die Einkommenssituation der etwa 100 indigenen Familien zu verbessern, wurden die Familien unter anderem in traditioneller Farnflechterei geschult – eine Technik, die ihre Großmütter und Großväter noch kennen. 50 Kinder der Bathin Sembilan besuchen zurzeit die vom Projekt eingerichtete Grundschule, unter ihnen auch Raju. Auch beim Flecht-Workshop ist er gern dabei, dann darf er die Kamera unserer Kollegen benutzen und Schnappschüsse machen. Bei unserem Abschied fragt er, ob wir wiederkommen werden. Was hätten Sie ihm gesagt?
„Wir alle machen uns an der fortschreitenden tropischen Urwaldvernichtung mitschuldig“, sagt Wolfgang Dörre aus Oberursel im Taunus. Zu unserem „Naturschutz heute“-Artikel „Projekt ‚Hoffnung‘“ erreichte uns sein Leserbrief, den wir hier in voller Länge veröffentlichen:
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