Weltnaturkonferenz verabschiedet neues Weltnaturabkommen
Der NABU begleitet die Verhandlungen




Bei der Verkündung war die Erleichterung spürbar. Allerdings gibt es nicht nur Grund zur Freude. - Foto: Julian Bethke
Nach zähen und intensiven Verhandlungen haben die etwa 200 Vertragsstaaten auf der Weltnaturkonferenz im kanadischen Montréal im Dezember 2022 das Weltnaturabkommen verabschiedet. Darin bekennen sich die Nationen dazu, die biologische Vielfalt zu erhalten und schützen.
- Bis zum Jahr 2030 sollen mindestens 30 Prozent der Landschaft und der Meere zu Schutzgebieten werden.
- Die Länder verpflichten sich, mehr Geld in den Schutz der Artenvielfalt zu investieren: Reichere Länder sollen ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zahlen.
- Risiken aus Pestiziden und Düngemitteln für die Natur sollen halbiert werden.
Dennoch blickt der NABU mit Ernüchterung auf das Ergebnis: Es fehlen konkrete Vereinbarungen zur Umsetzung und messbare Ziele.
Rückblick auf die vorherigen Konferenzen
Im Jahr 2010 beschlossen die Vertragsstaaten der CBD auf ihrer 10. Vertragsstaatenkonferenz einen umfangreichen „strategischen Plan“ zum Erhalt der biologischen Vielfalt mit einer Laufzeit von 2011 bis 2020. Dieser Plan besteht im Wesentlichen aus 20 konkreten Kernzielen (den „Aichi-Targets“ beziehungsweise „Aichi-Zielen“). Bereits auf der 13. Vertragsstaatenkonferenz 2016 in Cancún (CBD COP13) war festgestellt worden, dass alle Länder großen Nachholbedarf hatten, die festgelegten Ziele zu erreichen.
Auf der 14. Vertragsstaatenkonferenz 2018 in Scharm El-Scheich (CBD COP14) wurde diskutiert, was noch getan werden kann, um in den letzten zwei Jahren möglichst vielen „Aichi-Zielen“ wenigstens näher zu kommen. Dennoch wurde erneut deutlich, dass die gesteckten Ziele noch lange nicht erreicht wurden, denn der Verlust von Arten und Lebensräumen dauert weiter an. Daher diskutierten die Vertragsstaaten auf der CBD COP14 in Ägypten bereits über ein mögliches Nachfolgeabkommen ab 2020 und die nächsten Verhandlungsschritte. Seit Veröffentlichung des globalen Biodiversitätsberichts ist klar, dass keines der Ziele vollständig erreicht werden konnte.
Mehr Ambitionen nötig
Viele der Verhandlungen zu einem Nachfolgeabkommen für den Erhalt der biologischen Vielfalt finden bereits im Vorfeld zur Weltnaturkonferenz (CBD COP15) statt. Gemeinsam mit dem internationalen Dachverband BirdLife International setzt der NABU sich dafür ein, dass die neue Strategie der Vertragsstaaten der CBD ambitionierter und verbindlicher wird als der bisherige Plan.
In Deutschland und der Europäischen Union fordert der NABU gemeinsam mit anderen Organisationen von den verantwortlichen Regierungsvertreter*innen, sich für eine wirkungsvolle globale Zielvereinbarung ab 2022 zum Erhalt der biologischen Vielfalt einzusetzen und diese rasch umzusetzen.
Meilensteine auf dem Weg zum globalen Naturschutzabkommen
- September 2020: Veröffentlichung des Globalen Berichts zum Zustand der biologischen Vielfalt
- Treffen des unterstützenden Gremiums für wissenschaftliche, fachliche und technische Beratung (SBSTTA, Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice): SBSTTA-24: Mai/Juni 2021, online
- Treffen des unterstützenden Gremiums für die Implementierung (SBI, Subsidiary Body on Implementation): SBI-3: Mai/Juni 2021, online
- Fortsetzung SBSTTA-24: März 2022, Genf, Schweiz
- Treffen der „Open-Ended Working Group“ (OEWG, ergebnisoffene Arbeitsgruppe): Debatten der Vertragsstaaten bzw. Vorverhandlungen über die Struktur und Ziele des neuen Abkommens für die biologische Vielfalt:
- OEWG1: August 2019 in Nairobi, Kenia
- OEWG2: Februar 2020 in Rom, Italien
- OEWG3: August/September 2021, online
- Fortsetzung OEWG3: März 2022, Genf, Schweiz
- OEWG-4: Juni 2022, Nairobi
- Digitaler Auftakt der COP-15: Oktober 2021
- Weltnaturkonferenz (Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die biologische Vielfalt CBD, COP15): 7. bis 19. Dezember 2022 in Montréal, Kanada
NABU-Forderungen
Der NABU vertritt bei zahlreichen Diskussionen und Einzelgesprächen mit Entscheidungsträger*innen folgende Forderungen für die neue Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt nach 2020:
- Die Verabschiedung eines ambitionierten Abkommens, das in der Lage ist, den dramatische Arten- und Lebensraumverlust bis 2030 zu stoppen und den Zustand zahlreicher Ökosysteme zu verbessern.
- Die Ziele bis 2030, die in dem Abkommen festgelegt werden, sollten klar formuliert und messbar sein und sich an wissenschaftlichen Anforderungen orientieren.
- Das Abkommen soll die Vertragsstaaten der CBD verbindlich dazu verpflichten, die Ursachen für den Artenverlust anzugehen, wie beispielsweise intensive Landwirtschaft, Entwaldung oder umweltschädliche Subventionen.
- Schutzgebiete an Land und auf dem Meer müssen weiter ausgeweitet und vor allem effektiver geschützt werden, damit sie nicht nur auf dem Papier existieren. Bereits zerstörte Gebiete sollten wiederhergestellt werden.
- Die Vertragsstaaten sollten sich verbindlich auf die vereinbarten Ziele festlegen und sich dazu verpflichten, ihre nationalen Biodiversitätsstrategien rasch zu aktualisieren und regelmäßig über ihren Fortschritt zu berichten. Die Vergleichbarkeit der Nationalen Biodiversitätsstrategien und Berichte ist ebenfalls sicherzustellen. Außerdem sollte das neue Abkommen möglichst passende Indikatoren beinhalten, an denen der Fortschritt der einzelnen Vertragsstaaten gemessen werden kann. Auch Mechanismen zur regelmäßigen und gegenseitigen Überprüfung sowie Nachschärfung bei Nicht-Erreichen der Ziele sollten eingeführt werden.
- Die Verhandlungen müssen bei den Staatschef*innen und Regierungsoberhäuptern oberste Priorität haben.
- Die Zivilgesellschaft soll in die Erarbeitung des neuen Plans weiterhin einbezogen werden.
- Die nötige Finanzierung zur Umsetzung der Ziele des neuen Abkommens ist sicherzustellen. Die Bundesregierung sollte neben ausreichendem Budget für die nationale Umsetzung auch ihren Beitrag zum Schutz und der Wiederherstellung der globalen Biodiversität deutlich erhöhen.
Wenn die Forderungen des NABU in dem neuen Weltnaturabkommen berücksichtigt werden, kann sich der Zustand von Ökosystemen, Tier- und Pflanzenarten weltweit bis 2030 enorm verbessern. Deshalb bringt der NABU seine Forderungen zum Schutz unserer Arten und Ökosysteme in den Prozess ein und informiert darüber – unter anderem durch Stellungnahmen, Studien, Gespräche, Online-Seminare und Blogbeiträge.
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