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Was bringen technische und natürliche Maßnahmen?
Deutschland muss sich sich besser gegen Hochwasser wappnen, das zeigten die Katastrophe im Ahrtal 2021 oder das Hochwasser Ende 2023, Anfang 2024 in mehreren Teilen des Landes. Vielerorts wird zu häufig auf den rein technischen Hochwasserschutz gesetzt. Doch das reicht nicht aus, betont der NABU. Nur eine Renaturierung unserer Flüsse und Auen sowie die Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Landschaft kann die Folgen von Hochwasser deutlich abmildern und gleichzeitig Dürren sowie Überhitzungen vorbeugen.
Unter technischem Hochwasserschutz werden Hochwasserschutzanlagen verstanden, die das Ausufern des Hochwassers in gefährdete Bereiche verhindern sollen. Typische Maßnahmen sind Dämme oder Deiche, Hochwasserrückhaltebecken und gesteuerte Polder, aber auch Talsperren. Allerdings schränken diese Anlagen das natürliche Abflussgeschehen von Flüssen erheblich ein und wirken sich negativ auf die natürlichen Wasserrückhaltepotenziale von Gewässern und Landschaft aus.
„Das erhöht insgesamt die Pegelstände, die dringend notwendigen Rückhalteflächen in der Aue dagegen stehen immer noch nicht ausreichend zur Verfügung“, bilanziert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Hochwasserpolitik vieler Bundesländer.
Mit der Abtrennung großer Flüsse von ihren Auen, also natürlichen Überflutungsflächen, durch Deiche bleiben die natürlichen Rückhalteräume für Hochwasser größtenteils weiterhin verloren.
Damit steigt die Gefahr, dass die Hochwasserwellen der Nebenflüsse mit der Welle des Hauptstroms zusammentreffen und so ein „Jahrhunderthochwasser“ im Unterlauf des Flusses entsteht.
Natürlicher Hochwasserschutz: Wasser in der Landschaft speichern
„Renaturierte Auen sind ein nicht zu unterschätzender Hochwasserschutz für die Menschen an unseren Flüssen. Je größer der Wasserspeicher, desto geringer die Gefahr, dass der Regen zu schnell in die Flüsse gelangt und bedrohliche Hochwasserwellen entstehen“, so Krüger.
Natürlicher Hochwasserschutz setzt auf die Kapazitäten des Naturhaushalts, um Wasser in der Landschaft zu speichern. Fruchtbare Böden und die typischen flussbegleitenden Auen mit ihren Mooren haben große Wasserspeicherpotenziale, die bei der Flächenbewirtschaftung gefördert und wiederhergestellt werden müssen. Wichtige Maßnahmen sind die Renaturierung von Flüssen und Auen mit Deichrückverlegungen, die Verbesserung des Speicherpotenzials auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen sowie die Verringerung der Versiegelung vor allem in städtischen Gebieten.
Laut Bundesumweltministerium sind 80 Prozent unserer Fließgewässer durch Schifffahrt, technischen Hochwasserschutz, Wasserkraft und Landwirtschaft so stark verändert, dass nur noch etwa 15 bis 20 Prozent der natürlichen Auen erhalten geblieben und davon auch nur ein Prozent in einem intakten Zustand sind. Daher ist es dringender denn je, den ökologischen Umbau unserer Wasserstraßen voranzutreiben. Technischer Schutz wie Flutmauern sind zwar lokal notwendig, die dauerhafte Verbesserung der natürlichen Wasserrückhaltefähigkeit ist jedoch nur durch den Anschluss alter Rückhalteräume sowie durch die ökologische Anpassung der landwirtschaftlichen Nutzung in den Flusseinzugsgebieten zu erreichen.
Leider wurden in den vergangenen Jahren kaum signifikante Fortschritte gemacht. Die traurige Bilanz des Auenatlas vom Bundesamt für Naturschutz zeigt auf, dass in den vergangenen 40 Jahren der Zugewinn an Überflutungsflächen bei rund 1,5 Prozent liegt. Das sind an 79 Flüssen zwischen 1983 und 2020 insgesamt 7.100 Hektar. Hier müssen wir schneller vorankommen.
Natürliche und technische Maßnahmen kombinieren
Der zukunftsfähige, nachhaltige Hochwasserschutz kombiniert natürliche und technische Maßnahmen und berücksichtigt diese gleichwertig in der Planung. Dabei muss der Ausbau natürlicher Kapazitäten priorisiert werden. Zum einen um nicht beabsichtige negative ökologischen Wirkungen eines einseitig technisch ausgerichteten Hochwasserschutzes zu vermeiden. Vor allem aber aus dem Grund, dass die Kapazitäten des technischen Hochwasserschutzes sehr begrenzt und kostenintensiv sind, wie die Hochwasserschäden der letzten Jahre deutlich belegen.
Dem gegenüber sind Maßnahmen des natürlichen Hochwasserschutzes kostengünstiger mit gleichzeitig hohen Mehrwerten, beispielsweise zur Minderung von Dürre- und Trockenheitsschäden, Sicherung der Wasserressourcen, Förderung der Biodiversität, aber auch hohen Potenzialen für Erholung und Tourismus. Dabei müssen alle Akteur*innen zusammenarbeiten, um diese Potenziale zu heben:
- Priorisierung des Landschaftswasserhaushalts: Das Retentionsvermögen, also Wasserspeichervermögen, im Flusseinzugsgebiet muss verbessert werden. Fruchtbare Böden, wiedervernässte Moore und naturnahe Wälder leisten dafür einen wichtigen Beitrag.
- Umfassende Renaturierung von Auen (auch entlang der kleinen Flüsse), um den Abfluss aus der Fläche zu verlangsamen, die Aufnahmefähigkeit der Landschaft zu verbessern und Spitzenabflüsse zu reduzieren. Dafür müssen Flächen der historischen Auen entlang der Flüsse gesichert werden.
- Reduzierung der Versiegelung im urbanen Raum und Umsetzung des Schwammstadtkonzepts ergänzt durch bauliche Schutzmaßnahmen.
Mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, dem Bundesgesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes und den Vorgaben der Strategie zur Biologischen Vielfalt, sind nur erste Schritte für einen nachhaltigen Hochwasserschutz getan. „Die Zukunft des Hochwasserschutzes muss in der Ökologisierung der Flüsse und ihrer Einzugsgebiete liegen. Wenn an Flüssen mit öffentlichen Geldern gebaut wird, dann nur im Einklang mit dem vorbeugenden Hochwasserschutz“, so der NABU-Präsident. Die Nationale Wasserstrategie spielt dabei eine wichtige Rolle, um einen solchen Wandel beim Umgang mit Wasser zu befördern.
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