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Jetzt NABU-Mitglied werden!"Die Kompetenz der Umweltverbände nutzen"
Interview mit dem neuen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel
"Die Kompetenz der Umweltverbände nutzen"
Interview mit dem neuen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel
Wenn es tatsächlich Menschen gibt, die auf die Besetzung von Ministerposten Wetten abschließen, so hätten diese beim neuen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel vermutlich einen schönen Schnitt gemacht. Doch so überraschend die Ernennung des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten für viele kam, so einhellig positiv waren die ersten Reaktionen: Durchsetzungsstark sei der SPD-Mann, ein politisches Schwergewicht und aus seinem Heimatland Niedersachsen vor allem mit der Atompolitik bestens vertraut. Naturschutz heute-Chefredakteur Bernd Pieper sprach mit dem 46-Jährigen über den Start als Bundesumweltminister sowie die anstehenden Aufgaben:
Welche umweltpolitischen Probleme wollen Sie als neuer Bundesumweltminister zuerst und mit welchem Ziel anpacken?
Ich war ja kaum eine Woche im Amt, da ging es schon nach Montreal zur Klimakonferenz. Dort war es zunächst wichtig, die Blockade beim Kyoto-Nachfolgeprozess aufzulösen. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen. Außerdem hat die neue Bundesregierung zur Sicherung des Naturerbes erst mal einen Verkaufsstopp für bundeseigene Flächen erlassen. Wir wollen bedeutende Naturschutzflächen des Bundes in eine Bundesstiftung einbringen oder an die Länder übertragen. Dabei geht es um eine Größenordnung von 80.000 bis 125.000 Hektar.
Montreal war die Feuertaufe...
Nächtelange Verhandlungen bis zur Erschöpfung aller Beteiligten, und das noch in Räumen ohne jedes Tageslicht, scheinen zum festen Ritual solcher Veranstaltungen zu gehören. Doch der Einsatz hat sich gelohnt - der Startschuss für Verhandlungen über "Kyoto 2" ist gefallen. Auch die Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden in Montreal war sehr intensiv und produktiv. Insgesamt muss man aber sagen, dass die Schritte in der Klimapolitik noch zu klein sind. Klaus Töpfer hat recht, wenn er sagt: Die Weltgemeinschaft reagiert zu langsam.
Und wie geht es weiter in der nationalen Umweltpolitik?
Wir wollen einerseits, etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien, auf dem bisher bereits Geleisteten aufbauen und andererseits auch einige Dinge anpacken, die unter der vorherigen Regierung nicht so recht vorwärts gekommen sind. Beispielsweise im Lärmschutz, Stichwort Fluglärmgesetz. Aber auch bei der Frage der sicheren Endlagerung von Atommüll wollen wir in dieser Legislaturperiode zu einer Lösung kommen.
Wie sehen Sie die Rolle der Umweltverbände bei der Gestaltung einer nachhaltigen Umweltpolitik?
Ich habe sehr schnell den Kontakt zu den Verbänden gesucht. Denn ich möchte das Engagement und die Kompetenz der Verbände nutzen - und damit meine ich nicht ausnutzen. Umweltverbände müssen die Handlungen einer Regierung einerseits kritisch begleiten, aber sie sind andererseits auch frei beispielsweise von den Zwängen einer Ressortabstimmung. Deshalb: wir werden sicher nicht immer einer Meinung sein, aber das sind die Umweltverbände untereinander ja auch nicht immer und in jeder Frage. Ich strebe einen kritischen und konstruktiven Dialog an.
Das Bundesumweltministerium hatte immer wieder Konflikte mit anderen Ministerien. Wie wollen Sie das künftige Miteinander im Sinne besserer Ergebnisse für Natur und Umwelt angehen?
Eine ganze Reihe von Politikfeldern haben unmittelbare Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Es liegt deshalb in der Natur der Sache, dass ein Umweltminister gelegentlich in Konflikt mit den Interessen anderer Kabinettskollegen kommt. Aber das Bundeskabinett ist ein Team. Unsere Basis ist die Koalitionsvereinbarung, die wollen wir umsetzen. Wir können nur gemeinsam dafür sorgen, dass diese Koalition Erfolg hat und damit auch unsere guten Ziele umgesetzt werden.
Ein SPD-Umweltminister in einer schwarz-roten Koalition und in Zeiten heftiger ökonomischer Reformdebatten: ist das Bürde, Profilierungschance oder beides?
Also eine Bürde ganz sicher nicht! Ich mache das ja freiwillig, mich hat keiner gezwungen. Und Profilierungschance, das hört sich so nach Durchlauferhitzer an. Darum kann es aber überhaupt nicht gehen. Denn das Umweltministerium hat an Bedeutung gewonnen, Umweltthemen sind Zukunftsthemen. Im Umweltministerium werden keine Probleme verwaltet, sondern Lösungen und Konzepte erarbeitet, die unser Leben morgen bestimmen werden. Ich freue mich darüber, dass diese Erkenntnis in der Sozialdemokratie gereift ist und dass wir bei der Ressortverteilung innerhalb der großen Koalition beim Umweltministerium zugegriffen haben. Das wäre vor einigen Jahren noch anders gewesen.